OGH 7Ob114/01t

OGH7Ob114/01t17.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Jennifer S*****, geboren am 1. Jänner 2000, in Obsorge des Vaters Gerald S*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter Evelin S*****, vertreten durch Dr. Oswin Lukesch und Dr. Anton Hintermeier, Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 21. Februar 2001, GZ 37 R 47/01i-23, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, welchem Elternteil bei Gegenüberstellung der Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände die Obsorge für das Kind übertragen werden soll, ist immer eine solche des Einzelfalles, der keine grundsätzliche Bedeutung iSd § 14 Abs 1 AußStrG idF WGN 1989 zuerkannt werden kann (8 Ob 586/90 = ÖA 1991, 54 = ÖA 1992, 22; RIS-Justiz RS0007101 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Ein vom Obersten Gerichtshof aufzugreifender Ermessensmissbrauch liegt nicht vor:

Ausschlaggebendes Kriterium für die Obsorgeentscheidung ist das Wohl des Kindes (EFSlg 59.803; SZ 59/144 uva). Zur Beurteilung der grundsätzlichen Frage, welcher Eternteil den Anforderungen des Kindeswohles besser entspricht, sind einander die bei diesem erhobenen Lebenumstände in ihrer Gesamtheit gegenüberzustellen (SZ 53/23 uva). Zwar entspricht es ständiger, im wohlverstandenen Interesse der Pflegebefohlenen gelegener Rechtsprechung, dass der Betreuung von Kleinkindern durch die Mutter der Vorzug zu geben ist (RIS-Justiz RS0047839). Dies gilt nach ganz allgemeiner Ansicht aber (selbstverständlich) nur, wenn beide Elternteile für Pflege und Erziehung gleich gut geeignet sind (SZ 59/114; EFSlg 51.322 uva). Dass hier solche gleichwertigen Voraussetzungen vorlägen, haben die Vorinstanzen im Hinblick auf die Alkoholprobleme der Mutter verneint. Darin kann nach den festgestellten Umständen des vorliegenden Einzelfalles eine wesentliche Fehlbeurteilung, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, nicht erkannt werden.

Die Mutter hält weiter daran fest, dass das Verfahren mangels Einholung eines kinderspsychologischen Sachverständigengutachtens mangelhaft geblieben sei. Zwar ist der von der Rechtsprechung auch auf das Verfahren außer Streitsachen ausgedehnte Grundsatz des streitigen Verfahrens, ein erstinstanzlicher Mangel, den das Gericht zweiter Instanz verneint hat, könne in dritter Instanz nicht erfolgreich zum Gegenstand einer Verfahrensrüge gemacht werden, im Pflegschaftsverfahren jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn das die Interessen des Kindeswohles erfordern (1 Ob 2292/96g = RZ 1997/57; 1 Ob 268/97m; 9 Ob 204/98k; 10 Ob 355/99z ua). Letzteres ist jedoch hier nicht der Fall: Es genügt dazu, auf die (zutreffenden) Ausführungen des Rekursgerichtes zu verweisen, wonach das zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung erst knapp einjährige Kind "nicht ausreichend rapportfähig war", um einem kinder- und jugend-psychologischen Sachverständigen entsprechende Rückschlüsse zu ermöglichen.

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