OGH 11Os78/01

OGH11Os78/0119.6.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Juni 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richterin Mag. Vavrina als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Peter B***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG, AZ 8 Vr 450/01 des Landesgerichtes Wels, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz vom 16. Mai 2001, AZ 7 Bs 134/01 (= ON 19), nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Peter B***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Peter B***** ist inhaltlich der gegen ihn beim Landesgericht Wels geführten Voruntersuchung dringend verdächtig, das Verbrechen nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen: zweiter, dritter und) vierter Fall, Abs 3 erster Fall (zu ergänzen: sowie Abs 4 Z 3) SMG dadurch begangen zu haben, dass er zwischen Dezember 1999 und November 2000 in sechs Schmuggelfahrten in Amsterdam erworbenes Suchtgift, nämlich ca 7.600 Ecstasytabletten, 2 kg Cannabisharz und ca 55 g Kokain nach Österreich einführte und in Wels und anderen Orten an insgesamt sechs Abnehmer verkaufte, um sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Über den Genannten wurde am 20. April 2001 die Untersuchungshaft wegen Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 1 Z 3 lit b StPO verhängt. In der Haftverhandlung vom 26. April 2001 beschloss die Untersuchungsrichterin deren Aufhebung gegen gelindere Mittel. Mit dem angefochtenen Beschluss ordnete das Oberlandesgericht Linz - in Stattgebung der gegen die Enthaftung gerichteten Beschwerde der Staatsanwaltschaft - die Fortsetzung der Untersuchungshaft nach zu diesem Zweck vorzunehmender neuerlicher Festnahme aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 1 Z 3 lit a und b StPO an. Aufgrund dieser Entscheidung wurde der Beschuldigte in der Folge festgenommen, aber noch am selben Tag von der Untersuchungsrichterin wiederum gegen gelindere Mittel enthaftet.

Gegen den Fortsetzungsbeschluss des Oberlandesgerichtes richtet sich die rechtzeitige und zulässige (vgl Hager/Holzweber GRBG § 1 E 8) Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten, mit der er die Annahme des Vorliegens des Haftgrunds der Tatbegehungsgefahr und der Nichtsubstituierbarkeit der Haft bekämpft.

Die Beschwerde schlägt fehl.

Rechtliche Beurteilung

Mit den Behauptungen, nur die Untersuchungsrichterin habe sich einen persönlichen Eindruck vom Beschuldigten machen können, das Oberlandesgericht habe dem Suchtgiftkonsum des Beschuldigten in der Vergangenheit zu große Bedeutung zugemessen, dafür die Umstände, dass dieser seine strafbaren Handlungen bereits im Dezember 2000 freiwillig beendet, nunmehr das Haftübel bereits verspürt habe und über einen Arbeitsplatz verfüge, zu gering gewichtet, vermag die Beschwerde weder Mängel in der Begründung des Oberlandesgerichts, das sich mit allen für und wider sprechenden Argumenten eingehend und den Grundsätzen logischen Denkens entsprechend auseinandergesetzt hat (S 137 - 139), aufzuzeigen, noch erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs an dessen Annahmen zum Haftgrund und der negativen Prognose iSd § 180 Abs 1 letzter Satz (Abs 5) StPO zu wecken. Zudem unterlässt es die Beschwerde, sich mit sämtlichen vom Oberlandesgericht zur Begründung herangezogenen Umständen, wie etwa den bereits in der Vergangenheit zu Lohnexekutionen führenden hohen Schulden des Beschuldigten (S 137), der auch bereits im Deliktszeitraum über einen Arbeitsplatz verfügte (S 139), auseinander zu setzen. Warum die Annahme des Gerichtshofs zweiter Instanz, dass die Beschäftigungslosigkeit der Gattin des Beschuldigten und die ihn erwartende weitere Sorgepflicht (einen erhöhten Geldbedarf begründe und damit) einen Anreiz zu neuer gewinnträchtiger Straffälligkeit biete (S 137 f), "jeder Lebenserfahrung" widersprechen solle, vermag die Beschwerde nicht darzustellen.

Soweit sie schließlich behauptet, der Beschluss des Oberlandesgerichtes verletze auch deshalb das Gesetz, weil er die Fortsetzung der Haft - abweichend vom Antrag der Staatsanwaltschaft - auch aus dem Grund des § 180 Abs 1 Z 3 lit a StPO anordnete, ist ihr zu erwidern, dass dem Anklagegrundsatz nach dem klaren Wortlaut des § 180 Abs 1 StPO dadurch Genüge getan ist, dass ein Antrag des Staatsanwalts auf Verhängung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft vorliegt, während das Gericht an eine allfällige Begründung oder rechtliche Beurteilung des Anklägers nicht gebunden ist (vgl 15 Os 191/97; verfehlt Mayerhofer StPO4 § 180 E 8c).

Peter B***** wurde somit in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb seine Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

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