OGH 6Ob112/01s

OGH6Ob112/01s16.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gertraud F*****, vertreten durch Dr. Josef Hofer, Rechtsanwalt in Wels, gegen die beklagten Parteien 1. Leopold K*****, vertreten durch Moringer & Moser, Rechtsanwälte OEG in Linz, 2. Karl K*****, vertreten durch Dr. Herbert Heigl KEG in Marchtrenk, 3. Anna K*****, vertreten durch Moringer & Moser, Rechtsanwälte OEG in Linz, wegen Zahlung und Feststellung (gegenüber Erstbeklagtem 1,316.426,70 S und Feststellung, gegenüber Zweitbeklagtem Feststellung und gegenüber Drittbeklagter 1.523,573,93 S), über den Rekurs der zweitbeklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 1. Februar 2001, GZ 11 R 252/00h-72, womit das Zwischenurteil des Landesgerichtes Linz vom 11. Juli 2000, GZ 1 Cg 477/95b-63, aufgehoben und der Zwischenantrag der beklagten Parteien auf Feststellung zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die zweitbeklagte Partei hat der Klägerin die mit 6.086,40 S (darin 1.014,40 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin, der Erstbeklagte und der Zweitbeklagte sind Geschwister, deren Mutter die Drittbeklagte ist. Der Ehemann der Drittbeklagten und Vater der übrigen Streitteile ist am 9. 12. 1992 unter Hinterlassung eines Testaments vom 30. 11. 1988 verstorben. Er hatte mit Übergabsvertrag vom 20. 8. 1994 gemeinsam mit der Drittbeklagten dem Zweitbeklagten und dessen Ehefrau die Liegenschaft EZ 61 KG N***** übergeben. Mit weiterem Übergabsvertrag vom 30. 11. 1988 hatten der Erblasser und die Drittbeklagte dem Erstbeklagten die aus der Stammliegenschaft EZ 61 neu gebildeten Liegenschaften EZ 1215 und 1216 (ausgenommen die Grundstücke 720 und 1782) übergeben.

Die Klägerin macht nunmehr gegen die Beklagten Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend. Sie begehrt vom Erstbeklagten 1,316.426,07 S und Feststellung, wonach er bis zu einem Betrag von 1,523.573,93 S für den Pflichtteilsausfall hafte. Gegen den Zweitbeklagten macht sie ein Feststellungsbegehren auf Haftung bis zu einem Betrag von 2,840.000 S für den Ausfall am Pflichtteil geltend und begehrt von der Drittbeklagten Zahlung von 1,523.573,93

S.

Die Beklagten beantragen Klageabweisung und wendeten ein, die übergebenen Liegenschaften seien Erbhöfe im Sinn des § 1 AnerbenG, sodass nicht der Verkehrswert, sondern der geringere Übernahmspreis für die Pflichtteilsberechnung maßgeblich sei. Bei richtiger Bewertung und unter Berücksichtigung der Vorausempfänge stehe der Klägerin kein Pflichtteilsanspruch mehr zu.

In der Streitverhandlung vom 25. 4. 1996 stellten die Beklagten einen Zwischenantrag auf Feststellung, dass die Liegenschaften EZ 61, EZ 1215 und EZ 1216 jeweils Grundbuch 45307 N***** einen Erbhof im Sinn des Anerbengesetzes darstellen. Die Klägerin bestritt die Erbhofeigenschaft und wendete ein, diese Liegenschaften seien an den Erst- und Zweitbeklagten durch Rechtsgeschäft unter Lebenden übergeben worden, sodass es auf eine allfällige Erbhofeigenschaft nicht ankomme.

Das Erstgericht stellte in seiner als "Beschluss" bezeichneten Entscheidung fest, dass die obgenannten Liegenschaften Erbhöfe im Sinn des § 1 AnerbenG sind.

Die Klägerin bekämpfte die über den Zwischenantrag der Beklagten ergangene Entscheidung.

Vom Grundsatz ausgehend, dass die Anfechtbarkeit einer Entscheidung wie auch die Frage, mit welchem Rechtsmittel das zu geschehen habe, nicht von der tatsächlich gewählten Entscheidungsform abhänge, sondern vielmehr davon, welche Entscheidungsform die richtige sei, behandelte das Gericht zweiter Instanz dieses Rechtsmittel inhaltlich als Berufung gegen ein über den Zwischenantrag auf Feststellung ergangenes Zwischenurteil. Es gab der Berufung Folge, hob die Entscheidung des Gerichts erster Instanz auf und wies den Zwischenantrag der Beklagten zurück. Für die Zulässigkeit eines Zwischenantrags auf Feststellung reiche es nicht aus, dass das festzustellende Recht oder Rechtsverhältnis für den vorliegenden Rechtsstreit präjudiziell sei, seine Bedeutung müsse vielmehr über den konkreten Rechtsstreit hinausreichen, widrigens kein Bedürfnis nach selbständiger urteilsmäßiger Feststellung des präjudiziellen Rechtsverhältnisses bestehe. Dies sei hier nicht der Fall. Es sei unstrittig, dass das Abhandlungsverfahren nach dem Vater und Gatten der Streitteile längst rechtskräftig abgeschlossen ist, die Beklagten hätten weder in ihrem Zwischenantrag auf Feststellung noch in ihrem Rechtsmittelvorbringen konkret angeben können, inwieweit die Feststellung der Erbhofeigenschaft über den vorliegenden Rechtsstreit hinaus Bedeutung haben könnte; eine derartige Bedeutung sei auch aus der Aktenlage nicht erkennbar. Der Zwischenantrag auf Feststellung sei somit zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Zweitbeklagten ist im Sinn des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig (Kodek in Rechberger ZPO Rz 3 zu § 519; RIS-Justiz RS0039705). Er ist jedoch nicht berechtigt.

Ziel eines Zwischenantrages auf Feststellung eines streitigen Rechtsverhältnisses oder Rechts, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung über das Klagebegehren ganz oder zum Teil abhängt (§ 236 Abs 1 ZPO), ist es, die (vom Feststellungsbegehren umfasste) Vorfrage herauszuheben und darüber spruchmäßig mit Rechtskraftwirkung (und nicht nur in den Gründen) zu entscheiden. Er setzt nach einhelliger Lehre und ständiger Rechtsprechung voraus, dass das festzustellende Rechtsverhältnis für die konkrete Entscheidung in der Hauptsache präjudiziell ist und dass die Bedeutung der Feststellung über den konkreten Rechtsstreit hinausreicht. Ist dies nicht der Fall, besteht kein Bedürfnis nach selbständiger urteilsmäßiger Feststellung des präjudiziellen Rechtsverhältnisses, weil die in den Entscheidungsgründen vorgenommene Beurteilung zur Erledigung des konkreten Rechtsstreites ausreicht und sich in ihm erschöpft (Fasching, Zivilprozessrecht2 Rz 1077 ff; Rechberger/Frauenberger, ZPO2 Rz 5 zu § 236 mwN; RIS-Justiz RS0039600; RS0039468).

Die über den konkreten Rechtsstreit hinausreichende Bedeutung der Feststellung muss aus dem Vorbringen des Antragstellers klar erkennbar sein, es muss somit derjenige, der einen Zwischenantrag auf Feststellung stellt, dartun, dass die Wirkung der begehrten Feststellung über den konkreten Rechtsstreit hinausreicht und sich nicht in der Beurteilung der für diesen Rechtsstreit präjudiziellen Vorfrage erschöpft (EvBl 1972/10; RIS-Justiz RS0034336).

Im vorliegenden Fall haben die Beklagten nicht dargetan, dass die begehrte Feststellung der Erbhofeigenschaft der genannten Liegenschaften über den vorliegenden Rechtsstreit hinaus Bedeutung hat. Derartiges ist nach dem Akteninhalt auch nicht zu erkennen, zumal das Verlassenschaftsverfahren nach insoweit unstrittigem Vorbringen bereits seit langem rechtskräftig beendet ist. Die hier begehrte Feststellung erschöpft sich somit in der Beurteilung der im Anlassfall präjudiziellen Vorfrage, ohne dass ihre Rechtskraftwirkung über den konkreten Rechtsstreit hinausreichen könnte. Das Berufungsgericht hat somit den Zwischenantrag auf Feststellung mit zutreffender Begründung zurückgewiesen.

Dem Rekurs kann daher kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO.

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