Spruch:
I. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art 234 EG (ex Art 177 EGV) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Sind die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, insbesondere jene über den Datenschutz (Art 1, 2, 6, 7 und 22 RL 95/46/EG iVm Art 6 [ex-Art F] EUV und Art 8 EMRK) so auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt als Rechtsträger zur Mitteilung und ein staatliches Organ zur Erhebung und Weiterleitung von Einkommensdaten zum Zweck der Veröffentlichung der Namen und Einkommen der Dienstnehmer einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt verpflichten?
2. Für den Fall, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die gestellte Frage bejaht: Sind jene Bestimmungen, die einer nationalen Regelung des geschilderten Inhalts entgegenstehen, in dem Sinn unmittelbar anwendbar, dass sich die zur Offenlegung verpflichtete Anstalt auf sie berufen kann, um eine Anwendung entgegenstehender nationaler Vorschriften zu verhindern und daher von der Offenlegung betroffenen Dienstnehmern eine nationale gesetzliche Verpflichtung nicht entgegenhalten kann?
II. Das Verfahren wird bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften im Sinn des § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.
Text
Begründung
I. Sachverhalt und Prozessvorbringen der Parteien:
Gemäß § 402 Abs 4 EO iVm § 78 EO, § 266 ZPO ist nachfolgender
Sachverhalt unstrittig und als bescheinigt anzusehen:
Die klagende und gefährdete Partei (im Folgenden Klägerin) bezog in den Jahren 1998 und 1999 als Angestellte der beklagten Partei und des Gegners der gefährdeten Partei (im Folgenden beklagte Partei) - somit im Rahmen eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses - Bruttobezüge von S 1,576.221 und S 1,629.625.
Das Bezügebegrenzungsgesetz, BGBl I Nr 64/1997, umfasst fünf Gesetze, darunter in Art I das zwölf Paragraphen umfassende Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre (im Folgenden Bezügebegrenzungs-Bundesverfassungsgesetz oder BezBegrBVG). Die Grenzbeträge im Sinne des § 8 Abs 1 BezBegrBVG betrugen in den Jahren 1998 und 1999 S 1,120.000,-- und S 1,127.486,--. Die beklagte Rundfunkanstalt unterliegt daher einer gesetzlichen Verpflichtung, das Einkommen der Klägerin dem Rechnungshof mitzuteilen, welcher diese Mitteilungen - nach Jahreswerten getrennt - in einem Bericht zusammenzufassen hat, in welchen alle Personen aufzunehmen sind, deren jährliche Bezüge und Ruhebezüge den jeweils genannten Betrag übersteigen. Der Bericht ist dem Nationalrat, dem Bundesrat und den Landtagen zu übermitteln.
Dazu brachte die Klägerin vor, dass durch die namentliche Veröffentlichung ihrer Gesamtbezüge in ihre Grundrechte als Arbeitnehmerin eingegriffen werde. Eine solche drohende Rechtsverletzung widerspreche der Fürsorgepflicht der beklagten Partei als Dienstgeber.
Das Vorliegen einer Grundrechtsverletzung stütze sich auf folgende Überlegungen: Die namentliche Bekanntgabe von Bezugsdaten stelle sich zunächst als Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz (Art I § 1 DSG 2000) dar. Das Bezügebegrenzungs- Bundesverfassungsgesetz (BezBegrBVG) stehe jedoch wie das Datenschutzgesetz 2000 im Verfassungsrang, sodass rechtlich eine innerstaatliche direkte Bezugnahme auf das Grundrecht auf Datenschutz nicht möglich sei. § 8 BezBegrBVG widerspreche aber auch der im nationalen Verfassungsrang stehenden Bestimmung des Art 8 EMRK. Durch die Bekanntgabe gegenüber den gesetzgebenden Organen werde in die geschützte Privatsphäre der Klägerin eingegriffen, weil nach den Intentionen des Gesetzgebers die Bekanntgabe gerade dazu diene, die Öffentlichkeit zu informieren. Die Folgen für die Klägerin reichten von öffentlicher Kritik und Anprangerung bis in den vermögensrechtlichen Bereich herein, da das Einkommen auch Maßstab für das Verhalten Dritter im rechtsgeschäftlichen Verkehr sei. Darüber hinaus widerspreche die Bestimmung des § 8 BezBegrBVG aber auch der RL 95/46/EG vom 24. 10. 1995 und somit dem Gemeinschaftsrecht, welches auch für innerstaatliche Anwendungen Geltung habe. Dem Gemeinschaftsrecht komme Vorrang vor dem nationalen Recht zu. Soweit die Richtlinie die in Rede stehenden Grundrechte, so auch Art 8 EMRK, konkretisiere, seien diese unmittelbar rechtsverbindlich und gingen so dem nationalen BezBegrBVG vor. Dies führe im konkreten Fall wohl nicht zur völligen Unanwendbarkeit des § 8 BezBegrBVG, weil eine gemeinschaftsrechtskonforme Interpretation in dem Sinn möglich sei, dass die darin vorgesehene Meldung in anonymisierter Form, also ohne Namensnennung des Einkommensbeziehers, erfolgen könne. Die Aufforderung des Rechnungshofes beschränke sich aber keineswegs darauf. Komme daher die beklagte Partei dieser Aufforderung nach, was zu befürchten sei, dann komme es zur vorgenannten Rechtsverletzung.
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der beklagten Partei zu gebieten, die Meldung gemäß § 8 BezBegrBVG an den Rechnungshof hinsichtlich der Klägerin in anonymisierter Form, also ohne Nennung ihres Namens oder sonstiger zu ihrer Identifizierung führender Kennzeichen abzugeben und dem Rechnungshof die Einschau gemäß § 8 Abs 1 letzter Satz BezBegrBVG nicht zu gestatten.
Die beklagte Partei beantragte wohl die Abweisung des Klagebegehrens, stellte jedoch das Vorbringen der Klägerin auch hinsichtlich der Gefährdung ausdrücklich außer Streit (§ 266 ZPO).
II. Die Entscheidungen der Vorinstanzen:
Das Erstgericht wies mit Beschluss den Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung ab. Es vertrat in ausführlicher Begründung die Rechtsauffassung, dass die beklagte Partei gemäß § 31a Rundfunkgesetz der Kontrolle des Rechnungshofes unterliege und daher zu den im § 8 Abs 1 BezBegrBVG genannten Rechtsträgern zähle und somit auch verpflichtet sei, dem Rechnungshof die Bezüge von Personen mitzuteilen, welche entweder im Jahr 1998 Bruttobezüge von über S 1,120.000,-- oder im Jahr 1999 Bruttobezüge von über S 1,127.486,-- bezogen hätten. Dies treffe auf die Klägerin für die Jahre 1998 und 1999 zu. Gemäß § 8 Abs 3 BezBegrBVG habe der Rechnungshof die nach Abs 1 leg cit erstatteten Mitteilungen in einem Einkommensbericht zusammenzufassen und diesen dem Nationalrat, dem Bundesrat und den Landtagen zu übermitteln. Der Zweck dieser Regelung sei die umfassende Information der österreichischen Öffentlichkeit über die aus öffentlichen Kassen geleisteten Bezüge. Die von § 8 BezBegrBVG geforderte Offenlegung der Bezüge stelle einen Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen dar. Die namentliche Aufnahme von Einkommensdaten von Mitarbeitern der der Rechnungskontrolle unterliegenden beklagten Partei in den Rechnungshofbericht sei nicht gerechtfertigt im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK, weil sie überschießend und auch nicht im Interesse des wirtschaftlichen Wohles des Landes erforderlich sei. Durch die Weiterleitung des Einkommensberichtes an die gesetzgebenden Körperschaften werde der Bericht zwangsläufig Gegenstand öffentlicher politischer Debatten, die einen Schutz der persönlichen Daten der Betroffenen nicht mehr gewährleisten. Rechtliche Verpflichtungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art 7 lit c RL 95/46/EG ("Datenschutzrichtlinie") könnten nur dann richtlinienkonform sein, wenn sie zumindest die Eingriffsschranken des Art 8 Abs 2 EMRK beachten. Die Aufnahme namentlicher Bezugsdaten in den Rechnungshofbericht, soweit sie Mitarbeiter von Rechtsträgern betreffe, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen, sei richtlinien- und grundrechtswidrig. Es sei jedoch zwischen der Übermittlung der Daten an den Rechnungshof einerseits und deren Aufnahme in den Rechnungshofbericht andererseits zu unterscheiden. In den Bericht dürften die Daten jedenfalls nur anonymisiert aufgenommen werden. Dabei sei es gleichgültig, ob man § 8 Abs 3 BezBegrBVG in diesem Sinne gemeinschaftsrechtskonform interpretiere oder ob man annehme, diese Bestimmung sei überhaupt gemeinschaftsrechtswidrig. Die bloße, wenn auch namentliche Übermittlung von Bezügedaten der Klägerin durch die beklagte Partei an den Rechnungshof stelle weder einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsgrundrecht des Art 8 EMRK noch gegen die RL 95/46/EG dar. Die begehrte einstweilige Verfügung sei daher schon mangels Bescheinigung des gefährdeten Anspruches abzuweisen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge und bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es trat dessen rechtlicher Beurteilung bei. Die Meldung der Daten gemäß den Bestimmungen des BezBegrBVG stelle keine Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstgebers dar; er komme damit nur einem gesetzlichen Auftrag nach. Die weitere Behandlung der Daten durch den Rechnungshof liege nicht in der Ingerenz des Dienstgebers. § 8 Abs 3 BezBegrBVG sehe auch keine Veröffentlichungspflicht vor, sondern lediglich Berichte an den Nationalrat, Bundesrat und die Landtage. Letztlich müssten Personen, die im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen, auch ein höheres Maß an öffentlicher Berichterstattung über ihre privaten Verhältnisse in Kauf nehmen. Es fehle auch die Behauptung und Bescheinigung einer konkreten Gefährdung. Im Übrigen sprach das Rekursgericht aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteige und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig.
III. Das dem Obersten Gerichtshof vorgelegte Rechtsmittel:
Gegen den Beschluss des Rekursgerichtes richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die beantragte einstweilige Verfügung erlassen werde.
Die beklagte Partei beteiligte sich nicht am Revisionsrekursverfahren.
Die Revisionsrekurswerberin hält ihren schon in den Vorinstanzen eingenommenen Rechtsstandpunkt aufrecht. Das Rekursgericht verkenne die Realitäten bezüglich der Veröffentlichung der Daten. Sobald namentliche Meldungen an den Rechnungshof erfolgen, sei die Veröffentlichung unausweichlich. Einzige wirksame Maßnahme dagegen sei eine einstweilige Verfügung. Der Rechnungshof habe schon in einer Aussendung angekündigt, dass er den Einkommensbericht unter Namensangabe erstellen werde. Die RL 95/46/EG müsse als Konkretisierung des Grundrechts auf Datenschutz verstanden werden. Der Grundrechtseingriff durch namentliche Veröffentlichung sei unverhältnismäßig. Die Betroffenheit der einzelnen Arbeitnehmer sei groß, der volkswirtschaftliche Nutzen fragwürdig. § 8 BezBegrBVG erlaube daher nur einen anonymisierten Einkommensbericht. Die Klägerin verlange von der beklagten Partei nur, durch ein rechtskonformes Verhalten (anonyme Meldung) eine Schädigung der persönlichen Interessen der Klägerin hintanzuhalten.
Rechtliche Beurteilung
IV. Die österreichische Rechtslage:
Art I § 1 Datenschutzgesetz 2000, BGBl I Nr 165/1999, welches (auch) in Vollziehung der RL 95/46/EG beschlossen wurde und im Verfassungsrang steht, lautet auszugsweise wie folgt:
"(1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingreifen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art 8 Abs 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl Nr 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten zum Ziel führenden Art vorgenommen werden
...".
Ebenfalls im Verfassungsrang steht das mit 1. August 1997 in Kraft getretene Bezügebegrenzungs- Bundesverfassungsgesetz, BGBl I Nr 64/1997. Dessen § 8 "Einkommensbericht" lautet:
"(1) Rechtsträger, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, haben innerhalb der ersten drei Monate jedes zweiten Kalenderjahres dem Rechnungshof die Bezüge oder Ruhebezüge von Personen mitzuteilen, die zumindest in einem der beiden vorangegangenen Kalenderjahre Bezüge oder Ruhebezüge bezogen haben, die jährlich höher als 14mal 80 % des monatlichen Ausgangsbetrages nach § 1 waren. Die Rechtsträger haben auch die Bezüge und Ruhebezüge von Personen mitzuteilen, die einen weiteren Bezug oder Ruhebezug von einem Rechtsträger beziehen, der der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegt. Personen, die einen Bezug oder Ruhebezug von zwei oder mehreren Rechtsträgern beziehen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, haben dies diesen Rechtsträgern mitzuteilen. Wird diese Mitteilungspflicht vom Rechtsträger nicht eingehalten, so hat der Rechnungshof in die betreffenden Unterlagen Einschau zu halten und daraus seinen Bericht zu erstellen.
(2) Bei Anwendung des Abs 1 sind auch Sozial- und Sachleistungen zu berücksichtigen, soweit sie nicht Leistungen aus der Kranken- oder Unfallversicherung oder auf Grund von vergleichbaren landesrechtlichen Regelungen sind. Mehrere Bezüge oder Ruhebezüge von Rechtsträgern, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, sind zusammenzurechnen.
(3) Der Rechnungshof hat diese Mitteilungen - nach Jahreswerten getrennt - in einem Bericht zusammenzufassen. In den Bericht sind alle Personen aufzunehmen, deren jährliche Bezüge und Ruhebezüge von Rechtsträgern, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, insgesamt den im Abs 1 genannten Betrag übersteigen. Der Bericht ist dem Nationalrat, dem Bundesrat und den Landtagen zu übermitteln.
(4) Der Rechnungshof hat zugleich über die durchschnittlichen Einkommen einschließlich der Sozial- und Sachleistungen der gesamten Bevölkerung - nach Branchen, Berufsgruppen und Funktionen getrennt - zu berichten. Solange die hiefür erforderlichen statistischen Daten nicht zur Verfügung stehen, ist dieser Bericht auf Grund von Gutachten von Sachverständigen zu erstatten".
Nach den Gesetzesmaterialien (Bericht des Verfassungsausschusses 687 BlgNR XX. GP 2) dienen die Regelungen des BezBegrBVG der umfassenden Information der Österreicherinnen und Österreicher über Bezüge aus öffentlichen Kassen; wer immer Bezüge aus öffentlichen Kassen (Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherungsträger, Kammern, rechnungshofgeprüfte Unternehmungen) bezieht - nicht nur Politiker - werde in einem Einkommensbericht des Rechnungshofes namentlich mit der Höhe des Jahreseinkommens veröffentlicht, wenn dieses die doppelte Sozialversicherungshöchst- beitragsgrundlage überschreitet.
§ 31a Rundfunkgesetz, BGBl Nr 379/1984, in der derzeit geltenden Fassung lautet:
"(1) (Verfassungsbestimmung): Die Gebarung des Österreichischen Rundfunks unterliegt der Kontrolle des Rechnungshofes.
(2) Bei der Ausübung der Kontrolle ist § 12 Abs 1, 3 und 5 des Rechnungshofgesetzes, BGBl Nr 144/1948, sinngemäß anzuwenden; das Ergebnis seiner Prüfung hat der Rechnungshof dem Kuratorium mitzuteilen".
Der Österreichische Rundfunk ist nach herrschender Ansicht eine Anstalt des öffentlichen Rechts. In diesem Zusammenhang scheint es notwendig, auf weitere wesentliche Bestimmungen des Rundfunkgesetzes hinzuweisen:
"§ 2. (1) Der Österreichische Rundfunk hat durch die Herstellung und Sendung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen sowie durch die Planung, die Errichtung und den Betrieb der hiefür notwendigen technischen Einrichtungen, insbesondere von Studios und Sendeanlagen, vor allem zu sorgen für
1. die umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen
...;
2. die Verbreitung von Volks- und Jugendbildung...;
3. die Vermittlung und Förderung von Kunst und Wissenschaft;
4. die Darbietung von einwandfreier Unterhaltung;
5. die Förderung des Interesses der Bevölkerung an aktiver sportlicher Betätigung.
(2) Der Österreichische Rundfunk hat bei Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben auf die Grundsätze der österreichischen Verfassungsordnung, insbesondere auf die bundesstaatliche Gliederung nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Länder sowie auf die Grundsätze der Freiheit der Kunst, der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme, Bedacht zu nehmen. Die Unabhängigkeit gemäß den Bestimmungen dieses Rundfunkgesetzes von Personen und Organen des Österreichischen Rundfunks ist zu gewährleisten.
(3) Bei der Planung des Gesamtprogramms ist die Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften angemessen zu berücksichtigen. ...".
"§ 4. Der Österreichische Rundfunk hat im Auftrag der Bundesregierung und auf Rechnung des Bundes unter Bedachtnahme auf § 2 Abs 1 einen ausreichenden Auslandsdienst zu gestalten und zu besorgen. Mit der Leitung des Auslandsdienstes ist vom Generalintendanten im Einvernehmen mit der Bundesregierung ein Intendant des Auslandsdienstes unter Bedachtnahme auf die §§ 13 und 14 zu betrauen".
"§ 5 (1) Der Österreichische Rundfunk hat einen Teil seiner Sendezeit an die im Nationalrat vertretenen politischen Parteien und gesetzliche berufliche Interessenvertretungen, den Österreichischen Gewerkschaftsbund und die Vereinigung der österreichischen Industrie zu vergeben. Dieser Teil darf je Programm 1 vH dieser Sendezeit nicht überschreiten und ist auf die im Nationalrat vertretenen politischen Parteien nach ihrem Stärkeverhältnis und auf die anderen Bewerber um die Zuteilung dieser Sendezeit entsprechend ihrer Bedeutung im öffentlichen Leben aufzuteilen ...
(2) ... für Aufrufe in Krisen- und Katastrophenfällen und andere wichtige Meldungen an die Allgemeinheit sowie Privaten für Aufrufe
..."
Bestimmungen, welche die Einflussnahme des Staates, der Länder und anderer gesetzlicher Interessenvertretungen auf die Organe des Österreichischen Rundfunks betreffen:
"§ 6 (1) Die Organe des Österreichischen Rundfunks sind
1. das Kuratorium ...,
2. der Generalintendant ...,
3. die Hörer- und Sehervertretungen ...,
4. die Prüfungskommission.
(2) Die Mitglieder der Kollegialorgane gemäß Abs 1 sind bei der Ausübung ihrer Funktion im Österreichischen Rundfunk an keine Weisungen und Aufträge gebunden; sie haben ausschließlich die sich aus den Gesetzen und der Geschäftsordnung ergebenden Pflichten zu erfüllen.
(3) Die Funktion als Mitglied des Kuratoriums und der Hörer- und Sehervertretung ist ein Ehrenamt ..."
"§ 7 (1) Die Mitglieder des Kuratoriums werden nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen bestellt:
1. Sechs Mitglieder, die von der Bundesregierung unter Berücksichtigung des Stärkeverhältnisses der politischen Parteien im Nationalrat unter Bedachtnahme auf deren Vorschläge bestellt werden, wobei jede im Hauptausschuss des Nationalrates vertretene Partei durch mindestens ein Mitglied im Kuratorium vertreten sein muss;
2. neun Mitglieder bestellen die Länder, wobei jedem Land das Recht auf Bestellung eines Mitglieds zukommt;
3. neun Mitglieder bestellt die Bundesregierung;
4. sechs Mitglieder bestellt die Hörer- und Sehervertretung;
5. fünf Mitglieder werden unter Anwendung des Arbeitsverfassungsgesetzes ... vom Zentralbetriebsrat bestellt. ..."
Gemäß § 8 Abs 1 Rundfunkgesetz obliegt dem Kuratorium, abgesehen von den sonstigen ihm durch dieses Bundesgesetz übertragenen Aufgaben,
1. die Bestellung und Abberufung des Generalintendanten;
2. die Vertretung des Österreichischen Rundfunks gegenüber dem Generalintendanten, insbesondere die Geltendmachung von Haftungsansprüchen;
3. die Bestellung und Abberufung der Direktoren, der Intendanten und Landesintendanten;
4. die Genehmigung langfristiger Pläne für Programm, Technik und Finanzen und von Stellenplänen;
5. die Beschlussfassung über die Festsetzung des Programmentgeltes ... sowie die Genehmigung von Tarifwerken des Werbefunks. ...
Gemäß § 10 Abs 1 Rundfunkgesetz obliegt dem Generalintendanten die Führung der Geschäfte des Österreichischen Rundfunks, welchen er gerichtlich und außergerichtlich vertritt.
Gemäß § 20 Abs 1 Rundfunkgesetz ist jedermann zum Empfang der Hörfunk- bzw Fernsehsendungen des Österreichischen Rundfunks gegen ein fortlaufendes Programmentgelt berechtigt. Die Höhe des Programmentgeltes wird vom Kuratorium festgesetzt, wobei dafür zu sorgen ist, dass unter Zugrundelegung einer sparsamen Verwaltung die gesetzmäßigen Aufgaben des Rundfunks kostendeckend erfüllt werden können; hiebei ist auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Bedacht zu nehmen. Dieses Programmentgelt ist gemäß Abs 3 unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften. Gemäß Abs 4 ist das Programmentgelt gleichzeitig mit den Rundfunkgebühren und in gleicher Weise wie diese einzuheben. Gemäß Abs 5 können rückständige Programmentgelte zu Gunsten des Österreichischen Rundfunks von dem mit der Erbringung der Rundfunkgebühren beauftragten Rechtsträger in gleicher Weise wie rückständige Rundfunkgebühren im Verwaltungsweg hereingebracht werden. (Gemäß § 4 Abs 1 Rundfunkgebührengesetz, BGBl I Nr 159/1999, obliegt die Einbringung dieser Gebühr der "Gebühreninkasso Service GmbH", deren Bescheide gemäß § 6 Abs 4 des Rundfunkgebührengesetzes von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu vollstrecken sind.)
"§ 25 (1) Die Aufsicht des Bundes über den Österreichischen Rundfunk beschränkt sich auf eine Aufsicht nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes, unbeschadet der Prüfung durch den Rechnungshof. Die Rechtsaufsicht obliegt der Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes (Kommission), die beim Bundeskanzleramt eingerichtet wird und über behauptete Verletzungen von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu entscheiden hat ..." Die 17 Mitglieder der Kommission werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung für die Dauer von vier Jahren ernannt und sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen und Aufträge gebunden (§ 25 Abs 2 und 3).
V. Vorlagefragen:
Mit Beschluss vom 12. 12. 2000, KR 1/00 ua, hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) zwei Vorabanfragen vergleichbaren Inhalts gemäß Art 234 EG an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften herangetragen, welche neben Gebietskörperschaften, einer nationalen Zentralbank, einer gesetzlichen Interessenvertretung und teilweise unter Staatseinfluss stehenden Unternehmungen auch die hier beklagte öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt betreffen. In den dort geführten Verfahren geht es darum, dass sich der Rechnungshof für verpflichtet erachtet, eine Einschau bei den betreffenden Rechtsträgern vorzunehmen und dabei in Konflikt mit diesen gerät, sodass sich im Wesentlichen dieselben Vorfragen stellen wie im gegenständlichen Verfahren. Da die aufgeworfenen Fragen der Interpretation des Gemeinschaftsrechts für die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes relevant zu sein scheinen und die Auslegung der maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften nicht derart offenkundig ist, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (siehe hiezu die vom VfGH zu KR 1/00 zitierten Belegstellen), erweist sich die Vorlage der im Spruch genannten Fragen an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung als notwendig. Eine nur nationalrechtlichen Regeln folgende wörtliche und die Gesetzesmaterialien berücksichtigende Auslegung des § 8 BezBegrBVG könnte zu dem Ergebnis führen, dass die Bezieher relevanter Einkommen namentlich sowohl bekanntgegeben als auch in den Bericht des Rechnungshofes aufgenommen werden, welcher den gesetzgebenden Organen zugemittelt und dadurch einer öffentlichen Diskussion ausgesetzt wird (vgl Wieser, BezBegrBVG, Rz 2 zu § 3, in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht). In diesem Falle wäre relevant, ob die Vorschrift bei diesem Verständnis mit gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in Konflikt gerät. Widerspräche § 8 BezBegrBVG in dieser Bedeutung nämlich gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, dann hätte der Oberste Gerichtshof die Vorschrift entweder gemeinschaftsrechtskonform zu deuten oder - im Falle entgegenstehender unmittelbar anwendbarer gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften - unangewendet zu lassen.
Die erste Vorlagefrage zu stellen, sieht sich der Oberste Gerichtshof aus folgenden Überlegungen veranlasst:
Nach Art 1 Abs 1 RL 95/46/EG gewährleisten die Mitgliedsstaaten nach den Bestimmungen dieser RL den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere den Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Die Verpflichtung zur Erarbeitung, Erstellung und Veröffentlichung des Einkommensberichts dürfte diesen grundrechtlichen Gewährleistungen, denen auch im Gemeinschaftsrecht - unmittelbar und im Wege über die zitierte Richtlinie - Relevanz zukommt, entgegenstehen. Damit korrespondierend wird in Art 6 (ex Art F) EUV Abs 2 festgehalten, dass die Union die Grundrechte achtet, wie sie in der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedsstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben.
Angesichts der im Art 2 lit b RL 95/46/EG enthaltenen Begriffsbestimmungen dürften sich die in § 8 Abs 1 BezBegrBVG vorgesehene Mitteilung der Rechtsträger an den Rechnungshof, dessen Nachschau, um daraus den Bericht zu erstellen, die Erarbeitung des Einkommensberichts durch den Rechnungshof und die Anführung personenbezogener Einkommensdaten und die Weiterleitung bzw Veröffentlichung des Berichts als "Verarbeitung personenbezogener Daten" erweisen, die nur zulässig zu sein scheint, soweit die Richtlinie dies gestattet. Gemäß Art 3 Abs 2 RL 95/46/EG findet die Richtlinie aber "keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten, die für die Ausübung von Tätigkeiten erfolgt, die nicht in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen".
Die Auslegung dieser Bestimmung ist strittig (VfGH KR 1/00): In der Literatur (Brühann in Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union (2000), II A 30, Vorbemerkungen Rz 45; Höllinger/Rosenmayr-Klemenz,
Die Veröffentlichung von Bezügen gemäß § 8 BezBegrBVG im Lichte des Europarechts in ZfV 1999, 24; Öhlinger in seinen privaten Rechtsgutachten über die Auslegung des § 8 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre; vom 13. 12. 1999 bzw 1. 2. 2000, erliegend zu 30 Cga 25/00s des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien), wird im Wesentlichen die Auffassung vertreten, die RL 95/46/EG habe im Hinblick auf den Schutz personenbezogener Daten vor unzulässiger Verarbeitung eine Gesamtharmonisierung im Auge, da sie sonst die in den Erwägungsgründen und insbesondere in Art 1 Abs 1 formulierte Zielsetzung (vgl dazu Art 8 der Charta der Grundrechte der EU) nicht erreichen könnte.
Sollte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zum Ergebnis kommen, dass die RL 95/46/EG für die vom Rechtsträger vorzunehmenden Mitteilungen und vom Rechnungshof zu pflegenden Erhebungen und von ihm zu erstellenden Einkommensberichte, für deren Übermittlung an die Parlamente sowie für die Veröffentlichung relevant ist, so stellt sich weiters die Frage, ob ein Vorgehen iSd § 8 BezBegrBVG mit Art 6 Abs 1 der RL 95/46/EG vereinbar ist, wonach die Mitgliedsstaaten vorzusehen haben, dass personenbezogene Daten
a) nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise verarbeitet werden;
b) für festgelegte eindeutige und rechtmäßige Zwecke erhoben und nicht in einer mit diesen Zweckbestimmungen nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden;
c) den Zwecken entsprechen, für die sie erhoben und/oder weiterverarbeitet werden, dafür erheblich sind und nicht darüber hinausgehen.
Ebenso stellt sich die Frage, ob die Vollziehung des § 8 BezBegrBVG genannten nationalen Norm nicht auch mit Art 7 der RL 95/46/EG im Widerspruch steht, wonach die Verarbeitung personenbezogener Daten lediglich dann erfolgen darf, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist, nämlich ua (soweit für den vorliegenden Fall maßgeblich)
c) die Verarbeitung für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der für die Verarbeitung Verantwortliche unterliegt;
e) die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt und dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder dem Dritten, dem die Daten übermittelt werden, übertragen wurde oder
f) die Verarbeitung zur Verwirklichung des berechigten Interesses erforderlich ist, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die gemäß Art 1 Abs 1 geschützt sind, überwiegen. In diesem Zusammenhang wird etwa die Meinung vertreten (Höllinger/Rosenmayr-Klemenz aaO 29) "dass rechtliche Verpflichtungen im Sinne von Art 7 lit c nur dann richtlinienkonform sein können, wenn sie zumindest die Eingriffsschranken des Art 8 Abs 2 EMRK achten" (so im Ergebnis auch Brühann aaO Art 7 Rz 16 und im Hinblick auf den Schutz personenbezogener Daten ausdrücklich Art 8 Abs 2 der Charta der Grundrechte der EU, der von der Erforderlichkeit gesetzlich geregelter legitimer Grundlagen spricht).
Sollte die Ermächtigung des Art 7 lit c RL 95/46/EG in diesem Sinn zu verstehen sein, so stellt sich die weitere Frage, ob die mit der Regelung angestrebte namentliche Veröffentlichung der Einkommensdaten bzw der dem vorangehenden Verarbeitungsschritt der Mitteilung bzw der Erhebung, Berichterstellung und Berichtsübermittlung vom Gesetzesvorbehalt gedeckt sind, wie er in Art 8 Abs 2 EMRK formuliert ist. Dies wird in der Literatur (Höllinger/Rosenmayr-Klemenz aaO, Öhlinger aaO, derselbe, Die Verpflichtung der Gemeinden zur Mitteilung von Bezügen an den Rechnungshof, Österreichische Gemeindezeitung 2000/4, 4, 6) bezweifelt.
Darüber hinaus wird in der Literatur (Öhlinger in den schon zitierten privaten Rechtsgutachten) wie folgt argumentiert: "Das BezBegrBVG, im Besonderen dessen § 8, ist nicht zur Durchführung der Datenschutzrichtlinie ergangen. Es schränkt aber den persönlichen und sachlichen Geltungsbereich des (in Umsetzung der Richtlinie ergangenen) Datenschutzgesetzes 2000 ein, und zwar nicht nur das im § 1 dieses Gesetzes ausformulierte Grundrecht auf Datenschutz, sondern auch das in diesem Gesetz näher geregelte Rechtsschutzsystem. Denn wie immer das zuständige Organ (Datenschutzkommission oder ordentliches Gericht) entscheidet, wenn es von einem von der Regelung des § 8 BezBegrBVG Betroffenen wegen Verletzung seines Rechts auf Datenschutz angerufen werden sollte, schließt es der Verfassungsrang dieser Bestimmung aus, in der Veröffentlichung der Bezüge einen von diesem Organ wahrzunehmenden Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz zu sehen. Nun verlangt aber die Datenschutzrichtlinie (Art 22), dass "jede Person bei der Verletzung der Rechte, die ihr durch die für die betreffende Verarbeitung geltenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften garantiert sind, bei Gericht einen Rechtsbehelf einlegen kann". Der Verfassungsrang des § 8 BezBegrBVG schließt einen - jedenfalls effektiven - Rechtsschutz aus. Dies betrifft auch den operativen Gehalt der Datenschutzrichtlinie und fällt somit in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts. Der im § 8 BezBegrBVG angeordnete Eingriff in das Recht auf Datenschutz muss sich daher am gemeinschaftsrechtlichen Grundrecht auf Achtung des Privatlebens bzw auf Datenschutz messen lassen."
Aus diesen Erwägungen hat sich - wie schon der Verfassungsgerichtshof - auch der Oberste Gerichtshof veranlasst gesehen, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Frage vorzulegen, ob die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften so auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die ein staatliches Organ zur Erhebung und Weiterleitung von Einkommensdaten zum Zweck der Veröffentlichung der Namen und Einkommen von Dienstnehmern verpflichten. Sollte der Gerichtshof zum Ergebnis gelangen, dass die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften einer nationalen Regelung entgegenstehen, die den Österreichischen Rundfunk als Rechtsträger zur Mitteilung und den Rechnungshof zur Erhebung und Weiterleitung von Einkommensdaten namentlich genannter Dienstnehmer insgesamt oder teilweise (etwa hinsichtlich jener Dienstnehmer, die nicht als "public figures" zu qualifzieren sind) verpflichtet oder sollte er zur Auffassung gelangen, dass die einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zwar eine solche Verarbeitung durch den Rechnungshof, nicht aber eine Veröffentlichung durch die Parlamente gestatten, hätte dies der Oberste Gerichtshof bei der Interpretation und Anwendung des § 8 BezBegrBVG entsprechend zu berücksichtigen.
Die zweite Frage ergibt sich auf Grund folgender Erwägungen:
Sollte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Auffassung gelangen, dass die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften einer nationalen Regelung, die zur Mitteilung, Erhebung und Weiterleitung von individualisierten Einkommensdaten und/oder der Veröffentlichung von Namen und Einkommen von Dienstnehmern der genannten Rechtsträger zumindest teilweise entgegenstehen, wäre es für die vom Obersten Gerichtshof zu lösenden Fragen von Bedeutung, ob die einer derartigen Regelung entgegenstehenden Vorschriften inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau zu qualifizieren sind (vgl etwa EuGH, 19. 11. 1991, Rs C-6/90 , C-9/90 , Slg 1991, I-5357 [Francovich ua]; EuGH 12. 7. 1990, C-188/89 , Slg 1990, I 3313 [Foster ua] ua), um unmittelbar anwendbar zu sein, sodass sie der Anwendung der mit ihnen nicht zu vereinbarenden innerstaatlichen Vorschrift entgegenstehen. Über die direkte Anwendbarkeit herrschen unter den vorzitierten Autoren unterschiedliche Meinungen: Während Öhlinger (Privatrechtsgutachten vom 19. 12. 1999, 21) eine direkte Anwendbarkeit insbesondere des Art 6 RL 95/46/EG ablehnt, erachten Höllinger/Rosenmayr-Klemenz (aaO 30) sowohl Art 6 als auch Art 7 RL 95/46/EG als im obigen Sinn direkt anwendbar.
Die Beantwortung dieser Frage könnte für die Entscheidung in dem an den Obersten Gerichtshof herangetragenen Rechtsstreit insofern von Bedeutung sein, als von ihr der normative Gehalt des vom Obersten Gerichtshof anzuwendenden § 8 BezBegrBVG abhängt.
Auf das vom Obersten Gerichtshof in einem Parallelverfahren gegen dieselbe beklagte Partei dem Gerichtshof für Europäische Gemeinschaften mit Beschluss vom 14. 2. 2001, 9 ObA 201/00z, vorgelegte Ersuchen um Vorabentscheidung wird ausdrücklich hingewiesen.
VI. Verfahrensrechtliches: Es steht der Vorlageberechtigung nicht entgegen, dass sich die Rechtssache noch im Stadium des Provisorialverfahrens befindet. Die Vorlage schon in diesem Verfahrensstadium ist zweckmäßig, wenn der Sachverhalt, soweit er nicht ohnehin unstrittig ist, im Wesentlichen geklärt erscheint und mit einer relevanten Änderung des im Hauptverfahren festzustellenden Sachverhalts nicht zu rechnen ist. Infolge der verfügten Aussetzung des Verfahrens wird die Vorabentscheidung schon in die Provisorialentscheidung einzubeziehen sein (WBl 1997, 527 = ÖBl 1998, 71; RIS-Justiz RS0107063).
Der Ausspruch über die Aussetzung des Verfahrens gründet sich auf § 90a Abs 1 GOG.
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