OGH 9ObA152/01w

OGH9ObA152/01w11.7.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Karl Lewisch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Andreas M*****, Arbeiter, ***** vertreten durch Egger & Musey Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in Salzburg, gegen die beklagte Partei S***** AG *****, vertreten durch Dr. Bernd Sedlazeck und Dr. Katharina Sedlazeck, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Entlassungsanfechtung und Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. Februar 2001, GZ 12 Ra 286/00s-30, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 31. August 2000, GZ 20 Cga 165/99p-22, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

22.185 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.697,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass das Dienstverhältnis des Klägers auch über den 31. 12. 1999 hinaus aufrecht fortbesteht, weil sein Verhalten nicht das Gewicht des Kündigungsgrundes der gröblichen Dienstpflichtverletzung oder der Vertrauensunwürdigkeit erreichte, ist zutreffend. Insoweit kann auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).

Den Ausführungen der Revisionswerberin ist ergänzend entgegenzuhalten:

Im Gegensatz zur Meinung der Revisionswerberin ist nicht entscheidend, ob der Kläger in der Nacht vom 4. auf den 5. 10. 1999 im Krankenhaus war, sondern ob er dem Dienst aufgrund seiner objektivierten Arbeitsunfähigkeitferngeblieben ist. Die vom Hausarzt ausgestellte und vom Erstgericht festgestellte Krankmeldung und gleichzeitige Gesundmeldung für diese Zeit bleibt in der Revision unbestritten. Daher bildet das Fernbleiben vom eingeteilten Dienst am 4. 10. 1999 keine gröbliche Dienstpflichtverletzung.

Dass das Erstgericht einerseits feststellte, "dass der Dienstvorgesetzte des Klägers vom Krankenhaus die Mitteilung erhielt, dass der Kläger als Patient nicht bekannt sei bzw sich kein Hinweis auf eine Behandlung in der fraglichen Zeit ergeben hätte", dann in der Beweiswürdigung Zweifel am Krankenhausaufenthalt des Klägers hegte und meinte, dass der Kläger entweder nicht im Krankenhaus gewesen sei oder er nur vor der Ambulanz gewartet hätte, ohne ärztlich behandelt worden zu sein, und schließlich in der rechtlichen Beurteilung ausführte, dass der Kläger im Zusammenhang mit der vorgelegten Krankmeldung nur versucht habe, den Dienstgeber von einem angeblichen Krankenhausaufenthalt, der tatsächlich nicht stattgefunden hätte, zu überzeugen und damit eine Begründung für das Fernbleiben vom Dienst zu finden, steht den Ausführungen des Berufungsgerichtes nicht entgegen.

Das Berufungsgericht beurteilte diese Feststellungen dahin, dass der Dienstvorgesetzte die Auskunft des Krankenhauses irrtümlich der Annahme zugrunde legte, der Kläger habe seine Abwesenheit am 4. 10. 1999 durch Vorspiegelung eines tatsächlich nicht stattgefundenen Krankenhausaufenthaltes zu rechtfertigen versucht. Aufgrund dieser objektiv unrichtigen Grundlage habe er das Einverständnis des Vorstandes zur Entlassung des Klägers eingeholt. Entgegen der Meinung der Revisionswerberin ging das Berufungsgericht nicht von einem anderen Sachverhalt als das Erstgericht aus, da es genau wie das Erstgericht den Krankenhausaufenthalt des Klägers als nicht gegeben ansah. Dass der Dienstvorgesetzte die mündliche Rechtfertigung der Abwesenheit des Klägers, im Krankenhaus gewesen zu sein, als Vorspiegelung falscher Tatsachen auffasste, ist nur die Folge der ihm erteilten Auskunft des Krankenhauses. Ein Abgehen des Berufungsgerichtes von den Feststellungen, das eine Beweisergänzung erfordert hätte, liegt nicht vor.

Ob die bisherigen Krankenstände des Klägers "dubios" waren und zur Unruhe in der Belegschaft führten, "dass es sich der Kläger richte und einfach krank werde, wenn er keinen Urlaub bekäme", ist nicht ausschlaggebend. Einen Beweis dafür erbrachte die beklagte Partei, was auch gar nicht bestritten ist, nicht, sodass auch "dubiose" Krankenstände keine Pflichtverletzungen begründeten. Selbst wenn deswegen eine Ermahnung ausgesprochen worden wäre, was aber so nicht festgestellt ist, hätte ein abmahnungswürdiges Verhalten gefehlt. Der Feststellung, dass infolge der "dubiosen" Krankenstände der Kläger zu jenen Mitarbeitern gehöre, denen das Augenmerk der Vorgesetzten besonders gewidmet sei, kommt daher keine Bedeutung zu. Für den Fall einer späteren Dienstpflichtverletzung hätte eine solche grundlose Abmahnung nicht das Tatbestandsmerkmal der Beharrlichkeit begründet.

Die Gröblichkeit einer Dienstpflichtverletzung zeigt sich entweder in ihrer besonderen Schwere oder Krassheit, sodass die Nachhaltigkeit und Unnachgiebigkeit des auf die Pflichtverletzung gerichteten Willens offen zutage tritt und eine Ermahnung nur ein überflüssiger Formalismus wäre (Kuderna Entlassungsrecht2, 116; 8 ObA 7/98g), oder in der wiederholten Verletzung von Dienstpflichten, die aber, um die Sanktion einer begründeten Kündigung zu rechtfertigen, der Ermahnung bedarf.

Die nicht unverzügliche Krankmeldung am 4. 10. 1999 war eine Dienstpflichtverletzung. Soweit die Revisionswerberin von einer vorsätzlich verspäteten Meldung ausgeht, gibt es dafür kein Feststellungssubstrat. Die nachgewiesene Arbeitsunfähigkeit bietet für eine solche Annahme keine Grundlage. Es ist daher keine Fehlbeurteilung, die verspätete Krankmeldung, auch wenn der Kläger seine Pflicht zur unverzüglichen Meldung kannte, mit der Dienstpflichtverletzung durch "Verschlafen" des Dienstantrittes zu vergleichen, der die beklagte Partei aber selbst nur nach dreimaligem Zuwiderhandeln und nach schriftlicher Androhung von Konsequenzen die Bedeutung der Gröblichkeit beimisst.

Eine gröbliche Verletzung von Dienstpflichten lag somit schon deshalb nicht vor, weil der Kläger seiner Aufklärungspflicht bereits durch die ärztliche Krankmeldung nachgekommen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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