OGH 6Ob124/01f

OGH6Ob124/01f21.6.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, 4021 Linz, Gruberstraße 77, vertreten durch Dr. Friedrich Fromherz und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Dr. Paul Christian F*****, vertreten durch Moringer & Moser, Rechtsanwälte OEG in Linz, wegen Unterlassung und Widerruf, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 15. Februar 2001, GZ 6 R 326/00d-12, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 17. Juli 2000, GZ 30 Cg 31/00p-5 bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten verfasste und in seiner Ordination aufgelegte "Patienteninformation" führt unter der mit "Kassentarif" überschriebenen Spalte die in der Honorarordnung für Ärzte für Allgemeinmedizin und Fachärzte festgelegte Vergütung auf der Grundlage des höchsten Punktewertes an. Die satzungsmäßig festgelegten Pauschalbeträge für die Kostenerstattung der Klägerin bei Inanspruchnahme eines Wahlarztes beruhen hingegen in zulässiger

Weise im Sinn des § 131 Abs 1 ASVG (10 ObS 153/94 = SSV-NF 8/72; 10

ObS 164/97; 10 ObS 164/97k = SSV-NF 11/133) auf einen Durchschnittspunktewert und berücksichtigen die Degression der Honorarhöhe bei steigender Punktezahl. Der Beklagte stellt in seiner "Patienteninformation" nicht klar, dass die Klägerin dem Gesetz entsprechend bei Berechnung des Pauschalsatzes für den Kostenersatz bei Inanspruchnahme von Wahlärzten von anderen Grundbeträgen als jenen, die der Beklagte unter Bezeichnung "Kassentarif" anführt, ausgeht. Gerade einem Durchschnittspatienten, der mit den die Honorarabrechnung und Kostenerstattung regelnden Bestimmungen nicht vertraut ist, ist dieser Umstand ohne klärenden Hinweis, dass hier nicht Gleiches mit Gleichem verglichen wird, nicht erkennbar.

Eine entsprechende Klarstellung fehlt auch insoweit, als für den Kostenersatz bei Inanspruchnahme eines Wahlarztes die Höhe des Honoraranspruches eines bestimmten vergleichbaren Vertragsarztes nicht maßgebend ist, sondern dass sich der Pauschalersatz nach dem Durchschnitt des Punktewertes unter Einbeziehung aller im Wirkungskreis der Klägerin ordinierenden Vertragsärzte berechnet. Deshalb ist auch der Hinweis auf eine "vergleichbare Augenarztrechnung" irreführend, und zwar unabhängig davon, ob ein Augenarzt mit vergleichbaren Umsätzen wie der Kläger einen Honoraranspruch in Höhe der als "Kassentarif" bezeichneten Beträge hat.

Nach der Unklarheitenregel hat der Täter die für ihn ungünstigste Auslegung seiner Äußerung gegen sich gelten zu lassen. Dies gilt vor allem auch dann, wenn es an einem sonst maßgebenden Zusammenhang fehlt, wenn also kein den Inhalt der Äußerung erklärender weiterer Text dem angesprochenen Publikum zur Verfügung steht. Die Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung kann auch in der Unvollständigkeit des bekanntgegebenen Sachverhaltes liegen, wodurch ein falscher Eindruck erweckt wird (6 Ob 284/00h = MR 2001, 29 mwN). In der Beurteilung der Vorinstanzen, dass die strittige Gegenüberstellung insbesondere aus der Sicht des Durchschnittspatienten im Hinblick auf die fehlende Klarstellung und im Zusammenhang mit dem sonstigen Text als unwahre Tatsachenbehauptung aufzufassen ist, kann daher ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden. Die unrichtigen Tatsachenbehauptungen sind auch nicht durch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung gerechtfertigt.

Selbst wenn die in einem Informationsblatt der Klägerin enthaltene Formulierung, dass diese beim Wahlarztbesuch "80 % der durchschnittlichen für Vertragsärzte (Vertragsambulatorien) festgelegten Tarife" ersetzte, als unklar zu qualifizieren wäre, könnte der Kläger aus diesem Informationsblatt keinen Rechtfertigungsgrund für seinen "Gegenangriff" ableiten; selbst Provokationen des Verletzten und Revanche hiefür heben die Rechtswidrigkeit nicht auf (RIS-Justiz RS0032317).

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