OGH 5Ob147/01f

OGH5Ob147/01f26.6.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Hayrettin S*****, vertreten durch Brunnhilde Korschinsky, Mietervereinigung Österreichs, Dammstraße 16, 1200 Wien, wider die Antragsgegnerin Gabriele S*****, vertreten durch Dr. Ullrich Schubert, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge Rekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 9. Jänner 2001, GZ 41 R 502/00b-12, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 7. Februar 2000, GZ 15 Msch 33/99h-8, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 25. 4. 1996/8. 5. 1996 erwarb die Antragsgegnerin von der I***** GmbH vier Eigentumswohnungen im Haus*****, darunter auch die verfahrensgegenständliche Wohnung top Nr 6 (auch top Nr 6/7). Das Miteigentum und "Wohnungseigentum" der Antragsgegnerin wurde bücherlich einverleibt. Zu einem nicht feststehenden Zeitpunkt schloss die Antragsgegnerin mit dem Antragsteller einen Mietvertrag über diese Wohnung im Haus***** zu einem monatlichen Nettohauptmietzins in Höhe von S 3.500 ab, wobei das Mietverhältnis am 1. 6. 1996 beginnen sollte und für die Dauer von drei Jahren abgeschlossen wurde. Es sollte am 31. 5. 1999 ohne Aufkündigung enden.

In der Folge kam es zu einer Stornierungsvereinbarung vom 26. 7. 1996 (Beilage 1) zwischen der Antragsgegnerin und der I***** GmbH hinsichtlich der oben angeführten Kaufverträge, was zu deren Rückabwicklung führte. Als Stichtag für die Verrechnung der Nutzen und Lasten hinsichtlich der Liegenschaftsanteile wurde der 8. 5. 1996 vereinbart. Das Mit- und "Wohnung"-seigentumsrecht der I***** GmbH wurde zu TZ 2550/97 am 25. 4. 1997 im Rang TZ 4484/1996 (Anmerkung der Rangordnung zur beabsichtigten Veräußerung) verbüchert.

Der Antragsteller bezog die Wohnung erst am 20. 7. 1996, Mietzins wurde ihm erst ab August 1996 und zwar von der I***** GmbH vorgeschrieben. Eine Vorschreibung von Mietzinsen durch die Antragsgegnerin ist niemals erfolgt. Er hat an diese auch niemals bezahlt, sondern ausschließlich an die I***** GmbH. Diese Gesellschaft war von der Antragsgegnerin nicht zur Einhebung von Mietzinsen in deren Namen bevollmächtigt worden.

Am 22. 8. 1997 richtete der Antragsteller an die zuständige Schlichtungsstelle für den 20. Bezirk ein Mietzinsüberprüfungsbegehren betreffend den Vorschreibungszeitraum 8/96 bis 8/97.

Die Antragsgegnerin bestritt das Begehren und beantragte dessen Abweisung. Im Wesentlichen wendete sie ihre mangelnde Passivlegitimation ein, weil die Kaufverträge vom 25. 4. 1996/8. 5. 1996 betreffend vier Eigentumswohnungen im Haus***** per 8. 5. 1996 rückabgewickelt worden seien, welcher Vorgang auch verbüchert worden sei. Sie sei daher im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht Bestandgeberin des Antragstellers gewesen und habe auch keine Mietzinse von ihm entgegengenommen.

Das gemäß § 40 MRG angerufene Erstgericht wies das gesamte Zinsüberprüfungsbegehren infolge fehlender Passivlegitimation der Antragsgegnerin ab. In einem Verfahren auf Mietzinsüberprüfung sei nur derjenige Vermieter passiv legitimiert, der im entsprechenden Zeitraum die bekämpften Mietzinse vorgeschrieben und eingehoben habe. Aufgrund der Stornierungsvereinbarung vom 26. 7. 1996 sei das Eigentumsrecht an der gegenständlichen Wohnung an die I***** GmbH rückübertragen worden, die gemäß § 1120 ABGB in den Bestandvertrag eingetreten sei. Mietzinse seien dem Antragsteller erst ab diesem Zeitpunkt, nämlich erst ab August 1996 vorgeschrieben worden. Die Antragsgegnerin habe dem Antragsteller Mietzinse weder vorgeschrieben noch von diesem vereinnahmt.

Einem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz teilweise Folge, bestätigte mit Teilsachbeschluss die Abweisung des Antrags hinsichtlich des Zeitraums Mai 1997 bis August 1997 und hob im Übrigen den angefochtenen Sachbeschluss betreffend den Überprüfungszeitraum 8/96 bis 4/97 auf, wobei es dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftrug.

Für den Zeitraum, der vor der bücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechts der I***** GmbH liege (25. 4. 1997) seien noch Feststellungen erforderlich, die die Vermieterposition beurteilen ließen. Selbst unter Zugrundelegung der Rückabwicklungsvereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der genannten Gesellschaft komme letzterer eine Vermieterposition nur dann zu, wenn ihr Besitz, Verwaltung und Nutznießung der Liegenschaftsteile bereits überlassen worden seien und der Bestandnehmer überdies der Vertragsübernahme zumindest schlüssig zugestimmt habe. Dafür sei aber Voraussetzung, dass der Antragsteller von diesen Umständen gewusst habe und in Kenntnis des Vermieterwechsels von der Antragsgegnerin auf die I***** GmbH an letztere Mietzinszahlungen geleistet habe.

Im fortgesetzten Verfahren werde aber auch zu berücksichtigen sein, dass nach § 2 Abs 1 Satz 2 MRG Hauptmiete mit dem Eigentümer (hier: mit allen Mit- und Wohnungseigentümern) der Liegenschaft auch dann vorliege, wenn der im Wohnungseigentum stehende Mietgegenstand eine Wohnung im Sinn des § 15a Abs 1 Z 4 MRG (also der Ausstattungskategorie D) sei. Wohnungseigentum könne gemäß § 1 Abs 3 WEG an selbständigen Wohnungen nur dann bestehen, wenn sie zumindest über eine Wasserentnahmestelle und ein Klosett im Inneren verfügten. Werde dieser Anordnung zuwider Wohnungseigentum an einer Wohnung der Ausstattungskategorie D begründet, würden damit alle Mit- und Wohnungseigentümer Mitvermieter dieser Wohnung. Das Rekursgericht berief sich dabei auf Würth/Zingher Miet- und WohnR20 Rz 6 zu § 2 MRG. Es werde daher im weiteren Verfahren zu prüfen sein, ob das Objekt (also die zusammengelegte Wohnung Nr 6/7 und nicht die bisher allein beurteilte Wohnung Nr 6 im Haus*****) der Ausstattungskategorie D zuzuordnen sei. Sei dies zu bejahen, werde die Passivlegitimation schon mangels Beiziehung der weiteren Mit- und Wohnungseigentümer im Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG zu verneinen sein.

Anhaltspunkte dafür, dass die Wohnung der Ausstattungskategorie D zuzuordnen sei, hätten sich im Schlichtungsstellenverfahren, wo der Kategoriemietzins D als zulässig festgestellt worden sei, ergeben. Die Außerstreitstellung "des von der Schlichtungsstelle festgestellten Kategoriemietzinses D" sei hinsichtlich der rechtlichen Qualifikation der Ausstattungskategorie der Wohnung nicht bindend. Diese sei einer Parteiendisposition entzogen. Eine Prüfung dieses Umstands sei in Hinblick auf die sich daraus ergebende Passivlegitimation erforderlich.

Das Rekursgericht erklärte den Rekurs gegen seine Entscheidung für zulässig, weil Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Vermieterposition bei Wohnungseigentum an einem § 15a Abs 1 Z 4 MRG zu unterstellenden Objekt so weit überblickbar bisher nicht ergangen sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragsgegnerin, der aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt ist.

Der Antragsteller hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurswerberin erachtet die Rechtssache als spruchreif, weil ohnedies geklärt sei, dass das vom Antragsteller gemietete Objekt top Nr 6/7 der Bestimmung des § 15a Abs 1 Z 4 MRG unterliege, übersieht jedoch dabei, dass eine entsprechende Feststellung im gerichtlichen Verfahren bisher fehlt und sich nur aus dem Schlichtungsstellenakt Hinweise auf die Kategorie "D"-Eigenschaft der Wohnung ergeben. Dementsprechend hat das Rekursgericht richtigerweise eine Verfahrensergänzung aufgetragen.

Es ist, wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO), für die Frage der Vermieterposition bei Wohnungen, an denen Wohnungseigentum begründet wurde, maßgeblich, ob solche Wohnungen § 15a Abs 1 Z 4 MRG zu unterstellen sind. Gemäß der Übergangsbestimmung des 3. WÄG Art III Abschnitt II Z 2 kann nur bei den vor dem 1. 10. 1993 an derartigen Substandardwohnungen begründetes Wohnungseigentum bestehen. Für danach liegende Zeiträume gilt, dass an selbständigen Wohnungen, die auch als solche genutzt werden, jedoch nicht zumindest eine Wasserentnahmestelle und ein Klosett im Inneren aufweisen, gemäß § 1 Abs 3 WEG Wohnungseigentum nicht begründet werden kann (SZ 69/98; RIS-Justiz RS0097543).

Sollte sich also im erneuerten Verfahren erweisen, dass es sich bei der vom Antragsteller gemieteten Wohnung tatsächlich um eine Substandardwohnung handelt, ist davon auszugehen, dass die § 1 Abs 3 WEG widersprechende Wohnungseigentumsbegründung und durchgeführte Grundbuchseintragung nichtig ist (WoBl 1992, 22 [Call]; RIS-Justiz RS0082983; zuletzt 5 Ob 52/01k; RIS-Justiz RS0082927). Das wurde zwar bisher zu § 1 Abs 4 WEG (Hausbesorgerwohnung) ausgesprochen, gilt jedoch zweifellos auch dann, wenn wie im Fall des § 1 Abs 3 WEG ein rechtliches Verbot zur Begründung von Wohnungseigentum besteht.

Der Antragsteller hat also nicht mit einem Wohnungseigentümer kontrahiert, sondern mit einem schlichten Miteigentümer, dem in dem insoweit wirksamen "Wohnungseigentums-"Vertrag die aus dem Miteigentum erfließenden Nutzungs- und Verfügungsrechte bezüglich eines bestimmten Objektes abgetreten wurden. Das bedeutet, dass alle Mit- und Wohnungseigentümer Vertragspartner des Mieters wurden und bleiben (vgl Würth/Zingher20 Rz 6 zu § 2 MRG), was die ihm gegenüber zu erfüllenden Pflichten betrifft, weil die Rechtsposition des Mieters durch die Abtretung einzelner Vermieterrechte nicht geschmälert werden darf, doch ist bei Wahrung der Mieterrechte die Einigung der Vermieter über die Geltendmachung vertraglicher Ansprüche durch einen von ihnen voll wirksam (SZ 71/46; 5 Ob 492/97g; RIS-Justiz RS0109175). Insofern ist ein solcher Vertrag wie ein sogenannter "Altvertrag" zu beurteilen, also ein Vertrag, der vor Wohnungseigentumsbegründung abgeschlossen wurde. Dem Mieter stehen also diesfalls alle Mit- und Wohnungseigentümer als Träger der ihm gegenüber zu erfüllenden Pflichten, auch einer Mietzinsrückzahlung gegenüber, er muss sich auch an alle Mit- und Wohnungseigentümer halten (vgl RIS-Justiz RS0083777; WoBl 1996/55).

Dem Rekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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