OGH 13Os56/01

OGH13Os56/019.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Mai 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Mann als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Harald Manfred L***** wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wider das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 9. März 2000, GZ 16 U 87/00d-5, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 9. März 2000, GZ 16 U 87/00d-5, verletzt in seinem Strafausspruch das Gesetz in den Bestimmungen des § 39 StGB und § 27 Abs 1 SMG.

Das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird gemäß §§ 288 Abs 1 Z 3, 292 letzter SatzStPO im Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung an das Bezirksgericht Wels zur Strafneufestsetzung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht in Jugendstrafsachen vom 30. Juni 1997, GZ 25 Vr 261/97-11, wurde Harald Manfred L***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, vierter, Abs 2 erster Fall SGG zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Im Verfahren zum AZ 25 E Vr 763/97 des Landesgerichtes Wels wurde Harald Manfred L***** mit Urteil vom 15. Juli 1998 des (richtig: der) teils versuchten, teils vollendeten Vergehen(s) nach §§ 27 Abs 1, erster, zweiter, sechster Fall sowie Abs 2 Z 2 erster Fall SMG, 15 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren gemäß § 43 Abs 1 StGB bedingt nachgesehenen fünfmonaten Freiheitsstrafe verurteilt (ON 115). Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wurde die vom 5. bis 22. August 1997 erlittene Verwahrungs- und Untersuchungshaft auf die Strafe angerechnet und nach § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO (ua) vom Widerruf der im Verfahren zum AZ 25 Vr 261/97 des Landesgerichtes Wels gewährten bedingten Strafnachsicht unter Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre abgesehen. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 12. April 1999, GZ 15 U 204/99y-12, wurde Harald Manfred L***** wegen der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und nach § 27 Abs 1 erster, zweiter, sechster Fall SMG zu einer vierwöchigen Freiheitsstrafe verurteilt, die er bis 28. Juni 1999 verbüßte (ON 19). Vom Widerruf der oben angeführten bedingten Strafnachsichten wurde abgesehen und die Probezeit bezüglich des Verfahrens zum AZ 25 E Vr 763/97 des Landesgerichtes Wels auf fünf Jahre verlängert.

Schließlich wurde der Genannte mit Abwesenheitsurteil (§ 459 StPO) des Bezirksgerichtes Wels vom 9. März 2000, GZ 16 U 87/00d-5, des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG schuldig erkannt und hiefür nach § 27 Abs 1 SMG unter Anwendung des § 39 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 1/2 Monaten verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend darlegt, steht das letztgenannte Urteil in seinem Strafausspruch mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Die Voraussetzungen für die Anwendung der Strafbemessungsvorschrift des § 39 StGB lagen nicht vor, weshalb das Überschreiten der Strafobergrenze des § 27 Abs 1 SMG (Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen) nicht zulässig war, da Harald Manfred L***** bisher erst eimal, nämlich mit Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 12. April 1999, GZ 15 U 204/99y-12, wegen eines einschlägigen Suchtgiftdeliktes zu einer - unmittelbar zu vollziehenden - Freiheitsstrafe verurteilt wurde, die er auch verbüßt hat.

In allen anderen, für die Anwendung des § 39 StGB relevanten Fällen wurden lediglich bedingt nachgesehene Freiheitsstrafen verhängt, die (jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Urteilsfällung) nicht widerrufen wurden. Die Verurteilung zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe ist aber nicht rückfallsbegründend, stellt doch § 39 StGB auf die Wirkungslosigkeit tatsächlich erlittenen Strafübels ab. An einer solchen fehlt es auch dann, wenn - wie hier im Verfahren zum AZ 25 E Vr 763/97 des Landesgerichtes Wels - eine Vorhaft auf eine bedingt nachgesehene Strafe angerechnet wurde. Denn die Anrechnung der Vorhaft wird erst dann zum Strafübel, wenn die Nachsicht widerrufen und die Vollziehung der Strafe angeordnet ist (Leukauf/Steininger Komm3 § 39 RN 5; Mayerhofer StGB5 § 39 E 10). Da das über Harald Manfred L***** verhängte Strafmaß - ohne Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung der Strafbemessungsvorschrift des § 39 StGB - die Strafobergrenze des § 27 Abs 1 SMG überschritten hat, haftet dem Urteil der (materiellrechtliche) Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 11 (§ 468 Abs 1 Z 4) StPO an.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher das angefochtene Urteil in seinem Strafausspruch aufzuheben und wegen Nichterscheinens des Angeklagten im Gerichtstag, um eine allfällige Benachteiligung zu vermeiden, zur Strafneufestsetzung an das Erstgericht zu verweisen.

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