OGH 6Ob55/01h

OGH6Ob55/01h26.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Lirk, Dr. Dietmar Lirk und Dr. Claudia Csaky, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei W*****, vertreten durch Ploil, Krepp & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen 19,217.864,20 S sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 20. Dezember 2000, GZ 2 R 78/00f-38, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 2. Jänner 2000, GZ 16 Cg 36/98p-34, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Zwischenurteil wird aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei gegen das erstgerichtliche Urteil aufgetragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Beklagte beabsichtigte 1993 die Errichtung eines Hotels und einer Wohnhausanlage am Wienerberg Ost. Über Einladung des von der Beklagten beauftragten Architekturbüros legte die Klägerin ein Anbot für das Gewerk Baumeisterarbeiten über 71,026.763,99 S. Nach mehreren Vertragsverhandlungen schlossen die Streitteile am 30. 9. 1993 gesonderte - mit Ausnahme der Termingestaltung oder Vertragssummen inhaltlich idente - Werkverträge für die Wohnhausanlage (31,728.365,75 S netto) und für das Hotel (40,381.556,25 S netto). Nach Abschluss der Bauarbeiten und Schlussrechnungslegung begehrte die Klägerin zunächst die aushaftenden Salden von 5,591.160,34 für das Wohnhaus und von 8,984.605,91 S für das Hotel. Sie dehnte dieses Begehren um die Haftrücklässe auf insgesamt 19,217.864,20 S aus. Die Beklagte beantragte Klageabweisung und wendete zunächst nur ein, die Leistungen seien weder ordnungsgemäß erbracht noch rechtzeitig fertiggestellt worden, sie habe Überzahlungen geleistet, die sie mit Widerklage rückfordern werde. Nach Einholung eines umfangreichen Sachverständigengutachtens wendete die Beklagte schließlich unter Hinweis auf Punkt 13 des Werkvertrages noch mangelnde Passivlegitimation ein. In dieser Bestimmung des Werkvertrages habe die Beklagte schon damals erwogen, das Projekt durch die W***** (im Folgenden Tochtergesellschaft) ausführen zu lassen, die nunmehrige Klägerin habe einem Vertragseintritt dieser Tochtergesellschaft bereits damals zugestimmt. Die Beklagte habe der Klägerin in der Folge in einer am 22. 12. 1993 abgehaltenen Baubesprechung bekannt gegeben, dass die Tochtergesellschaft an ihrer Statt in das Vertragsverhältnis eintrete; die Klägerin habe dies akzeptiert und fortan sämtliche Teil- und Schlussrechnungen der Tochtergesellschaft gelegt.

Die Klägerin brachte dazu vor, sie habe im Werkvertrag nur einem Vertragseintritt, nicht aber einem Wechsel des Vertragspartners unter Ausscheiden der Beklagten aus der Vertragsbeziehung und Übernahme ihrer Verpflichtungen durch eine damals noch gar nicht bestehende GmbH zugestimmt; eine Änderung des Auftraggebers lasse sich aus Punkt 13. des Werkvertrags nicht entnehmen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte noch fest, für den alleinzeichnungsberechtigten Geschäftsführer der Beklagten habe sich 1992 die Möglichkeit eröffnet, das Grundstück, auf dem nunmehr Hotel und Nebengebäude errichtet seien, von der Gemeinde Wien anzukaufen, wobei eine rasche Kaufentscheidung hätte getroffen werden müssen. Da die (für die Ausführung des Bauvorhabens vorgesehene) Tochtergesellschaft zum damaligen Zeitpunkt noch nicht gegründet gewesen sei, habe die Beklagte die Liegenschaft zunächst selbst gekauft und - um die aus wirtschaftlichen Gründen erforderliche zügige Verwertung zu ermöglichen - zunächst den Bauvertrag mit der Klägerin geschlossen. Der Geschäftsführer der Beklagten habe den Vertragsverhandlern der Klägerin erklärt, er erwäge die Gründung einer neuen GmbH, auf die der Vertrag überbunden werden solle. Er habe verlangt, dass die Klägerin bereits damals einer Überbindung des Vertrags auf die neu gegründete GmbH zustimme. Eigentümerstruktur und Geschäftsführung der neuen Tochtergesellschaft sollten gleich jener der Beklagten sein. Der Geschäftsführer der Beklagten habe gewusst, dass Baufirmen aus verschiedenen wirtschaftlichen Motiven die Zustimmung zum Bauherrnwechsel verweigern könnten. Er sei daher daran interessiert gewesen, eine grundsätzliche Zustimmung dazu bereits im Vertrag mit der Klägerin festzuschreiben. Es sei daher nachstehender, zwischen den Streitteilen ausführlich besprochener Punkt 13. in den Werkvertrag mit der Klägerin aufgenommen worden:

"Der Auftraggeber erwägt, das den Gegenstand des Vertrages bildende Projekt durch eine Tochtergesellschaft, deren Firma W***** lautet, ausführen zu lassen. Sollte der Auftraggeber dieses Vorhaben verwirklichen, so stimmt der Auftragnehmer einem Vertragseintritt der W***** bereits jetzt zu". Der auch den Verhandlern der Klägerin offengelegte Hintergrund seiner Überlegungen sei es gewesen, dass er das Projekt mit einer eigenen GmbH verwirklichen müsse, weil Investoren, die nur in dieses Projekt investieren wollten, eine säuberliche Trennung wünschten. Die in Aussicht genommene GmbH sei zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über den Kauf der Liegenschaft noch nicht gegründet gewesen. Der Geschäftsführer der Beklagten habe rasch zugreifen müssen und es habe sich daher nur die Beklagte als Vertragspartner der Klägerin angeboten. Wie die Investoren habe auch die Stadt Wien (die das Projekt gefördert habe) klare Verhältnisse und keine Vermengung verschiedener Projekte der Beklagten gewünscht. Die Verhandler der Klägerin hätten den Intentionen der Beklagten, das Projekt in einer eigenen Projekt GmbH zu führen, Rechnung getragen und der gewünschten Vertragsklausel (Punkt 13) zugestimmt. In der Folge sei die Tochtergesellschaft gegründet worden. Ihre Eigentümerstruktur sei gleich jener der Beklagten. Auch die Geschäftsführung wie auch die Geschäftsanschrift seien identisch. Eine Überbindung des Projekts auf die Tochtergesellschaft habe sich noch etwas hinausgezögert, weil die Stadt Wien anlässlich des Verkaufs an die Beklagte ein Wiederkaufsrecht verlangt habe. Es habe daher noch mehrerer Verhandlungen bedurft, bis auch ein Eigentümerwechsel auf die Tochtergesellschaft habe eintreten können. Nach Beseitigung der das Wiederkaufsrecht betreffenden Schwierigkeiten mit der Stadt Wien und Gründung der Tochtergesellschaft habe der Geschäftsführer der Beklagten den beauftragten Architekten angewiesen, die Klägerin vom vereinbarten Parteiwechsel auf Bauherrnseite zu verständigen. Unter einem sei das Projekt - wie schon die Liegenschaft - von der beklagten Partei auf die neu gegründete Tochtergesellschaft übertragen worden. Diese Übertragung sei nicht nur in den Büchern der beiden GmbHs dargestellt, es sei auch eigenes Firmenpapier, Büromaterial udgl für die Tochtergesellschaft hergestellt und in der Folge vom Geschäftsführer namens dieser für das vorliegende Projekt verwendet worden. Nicht hervorgekommen sei, wie der Architekt der Beklagten die Klägerin davon verständigt habe, dass in Vollzug der vorherigen vertraglichen Bestimmung ein Bauherrnwechsel eingetreten sei. Dass ihr diese Information jedenfalls zugekommen sei, ergebe sich daraus, dass sie sich schriftlich dagegen ausgesprochen habe. Der Geschäftsführer der Beklagten habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie bei den seinerzeitigen Vertragsverhandlungen den Bauherrnwechsel durch Unterfertigung des Vertrags nach entsprechender Erörterung zugestimmt habe, es werde daher nur das vollzogen, was seinerzeit schon beschlossen worden sei. Die Klägerin habe dazu keine weitere schriftliche oder ausdrückliche Stellungnahme abgegeben, sie habe aber ihren gesamten Schriftverkehr und sämtliche Rechnungen - wie von der Beklagten verlangt - in der Folge an die neu gegründete Tochtergesellschaft gerichtet. Dies allerdings mit einer Ausnahme: so trage die Rechnung Beilage V wieder die Bezeichnung der Beklagten. Nicht hervorgekommen sei, ob die Beklagte diese Rechnung formal zurückgewiesen habe. Sie habe diese Rechnung jedenfalls nicht bezahlt und den Standpunkt bezogen, sie sei materiell nicht berechtigt, weil sie Arbeiten verrechne, die im vereinbarten Pauschalpreis enthalten seien. Der Geschäftsführer der Beklagtn habe überdies in einer Baubesprechung vor dem 1. 1. 1994 geäußert, mit Wirksamkeit vom 1. 1. 1994 werde es zu einem Bauherrnwechsel kommen.

Rechtlich verneinte das Erstgericht die Passivlegitimation der Beklagten, weil mit Vereinbarung aller Beteiligten ein Parteiwechsel auf Beklagtenseite eingetreten sei. Die im ursprünglichen Werkvertrag vereinbarte Klausel sei dem Verständnis der Beklagten entsprechend zu lesen, nämlich als Zustimmungserklärung, wonach es der Beklagten freistehe, eine namentlich bereits genannte Tochtergesellschaft als neue Bauherrin in den bestehenden Vertrag eintreten zu lassen. Der Parteiwechsel sei nach den Feststellungen auch inhaltlich vollzogen worden. Auch das Verhalten der Klägerin könne als Zustimmung zu einem geforderten Parteiwechsel im Sinn der seinerzeitigen Vereinbarung angesehen werden. Sie habe nach anfänglichem Widerspruch dennoch dem Wunsch der Beklagten (auf Ausstellung der Rechnungen an ihre Tochtergesellschaft) im Wesentlichen entsprochen. Sie habe das Bauvorhaben fortgesetzt und nur nicht bezahlte und bestrittene Rechnungen wieder auf die Beklagte ausgestellt. Ihr Verhalten könne nur als konkludente Zustimmung zum Rechtsstandpunkt der Beklagten angesehen werden. Abgesehen davon hätte es einer solchen gar nicht bedurft, wenn man davon ausgehe, dass die Klägerin dem Parteiwechsel bereits im Werkvertrag zugestimmt habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, erließ ein Zwischenurteil und erkannte das Klagebegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend. Es pflichtete der Berufung insoweit bei, als es die Auffassung vertrat, die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen (insbesondere jene, wonach die Klägerin den gesamten Schriftverkehr und die Ausstellung sämtlicher Rechnungen wie von der Beklagten verlangt an die Tochtergesellschaft gerichtet habe) fänden teilweise in den aufgenommenen Beweisen keine Deckung. Sie seien aber nicht entscheidungswesentlich. Ein weiteres Eingehen auf die umfangreiche Beweisrüge der Klägerin erübrige sich schon im Hinblick darauf, dass die Berufung auch unter Zugrundelegung des vom Erstgericht festgestellten Sachverhaltes erfolgreich sei: Das Erstgericht leite aus Punkt 13. des Werkvertrags die Vereinbarung eines Parteiwechsels ab, wogegen die Klägerin den Standpunkt vertrete, unter "Vertragseintritt" im Sinn dieser Vereinbarung sei im Zweifel ein Schuldbeitritt anzunehmen. Berücksichtige man, dass der Anspruch des Unternehmers auf Werklohn bereits mit Abschluss des Werkvertrages entstehe, so sei auch der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte schon vor dem behaupteten Vertragseintritt entstanden. Die Beklagte müsste daher, um aus der Haftung entlassen zu werden, beweisen, dass die Klägerin einer Schuldübernahme zugestimmt hätte. Sie behaupte selbst nicht, dass ihr Geschäftsführer als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft erklärt habe, die Zahlungen an die Klägerin zu übernehmen und habe auch nicht vorgebracht, dass sich die neue GmbH verpflichtet habe, Zahlungen an die Klägerin zu leisten. Die Überlegungen des Erstgerichts, das Verhalten der Klägerin bedeute eine konkludente Zustimmung zum Rechtsstandpunkt der Beklagten, seien nicht überzeugend. Die Klägerin sei vielmehr durch Fortsetzung des Baues ihren vertraglichen Verpflichtungen aus dem Werkvertrag nachgekommen und habe damit nur verhindern wollen, schadenersatzpflichtig zu werden. Die im Werkvertrag gewählte Formulierung "so stimmt der Auftragnehmer einem Vertragseintritt....bereits jetzt zu...." könne nicht als Einwilligung des Gläubigers im Sinn des § 1405 ABGB verstanden werden. Es sei nämlich nicht so, dass die Tochterfirma erklärt hätte, die Schuld der Beklagten zu übernehmen und die Klägerin dem zugestimmt hätte, vielmehr habe die Beklagte erklärt, sie erwäge, dass ihre Tochterfirma die Schuld zahlen sollte und vermeine nun, dass die Klägerin dem zugestimmt hätte. Diese angebliche Zustimmung der Klägerin könne nur im Sinn einer Zustimmung zum Vertragsbeitritt der Tochterfirma verstanden werden. Von einer Entlassung der Beklagten aus der Haftung könne ebensowenig die Rede sein wie von einer Einwilligung als Gläubiger im Sinn des § 1405 ABGB. Nach den Feststellungen des Erstgerichts könne auch keine Rede davon sein, dass es zu einer Schuldübernahme durch die Tochtergesellschaft gekommen sei und die Klägerin dem zugestimmt habe. Es komme daher nur ein Schuldbeitritt in Frage, bei dem der Übernehmer neben dem Altschuldner in das Schuldverhältnis eintrete. Die Formulierung im Werkvertrag sei auch nicht als Vertragsübernahme anzusehen. Eine solche setzte die Mitwirkung von Alt-, Neu- und Restpartei voraus; es sei nicht ausreichend, dass der bisherige Schuldner dem Gläubiger Mitteilung von seinem Vertrag mit der Neupartei mache, er müsse sie auch darum bemühen, dass die ihn von seiner Verpflichtung befreiende Vertragsübernahme durch eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Gläubiger und dem Übernehmer wirksam werde. Gelinge dies nicht, sei sein Vertrag mit der Altpartei als Erfüllungsübernahme zu werten, bei der der Gläubiger kein Forderungsrecht gegen den Erfüllungsübernehmer habe. Aus diesen Überlegungen sei die Beklagte nach wie vor Vertragspartner der Klägerin und damit passiv legitimiert. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil sich ihre Rechtsansicht auf die ständige Rechtsprechung stütze.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht seiner Auslegung einen anderen Parteiwillen als den vom Erstgericht festgestellten zugrunde gelegt hat, ohne eine Beweiswiederholung durchzuführen. Sie ist im Sinn des gleichzeitig gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, ihre Tochtergesellschaft sei an ihrer Stelle in den Werkvertrag mit der Klägerin im Sinn einer befreienden Schuldübernahme eingetreten; die Klägerin habe diesem Vertragseintritt vorweg im Punkt 13 des Werkvertrages zugestimmt. Demgegenüber versteht die Klägerin diese Vertragsbestimmung als Zustimmung zu einem Vertragsbeitritt, der die Beklagte aus ihrer vertraglichen Verpflichtung nicht entlassen sollte. Das Erstgericht hat nun Punkt 13 des Werkvertrages unter Berücksichtigung des festgestellten Parteiwillens als Zustimmungserklärung der Klägerin dahin verstanden, dass der Beklagten ein Gestaltungsrecht freistehen sollte, eine namentlich genannte, neu zu gründende Tochtergesellschaft als neue Bauherrin anstelle der Beklagten in den bestehenden Vertrag eintreten zu lassen. Nach den Feststellungen des Erstgerichts ist der Parteiwechsel in der Folge auch inhaltlich vollzogen worden. Das Erstgericht hat bei seiner Auslegung nicht nur die Vertragsurkunde nach ihrem Wortsinn herangezogen, sondern die für seine Auffassung maßgeblichen Feststellungen über den Parteiwillen nach Einvernahme von Zeugen und Parteienvernehmung der Beklagten getroffen. Die Klägerin hat diese Feststellungen in ihrer Berufung als unrichtig bekämpft.

Das Berufungsgericht hat die Beweisrüge aus der Überlegung nicht behandelt, auch der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt führe nicht zum Ausscheiden der Beklagten aus dem Werkvertrag. Seiner rechtlichen Beurteilung hat das Berufungsgericht jedoch dann - wie die außerordentliche Revision zutreffend aufzeigt - nicht die zum Parteiwillen getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes zugrunde gelegt. Es ist vielmehr bei seiner Auslegung des in der Vereinbarung verwendeten Begriffs "Vertragseintritt" von einem davon entscheidend abweichenden Sachverhalt ausgegangen und hat die zum Parteiwillen getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes nicht berücksichtigt, ohne (was Voraussetzung für die Annahme eines anderen als des vom Erstgericht festgestellten Parteiwillens gewesen wäre) eine Beweiswiederholung durchzuführen. Dieser Mangel des berufungsgerichtlichen Verfahrens hindert die Beurteilung der Streitsache und führt zur Aufhebung der bekämpften Entscheidung (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 3 zu § 502) und Zurückverweisung an das Berufungsgericht. Dieses wird im fortzusetzenden Verfahren über die Berufung der Klägerin deren Beweisrüge zu erledigen und - sollte es Bedenken gegen die zum Parteiwillen getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes haben - eine Beweiswiederholung durchzuführen haben. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, dass die Zustimmung des Gläubigers zu einer (zwischen Alt- und Neuschuldner vereinbarten) befreienden Schuldübernahme auch dem (Alt-)Schuldner gegenüber erfolgen kann und keiner ausdrücklichen Entlassung des bisherigen Schuldners aus seinen Verpflichtungen bedarf. Die Zustimmung des Gläubigers kann auch im Vorhinein erteilt werden, wobei die Wirkungen der befreienden Schuldübernahme in einem solchen Fall mit der nachfolgenden Vereinbarung zwischen Schuldner und Drittem eintreten (Mader in Schwimann ABGB2 Rz 2 zu § 1406 mwN). Dass eine derartige Vereinbarung zwischen der Beklagten und ihrer Tochtergesellschaft getroffen wurde, ist nach den - allerdings bekämpften - Feststellungen des Erstgerichtes nicht zweifelhaft. Der vom Berufungsgericht vermissten Erklärung der Tochtergesellschaft gegenüber der Klägerin, zur Erfüllung der sie aufgrund des Werkvertrages treffenden Pflichten bereit zu sein, bedurfte es (sollten die Feststellungen des Erstgerichtes aufrechterhalten werden) nicht. Der Vertragseintritt im Sinn einer privativen Schuldübernahme konnte auch durch eine von der Klägerin vorweg genehmigten Vereinbarung zwischen Alt- und Neuschuldner erfolgen. Im Übrigen stellt die Klägerin selbst eine Haftung der Tochtergesellschaft der Beklagten aufgrund der getroffenen Vereinbarung nicht in Abrede; sie vertritt nur die Auffassung, auch die Beklagte hafte weiter.

Mangels Erledigung der Beweisrüge (bzw Unterlassen einer Beweiswiederholung) kann auch nicht beurteilt werden, ob die nach den dann zugrundezulegenden Feststellungen getroffenen Vereinbarungen allenfalls zu einer Vertragsübernahme führten. Die im Gesetz nicht ausdrückliche geregelte Vertragsübernahme bewirkt, dass der Vertragsübernehmer an die Stelle einer aus dem Schuldverhältnis ausscheidenden Partei tritt, alle ihre vertraglichen Forderungen und Verpflichtungen übernimmt und in ihre Gestaltungsrechte eintritt. Inhalt und rechtliche Identität des bisherigen Schuldverhältnisses werden dadurch nicht verändert (Ertl in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 1406;

Mader in Schwimann, ABGB2 Rz 8 und 9 zu § 1406; Koziol/Welser II11, 118 f mwN; ecolex 1994, 226). Sie setzt die Zustimmung des verbleibenden Vertragspartners voraus (JBl 1990, 717; JBl 1997, 169;

RdA 1993, 319; ecolex 1994, 226), die nach Lehre und Rechtsprechung allerdings auch vorweg erteilt werden kann (Ertl aaO Rz 2, Mader aaO Rz 8; JBl 1988, 720; ZfRV 1994, 32). Die vom Berufungsgericht geforderte (weitere) Vereinbarung zwischen Vertragsübernehmer und verbleibendem Vertragspartner wäre nur dann für die Wirksamkeit der Vertragsübernahme erforderlich, wenn der verbleibende Vertragspartner nicht schon von vornherein der Vertragsübernahme durch die Tochtergesellschaft und ihrem Eintritt in alle Rechte und Pflichten der Beklagten zugestimmt hätte. Ob dies der Fall ist, wird sich erst durch Auslegung des Parteiwillens bei Abschluss des Werkvertrages klären lassen.

Der Revision der Beklagten wird somit Folge gegeben, die Entscheidung des Berufungsgerichtes aufgehoben und diesem die neuerliche Entscheidung über die Berufung der Klägerin im dargelegten Sinn aufgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte