OGH 3Ob315/00w

OGH3Ob315/00w23.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch Dr. Egon Engin‑Deniz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Alfred P*****, vertreten durch Dr. Manfred Steininger, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 550.000,‑- samt Anhang, über den Rekurs (in eventu die ordentliche Revision) der klagenden Partei sowie die ordentliche Revision und den Rekurs der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Aufhebungsbeschluss des Oberlandesgerichtes Linz vom 30. Juni 2000, GZ 4 R 105/00i‑23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 16. Februar 2000, GZ 30 Cg 111/98x‑16, teils abgeändert und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2001:0030OB00315.00W.0523.000

 

Spruch:

Sämtliche Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 14.889,‑- (darin enthalten S 2.489,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Kosten der Rekursbeantwortung der klagenden Partei sind wie weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz zu behandeln.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

 

 

Begründung:

 

In der Kanzlei des beklagten Notars wurde am 15. 5. 1997 ein Liegenschaftskaufvertrag errichtet, an dem die klagende Partei als Käuferin beteiligt war. Auf der Liegenschaft waren drei Reihenhäuser errichtet worden, die mit einem Darlehen des Oberösterreichischen Landes‑Wohnungs‑ und Siedlungsfonds von S 900.000 gefördert waren. Die Verkäuferin hatte am 27. 6. 1997, noch vor Verbücherung des Kaufvertrages, den Schuldschein unterfertigt. Über Antrag der klagenden Partei wurde dieses Fertigstellungsdarlehen mit Schreiben des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. August 1997 nunmehr ihr zugesichert. Mit dessen Schreiben vom 18. 8. 1997 wurde die Auszahlung des Darlehensbetrages von S 900.000 angekündigt. Sie erfolgte auf ein Treuhandkonto des Beklagten. In einem Telefax an den Beklagten vom 27. 8. 1997 ersuchte die klagende Partei, "das obige Darlehen auf unser Konto ... zu überweisen".

Nach Einlangen der Darlehenssumme auf dem Konto des Beklagten erschien Christian D***** im Notariat des Beklagten mit zwei bereits ausgefüllten Zahlscheinen und gab ihm die Anweisung, von der Darlehenssumme S 350.000 an die klagende Partei und den Restbetrag von S 550.000 auf ein Konto der Firma T***** bei einer Linzer Bank zu überweisen. Im Hinblick auf das Telefax vom 27. 8. 1997 fragte der Beklagte Christian D*****, ob diese Vorgangsweise auch mit dem Geschäftsführer der klagenden Partei so vereinbart sei. D***** bestätigte dies und erteilte dem Beklagten den Auftrag, die Überweisungen entsprechend den beiden bereits ausgefüllten Zahlscheinen vorzunehmen. Ein Grund für die Überweisung der S 550.000 auf das benannte Konto wurde dem Beklagten nicht genannt.

Tatsächlich hatte Christian D***** eine Solidarverbindlichkeit zu erfüllen. Mit Bezahlung des Betrages von S 550.000 stellte die betreffende Bank eine auf Grund eines rechtskräftigen Urteils betriebene Zwangsversteigerung der Privatliegenschaft D*****s ein.

D***** hatte den gesamten Kaufvertrag ausgehandelt und dem Beklagten bzw dessen Substituten sämtliche Informationen zur Errichtung dieses Vertrages, darunter auch alle Informationen zu den etwas außergewöhnlichen Zahlungsbedingungen des Kaufvertrages, erteilt. Der Geschäftsführer der klagenden Partei erschien im Notariat lediglich zur Vertragsunterzeichnung. Daneben hatte sich D***** auch um die Übertragung des Fertigstellungsdarlehens auf die klagende Partei gekümmert und die dafür notwendigen Schriftstücke unterschriftsreif vorbereitet. Zur Regelung derartiger Angelegenheiten hatte er auch Briefpapier der klagenden Partei zur Verfügung gestellt erhalten. Dieses verwendete er auch für die Korrespondenz mit einer Bausparkasse, weil auch ein der Verkäuferin gewährtes Bauspardarlehen auf die klagende Partei zu übertragen war.

Abgesehen von diesem Grundstückskauf hatte D***** für die klagende Partei auch einen beabsichtigten Kaufvertrag betreffend eine weitere Liegenschaft vermittelt und auch bei diesem Grundstücksgeschäft dem Beklagten alle Informationen erteilt, die er zur Errichtung einer Kaufvertragsurkunde benötigte. Der Abschluss des Kaufvertrages scheiterte schließlich.

Im Jahr 1996 hatte Christian D***** einen Kontakt zwischen dem Geschäftsführer der klagenden Partei und Johann H***** hergestellt. Über Vermittlung D*****s schloss die klagende Partei mit diesem eine Vereinbarung ab, wonach sie ihm ein Darlehen gewährt und ihr im Gegenzug dazu Liegenschaften auf den Todesfall geschenkt werden. Überhaupt wurde der Geschäftskontakt zwischen den Streitteilen durch D***** hergestellt und vermittelt. Abgesehen von den Geschäftskontakten zwischen den Sreitteilen hat sich der Geschäftsführer der klagenden Partei bzw diese selbst auch in verschiedensten anderen Geschäftsangelegenheiten der Vermittlungs‑ und Verhandlungstätigkeit des Christian D***** bedient. Dabei war er teilweise auch befugt, Korrespondenz auf Briefpapier der klagenden Partei zu führen.

Mit der Klage begehrt die klagende Partei die Zahlung von S 550.000 samt Anhang mit der wesentlichen Begründung, der beklagte Notar habe von der ihm als Treuhänder überwiesenen Darlehensvaluta lediglich S 350.000 auf ihr Konto überwiesen. Sie habe Christian D***** niemals Vollmacht erteilt oder ihn beauftragt, Überweisungsaufträge an den Beklagten zu erteilen. Daher schulde der Beklagte der klagenden Partei den noch nicht weitergeleiteten Betrag von S 550.000.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er brachte im Wesentlichen vor:

Sämtliche dem Vertrag vorangehenden Verhandlungen bzw die mit dem Vertragserrichter erforderlichen Besprechungen seien ausschließlich von Christian D***** im Namen der klagenden Partei geführt worden. Zwar sei es richtig, dass der Beklagten S 900.000 zur treuhändigen Weiterleitung überwiesen erhalten habe. Angesichts des bisherigen Verhaltens von D***** bzw der Zustimmung der klagenden Partei zu dessen Handlungen habe der Beklagte darauf vertrauen können, dass D***** auch befugt gewesen sei, Weisungen für die Auszahlung des Treuhanderlages zu geben. Abgesehen von einer kurzen Korrespondenz Anfang des Jahres 1998 habe die klagende Partei auch keine Einwände gegen die getroffene Vorgangsweise erhoben. Erst im Zusammenhang mit der Geltendmachung einer Honorarforderung durch den Beklagten sei es zur Klagsführung gekommen. Die klagende Partei habe das Verhalten D*****s auf Grund der ihm zumindest schlüssig erteilten Vollmacht gegen sich gelten zu lassen. Hilfsweise werde noch vorgebracht, dass der Klagsbetrag ohnedies wirtschaftlich der klagenden Partei zugekommen sei.

Sämtliche vom Beklagten in den letzten Jahren für die klagende Partei erbrachten Leistungen seien über die Vermittlung D*****s erfolgt, der auch stets alle Vertragsverhandlungen geführt habe. Durch die bloße Unterfertigung der Verträge durch den Geschäftsführer der klagenden Partei habe er darauf vertrauen können und müssen, dass D***** von ihr eine weitreichende Vollmacht eingeräumt erhalten habe. Auch in persönlichen Angelegenheiten des Geschäftsführers habe D***** entsprechende Aufträge an den Beklagten erteilt. Die klagende Partei habe nie irgend eine Maßnahme oder einen Anschein gesetzt, die gegen die Bevollmächtigung D*****s gesprochen hätten. Auch auf Grund des Überweisungsbelegs, in dem als Auftraggeber die klagende Partei aufgeschienen sei, habe der Beklagte darauf vertrauen können, dass es sich um eine Zahlungsverpflichtung oder sonstige Zahlung der klagenden Partei gehandelt habe. Erst ein halbes Jahr nach erfolgter Überweisung sei mitgeteilt worden, dass die Zahlung angeblich nicht im Auftrag der klagenden Partei erfolgt wäre. Auch aus dem relativ langen Zeitraum ergebe sich, dass die klagende Partei diese Zahlung ursprünglich genehmigt habe. Ein späterer Widerruf einer Vollmacht sei bedeutungslos. Die klagende Partei habe damit den Anschein gesetzt, dass die Zahlung an die Linzer Bank auf das dort für eine andere GmbH geführte Konto mit ihrem Willen und Einverständnis erfolgt sei.

In zwei Schritten machte der Beklagte weiters Gegenforderungen im Ausmaß von insgesamt S 171.817,60 an tarifmäßigem Honorar geltend, die er hilfsweise gegen die Klagsforderung einwendete.

Die klagende Partei bestritt die Kompensandoforderungen.

Das Erstgericht wies die Klage ab.

Über die eingangs wiedergegebenen Feststellungen hinaus stellte es noch fest:

Da Christian D***** mangels liquider Mittel nicht in der Lage gewesen wäre, die drohende Zwangsversteigerung seiner Liegenschaft abzuwenden, wandte er sich an den Geschäftsführer der klagenden Partei. Dieser sicherte ihm zu, ihm dadurch behilflich zu sein, dass er ihm den benötigten Geldbetrag von S 550.000 in der Form leihen werde, dass dieser Teilbetrag aus dem Fertigstellungsdarlehen von S 900.000 zu Gunsten D*****s zur Begleichung seiner Verbindlichkeit verwendet werden könne. Diese Vereinbarung wurde im Sommer 1997 mündlich getroffen und vom Geschäftsführer der klagenden Partei gegenüber D***** bis zum 2. September 1997 nicht widerrufen. Anlässlich der Übersendung des Telefax vom 27. 8. 1997 an den Beklagten konnte oder wollte sich der Geschäftsführer jedoch an diese Vereinbarung nicht mehr erinnern.

In rechtlicher Beurteilung dieser Feststellungen gelangte das Erstgericht zur Auffassung, dass zwischen Christian D***** und der klagenden Partei vereinbart gewesen sei, dass dieser einen Betrag von S 550.000 aus dem Fertigstellungsdarlehen zur Abdeckung von Verbindlichkeiten verwenden könne, dies mit der Konsequenz, dass er der klagenden Partei diesen Betrag zurückzuzahlen habe. Dementsprechend habe er dem Beklagten den Auftrag erteilt, diesen Teilbetrag nicht an die klagende Partei, sondern auf ein anderes Konto zu überweisen. Durch die Befolgung dieses Auftrages habe der Beklagte auch mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber der klagenden Partei geleistet, weshalb auf die Frage, ob er auf eine Bevollmächtigung Christian D*****s vertrauen durfte, nicht mehr einzugehen sei.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung der klagenden Partei Folge. Es erkannte den Beklagten mit Teilurteil schuldig, der klagenden Partei S 378.182,40 samt 4 % Zinsen seit 27. 2. 1998 zu zahlen und hob das Ersturteil hinsichtlich einer restlichen Klagsforderung von S 171.817,60 und der vom Beklagten erhobenen Gegenforderungen auf und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision ebenso wie der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig seien.

Es ließ aus rechtlichen Erwägungen die Beweisrüge zur Streitfrage, ob der Geschäftsführer der klagenden Partei Christian D***** ein Darlehen versprochen habe, unerledigt.

Da gemäß § 1424 ABGB der Schuldbetrag dem Gläubiger oder dessen zum Empfange geeigneten Machthaber geleistet werden müsse, sei die Zahlung an Dritte grundsätzlich nicht schuldbefreiend. Bei einer solchen nicht schuldbefreienden Zahlung bleibe die Rechtszuständigkeit weiter beim wahren Gläubiger (Reischauer in Rummel 2 Rz 3 zu § 1424 ABGB). Ob der Zahlungsempfänger ein zum Empfang geeigneter Machthaber im Sinn des § 1424 ABGB sei, sei nach Stellungsvertretungsrecht zu beurteilen, ohne dass vorerst auf Besonderheiten des Berufsrechts der öffentlichen Notare eingegangen werden müsse.

Da die klagende Partei Christian D***** eine Geldvollmacht unstrittig nicht erteilt habe, konzentriere sich die rechtliche Beurteilung darauf, ob eine Duldungs‑ oder Anscheinsvollmacht vorgelegen sei, ob also die klagende Partei den äußeren Tatbestand geschaffen habe, aus dem der Beklagte die Schlussfolgerung ziehen habe dürfen, dass D***** zum Geldempfang berechtigt sei. Da der Geschäftsführer der klagenden Partei als Geschäftsherr darauf vertrauen habe dürfen, dass eine höchstpersönliche, notariell beglaubigte Unterfertigung des Kaufvertrags über die Liegenschaft unumgänglich sein werde, habe die Beauftragung D*****s mit Vertragsverhandlungen und mit der Vorbesprechung der Vertragserrichtung mit dem beklagten Notar nicht die Bedeutung einer nachträglichen Genehmigung von vollmachtslosem Handeln.

Gerade Treuhandabwicklungen bei berufsmäßigen Parteienvertretern und öffentlichen Notaren seien ein besonders sensibler Bereich, in dem umso strengere Anforderungen an eine Empfangsvollmacht kraft äußeren Tatbestandes zu stellen sei. Das Vertrauen des Beklagten auf eine Geldvollmacht oder Empfangsvollmacht Christian D*****s für die klagende Partei sei daher nicht zu schützen, zumal dem Beklagten mit Telefax vom 27. 8. 1997 eine Zahlstelle bekanntgegeben worden sei.

Auch der vom Erstrichter festgestellte mündliche Darlehensvertrag könne keine andere rechtliche Beurteilung nach sich ziehen. Wie die Berufungswerberin zutreffend ausführe, sei das Darlehen seit jeher ein Realkontrakt, weshalb die Zusage, künftig ein Darlehen gewähren zu wollen, entweder als Vorvertrag gemäß § 936 ABGB oder als sonstige direkte obligatorische Leistungsverpflichtung (Reischauer in Rummel 2 Rz 1 zu § 936 ABGB zum Krediteröffnungsvertrag) zu qualifizieren sei. Jede wie immer geartete obligatorische Leistungsverpflichtung, künftig ein Darlehen gewähren zu wollen, wirke ausschließlich zwischen den Parteien. Eine Drittwirkung in dem Sinne, dass eine fehlende Empfangsvollmacht saniert würde, wenn im Innenverhältnis zwischen dem Gläubiger und seinem falsus procurator eine Leistungspflicht bestehe, entbehre einer gesetzlichen Grundlage. Insbesondere werde die gemäß § 1424 ABGB erforderliche Empfangsvollmacht nicht dadurch ersetzt, dass das Geleistete auf andere Weise zum Nutzen des Gläubigers verwendet werde, hier konkret dadurch, dass der Beklagte durch die beanstandete Banküberweisung die klagende Partei von einer Schuld gegenüber Christian D***** befreit hätte.

Aber auch abgesehen von dieser Rechtslage habe in erster Instanz keine der Streitparteien eine mündliche Darlehenszusage (wie festgestellt) behauptet. Es handle sich dabei somit um eine überschießende Feststellung, die durch das Prozessvorbringen nicht gedeckt und daher schon aus diesem Grund für die rechtliche Beurteilung nicht zu verwerten sei.

Die ordentliche Revision und der Rekurs seien zulässig, weil eine vergleichbare oberstgerichtliche Judikatur zur Haftung eines öffentlichen Notars aus dem Treuhandvertrag nicht aufgefunden werde haben können.

Gegen diese Entscheidung richten sich der Rekurs (in eventu die ordentliche Revision) der klagenden Partei und die ordentliche Revision und der Rekurs der beklagten Partei.

Während die klagende Partei den aufhebenden Teil der Berufungsentscheidung bekämpft und dessen Abänderung dahin begehrt, dass die beklagte Partei schuldig erkannt werde, der klagenden Partei weitere S 171.817,60 zu bezahlen, und der Aufhebungsbeschluss ersatzlos zu entfallen habe, begehrt die beklagte Partei in erster Linie die Wiederherstellung des Ersturteils. Hilfsweise wird von ihr auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Parteien erstatteten auch jeweils Rechtsmittelbeantwortungen.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse und Revisionen sind entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes unzulässig.

Der Entscheidung des Berufungsgerichtes ist nicht zu entnehmen, welche Besonderheiten des Treuhandvertrages mit einem öffentlichen Notar eine Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs zu dessen Haftung erforderlich machen würden.

Aber auch die Parteien vermögen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht aufzuzeigen.

1. Zur Revision und zum Rekurs der beklagten Partei:

Nach deren Behauptung fehle es an einer (einheitlichen) Judikatur zur Rechtsnatur und zu den Auswirkungen der Kammerrichtlinien (gemeint offenbar der Österreichischen Notariatskammer über notarielle Treuhandschaften); zur Anscheinsvollmacht gegenüber einem Notar als Vertragserrichter und zum Einfluss einer Treuhandvereinbarung darauf; zur schuldbefreienden Wirkung einer Leistung "an den Gläubiger des Gläubigers"; zum Grundsatz, dass niemand etwas zugesprochen erhalten könne, was er ohnehin wieder herausgeben müsse; zur analogen Anwendung des § 1424 Satz 2 ABGB; zur Genehmigung von vollmachtslosem Handeln durch Zuwendung einer Leistung an den "Gläubiger des Gläubigers"; zur Zahlung an den, den das Gericht als Eigentümer einer Forderung anerkannt habe, gemäß § 1424 ABGB; zur Drittwirkung einer Zahlung an den Gläubiger des Gläubigers; zur Verfügungsermächtigung.

Was zunächst die behauptete schuldbefreiende Wirkung einer Leistung "an den Gläubiger des Gläubigers" angeht, ist dem Beklagten entgegenzuhalten, dass er in erster Instanz niemals die Tilgung einer angeblichen Forderung des Christian D***** auf Erfüllung der Darlehenszusage gegenüber der klagenden Partei geltend gemacht hat. Damit zusammenhängende Rechtsfragen sind daher nicht wesentlich für die vorliegende Entscheidung und deshalb keine Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO.

§ 1424 Satz 2 ABGB betrifft lediglich die Leistung an einen nicht voll Geschäftsfähigen, was auch in Judikatur und Lehre nicht zweifelhaft ist (vgl nur EFSlg 26.133 = RPflSlgA 5785; 3 Ob 169/94; Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 6 zu § 1424; Mader in Schwimann, ABGB2 Rz 4 zu § 1424; Koziol/Welser 11 II  86). Dass die Anwendung dieser Bestimmung auf die klagende GmbH eine Rolle spielen könnte, lässt sich den Ausführungen im Rechtsmittel des Beklagten nicht entnehmen, zumal auch für das Vorhandensein einer planwidrigen Unvollständigkeit, die Voraussetzung für die im Rechtsmittel geforderte analoge Anwendung der Bestimmung wäre (s Bydlinski in Rummel ABGB3 Rz 2 zu § 7), keinerlei Anhaltspunkt zu finden ist.

Mag auch im Einzelnen strittig sein, was im Sinn des § 1424 Satz 1 ABGB unter demjenigen zu verstehen ist, den das Gericht als Eigentümer der Forderung erkannt hat, ergibt sich schon aus der verwendeten grammatikalischen Zeit, dass es sich dabei um eine im Zeitpunkt der Leistung bereits vorliegende gerichtliche Entscheidung handeln muss. In diesem Sinn wird etwa der eingeantwortete Scheinerbe darunter subsumiert (Reischauer aaO Rz 1 und Mader aaO Rz 11). Dass darunter keineswegs derjenige verstanden werden kann, der sich im Prozess als der berechtigte Zahlungsempfänger herausstellt, ergibt sich schon aus der einfachen Überlegung, dass gerade für diesen Fall die Bestimmung völlig überflüssig wäre, weil es sich dann eben um den Gläubiger im Sinn der ersten Variante des § 1424 Satz 1 ABGB handelt. Auch diese Frage bedarf daher keiner weiteren oberstgerichtlichen Behandlung.

Zur sogenannten Anscheinsvollmacht besteht eine reichhaltige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Dass sie (im Allgemeinen) im vorliegenden Fall von der zweiten Instanz unrichtig angewendet worden wäre, ergibt sich aus den Ausführungen im Rechtsmittel des Beklagten nicht. Im Übrigen stellen sich die aufgeworfenen Fragen, insbesondere auch im Zusammenhang mit den Besonderheiten einer Treuhandvereinbarung, mit den zur Treuhand bestehenden Richtlinien der Österreichischen Notariatskammer und zum Notar als Vertragserrichter, schon deshalb nicht, weil ‑ und zwar insoweit unbestritten ‑ schon vom Erstgericht festgestellt wurde, dass der Geschäftsführer der klagenden Partei nach der nach wie vor strittigen Zusage an Christian D***** dem Beklagten gegenüber ein bestimmtes Konto angegeben hat, auf das die treuhändig übernommene Darlehensvaluta überwiesen werden sollte. Damit hätte aber die klagende Partei gegenüber dem Beklagten eine D***** allenfalls (im Innenverhältnis) erteilte Vollmacht jedenfalls, soweit es um die Art der Zahlung ging, widerrufen bzw jedweden Anschein, sie habe vorher den Genannten ermächtigt, über die Darlehensvaluta zu verfügen, entkräftet.

Wegen des demnach anzunehmenden Widerrufs einer Christian D***** allenfalls (ausdrücklich oder schlüssig) erteilten Vollmacht ist der in der Revision ‑ unrichtig unter dem Rechtsmittelgrund der Aktenwidrigkeit (s JBl 1968, 624 und EF 41.804) ‑ erhobene Vorwurf, das Berufungsgericht sei im Zusammenhang mit der Erteilung einer Vollmacht vom Vorbringen des Beklagten und von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes abgewichen, für die Entscheidung ohne Bedeutung.

2. Zum Rechtsmittel der klagenden Partei:

Dieses richtet sich, wie sich aus der Anfechtungserklärung und auch aus den Rechtsmittelanträgen ergibt, ausschließlich gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts. Dagegen ist im Sinn des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO (ausschließlich) ein Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig. Die nur in eventu erfolgte Erhebung einer ordentlichen Revision war daher schon deshalb verfehlt.

Aus den Rechtsmittelausführungen ergeben sich keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO, zumal die Entscheidung des Berufungsgerichtes durch die vorhandene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gedeckt ist.

Soweit sich die klagende Partei in ihrem Rekurs erstmals auf den Kompensationsausschluss im § 1440 Satz 2 ABGB beruft, verstößt sie gegen das Neuerungsverbot. Das Aufrechnungsverbot kann nämlich abbedungen werden und ist somit nicht von Amts wegen, sondern nur über in erster Instanz zu erhebende Einrede zu berücksichtigen (1 Ob 54/60; WBl 1994, 95 = HS 24.724). Soweit (wiederum erstmals) aus Punkt 35 der Richtlinien der Österreichischen Notariatskammer über notarielle Treuhandschaften vom 20. 12. 1994 ebenfalls ein Aufrechnungshindernis abgeleitet wird, gilt hiefür dasselbe, weil auch diese Richtlinienbestimmung, wie ihr Text eindeutig zeigt, abdingbar ist ("nur mit Zustimmung des Empfangsberechtigten").

Ob ein Teilurteil erlassen wird, ist nach stRsp (Nachweise bei Rechberger in Rechberger, ZPO2 Rz 3, 4 zu §§ 391, 392) eine Ermessensentscheidung. Daran ist ungeachtet der Kritik von Holzhammer (FS Fasching [1988] 227 [233 f]; ihm folgend Deixler‑Hübner, Prakt ZPR6 307 f und Rechberger, aaO) festzuhalten, zumal der Oberste Gerichtshof diese Ansicht noch in später ergangenen Entscheidungen vertreten hat (s Miet 49.647; 6 Ob 598/89; 6 Ob 639/94; 9 ObA 245/97p). Dafür spricht nicht zuletzt, dass in allen drei Absätzen des § 391 ZPO anders als im § 390 ZPO ("hat") das Zeitwort "kann" verwendet wird, was schon allein nahelegt, dass eine unbedingte Verpflichtung nicht festgelegt werden sollte. Dass diese Auslegung auch sachgerecht ist, ergibt sich aus der Überlegung, dass nur sie die ‑ im Einzelfall zweckmäßige ‑ Möglichkeit bietet, aus prozessökonomischen Gründen trotz Spruchreife von der Erlassung eines Teilurteils abzusehen. Zu denken ist etwa an den Fall, dass die Gegenforderung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Recht besteht, weill dann das Teilurteil nicht nur zu gesonderten Rechtsmittelverfahren, sondern auch zu letztlich nicht zweckmäßigen Vollstreckungsversuchen (Aufschiebung nach der Rsp möglich: vgl Jakusch in Angst, EO Rz 77 zu § 42 EO) führt. Es ist nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber die Berücksichtigung solcher Umstände ausschließen wollte, und es ließe sich auch kein Grund dafür finden. Bei Ermessensentscheidungen schließt in der Regel die Kasuistik des Einzelfalls die Zulässigkeit der Revision aus, soweit nicht dem Berufungsgericht ein an die Grenze des Missbrauchs gehender Fehler oder das eklatante Überschreiten des Ermessensspielraums vorgeworfen werden kann (3 Ob 263/00y mwN). Derart gravierende Fehler kann die klagende Partei nicht aufzeigen.

Auch sonst lässt das Rechtsmittel der klagenden Partei erhebliche Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht erkennen. Ist aber der Rekurs somit unzulässig, besteht für den Obersten Gerichtshof keine Möglichkeit, seinerseits gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO ein Teilurteil zu fällen, weshalb hierauf nicht weiter einzugehen ist.

Die Rechtsmittel beider Parteien waren somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung im Hinblick auf die Rechtsmittelbeantwortung der klagenden Partei gründet sich auf §§ 50, 41 und 52 ZPO. Soweit damit die Revision des Beklagten abgewehrt wurde (ca 70 % des Streitwerts und damit der Kosten der Beantwortung), hat die klagende Partei Anspruch auf sofortigen Kostenersatz. Der Ansatz nach TP 3C beträgt allerdings nur S 11.950 (statt S 11.965). Im Übrigen (was den Aufhebungsbeschluss angeht) sind die Kosten der Rekursbeantwortung wie weitere Kosten des fortzusetzenden Verfahrens erster Instanz zu behandeln, weil insoweit der Prozesserfolg noch offen ist.

Die Kostenentscheidung betreffend die Rechtsmittelbeantwortung des Beklagten gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der klagenden Partei nicht hingewiesen, weshalb die Beantwortung nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen ist.

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