OGH 4Ob50/01h

OGH4Ob50/01h22.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ä*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Kodolitsch und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Gertrude P*****, vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 300.000 S), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 25. Jänner 2001, GZ 6 R 8/01w-14, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gem § 2 Abs 2 ÄrzteG 1998 umfasst die Ausübung des ärztlichen Berufes jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Missbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind (Z 1), die Behandlung solcher Zustände (Z 3) und die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und medizinische-diagnostischen Hilfsmitteln (Z 7).

Die Beklagte ist Inhaberin eines Gewerbescheins, der sie dazu berechtigt, "Hilfestellung zur Erreichung einer körperlichen bzw energetischen Ausgewogenheit" durch verschiedene aufgezählte Methoden zu geben. Nach dem für bescheinigt erachteten Sachverhalt befragt die Beklagte bei ihr vorsprechende Personen nach ihrem Wohlbefinden, übt ihre Tätigkeit nur im Rahmen ihres Gewerbescheins aus und trachtet mit ihren Anwendungen (Bestrahlung mit "Mineralienlampen", Magnetfeldanwendungen, Bachblüten, Entspannung unter Musik) danach, einen Ausgleich zwischen Seele, Geist und Körper zu erreichen; Anamnesen, Diagnosen oder Therapien führt sie nicht durch.

Wenn die Vorinstanzen unter diesen Umständen einen durch den Gewerbeschein der Beklagten nicht gedeckten Verstoß gegen § 2 ÄrzteG und damit einen wettbewerbswidrigen Rechtsbruch iSd § 1 UWG verneint haben, halten sie sich damit im Rahmen der Grundsätze höchstrichterlicher Rechtsprechung. So hat der erkennende Senat erst jüngst (4 Ob 14/00p = ÖBl-LS 2000/33 - Auspendeln) ausgesprochen, dass insbesondere die Erstellung einer Diagnose eine Ärzten vorbehaltene Tätigkeit ist (so schon 4 Ob 114/89); ein solches Verhalten kann der Beklagten jedoch gerade nicht vorgeworfen werden. Damit steht aber auch nicht fest, dass die Beklagte eine - Ärzten vorbehaltene - Behandlung zur Linderung oder Beseitigung eines von ihr beurteilten krankhaften Zustands vorgenommen habe (so aber der Sachverhalt zu 4 Ob 14/00p = ÖBl-LS 2000/33 - Auspendeln). Dass Bestrahlungen mit einer Mineralienlampe oder das Auflegen von Blütenessenzen ohne vorangehende Diagnose für sich allein eine auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit sei und deshalb unter § 2 Abs 2 Z 3 ÄrzteG falle, hat die Klägerin weder behauptet noch bescheinigt.

Nach den Feststellungen lässt sich die Beklagte von ihren Kunden Erklärungen unterfertigen, in denen sie darauf hinweist, nur energetische Beratungen durchzuführen, die keine Heilbehandlungen sind und die Notwendigkeit eines Arztbesuches für Diagnose und Therapie keinesfalls ersetzen; auch fragt die Beklagte ihre Kunden, ob sie sich in ärztlicher Behandlung befinden oder ob bei ihnen gesundheitlich alles abgeklärt ist. Wenn die Vorinstanzen unter diesen Umständen eine Irreführung iSd § 2 UWG verneint haben, liegt darin keine im Rahmen des § 528 Abs 1 ZPO wahrzunehmende Fehlbeurteilung.

Soweit sich die Rechtsmittelwerberin darauf beruft, das Rekursgericht habe von ihr in der Rechtsrüge aufgezeigte sekundäre Feststellungsmängel unbeachtet gelassen, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie - trotz der sie treffenden Behauptungslast - ein entsprechendes konkretes Vorbringen (etwa dahin, die Beklagte habe ihre Kunden mit einem Stethoskop an der Lunge abgehört oder eine Magnetfeldtherapie angewendet) nicht erstattet hat. Prozessbehauptungen können aber nach ständiger Rechtsprechung weder durch die Ergebnisse von Parteienvernehmungen (SZ 39/8; JBl 1987, 659; SZ 70/44; MietSlg 51.414 uva), von Zeugenvernehmungen (3 Ob 512/76; 7 Ob 714/80) noch durch den bloßen Hinweis auf Urkunden (hier: von der Klägerin vorgelegte eidesstättige Erklärungen) ersetzt werden (1 Ob 16/93; RdW 1999, 677 = Arb 11.868).

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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