OGH 9ObA22/01b

OGH9ObA22/01b14.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Hermann Weber und Ignaz Gattringer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael M*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, gegen die beklagte Partei Franz D***** Bau- und Möbeltischlerei GmbH, ***** vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck/Mur, wegen S 208.022,84 sA, über die außerordentliche Revision (Revisionsinteresse S 200.609,84) der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. November 2000, GZ 7 Ra 219/00f-15, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG liegen nicht vor.

Das Berufungsgericht hat die Kriterien, welche die ständige Judikatur zur Abgrenzung zwischen freiem Dienstvertrag und echtem Dienstvertrag aufgestellt hat, seiner Entscheidung zu Grunde gelegt.

Für die Qualifikation als freier oder echter Dienstvertrag kommt es weder auf die Bezeichnung durch die Parteien noch darauf an, ob sie sich der rechtlichen Tragweite ihres Verhaltens bewusst waren. Maßgeblich ist vielmehr der Inhalt, dh. die tatsächliche Ausgestaltung der gegenseitigen Rechtsbeziehungen (stRSpr RIS-Justiz RS0014509).

Die Bestimmungsmerkmale der persönlichen Abhängigkeit müssen nicht alle vorliegen und können in unterschiedlicher Ausprägung bestehen. Entscheidend ist, ob die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit ihrem Gewicht und der Bedeutung nach bei Anstellung einer Gesamtbetrachtung überwiegen. Dies ist aber eine Folge der Gewichtung der Umstände des Einzelfalles, sodass eine Rechtsfrage iSd § 46 Abs 1 ASGG nur dann vorliegt, wenn eine krasse Verkennung der Rechtslage durch das Berufungsgericht erfolgte (9 ObA 55/00d mwN).

In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung hat das Berufungsgericht auch eine Bindung an die Beurteilung des vorliegenden Vertragsverhältnisses verneint.

Nach der neueren Rechtsprechung (3 Ob 37/94 = SZ 67/64; 5 Ob 17/99g = immolex 1999/126; zuletzt 9 ObA 287/00x) umfasst die Bindung der Gerichte an die Bescheide der Verwaltungsbehörde nicht die auf einen bestimmten Sachverhalt gestützte Beurteilung der Rechtsfrage. Eine Vorfragenentscheidung iSd § 190 ZPO liegt nämlich nicht vor, wenn zwei verschiedene Entscheidungen über Rechte und Pflichten zu ergehen haben, die von den verschiedenen Behörden nach verschiedenen Gesichtspunkten zu fällen sind, etwa dergestalt, dass das Gericht die privatrechtliche Zulässigkeit bestimmter Vorgänge zu beurteilen hat, über die von der Verwaltungsbehörde nach den Verwaltungsvorschriften nur vom öffentlich-rechtlichen Standpunkt aus zu entscheiden war (immolex 1999/126 mwN). Die Bindung der Gerichte an Bescheide der Verwaltungsbehörde umfasst daher nicht deren rechtliche Beurteilung, mag sie auch auf identer Sachverhaltsgrundlage beruhen (vgl zuletzt 9 ObA 287/00x, wo auf Grund dieser Erwägungen eine Bindung an die Beurteilung des Sozialversicherungsträgers über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses verneint wurde). Soweit daher die Finanzbehörde die Tätigkeit des Klägers als freien, der Einkommenssteuerpflicht unterliegenden Dienstvertrag gewertet haben mag, hat sie dabei lediglich den öffentlich-rechtlichen Standpunkt beurteilt, ohne damit das ordentliche Gericht in seiner privatrechtlichen Beurteilung binden zu können.

Auch kann die Behauptung der beklagten Partei unerörtert bleiben, dass die - ebenfalls von öffentlich-rechtlichen Kriterien ausgehende - Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Vorliegen eines freien oder echten Dienstvertrages eine andere Richtung eingeschlagen habe als die des Obersten Gerichtshofes. Der Oberste Gerichtshof hat

nämlich bereits ausdrücklich darauf hingewiesen (9 ObA 35/91 = RdW

1991, 300 = ecolex 1991, 556), dass er dem VwGH nicht zu folgen

vermag, soweit dieser bei der Beurteilung, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, auf andere Kriterien als die der persönlichen Abhängigkeit abstellen sollte.

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