Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, dass der erstgerichtliche Beschluss wieder hergestellt wird.
Text
Begründung
Die Gemeinschuldnerin war unter anderem Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ *****GB ***** T*****. Ob dieser Liegenschaft waren im ersten und zweiten Rang Höchtsbetragspfandrechte der V***** AG über S 7,000.000 und S 800.000 sowie im dritten Rang ein Höchstbetragspfandrecht für die O***** AG über S 3,000.000 einverleibt, alle mit einem Rang aus dem Jahre 1998.
Mit Vorrangigkeitsvereinbarung vom 29. 7. 1998 verpflichtete sich die V***** AG gegenüber der O***** AG, deren Pfandrecht über S 3,000.0000 den Vorrang gegenüber ihren beiden Pfandrechten über zusammen S 7,800.000 einzuräumen. Die neue Rangfolge sollte auch dann maßgeblich sein, wenn es - aus welchem Grund auch immer - vor der grundbücherlichen Einverleibung des vereinbarten Vorranges zu einer Verwertung der Liegenschaft käme; das Pfandrecht der O***** AG sollte also auch in diesem Fall als vorrangig angesehen und der Verwertungserlös in der außerbücherlich vereinbarten Rangreihung aufgeteilt werden. Diese Vorrangeinräumung erfolgte mit Zustimmung der späteren Gemeinschuldnerin. Tatsächlich kam es zu keiner Verbücherung dieser Vorrangeinräumung. Am 27. 8. 1998 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin der Konkurs eröffnet. Mit sowohl vom Gläubigerausschuss als auch konkursgerichtlich genehmigtem Kaufvertrag vom 8. 6. 1999 veräußerte der Masseverwalter die Liegenschaft mit Zustimmung der beiden Absonderungsgläubigerinnen um einen Kaufpreis von S 2,694.677 und verpflichtete sich der Erwerberin gegenüber, mit der Verbücherung des Kaufvertrages die Geldlastenfreiheit des Kaufobjektes zu erwirken. Das Eigentumsrecht der Käuferin wurde unter gleichzeitiger Löschung der drei Höchstbetragspfandrechte auf Grund von Löschungserklärungen der beiden Absonderungs- gläubigerinnen einverleibt.
Mit Schreiben vom 12. 7. 1999 focht der Masseverwalter die ob dieser Liegenschaft zugunsten der O***** AG einverleibte, den außerbücherlichen Vorrang genießende Höchstbetragshypothek gemäß den Bestimmungen der Konkursordnung an. Am 28. 7. 1999 entsprach die O***** AG dem Aufforderungsschreiben des Masseverwalters und übersandte bei gleichzeitigem Verzicht auf die Hypothek eine Löschungserklärung betreffend die auf der genannten Liegenschaft einverleibte Höchstbetragshypothek über S 3,000.000.
Die V***** AG teilte dem Masseverwalter mit, dass von den beiden Höchstbetragshypotheken infolge der Verwertung anderer Liegenschaften, auf denen ihre Forderungen simultan sichergestellt waren, noch S 1,868.826,90 offen seien.
Dem Antrag des Masseverwalters folgend bestimmte das Erstgericht die Sondermassekosten mit S 16.972,37, die vorrangig zu berichtigen seien, wies den gesamten Verteilungserlös der Konkursmasse zu, verwies die V***** AG mit ihren Erinnerungen und ihrem Widerspruch gegen die vom Masseverwalter beantragte Rangordnung auf diesen Beschluss und begründete dies wie folgt:
Grundsätzlich gelte, dass die Anfechtung einer von mehreren im Rang aufeinanderfolgenden Hypotheken keinesfalls zu einer Aufrückung nachstehender Belastungen führen dürfe. Das Anfechtungsergebnis könne, weil die Anfechtung nur der Gesamtheit der Konkursgläubiger gegenüber die Wirkung der Rechtshandlung beseitige, nur diesen zugute kommen. Die Anfechtung einer Vorhypothek wirke daher wie ihre Übertragung an den Gemeinschuldner. Bei einer Veräusserung dieser Liegenschaft im Konkurs sei somit bei Verteilung des Erlöses der auf ein infolge der Anfechtung gelöschtes Pfandrecht entfallende Betrag der allgemeinen Konkursmasse zuzuweisen. Ausgehend vom Verkaufserlös von S 2,694.677, einer auf Grund der Vorrangigkeitsvereinbarung vom 29. 7. 1998 erstrangigen Höchstbetragshypothek über S 3,000.000 der O***** AG, ihrer Verzichts- und Löschungserklärung infolge Anfechtung durch den Masseverwalter und damit dem Eintritt der Konkursmasse, sei der gesamte Verwertungserlös der Konkursmasse zuzuweisen und die zugunsten der V***** AG einverleibte nachrangige Höchtsbetragshypothek bei der Verteilung nicht mehr zu berücksichtigen.
Infolge Rekurses der Absonderungsgläubigerin V***** AG änderte das Rekursgericht den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass der V***** AG aus dem Erlös der Verwertung der genannten Liegenschaft ein Betrag von S 1,868.826,90 samt 69,3 % der Fruktifikationszinsen zugewiesen werde; im Übrigen hob das Rekursgericht die Entscheidung auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung über die vom Masseverwalter eventualiter begehrten Kosten sowie über die Zuweisung des sodann verbleibenden Verwertungserlöses samt den restlichen Fruktifikationszinsen. Weiters sprach das Rekursgericht aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht gab vorerst die herrschende Rechsprechung, der das Erstgericht gefolgt ist, wieder, meinte sodann, dass die Rekurswerberin zutreffend darauf hingewiesen habe, dass das österreichische Recht - abgesehen von einem hier nicht vorliegenden Fall - keine "echte" bzw "forderungsbekleidete" Eigentümerhypothek kenne, sondern bloß ein Recht des Eigentümers zur Verfügung über den Pfandrang iSd § 469 letzter Satz ABGB (Übertragung des Pfandrechts nach Erlöschen der ursprünglichen Pfandschuld auf eine neue Forderung), welches als "unechte" bzw "forderungsentkleidete Eigentümerhypothek" bezeichnet werde. Eine solche Verfügung setze seit der mit 1. 1. 1998 in Kraft getretenen und damit auf die gegenständlichen, jeweils erst 1998 einverleibten Höchstbetragspfandrechte bereits uneingeschränkt anwendbaren Grundbuchsnovelle 1997 voraus, dass sich der Eigentümer das Recht dazu gegenüber den im Rang nachfolgenden Buchberechtigten vertraglich vorbehalten habe und dieser Vorbehalt im öffentlichen Buch bei der (vorrangigen) Hypothek angemerkt sei. Dafür, dass im vorliegenden Fall ein solcher Vorbehalt vereinbart und in das Grundbuch eingetragen worden wäre, lägen keinerlei Anhaltspunkte vor. Es sei daher davon auszugehen, dass der Gemeinschuldnerin bezüglich der genannten Liegenschaft kein Verfügungsrecht iSd § 469 letzter Satz ABGB zugekommen sei. Vor diesem Hintergrund war das Rekursgericht der Auffassung, dass die oben wiedergegebene Rechtsmeinung zumindest in casu nicht (mehr) haltbar sei. Wo nicht einmal eine Verfügung nach § 469 letzter Satz ABGB möglich wäre, könnten einer konkursrechtlichen Anfechtung nicht Wirkungen beigelegt werden, wie sie bei einer ("echten") Eigentümerhypothek eintreten würden. Die V***** AG hätte daher angesichts des Fehlens eines Verfügungsvorbehalts darauf vertrauen dürfen, dass sie in den Pfandrang der O***** AG nachrücke, sobald deren Forderung erloschen sei und brauche nicht damit zu rechnen, dass das Pfandrecht vom Eigentümer zur Besicherung einer anderen Forderung verwendet werde. Es gehe daher nicht an, diese Rechtsposition dadurch zu unterlaufen, dass bei einem anfechtungsbedingtem Wegfall des vorrangigen Pfandrechts eine gleichsam "automatisch" entstehende vom österreichischen Sachenrecht für diesen Fall nicht vorgesehene ("echte") Eigentümerhypothek angenommen und der Konkursmasse auf diese Weise ein vorrangiger Vollstreckungsteilnahmeanspruch zugebilligt werde. Ob es allenfalls möglich wäre, das angefochtene Pfandrecht durch einen besonderen Rechtsakt bzw eine formelle Abtretung seitens der O***** AG als Anfechtungsgegnerin auf die Konkursmasse zu übertragen, könne dahingestellt bleiben, weil kein derartiger Rechtsakt vorliege. Der angefochtene Beschluss sei daher im Sinn des Rekursantrages abzuändern gewesen, was die Aufhebung hinsichtlich des Restbetrages zur Folge habe (näheres S 10 der rekursgerichtlichen Entscheidung). Der Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil die rekursgerichtliche Entscheidung von der Judikatur des Obersten Gerichtshofes bis 1997 abweiche, wonach die Anfechtung eines Pfandrechtes nicht zu einem Nachrücken der folgenden Pfandgläubiger führen könne und offenbar noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege, welche in diesem Zusammenhang die Grundbuchsnovelle 1997 berücksichtige.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Masseverwalters wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses, in eventu Aufhebung, ist zulässig und berechtigt.
Es ist wohl zutreffend, dass das österreichische Recht keine echte bzw forderungsbekleidete Eigentümerhypothek kennt, sondern bloß ein Recht des Eigentümers zur Verfügung über den Pfandrang gemäß § 469 letzter Satz ABGB, das heißt Übertragung des Pfandrechts nach Erlöschen der ursprünglichen Pfandschuld auf eine neue Forderung, welche als "unechte bzw forderungsentkleidete Eigentümerhypothek" bezeichnet wird (für alle hiezu ausführlich Koziol in Koziol/Welser Grundriss des bürgerlichen Rechts I11 353 ff). Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass vereinzelt verkürzt nur von einer Eigentümerhypothek gesprochen wird.
Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 5 Ob 242, 292/65, JBl 1996, 376 und ausführlicher noch in der Entscheidung 1 Ob 684/89, SZ 63/26 = ÖBA 1990, 564, Bartsch (in Bartsch/Pollak KO AO AnfO I3 159 Anm 26 f) folgend, dargelegt, dass der Anfechtungsanspruch ein Forderungsanspruch eigener Natur ist, sein Ziel daher nicht bloß die Wiederherstellung des Zustandes der Masse vor der Rechtshandlung, sondern die Herstellung des Zustandes ist, indem sich die Masse befände, wenn die anfechtbare Rechtshandlung nicht vorgenommen worden wäre. Weil die Anfechtung nur gegenüber den Konkursgläubigern die Wirkung der Rechtshandlung beseitigt (relative Unwirksamkeit), kann das Anfechtungsergebnis auch nur diesen zugute kommen. Wenn daher der Masseverwalter eine dingliche Belastung (vertragsmäßiges oder richterliches Pfandrecht) anficht, kann das Ergebnis nie eine Löschung der Hypothek und damit ein Nachrücken der folgenden Pfandgläubiger sein. Die Anfechtung wirkt daher wie die Übertragung an den Gemeinschuldner, also wie eine Eigentümerhypothek (§§ 469, 1446 ABGB) ohne bücherliche Löschung für den Gemeinschuldner. Auch Petschek/Reimer/Schiemer (Insolvenzrecht 390) wiesen darauf hin, dass die Vorrückung der Nachmänner jedenfalls verhindert werden müsse, weshalb sich der Leistungsanspruch auf die Übertragung des Pfandrechtes beziehe; bei exekutionsrechtlicher Verwertung erwerbe die Masse einen Vollstreckungsteilnahmeanspruch. Diese Ansicht wird auch von der heutigen Lehre geteilt. Koziol/Bollenberger (in Bartsch/Pollak/Buchegger, Konkursrecht I4 Rz 52 ff, insb 55 zu § 27 und Rz 14 zu § 39 KO) heben hervor, dass dem Gläubiger, der durch das beseitigte Pfandrecht gesichert war, als Konkursgläubiger die Erhöhung der allgemeinen Masse natürlich gleichfalls zugute komme, außer es würde auch die persönliche Forderung von der Anfechtung getroffen. In diesem Sinn auch Feil (KO3 Rz 19 zu § 27) und König (Anfechtung2 Rz 358, siehe auch FN 7), der darauf hinweist, dass es sich bei dem Anfechtungsanspruch um einen Rechtsgestaltungsanspruch, verbunden mit einem Leistungsanspruch handle, der regelmäßig nur auf Unwirksamerklärung gerichtet sei.
Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass nach herrschender Lehre und Rechtsprechung jedenfalls bis zur Grundbuchsgesetznovelle 1997 bei einer Anfechtung die nachfolgenden Pfandgläubiger nicht vorrückten. Wie das Anfechtungsbegehren konkret zu fassen ist (dazu zB SZ 63/26 und König aaO), kann im vorliegenden Fall dahinstehen, weil der Anfechtungsanspruch des Masseverwalters von dem betroffenen Höchstbetragspfandgläubiger in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise anerkannt wurde.
Durch die Grundbuchsgesetznovelle 1997 BGBl I 1997/30, die auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist, da die Anträge auf Eintragung der Hypotheken alle erst im Jahr 1998 erfolgten (Art VI § 2 dieses Gesetzes) ist keine Änderung der Rechtslage eingetreten. Bis zu dieser seit 1. 1. 1998 geltenden Änderung konnte der Eigentümer gemäß § 469a Satz 2 ABGB aF auf sein Verfügungsrecht verzichten. Die bücherliche Anmerkung der Verpflichtung, eine bestimmte Hypothek nach Tilgung der zugrunde liegenden Forderung löschen zu lassen, hinderte eine Verfügung über die Hypothek, sodass es zur Vorrückung kam. Da diese Anmerkung der Löschungsverpflichtung in der Praxis zur Regel wurde, hat die Grundbuchsnovelle 1997 zwecks Entlastung des Grundbuchs § 469a Satz 2 ABGB geändert: Ist ein der Hypothek im Range nachfolgendes oder gleichgestelltes, rechtsgeschäftlich bestelltes Recht eingetragen, so kann der Eigentümer über die Hypothek nur dann verfügen, wenn er sich das Verfügungsrecht gegenüber dem Buchberechtigten vorbehalten hat und dieser Vorbehalt bei der Hypothek angemerkt ist. Das Regel-, Ausnahme-Verhältnis in § 469a ABGB wurde also umgekehrt. Nunmehr müssen sich nicht die Nachhypothekare die Löschung der Vorhypothek ausbedingen, sondern umgekehrt der Eigentümer das Verfügungsrecht über diese (ErlRV 561 BlgNR 20. GP, 6 f; Koziol aaO 355; Hofmann in Rummel ABGB I3 Rz 3a zu § 469a; S. Bydlinski, Immolex 1997, 125 f).
Die Neuregelung des § 469a ABGB bezieht sich wie die Fassung vor der Grundbuchsgesetznovelle 1997 nur auf rechtsgeschäftliche Verfügungen, nicht aber auf die Anfechtung des Masseverwalters nach der Konkursordnung: In dem der zitierten Entscheidung SZ 63/26 zu Grunde liegenden Fall hatte sich der Schuldner wie nach altem Recht üblich verpflichtet, sämtliche dem Pfandrecht der beklagten Partei vorangehenden Pfandrechte nach deren Tilgung im Grundbuch löschen zu lassen. Dennoch ging der Oberste Gerichtshof nicht davon aus, dass die Anfechtung zu einer Löschung der Hypothek und zum Nachrücken der nachfolgenden Pfandgläubiger führe. Die Anfechtung wirke daher wie die Übertragung der Hypothek auf den Gemeinschuldner. Ebenso steht im vorliegenden, nunmehr nach neuer Rechtslage zu beurteilenden Fall, nach der das "Regel-, Ausnahme-Verhältnis" in § 469a ABGB umgekehrt wurde (Erl aaO 7), dieser Rechtswirkung zugunsten der Masse entgegen, dass sich der Schuldner das Verfügungsrecht nicht vorbehalten hat.
Vollständigkeitshalber ist zu den Rekursausführungen der V***** AG, die das Rekursgericht wegen seiner abweichenden Rechtsansicht nicht mehr behandelte, noch zu bemerken: Dass die Vorrangigkeitsvereinbarung vom 29. 7. 1998 nicht mehr vor der kurz danach erfolgten Konkurseröffnung am 27. 8. 1998 verbüchert wurde, es sich also um eine außerbücherliche Vorrangigkeitsvereinbarung handelt, schadet nicht, weil zwischen den beiden Hypothekargläubigern ausdrücklich vereinbart wurde, dass auch bei einer Verwertung vor der Verbücherung diese Vorrangvereinbarung maßgeblich sein sollte. Ebenso wenig ist der Umstand schädlich, dass keine ausdrückliche Feststellung über die Höhe der Forderung der O***** AG zum Zeitpunkt des Verteilungsbeschlusses getroffen wurde, weil die (wegen des Höchstbetragspfandrechts) nur bedingt anerkannte Forderung jedenfalls wesentlich höher (laut Anmeldungsverzeichnis Post 108 wurde ein Betrag von über S 10,000.000 anerkannt) als die nunmehr freigewordene Höchstbetragshypothek ist.
Es ist daher dem Revisionsrekursantrag des Masseverwalters folgend, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern.
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