OGH 8ObA89/01y

OGH8ObA89/01y28.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Felix Joklik und oUniv. Prof. Dr. Walter Schrammel als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Svetlana S*****, gegen die beklagte Partei Dr. Helmut B*****, Rechtsanwalt, ***** wegen S 37.831,50 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Februar 2001, GZ 11 Ra 293/00p-12, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagte bestreitet im Revisionsverfahren nicht mehr, dass er die Klägerin zeitwidrig gekündigt hat, dadurch das Arbeitsverhältnis zum zeitwidrigen Termin beendet wurde und der Klägerin ein Schadenersatzanspruch in Form der Kündigungsentschädigung zusteht, nämlich das Entgelt, das sie erhalten hätte für den Zeitraum, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch ordnungsgemäße Kündigung hätte verstreichen müssen, unter Anrechnung dessen, was sie infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat (§ 29 Abs 1 AngG). § 29 AngG wird nämlich nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung (Arb 9259 uva) über die in Abs 1 dieser Bestimmung genannten Fälle hinaus auch auf zeitwidrige Kündigungen angewendet.

Er hält aber die Bestimmung des § 29 Abs 2 AngG für verfassungswidrig, wonach der Angestellte, soweit der im Abs 1 genannte Zeitraum drei Monate nicht übersteigt, das ganze für diese Zeit gebührende Entgelt ohne Abzug fordern kann. Die Klägerin habe bereits noch während des Dienstverhältnisses zu ihm eine neue Beschäftigung gefunden, die sie unmittelbar danach angetreten habe und sie habe dadurch keinen Lohnausfall erlitten. Die Bestimmung des § 29 Abs 2 AngG verletze den Gleichheitsgrundsatz, er, der Kläger, sei in seinem verfassungsmäßig gewährleisteten Recht auf Eigentum verletzt, während die Klägerin bereichert sei, weil sie nunmehr für nur eine Arbeit doppelten Lohn erhalte.

Der erkennende Senat hegt keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 29 Abs 2 AngG.

Dem Revisionswerber ist zwar zuzugeben, dass der Gesetzgeber den Dienstnehmer grundsätzlich nicht besser stellen wollte, als wenn das Dienstverhältnis noch bis zum Verstreichen der gesetzlichen Kündigungsfrist gedauert hätte, weil sich aus der Bestimmung des § 29 AngG klar ergibt, dass der Gesetzgeber grundsätzlich eine Bereicherung des Dienstnehmers verhindern wollte. Dies bedeutet aber nur, dass der Arbeitnehmer das bekommen soll, was ihm im Fall einer ordnungsgemäßen Dienstgeberkündigung, also bei Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zustehen würde. Darüber hinaus geht aber der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung aus und stellt dabei auf den Durchschnittsfall ab. Er geht davon aus, dass ein Arbeitnehmer im Regelfall eine gewisse Zeit benötigt, um einen neuen adäquaten Arbeitsplatz zu finden und will diese durchschnittlich benötigte Zeit von einer Anrechnung völlig ausschließen. Diese offenbar auch auf Praktikabilitätserwägungen beruhende Durchschnittsbetrach- tung ist nicht unsachlich (VfSlg 3595/1959; 5318/1966, 8457/1978; 9258/1981; 10.089/1984; 13.659/1993 ua). Kommt es im Einzelfall zu einer Begünstigung einzelner Arbeitnehmer, die trotz einer im Sinn des § 29 Abs 1 AngG verpönten Beendigungsart unmittelbar danach wieder ein neues adäquates Dienstverhältnis beginnen, macht dies die am Durchschnitt orientierte Regelung nicht unsachlich (VfSlg 3568/1959; 9908/1983; 10.276/1984). Der Hinweis auf den hier vorliegenden konkreten Einzelfall, wonach die Klägerin unmittelbar nach Beendigung des Dienstverhältnisses wieder ein neues Dienstverhältnis begonnen hat, ist daher von vorneherein ungeeignet, die Verfassungswidrigkeit der Regelung darzulegen.

Der erkennende Senat sieht sich daher nicht veranlasst, den Verfassungsgerichtshof in dieser Frage anzurufen. Da die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage als unzulässig zurückzuweisen ist, erübrigt es sich auch, den grundsätzlich unzulässigen Antrag des Revisionswerbers, der Oberste Gerichtshof möge den Verfassungsgerichtshof anrufen, gesondert als unzulässig zurückzuweisen.

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