OGH 5Ob174/01a

OGH5Ob174/01a10.7.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Otto J*****, vertreten durch Hager & Teuchtmann, Rechtsanwälte in Linz, wider den Antragsgegner Josef H*****, vertreten durch Dr. Josef Hofer, Mag. Dr. Thomas Humer, Rechtsanwälte in Wels, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 14. März 2001, GZ 23 R 35/01p-10, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Wels vom 4. Dezember 2000, GZ 18 Msch 9/00i-7, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Antragsgegner ist Eigentümer des Hauses *****. Mit Bestandvertrag vom 19./20. 11. 1991 hat er der Firma Franz G***** die gegenständlichen Geschäftsräumlichkeiten um S 23.000 monatlich netto wertgesichert vermietet. Im Mai 1994 wurde über Ersuchen des Mieters vorübergehend, nämlich für die zweite Jahreshälfte 1994, eine Herabsetzung des Hauptmietzinses auf S 18.000 zwischen den damaligen Vertragsparteien vereinbart.

Mit Ablauf des 30. 11. 1996 veräußerte der Mieter das im Mietgegenstand betriebene Unternehmen an den nunmehrigen Antragsteller. Noch im November 1996 erfolgte zwischen dem Antragsteller als neuem Mieter und dem Antragsgegner der Abschluss einer Mietzinsvereinbarung, wonach der Hauptmietzins zunächst für sechs Monate S 15.000 betragen sollte und ab 1. 6. 1997 S 18.000. Über Ersuchen des Antragstellers stimmte der Antragsgegner einer weiteren vorübergehenden Hauptmietzinsreduktion auf S 15.000 bis 31. 12. 1998 zu. Obwohl nach dieser Vertragslage der Antragsgegner ab 1. 1. 1999 S 18.000 begehren hätte können, unterließ er dies zunächst. Der Antragsteller ersuchte mit Schreiben vom 12. 7. 1999 die Miete von S 15.000 auf S 10.000 zu reduzieren. Der Antragsgegner wies ihn darauf hin, dass der Hauptmietzins nicht S 15.000, sondern S 18.000 vereinbarungsgemäß betrage, lehnte eine Reduktion auf S 10.000 ab, stimmte jedoch einer weiteren Reduktion auf S 15.000 zu. Als für Mai und Juni 2000 die Mietzinszahlungen ausblieben, mahnte der Antragsgegner diese ein und ersuchte, ab 1. 7. 2000 S 23.000 an Mietzins zu bezahlen. Dabei unterlief dem Antragsgegner aber ein Irrtum insofern, als anlässlich des Unternehmensüberganges der Mietzins ja mit S 18.000 festgesetzt worden war.

Mit seinem Antrag vom 30. 6. 2000 begehrt der Antragsteller die Feststellung des nach Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustandes angemessenen Geschäftsraummietzinses sowie, den Antragsgegner zur Rückzahlung des zuviel begehrten Hauptmietzinses der letzten drei Jahre zu verpflichten. Er brachte dazu vor, dass der nun von ihm begehrte Hauptmietzins in Höhe von S 23.000 aber auch der zuletzt begehrte von S 15.000 überhöht und daher unzulässig sei.

Der Antragsgegner widersprach diesem Begehren, stellte klar, dass der vereinbarte Hauptmietzins S 18.000 betrage und ein Begehren von S 23.000 ab 1. 7. 2000 lediglich irrtümlich erfolgt sei. Der Antragsteller habe diesen auch nicht bezahlt.

Darüber hinaus wendete der Antragsgegner Verspätung und Verfristung des gegenständlichen Antrags ein, dies sowohl in Hinblick auf eine unterlassene Rüge als auch in Hinblick auf § 16 Abs 8 MRG.

Das Erstgericht wies den Antrag wegen Präklusion zufolge § 16 Abs 8 MRG ab. Die für die Überprüfung relevante Mietzinsvereinbarung - auf diese und nicht den Vertragsabschluss im Jahr 1991 komme es an - sei nach dem 1. März 1994, nämlich im November 1996 abgeschlossen worden. Ungeachtet der Änderungen des § 44 MRG durch die WRG 1999 und WRG 2000 gelte daher die dreijährige Präklusionsfrist für die Überprüfbarkeit für Zinsvereinbarungen. Diese sei abgelaufen.

Einem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Mit dem durch die WRN 1999 eingefügten § 44 MRG sei in Korrektur der ständigen Rechtsprechung zu § 16 Abs 8 MRG normiert worden (nach aA nur der Absicht des ursprünglichen Gesetzgebers entsprochen worden), dass die Präklusionsbestimmung des § 16 Abs 8 MRG (iSd des 3. WÄG) nicht für "Altverträge" Geltung habe, also "nicht für Mietzinsvereinbarungen die vor dem 1. März 1994 geschlossen wurden". Nach allgemeinen Verständnis der Lehre seien unter "Altverträgen" vor dem 1. 3. 1994 abgeschlossene Mietzinsvereinbarungen gemeint gewesen (vgl Hausmann, Wohnrechtsnovelle 1999 - Änderungen des MRG und EWG, ecolex 1999, 674 ff; Würth/Zingher Wohnrecht '99 Anm 1, 2 zu § 44 MRG; Rechberger, Mietrecht § 16 MRG E 38).

Zwar sei durch die WRN 2000 die Bestimmung des § 44 MRG wieder aufgehoben worden, doch sei durch die Übergangsbestimmung des § 49c Abs 8 der WRN 2000 klargestellt, dass der aufgehobene § 44 MRG auf Verfahren, die noch vor dem 1. 7. 2000 bei Gericht/Schlichtungsstelle anhängig gemacht wurden, weiterhin anzuwenden sei.

Der verfahrenseinleitende Antrag sei vor dem 1. 7. 2000, nämlich am 30. 6. 2000 eingebracht worden, sodass die Geltung des § 44 MRG für das gegenständliche Verfahren zu bejahen sei (5 Ob 123/00z mwN).

Die Entstehungsgeschichte, die zur Einführung des § 44 MRG geführt habe zeige, dass in Anlehnung an die Judikatur zu § 16 Abs 8 MRG nach dem Willen des Gesetzgebers entscheidend nicht der Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages sei, sondern vielmehr der Zeitpunkt des Abschlusses der Mietzinsvereinbarung. Wenn auch der Antragsteller in einen im Jahr 1991 abgeschlossenen Mietvertrag zufolge § 12a Abs 1 MRG eingetreten sei, liege doch der Zeitpunkt der getroffenen Hauptmietzinsvereinbarung mit November 1996 nach dem maßgeblichen Stichtag 1. 3. 1994. Die Präklusionsvorschrift des § 16 Abs 8 MRG komme daher zur Anwendung. Zu Recht habe daher das Erstgericht den Antrag abgewiesen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand S 130.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil bisher keine ausdrückliche Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof zu der Frage vorliege, ob für die Anwendbarkeit des § 16 Abs 8 zweiter bis vierter Satz MRG idF des 3. WÄG sowie § 44 MRG idF der WRN 1999 auf den Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses abzustellen sei oder aber auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Mietzinsvereinbarung.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers, der aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig ist. Er ist jedoch nicht berechtigt.

Der Antragsgegner hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Der erkennende Senat erachtet die rechtliche Begründung durch das Rekursgericht für zutreffend, sodass es zufolge § 528a ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen. Dem ist nur hinzuzufügen, dass diese Auslegung nicht nur aus der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu § 16 Abs 8 MRG und der Entstehungsgeschichte des § 44 MRG idF der WRN 1999 abzuleiten ist, sondern schon aus dem Gesetzeswortlaut. In sämtlichen hier anzuwendenden Bestimmungen, sowohl 16 Abs 8 MRG idF des 3. WÄG als auch in § 44 MRG idF der WRN 1999 sowie in § 49c Abs 8 MRG der WRN 2000 ist stets von "Mietzinsvereinbarungen", die vor dem 1. 3. 1994 geschlossen wurden, nicht aber von Mietverträgen oder Vertragsabschlüssen vor 1994 die Rede. Schon eine am Gesetzeswortlaut orientierte Auslegung stellt die in Streit gezogene Frage klar.

Auch J. Stabentheiner in: Die miet- und wohnungseigentumsrechtlichen Teilen der Wohnrechtsnovelle 1999, WoBl 1999, 285 [298] stellt klar, dass mit der Neuregelung des § 44 MRG durch die WRN 1999 bestimmt wurde, dass die Präklusionsregelungen in § 16 Abs 8 und § 26 Abs 3 MRG nicht für vor dem 1. 3. 1994 geschlossene Mietzinsvereinbarungen gelten. Der genannte Autor unterliegt einem Missverständnis durch das Rekursgericht, wenn ihm aus der Verwendung des Begriffes "Altvertrag" ein vom Gesetzeswortlaut abweichendes Rechtsverständnis unterstellt wird. Die Verwendung dieses Begriffs war und ist in diesen spezifischen Fragen des intemporalen Rechts sowohl in Lehre und Rechtsprechung üblich und meint in Verkürzung nichts anderes als den Normalfall, wo Mietvertragsabschluss und Mietzinsvereinbarung zeitlich zusammenfallen.

Die Ausführungen des Revisionsrekurses über den Umfang der Rechtskraftwirkung aufgrund alter Rechtslage ergangenen Entscheidungen gehen am Kern des Problems vorbei.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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