OGH 3Ob282/00t

OGH3Ob282/00t25.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der führenden betreibenden Partei G*****, vertreten durch Dr. Josef Broinger und andere Rechtsanwälte in Eferding, und der beigetretenen betreibenden Partei V*****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, gegen die verpflichtete Partei Christine S*****, wegen 1. S 45.464 sA, 2. S 1,000.000 sA, über den Revisionsrekurs der beigetretenen betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 20. September 2000, GZ 22 R 343/00y-49, womit der Meistbotsverteilungsbeschluss des Bezirksgerichtes Wels vom 11. August 2000, GZ 23 E 34/00g-46, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rechtsmittelwerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Gegenstand ist die Verteilung des Meistbots aus der Zwangsversteigerung von Anteilen an einer Liegenschaft, mit denen Wohnungseigentum verbunden ist. Im Revisionsrekursverfahren ist nur mehr die Zuweisung eines Betrages von S 168.978 an die führende betreibende Gläubigerin im Range des in C-LNR 1 zugunsten der R***** für die Forderung in der Höhe von S 396.220 sA eingetragenen Pfandrechts strittig.

Die führende betreibende Gläubigerin meldete diese Forderung mit dem Vorbringen an, sie habe zu der Darlehens- und Pfandbestellungsurkunde vom 11. 9. 1978 in C-LNR 1 (nach Pfandaufteilung C-LNR 242) als Hausverwalterin der Miteigentümergemeinschaft gemäß § 1422 ABGB unter Übergang aller Sicherheiten zu Darlehen Nr 3-21.048.913 S 168.978 gezahlt (Tilgung S 105.692,71, Zinsen S 63.285,29). Die Anmeldung dieser Forderung erfolge daher aufgrund des Überganges der Sicherheiten im Range dieses Pfandrechts.

Die führende betreibende Gläubigerin legte die Darlehens- und Pfandbestellungsurkunde Konto Nr 21.048.913 vom 11. 9. 1978 über ein ihr von der R***** für das Bauvorhaben P***** gewährtes Darlehen in der Höhe von S 32,047.400 sowie die Schuldübernahmeerklärung der Verpflichteten betreffend den auf ihren Anteil an diesem Haus entfallenden Betrag von S 396.220, der per 31. 12. 1986 mit einem Saldo von S 359.369,31 aushaftet, vor. In der Schuldübernahmeerklärung ist festgehalten, dass anstelle der führenden betreibenden Gläubigerin die Verpflichtete in das Darlehensverhältnis eintritt und die führende betreibende Gläubigerin aus der Haftung entlassen wird. Neben dem neuen und dem alten Darlehensnehmer hat auch die Darlehensgeberin diese Erklärung unterschrieben (am 15. 6, 22. 10 und 24. 11. 1987). Diese Urkunden wurden in einer Kopie (Fax) vorgelegt.

Weiters legte die führende betreibende Gläubigerin Kontoauszüge im Original vor, aus denen sich jeweils Überweisungen auf das Konto Nr 22-00.025.007 bei der R***** ergeben, und zwar zum 1. 1. 1997, 1. 7. 1997, 1. 1. 1998, 1. 7. 1998, 1. 1. 1999, 1. 7. 1999, 1. 1. 2000 und 1. 7. 2000. Bei der jeweils nur als "Sammler" bezeichneten Lastschrift sind Aufstellungen der auf eine Vielzahl von Kontonummern entfallenden Teilbeträge angeschlossen. Hier findet sich jeweils auch der Name der Verpflichteten unter der Kontonummer 3-21.048.913.

Die beigetretene betreibende Gläubigerin erhob in der Verteilungstagsatzung am 2. 8. 2000 Widerspruch, weil weder ein konkreter Nachweis über Zahlungen in der geltend gemachten Höhe vorliege noch die beanspruchte Rangordnung begründet sei; eine wirksame Einlösung sei nicht erfolgt.

Die beiden betreibenden Gläubiger kamen überein, dass bis 10. 8. 2000 eine Einigung über die Zuweisung der Beträge, bei denen Widerspruch erhoben wurde, versucht wird.

Mit dem am 10. 8. 2000 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz ON 46 teilte die beigetretene betreibende Gläubigerin mit, eine Einigung sei nicht möglich gewesen. Sie halte daher den Widerspruch dem Grunde nach zur Gänze aufrecht; der Höhe nach ziehe sie den Widerspruch zurück.

Das Erstgericht gab diesem Widerspruch Folge und wies diesen Betrag der führenden betreibenden Partei nicht zu. Zur Begründung führte es aus, an den urkundlichen Nachweis im Sinn des § 210 EO seien nicht jene Anforderungen zu stellen, wie sie das Grundbuchsgesetz für bücherliche Eintragungen vorschreibe, weil es wegen des ipso iure eintretenden Übergangs des Pfandrechts keiner bücherlichen Eintragungen bedürfe. Es genüge, dass Urkunden beigebracht würden, aus denen sich der Nachweis des Bestehens der angemeldeten Forderung ergebe, so der Nachweis, dass jemand in seiner Eigenschaft als Bürge gezahlt oder im Sinn des § 1422 ABGB eingelöst habe. Der Zahler müsse spätestens im Augenblick der Erfüllung die Abtretung der Rechte verlangen, also die Einlösungsabsicht erklären, sonst erlösche die Forderung mit der Entgegennahme der Erfüllung durch den Gläubiger.

Hier habe die führende betreibende Partei eine solche Erklärung nicht einmal behauptet und auch keine geeigneten Urkunden vorgelegt, weshalb der Betrag nicht zuzuweisen gewesen sei. Aus der vorgelegten Darlehens- und Pfandbestellungsurkunde sowie Schuldübernahmeerklärung sei nur ersichtlich, dass die ursprüngliche Darlehensnehmerin die führende betreibende Partei gewesen sei und die Verpflichtete mit Schuldübernahmeerklärung in das Darlehensverhältnis eingetreten sei und die führende betreibende Gläubigerin aus der Haftung entlassen habe.

Das Rekursgericht gab - soweit seine Entscheidung mit Revisionsrekurs angefochten ist - dem Rekurs der führenden betreibenden Partei teilweise Folge und wies ihr diese Forderung zur zinstragenden Anlegung zu; dem Widerspruch der beigetretenen betreibenden Gläubigerin wurde nur insofern Folge gegeben, als eine Berichtigung dieser Forderung durch Barzahlung ausgeschlossen wird.

Das Rekursgericht sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, welche Nachweise zu erbringen seien, wenn ein Forderungsübergang aus einer Einlösung nach § 1422 ABGB behauptet wird, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung habe aufgefunden werden können.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, gemäß § 1422 ABGB könne, wer die Schuld eines anderen, für die er nicht haftet, bezahlt, vor oder bei der Zahlung vom Gläubiger die Abtretung seiner Rechte verlangen; habe er dies getan, so wirke die Zahlung als Einlösung der Forderung. Gemäß § 210 EO seien die zum Nachweis der angemeldeten Ansprüche dienenden Urkunden, falls sich dieselben nicht schon bei Gericht befinden, spätestens bei der Verteilungstagsatzung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorzulegen, widrigens die Ansprüche bei der Verteilung nur insoweit berücksichtigt würden, als sie aus dem öffentlichen Buche, den Pfändungs- und sonstigen Exekutionsakten als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet erhellen. Die Vorlage einer unbeglaubigten Abschrift genüge nicht. Im Falle einer Rechtsnachfolge müsse diese behauptet und bewiesen werden, wobei der Forderungsübergang nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden müsse, sondern die Vorlage anderer Urkunden, aus denen sich die Zahlung ergibt, in Urschrift oder beglaubigter Abschrift genüge. Ein ausreichender urkundlicher Nachweis sei hier nicht erbracht worden, weil die führende betreibende Gläubigerin nur computerausgedruckte Auflistungen von Annuitätenzahlungen ohne firmenmäßige Fertigung den Originalkontoauszügen beigeheftet habe, sodass sich nicht ausreichend nachvollziehen lasse, wie sich die Gesamttilgungen betragsmäßig zusammensetzen. Die führende betreibende Partei habe auch die Schuld- und Pfandbestellungsurkunde, den Kreditvertrag und die Schuldübernahmeerklärung nicht bzw nicht im Original oder in beglaubigter Abschrift vorgelegt. Eine Zuweisung des geltend gemachten Teilbetrags zur Berichtigung durch Barzahlung wäre daher ein Verstoß gegen die zwingende Verfahrensvorschrift des § 210 EO und komme daher nicht in Betracht.

Allerdings führe die Unterlassung der Anmeldung oder Bescheinigung einer durch eine Kredit- oder Kautionshypothek sichergestellten Forderung nicht zum Rechtsverlust, weil die Hypothek aus dem öffentlichen Buch zu ersehen sei und daher bei der Verteilung berücksichtigt werden müsse. Bei einer mangelhaften Anmeldung sei der Buchberechtigte nicht schlechter zu stellen, als hätte er überhaupt nicht angemeldet. Der angemeldete, aber nicht bescheinigte Betrag sei demnach aus einer Hypothek zuzuweisen, aber nicht auszufolgen, sondern zinstragend anzulegen.

Dies setzte hier voraus, dass zugunsten der führenden betreibenden Partei von einem Forderungsübergang infolge Einlösung auszugehen sei. Die Erklärung, die Forderung einlösen zu wollen, könne auch stillschweigend durch konkludente Handlungen erfolgen, wenn dies der Verkehrssitte entspreche. Das Fehlen von Anhaltspunkten für eine Zahlung in Tilgungsabsicht genüge. In diesen Fällen liege naturgemäß auch keine Urkunde (in Urschrift oder beglaubigter Abschrift) über die Erklärung des Einlösungsbegehrens vor, sodass die Frage, ob eine eingetragene Hypothek infolge Einlösung auf den die Forderung Anmeldenden übergegangen ist, vom Exekutionsgericht aufgrund des Vorbringens im Zusammenhang mit der Forderungsanmeldung vorweg zu prüfen sei. Die Tatsache der Zahlung bestimmter Beträge für eine Verpflichtete sei im Widerspruch nicht bestritten worden; vielmehr sei allgemein eingewendet worden, es sei zu keiner wirksamen Einlösung gekommen. Es sei allerdings davon auszugehen, dass für die führende betreibende Gläubigerin keinerlei Veranlassung bestanden habe, irgendwelche Zahlungen für die Verpflichtete in Tilgungsabsicht zu leisten, weshalb von einer schlüssigen Einlösung auszugehen sei, auch wenn eine Einlösungserklärung nicht urkundlich nachgewiesen habe werden können. Da es sich bei der Beurteilung dieser Vorfrage um eine reine Rechtsfrage handle, komme auch eine Verweisung zur Klärung streitiger Tatumstände auf den Rechtsweg in diesem Zusammenhang nicht in Betracht.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der beigetretenen betreibenden Gläubigerin ist nicht berechtigt.

Für die Frage, wie der Übergang einer Forderung bei der Anmeldung im Meistbotsverfahren nachzuweisen ist, ist § 210 EO maßgebend. Wohl ergibt sich aus § 9 EO, dass der Nachweis des Überganges des im Exekutionstitel beurkundeten Anspruches auf eine andere Person nur durch öffentliche oder durch öffentlich beglaubigte Urkunden erbracht werden kann. Diese Bestimmung gilt aber bloß für die Bewilligung der Exekution und es besteht kein Anlass, sie auf die Verteilung des Meistbots auszudehnen. Im Verfahren über die Verteilung des Meistbotes ist zum Nachweis des Übergangs einer im Grundbuch pfandrechtlich sichergestellten Forderung auf eine vom Buchberechtigten verschiedene Person weder eine öffentliche noch eine öffentlich beglaubigte Urkunde erforderlich (JBl 1988, 796; Angst in Angst, EO Rz 15 zu § 210).

Da hier das Exekutionsverfahren vor dem 30. 9. 2000 eingeleitet wurde, ist für die Frage der Form der mit der Anmeldung zur Meistbotsverteilung vorzulegenden Urkunden § 210 EO idF vor der EO-Nov 2000 anzuwenden. Hier ist mit Originalurkunden nachgewiesen, dass die führende betreibende Gläubigerin als Hausverwalter - der Höhe nach von der Widerspruchswerberin ausdrücklich nicht bestrittene - Annuitätenzahlungen für ein anlässlich der Errichtung des Hauses aufgenommenes Darlehen leistete, wobei hierin auch der Teilbetrag enthalten war, der auf das pfandrechtlich (nicht mit Höchstbetragshypothek) gesicherte Darlehen entfällt.

Bei der Beurteilung, ob dies als Nachweis des Rechtsüberganges nach § 1422 ABGB ausreichend ist, ist davon auszugehen, dass die Anwendung des § 1422 ABGB eine dem Gläubiger gegenüber spätestens im Augenblick der Zahlung abgegebene Erklärung, die Forderung einlösen zu wollen, zur Voraussetzung hat. Diese Erklärung kann auch konkludent abgegeben bzw nach den Umständen des Falls als selbstverständlich vorausgesetzt werden (Reischauer in Rummel, ABGB**2 Rz 5 zu § 1422; Mader in Schwimann, ABGB**2 Rz 11 zu §§ 1422 f jeweils mit Hinweisen auf die Rsp). Pfandrechte gehen bei Einlösung der Forderung automatisch über (Mader aaO Rz 15 zu §§ 1422 f mit Hinweisen auf die Rsp).

Der Umstand, dass die führende betreibende Gläubigerin an sich die Annuitätenzahlungen geleistet hat, wird von der Revisionsrekurswerberin, die schon vor dem Erstgericht die Höhe der angemeldeten Forderung ausdrücklich anerkannt hat, überhaupt nicht bestritten. Sie vertritt jedoch die Rechtsansicht, unter den gegebenen Umständen seien ausreichende Tatsachen für die Annahme einer Einlösung gemäß § 1422 ABGB nicht behauptet und nachgewiesen worden.

Geht man jedoch von den nicht (mehr) bestrittenen Tatsachen aus, ist die Annahme einer Einlösung gemäß § 1422 ABGB durchaus zutreffend. In dem - auch hier vorliegenden - Fall, dass keine Indizien für den Willen des zahlenden Hausverwalters, die Verpflichtete von der Schuld zu befreien, bestehen, wird nämlich der Einlösungswille mangels gegenteiliger Anhaltspunkte geradezu unterstellt (s 6 Ob 616/92 mwN; Reischauer aaO; Mader aaO Rz 11 jeweils mit Hinweisen auf die Rsp). Diese Anmeldung reicht entgegen der Rechtsansicht der Revisionsrekurswerberin sehr wohl dazu aus, im Meistbotsverteilungsverfahren die Voraussetzungen des Forderungsübergangs nach § 1422 ABGB zu bejahen. Keineswegs ist hiefür erforderlich, dass die nach § 1422 ABGB für die Einlösung erforderliche Erklärung schriftlich abgegeben wird.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte