OGH 12Os13/01

OGH12Os13/0119.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. April 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Mann als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Karl Heinz M***** wegen des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (alte Fassung) und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 9. Oktober 2000, GZ 30j Vr 2809/00-76, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, der Wahrspruch der Geschworenen, der im Übrigen aufrecht bleibt, zu den Hauptfragen 1, 2, 4 und 5 (fortlaufende Zahlen 1, 2, 5 und 6 des Fragenschemas) sowie das darauf beruhende, sonst gleichfalls unberührt bleibende angefochtene Urteil - teilweise gemäß §§ 290 Abs 1, 344 StPO - in den Schuldsprüchen wegen des Verbrechens (richtig:) der Notzucht nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (aF) (1.), des Vergehens der Blutschande nach § 211 Abs 2 StGB (2.), des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1, Abs 3 erster Fall StGB (4.) und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (5.) sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf den kassatorischen Teil dieser Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten die auf den erfolglosen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Karl Heinz M***** wurde auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens "der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB in der dem Bundesgesetzblatt BGBl 1988/242 vorangehenden Fassung" - ersichtlich gemeint: BGBl 1989/242 - (1.), des Vergehens der Blutschande nach § 211 Abs 2 StGB (2.), des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (3.), des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1, Abs 3 erster Fall StGB (4.) und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (5.) schuldig erkannt. Demnach hat er

"im Frühjahr 1989 in zumindest fünf bis sechs Angriffen in Wien und Bad Vöslau seine am 24. 12. 1981 geborene Tochter Sabrina M*****

1. mit Gewalt dadurch, dass er ihr heftige Faustschläge gegen Bauch und Rippen versetzte und ihr die Arme zurückbog und sie so festhielt, sodann mit seinem steifen Glied zumindest wenige Zentimeter in ihre Scheide eindrang, in der Folge mit dem Finger in ihre Scheide eindrang, ihre Geschlechtsteile mit seiner Zunge berührte, widerstandsunfähig gemacht und in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf missbraucht, wobei diese Tat eine schwere Körperverletzung, nämlich erhebliche Verhaltensauffälligkeiten, emotionale Störungen und soziale Missbefindlichkeiten, die insgesamt die Dauer von 24 Tagen erheblich überschritten, zur Folge hatten;

2. eine Person, die mit ihm in absteigender Linie verwandt ist, zum Beischlaf verführt;

3. Sabrina M***** dadurch, dass er ihr androhte, er werde die Mutter umbringen und sie selbst in ein Heim stecken, sollte es von den Vorfällen erzählen, sohin durch gefährliche Drohung zur Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme zu einer Anzeige wegen Vergewaltigung, genötigt;

4. mit Sabrina M*****, sohin einer unmündigen Person den Beischlaf unternommen, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung, nämlich erhebliche Verhaltensauffälligkeiten, emotionelle Missbefindlichkeiten, die insgesamt die Dauer von 24 Tagen erheblich überschritten, zur Folge hatten;

5. sein minderjähriges Kind zur Unzucht missbraucht."

Die Geschworenen hatten die anklagekonform auf Notzucht nach § 201 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB aF (Hauptfrage 1), Blutschande nach § 211 Abs 2 StGB (Hauptfrage 2), Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (Hauptfrage 3), schweren sexuellen Missbrauch von Unmündigen nach § 206 Abs 1, Abs 3 erster Fall StGB (Hauptfrage 4) und Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (Haupfrage 5) lautenden Hauptfragen jeweils stimmenmehrheitlich bejaht, die für den Fall der Bejahung der Hauptfrage 3 zu beantwortende Zusatzfrage nach Verjährung stimmenmehrheitlich verneint und die für den Fall der Verneinung der Hauptfrage 1 auf deren Sachverhaltssubstrat gegründete, auf Vergewaltigung nach § 201 Abs 2, Abs 3 erster Fall StGB nF lautende Eventualfrage 1 unbeantwortet gelassen.

Der gegen die Schuldsprüche aus § 345 Abs 1 Z 5, 6, 8, 10a, 11 lit a und 12 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt teilweise Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Die zum Schuldspruchfaktum 5. gestellte Hauptfrage 5 (fortlaufende Nummer 6) lautet: "Ist Karl Heinz M***** schuldig, er hat im Frühjahr 1989 in zumindest fünf bis sechs Angriffen in Wien und Bad Vöslau sein minderjähriges Kind, nämlich die am 24. 12. 1981 geborene Tochter Sabrina M***** zur Unzucht missbraucht?".

Diese Formulierung wird im Sinn des dazu erstatteten Beschwerdevorbringens (Z 6) dem Individualisierungsgebot des § 312 Abs 1 StPO nicht gerecht: Schuldfragen sind neben den gesetzlichen Merkmalen der strafbaren Handlung die besonderen Umstände der Tat soweit beizufügen, als es zu ihrer deutlichen Bezeichnung notwendig ist, um die Möglichkeit der Verwechslung der Tat mit einer anderen Handlung gleicher oder ähnlicher Beschaffenheit zu vermeiden und die Gefahr neuerlicher Verfolgung und Verurteilung wegen derselben strafbaren Handlung, aber auch der Überschreitung der Anklage auszuschließen sowie um die Überprüfung der Subsumtion des von den Geschworenen ihrem Wahrspruch zugrunde gelegten Sachverhalts zu gewährleisten (SSt 55/82 = EvBl 1985/97; SSt 56/7 = EvBl 1985/134 ua). Da die Hauptfrage 5 dazu nicht einmal eine (zulässige) Verweisung auf die in vorangegangenen Fragen individualisierte Tat enthält, liegt ein mit Nichtigkeit bedrohter Verstoß gegen die zwingende Vorschrift des § 312 StPO vor. Die (hier) naheliegende (bloße) Vermutung, dass sämtlichen Schuldfragen das den jeweils herangezogenen gesetzlichen Merkmalen der strafbaren Handlung gegenübergestellte idente Sachverhaltssubstrat zugrunde liegt, vermag die aufgezeigten zwingenden Präzisionskriterien nicht zu ersetzen. Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, dass dem Schwurgerichtshof zum Nachteil des Angeklagten weitere materiellrechtliche, gemäß §§ 290 Abs 1, 344 StPO von Amts wegen wahrzunehmende Gesetzesverstöße unterlaufen sind:

Denn die Vorschrift des § 312 Abs 1 StPO wird neben jener des § 314 StPO auch durch die Stellung der Hauptfrage 1 nach dem Verbrechen der Notzucht nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB aF und der mit ihr korrespondierenden Eventualfrage 1 (fortlaufende Nummer 4) nach dem Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2, Abs 3 erster Fall StGB nF, deren Beantwortung den Geschworenen für den Fall der Verneinung der Hauptfrage 1 aufgetragen war, verletzt:

Die Hauptfrage muss zwar nicht nur den in der Anklage angeführten gesetzlichen Tatbestand sondern auch die dort bezeichneten näheren Umstände zur deutlichen Umschreibung der der Anklage zugrunde gelegten strafbaren Handlung zum Ausdruck bringen, also (auch) hinsichtlich des konkreten Sachverhalts mit der Anklage übereinstimmen. Bei ihrer Fassung ist der Schwurgerichtshof jedoch weder verpflichtet, die Anklage wortgetreu wiederzugeben, noch berechtigt, Fehler des Anklagespruches in die Frage aufzunehmen. Er hat vielmehr zu prüfen, welcher strafbaren Handlung der Angeklagte beschuldigt wird und sodann alle ihre gesetzlichen Merkmale in die Frage aufzunehmen (SSt 53/61; 11 Os 51/82).

Abgesehen davon, dass der Schwurgerichtshof somit verhalten gewesen wäre, die zur Beirrung der Geschworenen geeigneten Passagen des Anklagetenors, wonach der Täter Gewalt unter anderem auch einsetzte, indem er (hier als Nötigungsmittel vorweg nicht in Betracht kommend) "mit seinem steifen Glied zumindest wenige Zentimeter in ihre Scheide eindrang, ihren Geschlechtsteil mit seiner Zunge berührte" soweit beischlafsspezifisch korrigierend in die Individualisierung der auf Beischlaf gerichteten Tathandlung aufzunehmen, im Übrigen aber entweder als Begleiterscheinung des Beischlafs konsumiert aus der Frage auszuklammern oder - bei Annahme eines auf gesondertem Willensentschluss beruhenden realkonkurrierenden Unzuchtsaktes - zum Gegenstand getrennter Fragestellung zu machen, war er bei vorliegend gegebener unabdingbarer Prämisse der Identität des der Hauptfrage 1 zugrunde liegenden mit dem der Anklage zugrunde gelegten Sachverhalt darüberhinaus auch verpflichtet, die Rechtsfrage, welches Gesetz auf die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat Anwendung zu finden hat, selbst zu beantworten und nicht berechtigt, den im Hinblick auf die Änderung des Tatbestandes der Notzucht nach § 201 StGB aF durch BGBl 1989/242 anzustellenden Günstigkeitsvergleich nach § 61 StGB den Geschworenen zu überbinden.

Nach dieser Bestimmung sind Strafgesetze auf vor ihrem Inkrafttreten begangene Taten dann anzwenden, wenn die Gesetze, die zur Zeit der Tat gegolten haben, für den Täter in ihrer Gesamtauswirkung nicht günstiger waren; beim Günstigkeitsvergleich sind die den Täter in concreto, also unter Bedachtnahme auf die Besonderheiten des jeweiligen Falles, treffenden Unrechtsfolgen - hier der Erzwingung des Beischlafes durch Gewalt und Drohung - nach altem und neuem Recht gegenüberzustellen (Steininger aaO § 61 RN 12).

Der Vergleich der Strafdrohungen der hier aktuellen Tatbestände der Notzucht nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB aF (5 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe) und der Vergewaltigung nach - mangels hier in Betracht kommender schwerer Gewalt nach § 201 Abs 1 StGB - § 201 Abs 2 und Abs 3 erster Fall StGB nF (1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe) als der wesentlichsten Beurteilungskriterien weist das geltende Strafgesetz als für den Angeklagten günstiger aus. Gleiches gilt für den Fall der Ausklammerung des qualifizierenden schweren Verletzungserfolges durch die Geschworenen gemäß § 330 Abs 2 StPO, zufolge der Strafdrohung des § 201 Abs 1 StGB aF von 1 bis 10 Jahren Freiheitsstrafe und jener des § 201 Abs 2 nF von 6 Monaten bis 5 Jahren, die selbst bei Nichtannahme der tätergewollten Herbeiführung der Widerstandsunfähigkeit des Tatopfers als erster Akt der zweiaktigen objektiven Tatbestandserfordernisse des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB aF und in weiterer Folge allenfalls zu prüfender Subsumtion des Sachverhaltes als Verbrechen der mit Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten bis 5 Jahren bedrohten Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 StGB aF nicht ungünstiger ist.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wären daher ausschließlich die gesetzlichen Merkmale des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2, Abs 3 erster Fall StGB nF und die ihnen gegenüberzustellenden besonderen Umstände der Tat in die Hauptfrage 1 aufzunehmen gewesen wären. Die Stellung einer Eventualfrage hingegen war schon mangels in der Hauptverhandlung vorgebrachten Tatsachensubstrats, aus dem ableitbar wäre, dass sich der Angeklagte einer anderen als der in der Anklage angeführten strafbaren Handlung oder zwar derselben, aber in einer anderen Erscheinungsform schuldig gemacht haben könnte, als zur Beirrung der Geschworenen geeignet verfehlt.

Verfehlt ist ferner die Stellung der in untrennbarem Zusammenhang (§ 349 Abs 2 StPO) mit der Hauptfrage 1 stehenden Hauptfrage 2 (fortlaufende Nummer 2) nach dem Vergehen der Blutschande durch (darüber hinaus in keiner Weise individualisierte) Verführung einer in absteigender Linie verwandten Person zum Beischlaf nach § 211 Abs 2 StGB: Zur Tat verführt hat jener Täter, dessen Einwirkung auf den Willen des Partners notwendig war, um ihn zur Tat, die der Partner nicht gewollt hatte, geneigt zu machen. Als Mittel der Verführung kommen zwar außer Zureden, Hervorkehren des Autoritätsverhältnisses, einleitende Sexualhandlungen und dergleichen auch drohende Äußerungen und selbst Gewalt in Betracht; die beiden letztbezeichneten Mittel dürfen jedoch (insoweit auch von der Rechtsbelehrung übergangen) keinen die Selbstbestimmung in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigenden Grad erreichen, weil eine mit solchen Mitteln erfolgte Willensbeugung schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht als Verführung bezeichnet werden kann (Steininger Komm3 § 211 RN 7). Den zuletzt genannten Voraussetzungen hätte der Schwurgerichtshof aber zufolge der in der Anklageschrift ON 48 hervorgehobenen, durch den auf Vollziehung des Beischlafes gerichteten Gewalteinsatz bewirkten Widerstandsunfähigkeit des Tatopfers von Amts wegen Rechnung tragen und gemäß § 312 Abs 2 StPO - auch bei durch Annahme echter Idealkonkurrenz verfehlter rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes durch die Anklagebehörde - lediglich die Hauptfrage nach Vergewaltigung und eine weitere Hauptfrage nach - vom Anklagevorwurf mitumfassten, mit geringerer Strafe bedrohten Vollzug des Beischlafs durch den Angeklagten mit einer mit ihm in gerader Linie verwandten Person (§ 211 Abs 1 StGB), der mit Vergewaltigung in Idealkonkurrenz zusammentreffen kann (SSt 58/85), zu stellen gehabt.

Hat der Mangel der Fragestellung - wie hier - eine rechtsirrige Anwendung des Gesetzes auf die durch die Bejahung der Schuldfragen festgestellte Tat zur Folge, dann ist das Urteil auch mit einem - vom Obersten Gerichtshof amtswegig wahrzunehmenden - materiellen Nichtigkeitsgrund behaftet (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 6 E 4). Von der Nichtigkeit der Hauptfrage 1 (nach Notzucht) wäre zwar - insoliert betrachtet - die Hauptfrage 4 (fortlaufende Nummer 5) nach qualifiziert schwerem sexuellem Missbrauch nicht betroffen, doch stehen beide - schon im Hinblick darauf, dass die inkriminierten Tatfolgen mangels Konkretisierung und damit Überprüfbarkeit ihrer rechtlichen Beurteilung nicht ohne weiteres dem Begriff der schweren Körperverletzung unterstellt werden können - in einem derartig engen beweismäßigen Zusammenhang, dass im Interesse einer umfassenden Beweiswürdigung im erneuerten Rechtsgang eine dazu nur teilweise Urteilsaufhebung (§ 349 Abs 2 StPO) verwehrt ist (SSt 39/18). Da die aufgezeigten Nichtigkeiten die spruchgemäße Aufhebung der Schuldsprüche wegen des Verbrechens der Notzucht (1.), des Vergehens der Blutschande nach § 211 Abs 2 StGB (2.), des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1, Abs 3 erster Fall StGB (4.) sowie wegen des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (5.) und eine partielle Erneuerung des Verfahrens erfordern, erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere diese Schuldspruchfakten betreffende Beschwerdevorbringen.

Eine gesetzmäßige Darstellung verfehlt allerdings die gegen den Schuldspruch wegen Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (Schuldspruchfaktum 3.) gerichtete Rechtsrüge (nominell Z 11 lit a), die auf einen Rechtsirrtum der Geschworenen bei Verneinung der mit der Hauptfrage 3 (nach dem Vergehen der Nötigung) korrespondierenden Zusatzfrage (fortlaufende Nummer 7) nach Verjährung abstellt, weil der hier herangezogene materiellrechtliche Strafaufhebungsgrund im geschworenengerichtlichen Verfahren nicht unmittelbar mit einem materiellen Nichtigkeitsgrund releviert werden, sondern nur auf indirektem Weg, nämlich aus § 345 Abs 1 Z 6, insbesondere aber Z 8 StPO anfechtbar ist (EvBl 1981/152 = ZfRV 1981, 152; SSt 55/27 uva, zuletzt 15 Os 101/99).

Im zuletzt bezeichneten Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§§ 285a, 344 StPO) und insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Der Vollständigkeit halber ist jedoch ferner darauf hinzuweisen, dass den Geschworenen im erneuerten Verfahren eine der Bestimmung des § 321 Abs 2 StPO entsprechende, das - hier schon nach dem Gesagten durch mehrere idealkonkurrierende Tatbestände aktualisierte - Verhältnis der Fragen zueinander sowie die Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage klarstellende Rechtsbelehrung zur Verfügung zu stellen sein wird und nicht - wie vorliegend im ersten Rechtsgang - zwei zu ihrer Beirrung geeignete gesonderte, jeweils als Rechtsbelehrung (Beilagen A und B) bezeichnete, überwiegend Fotokopien auf einander nicht abgestimmter rechtlicher Instruktionen der Geschworenen in anderen Strafverfahren enthaltende Collagen, die sinnstörende Mängel enthalten (vgl Kopie aus dem Verfahren AZ "20 t Vr 8433/96", Beilage B S 1f - mit Belehrung "zu den Hauptfragen 1. und 2. lautend auf das Verbrechen der Vergewaltigung nach dem § 201 Abs 1 und 3 StGB: ... ", die sich auf Ausführungen zu Abs 1 leg cit beschränkt sowie gesonderte Instruktion "Zur Frage: Lautend auf das Verbrechen der Vergewaltigung nach dem § 201 Abs 2 und 3 StGB" (Beil B S 7) oder zur gar nicht erfragten Qualifikation nach § 106 Abs 1 Z 1 StGB - Beilage A, letzte, mit "1" bezeichnete Seite - vgl SSt 56/95 uva).

Die zufolge Kassierung auch des Strafausspruchs gegenstandslos gewordenen Berufungen waren auf diese Entscheidung zu verweisen.

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