OGH 6Ob39/01f

OGH6Ob39/01f15.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1. Franz S*****, 2. Roswitha S*****, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Vavrovsky Kommandit-Partnerschaft in Salzburg, gegen die beklagte Partei Ermano S*****, vertreten durch DDr. Jörg Christian Horwath, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Leistung und Feststellung (Streitwert im Revisionsverfahren 4,195.874 S sA), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teil-Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 11. Dezember 2000, GZ 2 R 66/00i-63, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 5. Jänner 2000, GZ 6 Cg 347/96z-58, zum Teil abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Wie eine Erklärung im Einzelfall aufzufassen ist, ob ein Offert inhaltlich ausreichend bestimmt ist und insbesondere ob in ihm ein endgültiger Bindungswille zum Ausdruck kommt, ist jeweils nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und stellt im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage dar. Das Berufungsgericht ist angesichts des dem Beklagten von Anfang an offengelegten Vertragsverhältnisses der Kläger zur Leasinggeberin und des festgestellten Inhalts und Verlaufes der Vertragsverhandlungen von einer Einigung der Streitteile ausgegangen, wonach der Beklagten anstelle der Kläger in deren Leasingvertrag mit der Liegenschaftseigentümerin eintrete und sich den Klägern gegenüber zur Zahlung bestimmter Beträge verpflichte. Seine Auffassung steht mit den Auslegungsgrundsätzen des bürgerlichen Rechts in Einklang; eine auffallende Fehlbeurteilung ist schon deshalb nicht zu erkennen, weil der Beklagte nach den Feststellungen schon detaillierte Überlegungen über den Erwerb von Einrichtungsgegenständen und über Umbau- und Verschönerungsmaßnahmen angestellt und auch dem vorgesehenen Vertragserrichter gegenüber den Eindruck erweckt hatte, die Vereinbarung mit den Klägern sei schon abgeschlossen worden. Ob angesichts der vom Beklagten in seiner außerordentlichen Revision dargelegten Umstände auch eine andere Auslegung möglich wäre, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und bildet daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO. Der Einwand des Beklagten, er sei immer der Auffassung gewesen, die Vertragsverhandlungen mit den Klägern seien schon deshalb unverbindlich, weil eine verbindliche Vereinbarung der Schriftform bedurft hätte, übersieht, dass es für das Vorliegen ebenso wie für die Bedeutung einer Erklärung nicht primär auf den Willen des Erklärenden, sondern vielmehr auf das Verständnis ankommt, das ein redlicher Erklärungsempfänger von dieser gewinnen durfte und gewonnen hat. Für die Interpretation eines Verhaltens ist daher maßgeblich, welche Umstände aus der Sicht des Empfängers auf welche Erklärungsbedeutung schließen lassen. Umstände, die nur dem Erklärenden bekannt sein konnten, haben daher außer Betracht zu bleiben (Rummel in Rummel, ABGB3 Rz 8 zu § 863 mwN aus Lehre und Rechtsprechung).

Der Beklagte weist zutreffend auf die fehlende Zustimmung der Leasinggeberin zur vereinbarten Vertragsübernahme hin. Die fehlende Zustimmung des Gläubigers hindert nach ständiger Rechtsprechung nicht die Wirksamkeit der zwischen Schuldner und Übernehmer getroffenen Vereinbarung, sondern macht sie nur in dem Sinn "unvollständig", als sie den verbleibenden Vertragspartner (hier den Gläubiger) nicht bindet. Die mit einer Vertragsübernahme verbundene Schuldübernahme entfaltet nach ständiger Rechtsprechung in einem solchen Fall bloß die Rechtswirkungen einer Erfüllungsübernahme (RIS-Justiz RS0032629; Koziol/Welser, Bürg. Recht11 II 118; Mader in Schwimann, ABGB2 Rz 8 zu § 1406 mwN; Ertl in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 1406 mwN).

Das Berufungsgericht ist aufgrund der Umstände des vorliegenden Falles davon ausgegangen, dass die Streitteile die Zustimmung der Leasinggeberin als (stillschweigende) Bedingung der von ihnen getroffenen Vereinbarung verstanden. Angesichts des Umstandes, dass die Streitteile schon am Beginn der Vertragsverhandlungen eine Übernahme der Leasingvereinbarung ins Auge fassten und dem Beklagten sowohl die von der Leasinggeberin im Schreiben vom 7. 3. 1996 angeführten Bedingungen für den Kauf der Liegenschaft als auch für eine allfällige Verlängerung der Laufzeit des Leasingvertrags bekannt waren, kann in der Auffassung des Berufungsgerichtes, wonach die Zustimmung der Leasinggeberin zur Vertragsübernahme Bedingung der getroffenen Vereinbarung gewesen sei, keine auffallende Fehlbeurteilung erblickt werden. Haben aber die Vertragspartner eine Zustimmung der Leasinggeberin zur Bedingung ihrer Vereinbarung gemacht, mussten sie nach Treu und Glauben alles Erforderliche tun und vorkehren, was notwendig war, um ihren Eintritt erfüllen zu können und alles unterlassen, was ihre Erfüllung verhindern würde (RIS-Justiz RS0017406). Der Beklagte hat nun den Eintritt der Bedingung (die Zustimmung der Leasinggeberin zur Vertragsübernahme) dadurch vereitelt, dass er Erklärungen, die erforderlich gewesen wären, um diese Zustimmung zu erwirken, mit der unzutreffenden Begründung (und wider besseres Wissen) verweigert, eine Einigung mit den Klägern sei nicht zustande gekommen. Die vom Berufungsgericht aus seinem insoweit treuwidrigen Verhalten abgeleitete Pflicht zum Schadenersatz begegnet keinem Bedenken.

Die Rechtsprechung setzt für die Annahme des Wuchers im Sinn des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB ein auffallendes Missverhältnis zwischen dem Wert von Leistung und Gegenleistung, die Kenntnis des durch das Geschäft Begünstigten von diesem Missverhältnis sowie gewisse Verhältnisse oder Eigenschaften des durch das Geschäft Benachteiligten voraus, die ihn hinderten, sein Interesse gehörig zu wahren. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, kann das Geschäft nur dann nach § 879 Abs 1 ABGB nichtig sein, wenn ein dem fehlenden Tatbestandsmerkmal gleichwertiges, besonderes zusätzliches Element der Sittenwidrigkeit hinzukommt (RIS-Justiz RS0016864). Die Entscheidung des Berufungsgerichtes, das diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall verneint hat, steht mit diesen Grundsätzen in Einklang und ist nicht zu beanstanden. Ein krasses Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung ist schon deshalb zu verneinen, weil bei Leasingverträgen allgemein angenommen werden muss, dass die insgesamt zu erbringenden Leistungen den Verkehrswert des Leasinggegenstandes übersteigen. Die festgestellten Vertragsverhandlungen lassen entgegen der Auffassung der Revision auch keine zusätzlichen, die Sittenwidrigkeit begründende Verhaltensweisen der Kläger erkennen.

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