OGH 4Ob146/01a

OGH4Ob146/01a10.7.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ä*****, vertreten durch Dr. Karl Krückl und Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Z***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 500.000 S), über den "außerordentlichen Revisionsrekurs" der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 3. Mai 2001, GZ 2 R 91/01t-10, womit der Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 19. Jänner 2001, GZ 30 Cg 197/00z-5, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird keine Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, einem namentlich genannten Facharzt Patienten gegen Entgelt zu vermitteln sowie unsachliche und das Standesansehen beeinträchtigende Werbung durch die Werbeaussage in der Öffentlichkeit in Rundfunk, Fernsehen und Printmedien: "Porzellan-Krone 5.000 S all inclusive" zu tätigen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie vermittle keine Patienten an Ärzte und erhalte von Ärzten kein Entgelt. Die beanstandete Werbeaussage sei zulässig und verstoße auch nicht gegen die Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit". Der Oberste

Gerichtshof habe mit Beschluss vom 14. 3. 2000 zu 4 Ob 34/00d (=

ecolex 2000, 516 = ÖBl-LS 2000/131) und schon zuvor zu 4 Ob 340/99z

beim Verfassungsgerichtshof beantragt, die Verfassungsmäßigkeit von Art 3 lit d und h der genannten Richtlinie zu überprüfen; infolge Präjudizialität dieser Verfahren werde die Unterbrechung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Verfassengerichtshofs beantragt und darüber hinaus angeregt, das Erstgericht möge selbst einen derartigen Antrag an den Verfassungsgerichtshof auf Verordnungsprüfung zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von Art 3 lit d der genannten Richtlinie stellen.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über die Gesetzesprüfungsanträge des Obersten Gerichtshofes zu 4 Ob 34/00d und 4 Ob 340/99z ab. Die Voraussetzungen für eine Verfahrensunterbrechung gem § 190 Abs 1 ZPO lägen nicht vor. Darüber hinaus hänge die Entscheidung nicht von der genannten Richtlinie ab.

Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs der Beklagten als unzulässig zurück; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof im Sinne eines ordentlichen Revisionsrekurses mangels Vorliegens der im § 528 Abs 1 ZPO aufgezählten Kriterien nicht zulässig sei. Die Abweisung eines Unterbrechungsantrags sei gem § 192 Abs 2 ZPO unanfechtbar, es sei denn, es liege ein zwingender Unterbrechungsgrund vor; letzteres sei hier nicht der Fall. Zwar sei nach der Rechtsprechung ein Rechtsmittel gegen die Abweisung eines Antrags, das Verfahren zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof zu unterbrechen, zulässig; einen solchen Antrag habe die Beklagte aber nicht gestellt, sondern nur eine Überprüfung einer Bestimmung der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" angeregt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zwar im Interesse der Klärung einer verfahrensrechtlichen Frage zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung besitzen die Parteien im Zivilprozess kein Recht, die Einleitung eines Gesetzes(Verordnungs-)prüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof durch das Prozessgericht zu beantragen (SZ 62/90; SSV-NF 4/153; SZ 69/273; SZ 70/125 uva). Hiezu steht freilich (worauf schon Gamerith,

Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art 177 EGV in Wettbewerbssachen, ÖBl 1995, 51ff, 59 zutreffend hinweist) die Rechtsprechung in Widerspruch, wonach der Beschluss des Erstgerichts, mit dem ein Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens zur Überprüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof abgewiesen wird, ungeachtet der Bestimmung des § 192 Abs 2 ZPO mit Rekurs angefochten werden kann (Fucik in Rechberger, ZPO**2 § 192 Rz 2; ZBl 1934/226; RZ 1979/32; ÖBl 1984, 5 - Raiffeisenkassen-Sparerwerbung mwN), die damit begründet wird, dass es sich dabei nicht um eine Ermessensentscheidung handle (RZ 1979/32). Unterlässt ein Gericht die Anfechtung einer Norm beim VfGH, dann kann dagegen keine Partei ein Rechtsmittel ergreifen; mangels Anfechtung kommt auch eine Unterbrechung iSd § 62 Abs 3 VfGG nicht in Frage.

Daraus ist aber für die Beklagte im Ergebnis nichts zu gewinnen. Gemäß § 192 Abs 2 ZPO können die nach §§ 187 bis 191 erlassenen Anordnungen, soweit sie nicht eine Unterbrechung des Verfahrens verfügen, durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden. Nach ganz herrschender Lehre und Rechtsprechung steht der Rekurs gegen die genannten Beschlüsse nur zu, wenn eine Unterbrechung angeordnet wird. Die Ablehnung einer Unterbrechung ist nur anfechtbar, wenn die Unterbrechung zwingend vorgeschrieben ist (Neumann, Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen4 I 811; Fasching II 937; Fucik aaO mwN; stRsp ua SZ 44/113; SZ 60/76 = ÖBl 1988, 5 - Bodenbearbeitungsmaschine; EvBl 1998/178 = ÖBl 1998, 355 - Spritzgußpatent II).

Soweit das Erstgericht den von der Beklagten unter Hinweis auf bereits anhängige Verordnungsprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof gestellten Unterbrechungsantrag abgewiesen hat, findet § 192 Abs 2 ZPO Anwendung. Das Erstgericht hat aber auch nicht selbst die Verordnung angefochten. Eine zwingende Unterbrechung des Verfahrens ist somit nicht gesetzlich angeordnet. Es liegt deshalb auch kein Fall einer gesetzlichen Unterbrechungspflicht im Sinne der oben aufgezeigten Rechtsprechung vor. Das Rekursgericht hat das Rechtsmittel der Beklagten daher im Ergebnis zutreffend als unzulässig zurückgewiesen. Dem Rekurs kann deshalb kein Erfolg beschieden sein.

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