OGH 7Ob40/01k

OGH7Ob40/01k28.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Silke Sch*****, geboren am 6. 4. 1983, ***** vertreten durch den Unterhaltssachwalter Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, 4021 Linz, Kärntnerstraße 16, über den Revisionsrekurs des Vaters Mag. Harald Sch*****, vertreten durch Mag. Harald Schuh, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 23. September 1999, GZ 14 R 347/99v-97, womit infolge des Rekurses des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 4. Mai 1999, GZ 14 P 251/96m-89, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der (zweite, eigenhändig verfasste und am 4. 2. 2000 überreichte: ON 103) "außerordentliche Revisionsrekurs" des Vaters wird als unzulässig zurückgewiesen.

Der ordentliche Revisionsrekurs vom 15. 11. 2000 (ON 130) wird hingegen mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die am 6. 4. 1983 geborene und damit noch minderjährige Silke entstammt der geschiedenen Ehe des Revisonsrekurswerbers mit der Kindesmutter, der auch die Alleinobsorge zusteht (ON 41).

Bereits mit Beschluss des Erstgerichtes vom 4. 5. 1999 wurde der Vater, der trotz seiner akademischen hochqualifizierten Ausbildung, einer umfassenden Praxiserfahrung insbesondere im Verkaufs- und Exportgeschäft sowie (in physischer Hinsicht) uneingeschränkter Arbeitsfähigkeit seit zumindest 1990 mit mehr oder weniger großen Unterbrechungen sowie seit 1995 überhaupt durchgehend arbeitslos ist, in Anwendung der Anspannungstheorie gemäß § 140 ABGB zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts von S 3.000 ab 1. 8. 1996 an seine Tochter verpflichtet; gleichzeitig wurden mehrere bis dahin vom Vater gestellte Unterhaltsherabsetzungs- bzw Anpassungsanträge zurückgewiesen (ON 89).

Das Rekursgericht gab mit Beschluss vom 23. 9. 1999 dem Rekurs des Vaters nicht Folge und sprach (zunächst) weiters aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Rekursgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und traf - in Billigung auch der rechtlichen Ausführungen des Erstgerichtes zur Anspannungstheorie - aus dem vom Erstgericht eingeholten Gutachten des beigezogenen berufskundlichen Sachverständigen (zur Frage, ob es der Rekurswerber auch schuldhaft unterlassen habe, einem ihm zumutbaren beruflichen Erwerb angesichts der gesetzlichen Unterhaltspflicht nachzugehen) nähere "ergänzende" Feststellungen über sein bisheriges Bewerbungsverhalten, seine berufliche Qualifikationseinstufung und die Verweisungsmöglichkeit auf eine der von ihm ausschließlich angestrebten Beschäftigungsgruppen 4 oder 5 untergeordnete Beschäftigungsgruppe 3; in dieser würde er (so das Rekursgericht im Rahmen seiner "ergänzenden Feststellungen") mit hoher Wahrscheinlichkeit binnen drei Monaten eine Arbeitsstelle mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ca S 15.000 erhalten. Ausgehend von einer solchen Bemessungsgrundlage sowie der Tatsache, dass er über keine weiteren Sorgepflichten verfügt und im Elternhaus unentgeltlich wohnen kann, sei auch der begehrte Unterhaltsbetrag von S 3.000 für das (damals noch 16-jährige und nach der Aktenlage erst seit 4. 12. 1999, also zeitlich nach der nunmehr gegenständlichen Rekursentscheidung in einem Lehrberuf stehende) Mädchen angemessen (ON 97).

Nach diversen, den weiteren Verfahrensgang zeitlich sehr verzögernden Zwischenverfahren zur Verfahrenshilfebewilligung, einer vom Rekursgericht - wie von diesem selbst später als "Irrtum" zugestanden (AS 543) - ausgelösten vermeintlichen (tatsächlich jedoch nicht gegebenen) Verspätung der vom Vater eigenhändig verfassten "außerordentlichen Revisionsrekurse" (ON 102 und 103) einschließlich einer "ergänzenden Korrektur" (ON 104) samt daran anschließendem zweiinstanzlichen Wiedereinsetzungsverfahren (ON 115 und 119) sowie schließlich einem sowohl vom Rekursgericht (ON 107) als auch dem Erstgericht (ON 108 und 127 verso) durchgeführten Verbesserungsverfahren, welches letztlich in einen vom nunmehr bestellten Verfahrenshelfer verfassten neuen Antrag nach § 14a AußStrG iVm ordentlichen Revisionsrekurs mündete (ON 130), sprach das Rekursgericht mit weiterem Beschluss vom 1. 2. 2001 aus, dass sein Ausspruch in der bekämpften Rekursentscheidung vom 23. 9. 1999 dahin abgeändert werde, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG doch zulässig sei. Zur Begründung führte es - zusammengefasst - aus, dass seine Entscheidung (im Zusammenhang mit der vorgenommenen "Beweisergänzung") mangels Wiederholung von in erster Instanz unmittelbar aufgenommenen Beweisen "möglicherweise mit einem Verfahrensmangel oder gar mit einer Nichtigkeit behaftet" sei.

Rechtliche Beurteilung

Der (ordentliche) Revisionsrekurs des Vaters ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Der Oberste Gerichtshof ist an den gegenteiligen Ausspruch des Rekursgerichtes nicht gebunden (§ 16 Abs 3 AußStrG); dies gilt auch im Falle eines (nicht durch eine erhebliche Rechtsfrage gedeckten) Abänderungsausspruches nach § 14a Abs 3 AußStrG. Der Oberste Gerichtshof kann sich dabei auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Zutreffend hat dabei das Rekursgericht (nur) erkannt, dass es sich hier um einen Rechtsmittelfall im Sinne des § 14a Abs 1 AußStrG handelt, weil für das gestellte Unterhaltsbegehren die Berechnungsregel des § 58 Abs 1 JN gilt und damit der Entscheidungsgegenstand nicht insgesamt S 260.000 übersteigt (RIS-Justiz RS0042366; 7 Ob 179/00z; 7 Ob 230/00z uva). Die vom Rekursgericht jedoch formulierte Rechtsfrage, auf die auch im nunmehr anwaltlich verfassten Revisionsrekurs nur am Rande eingegangen wird ("hätte sich das Rekursgericht... über die Umstände [gemeint: zur Anspannungstheorie] aus Eigenem ein Bild verschaffen können"), stellt sich indes nicht. Das Erstgericht hat nämlich in seiner bekämpften (und vom Rekursgericht bestätigten) Entscheidung zur physischen und ausbildungsmäßigen Leistungsfähigkeit des Vaters ausdrückliche Feststellungen getroffen (Seite 2 unten seiner Entscheidung = AS 393), und im Übrigen "zum beruflichen Werdegang sowie seiner Arbeits- und Vermittlungsfähigkeit" auf das - als Akt der Beweiswürdigung vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüfbare - schlüssige Gutachten des berufskundlichen Sachverständigen, das im Übrigen dem Vater auch in Wahrung seines rechtlichen Gehörs zugestellt worden war (ONB 75 iVm ON 77), verwiesen und dieses Gutachten damit gleichsam zum integrierenden Bestandteil seiner entscheidungsrelevanten Tatsachenfeststellungen gemacht (vgl Danzl, Geo.-Kommentar Anm 1 zu § 169); in Seite 4 der Entscheidung (AS 397) hat das Erstgericht überdies - dort im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung - die (ebenfalls dem zitierten Gutachten entnommene) Feststellung "nachgeschoben", dass dem Vater binnen drei Monaten die Aufnahme einer der Beschäftigungsgruppe 3 entsprechenden Tätigkeit mit einem Einkommen von zumindest S 15.000 monatlich möglich (gewesen) wäre. Genau um diese entscheidungswesentliche Feststellung wurde ua der Beschluss des Rekursgerichtes "ergänzt", obwohl diese Feststellung - wenngleich an einer außerhalb der eigentlichen Feststellungen stehenden Stelle - so bereits vom Erstgericht getroffen worden war. Schon daraus folgt, dass die Entscheidung des Rekursgerichtes weder mit einer wesentlichen Mangelhaftigkeit (§ 15 Z 2 AußStrG), geschweige denn gar mit einer Nichtigkeit (im Sinne des § 15 Z 1 AußStrG) behaftet ist. Eine unzulässige (SZ 69/74; 1 Ob 2391/96s; 7 Ob 323/98w) "Umwürdigung" von vom Erstgericht unmittelbar aufgenommenen Beweisen bzw Beweisergebnissen liegt damit nicht vor. Die vom Rekursgericht (ausschließlich in diesem Zusammenhang) formulierte "erhebliche Rechtsfrage" ist damit nicht gegeben.

Aber auch sonst wird im Rechtsmittel keine solche - weder in verfahrensmäßiger noch in materiell-rechtlicher Hinsicht - aufgezeigt. Mit der Bekämpfung von Feststellungen der Tatsacheninstanzen wird vielmehr deren Beweiswürdigung gerügt, was jedoch keinen zulässigen Rechtsmittelgrund darstellt (§ 15 AußStrG). Die Art der Anspannung ist eine Frage des Enzelfalles und die - jeweils am Maßstab und Verhalten eines pflichtbewussten Familienvaters orientierte (SZ 63/74; 8 Ob 133/00t) - Rechtsfrage, ob den Unterhaltsschuldner ein Verschulden daran trifft, dass er (wie hier bereits jahrelang) keine Erwerbstätigkeit ausübt, in der Regel ebenfalls keine solche im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG (RS007096; 2 Ob 214/00h).

Nur der Vollständigkeit halber ist der Rechtsmittelwerber - abschließend - noch darauf hinzuweisen, dass über seine seit Ergehen der von ihm bekämpften Rekursentscheidung eingebrachten neuesten Unterhaltsherabsetzungsanträge (zuletzt ON 129), denen der Unterhaltssachwalter angesichts der dem Mädchen nunmehr ausbezahlten Nettolehrlingsentschädigung teilweise zugestimmt hat (ON 106), sowie über den ebenfalls vom Vater gestellten Antrag auf "subsidiäre Unterhaltsverpflichtung der mütterlichen Großeltern nach § 141 ABGB" (ON 94), das Erstgericht ohnedies noch zu entscheiden haben wird.

Im Hinblick auf den eingangs bereits zusammengefasst wiedergegebenen bisherigen Verfahrensgang war schließlich noch der wortgleiche zweite und vom Vater eigenhändig verfasste "außerordentliche" Revisionsrekurs, beim Erstgericht überreicht am 4. 2. 2000 (ON 103), als unzulässig zurückzuweisen, weil auch im außerstreitigen Verfahren nur eine Rechtsmittelschrift gegen dieselbe Entscheidung eingebracht werden darf (RS0041666). Lediglich der erste "außerordentliche" Revisionsrekurs vom 3. 2. 2000 (ON 102) ist als insoweit zulässige Rechtsmittelschrift zu behandeln, welche durch den über Veranlassung des Rekursgerichtes (ON 107) vom Erstgericht erteilten Verbesserungsauftrag (ON 108), dem auch - gerechnet ab der Verfahrenshilfebewilligung vom 4. 8. 2000 (ON 121) - durch den Verfahrenshelfer fristgerecht nachgekommen wurde (ON 130), bloß inhaltlich "überholt" wurde. Die "Ergänzende Korrektur" zum "außerordentlichen" Revisionsrekurs vom 10. 2. 2000 (ON 104) war hingegen nicht gesondert ebenfalls beschlussmäßig zurückzuweisen, weil es sich hiebei nicht um einen Nachtrag oder eine (inhaltliche) Ergänzung einer bereits erstatteten Rechtsmittelschrift handelte - was nach dem Grundsatz der "Einmaligkeit des Rechtsmittels" (vgl hiezu etwa Mayr in RZ 1987, 265 ff; RS0041666) unzulässig wäre - , sondern um eine bloße Berichtigung eines offenkundigen Schreibfehlers des Schriftsatzverfassers (falsche Bezeichnung der bekämpften Entscheidung als "Urteil" statt richtigerweise "Beschluss").

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