OGH 8Ob219/00i

OGH8Ob219/00i29.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Hoch als weitere Richter im Schuldenregulierungsverfahren des Zdzislaw R*****, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanswalt in Innsbruck, infolge Revisionsrekurses des Gläubigers Dkfm Josef P*****, vertreten durch Dr. Norbert Winkler, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 17. Juni 2000, GZ 2 R 250/00d-34, womit der Rekurs des Gläubigers gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 4. Mai 2000, GZ 24 S 76/99m-26, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs des Gläubigers Dkfm Josef P***** unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht entzog dem Schuldner im anhängigen Schuldenregulierungsverfahren zum Teil die Eigenverwaltung und bestellte den Rechtsanwalt Dr. Bernd Schmidhammer zum Masseverwalter. Dessen Geschäftskreis wurde ua auch auf die Überprüfung des Mietverhältnisses, insbesondere im Hinblick auf die unangemessen hohen Betriebskosten (der Wohnung des Schuldners) eingeschränkt (ON 15 = AS 55).

Der Vermieter meldete eine Forderung von S 45.000 an offenem Mietzins (inklusive Betriebskosten) für den Zeitraum Jänner bis Mai 2000 an und beantragte deren "Feststellung" als Masseforderung (ON 25).

Mit Beschluss vom 4. 5. 2000 (ON 26) schied das Erstgericht die Mietrechte des Schuldners an dieser Wohnung "mit dem Datum der Konkurseröffnung" aus der Konkursmasse aus.

Den dagegen erhobenen Rekurs des Gläubigers (Vermieters) wies das Gericht zweiter Instanz zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000, nicht aber S 260.000 übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung habe der einzelne Konkursgläubiger kein Individualmitwirkungsrecht und daher auch keine Rechtsmittelbefugnis im Verwertungsverfahren. Auch ein Vermieter sei nur dann rekurslegitimiert, wenn er durch den angefochtenen Beschluss in seinen Rechten verletzt werde. Ein bloßes wirtschaftliches Interesse an der Rekurserhebung genüge nicht. Durch die Ausscheidung von Mietrechten aus dem Vermögen des Gemeinschuldners gemäß § 119 Abs 5 KO trete eine Verletzung von Rechten des Vermieters nicht ein, weshalb dieser zur Erhebung eines Rekurses gegen den Ausscheidungsbeschluss nicht legitimiert sei (8 Ob 10/92 = RdW 1993, 246). Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil sich die angeführte Rechtsprechung des Höchstgerichtes zur Rechtsmittelbefugnis des einzelnen Konkursgläubigers auf eine Ausscheidung nach § 119 Abs 5 KO beziehe und (weil sich) hinsichtlich der diesbezüglichen Stellung des Vermieters - soweit ersichtlich - über diese Entscheidung hinaus keine weitere Rechtsprechung finde, insbesondere auch nicht für das Schuldenregulierungsverfahren bei eingeschränktem Geschäftsbereich des Masseverwalters.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig und auch berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung ist im Konkursverfahren grundsätzlich jeder zum Rekurs befugt, der sich in seinem Recht gekränkt zu sein erachtet. Voraussetzung der Rekurslegitimation ist jedoch, dass der Rekurswerber in seinem Recht verletzt sein kann; ein bloß wirtschaftliches Interesse genügt nicht (RdW 1993, 243 ua). Ausgehend von diesem Grundsatz wird in ständiger Rechtsprechung dem Vertragspartner der Konkursmasse als am Konkurs nicht Beteiligtem die Rechtsmittellegitimation versagt (8 Ob 163/99z= ZIK 2000/157 mwN).

Der erkennende Senat hat in der vom Rekursgericht zitierten Entscheidung (8 Ob 10/92 = RdW 1993, 246 = WoBl 1993, 108) dem Vermieter im Falle der Ausscheidung von Mietrechten aus der Konkursmasse das Rechtsmittelrecht abgesprochen und darauf verwiesen, dass nach stRsp Konkursgläubigern in Fragen der Verwertung der Konkursmasse, zu denen auch ein Ausscheidungsbeschluss nach § 119 Abs 5 KO zähle, kein Mitwirkungsrecht im Konkurs zukomme. Durch den Ausscheidungsbeschluss würden Rechte des Vermieters nicht verletzt; das bloß wirtschaftliche Interesse an der Rekurserhebung könne die Rechtsmittellegitimation nicht begründen.

Was nun den Fall einer Ausscheidung nach § 5 Abs 4 KO betrifft, wurde zwar zu 8 Ob 163/99z (ZIK 2000/157 = immolex 2000/48) ausgesprochen, dass an dieser Rechtsansicht festzuhalten sei; auch diese Entscheidung, deren Schwerpunkt auf der Bejahung der Rekurslegitimation der (das gleiche Rechtsschutzziel wie ihr Ehemann und Mitmieter anstrebenden) Gemeinschuldnerin lag, stützt sich zur Begründung der Zurückweisung des Rekurses des Mitmieters jedoch ausdrücklich auf 8 Ob 10/92, wo die Rekurslegitimation des Vermieters als Vertragspartner der Masse - anders als im vorliegenden Fall - nur bezüglich eines die Rechtslage mit Wirkung ex nunc gestaltenden Ausscheidungsbeschlusses verneint wurde. Mit dem hier gefassten Beschluss, die Bestandrechte rückwirkend dem Schuldner gemäß § 5 Abs 4 KO zu überlassen, wird aber unter Überschreitung der dem Konkursgericht nur für die Zukunft zustehenden Rechtsgestaltungsbefugnis (ZIK 2000/157; s auch 8 Ob 104/00b = RIS-Justiz RS0114389 sowie Nunner, Freigabe von Konkursvermögen, 129 f und 221 f) ein Ausscheiden aus der Masse für die Vergangenheit - und damit die rückwirkende Beseitigung bereits entstandener Masseforderungen des Vermieters - angeordnet. Eine Beschwer des dadurch in seinen Rechten beeinträchtigten Massegläubigers kann somit nicht verneint werden.

Dem Revisionsrekurs des Vermieters war daher Folge zu geben.

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