OGH 13Os152/00

OGH13Os152/0014.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Februar 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Holzweber, Dr. Schmucker und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gottweis als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz D***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 zweiter Satz, zweiter Fall, 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. Oktober 2000, GZ 8c Vr 5142/00-35, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Bierlein, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Walzl, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der zu B als erwiesen angenommenen Tatsachen als das Vergehen der (vollendeten) Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 1, 224 StGB und demzufolge auch im Strafausspruch (mit Ausnahme der Vorhaftanrechnung und des Privatbeteiligtenzuspruchs) aufgehoben.

II Gemäß § 288 Abs 2 Z 3 erster Satz StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

(B) Franz D***** ist schuldig, er hat am 21. Juni 2000 in Wien versucht, eine inländische öffentliche Urkunde mit dem Vorsatz zu verfälschen, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich der Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, gebraucht werde, indem er aus dem für Erich P***** ausgestellten österreichischen Führerschein das Originallichtbild sowie Teile des eingetragenen Geburtsdatums entfernte, um an diesen Stellen sein eigenes Foto und sein Geburtsjahr einzusetzen.

Er hat hiedurch das Vergehen der versuchten Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 15, 223 Abs 1, 224 StGB begangen und wird hiefür sowie für das ihm zum unberührt gebliebenen Schuldspruch

A weiterhin zur Last liegende Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 zweiter Satz, zweiter Fall und 15 StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 1/4 (zweieinviertel) Jahren verurteilt.

III Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

IV Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Franz D***** wurde (neben einem in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch) (A) des (teils im Versuchsstadium verbliebenen) Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 zweiter Satz, zweiter Fall, 15 StGB und (B) des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 1, 224 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er, soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz,

(B) am 21. Juni 2000 in Wien eine (echte) inländische öffentliche Urkunde mit dem Vorsatz verfälscht, dass sie im Rechtsverkehr zum Nachweis seiner Lenkerberechtigung gebraucht werde, indem er aus dem für Erich P***** ausgestellten (im Schuldspruch A I 3 als gestohlene Sache erfassten) österreichischen Führerschein das Originalbild und die letzten zwei Ziffern des eingetragenen Geburtsjahres entfernte. Das Schöffengericht stellte hiezu fest (S 265 f), dass der Angeklagte die angeführten Manipulationen in dem von ihm widerrechtlich erlangten Dokument mit dem Vorsatz vorgenommen hat, anstelle der ursprünglichen Teile ein eigenes Foto und das Jahr seiner Geburt zu Beweiszwecken einzufügen; den solcherart eigenmächtig veränderten Führerschein wollte er in weiterer Folge bei der Arbeitsuche zur Täuschung über seine (mangelnde) Lenkerberechtigung benützen. Die Urkunde wurde im beschriebenen Zustand - noch vor der tatplangemäßen Vervollständigung der Verfälschung durch Austausch des (entfernten) Lichtbildes und Eintragung eines anderen Geburtsdatums - in der Wohnung des Beschwerdeführers sichergestellt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Recht macht der Angeklagte aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO geltend, dass die ihm als vollendet angelastete Straftat beim Versuch geblieben ist:

Im Sinne der Beschwerdeausführungen ist das Vergehen nach §§ 223 Abs 1, 224 StGB nämlich (erst) dann vollendet, wenn ein den Vorstellungen des Täters entsprechendes, subjektiv täuschungstaugliches Falsifikat entstanden ist. Bis dahin liegt Versuch vor (Leukauf/Steininger Komm3 RN 43; Kienapfel im WK1 RN 253, WK2 Rz 243; Kienapfel/Schmoller BT III RN 65, je zu § 223).

Das konstatierte Vorgehen - Ablösen des Originallichtbildes und Unkenntlichmachung einzelner Ziffern personenbezogener Daten in einem fremden Führerschein - stellt unter den gegebenen Umständen (beabsichtigter Ersatz der angeführten Originalteile zum Zweck, die solcherart eigenmächtig veränderte Urkunde unter Inanspruchnahme von Ausstelleranschein zu Täuschungszwecken einzusetzen) lediglich die Anfangsphase des nach dem Vorhaben des Angeklagten mehrstufig angelegten (einheitlichen) Verfälschungsvorganges und damit (erst) den Beginn der (mit Modifizierung des Dokumenteninhalts im gesamten vom Vorsatz erfassten Umfang beendeten) tatbestandsmäßigen Ausführungshandlung dar (so schon 10 Os 75/79).

Der dem Schuldspruch B zu Grunde liegenden Sachverhalt ist daher rechtsrichtig als Versuch (§ 15 Abs 1 StGB) der (qualifizieren) Urkundenfälschung (in einer der Ausführungsnähe gleichwertigen Variante - Hager/Massauer im WK2 §§ 15, 16 Rz 26) zu beurteilen. Da sich der Angeklagte nach den zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen nicht mit der Beeinträchtigung der Beweisfunktion der Urkunde begnügen wollte, sondern das inkriminierte Herauslösen bestimmter Originalteile aus dem Führerschein fallspezifisch einen unselbstständigen Teilakt der intendierten Verfälschung bildet, scheidet - wie am Rande erwähnt sei - eine Tatbeurteilung als Beschädigungshandlung im Sinne des § 229 Abs 1 StGB von vorneherein aus (Kienapfel/Schmoller aaO RN 19 f; Kienapfel im WK2 Rz 20, je zu § 229).

Darüber hinaus hat das Erstgericht rechtsirrig (uva Leukauf/Steininger aaO § 127 RN 10 h) die Diebstahlstauglichkeit der bei den Angriffen A I 3 und II 1 unter einem erbeuteten, nicht vermögensfähigen Schriftstücke, nämlich des oben beschriebenen Führerscheins (dessen Entfremdung in der Anklagebegründung - S 181, 183 - erwähnt wird) (A I 3) und der (von der Anklage nicht als Diebstahlsobjekte erfassten) Urkunden im Schuldspruch A II 1 angenommen (S 255 iVm S 263, 265), ohne dass dies der Angeklagte in seiner Nichtigkeitsbeschwerde aufgegriffen hat.

Diese Gegenstände waren in der Anklage zwar nicht erwähnt, wurden aber im Zug ein und derselben Tat weggenommen und damit auch unterdrückt, sodass sie inhaltlich von dieser - auch unter Berücksichtigung des bezüglich der Urkundenunterdrückung von der Staatsanwaltschaft ausdrücklich abgegebenen Verfolgungsverzichtes (S 3e), der sich nur auf eine selbstständige Tat im Sinn des § 28 Abs 1 StGB beziehen kann und hier solcherart keinerlei Rechtswirkungen nach sich zog - erfasst sind (Ratz in WK2 Vorbem §§ 28 - 31 Rz 1 und 19). Die Aufnahme der nicht diebstahlsfähigen Urkunden in den Spruchteil A wirkt sich allerdings nicht zum Nachteil des Angeklagten aus, weil die zusätzliche Aufzählung dieser nicht vermögenswerten Gegenstände im Schuldspruch ersichtlich ohne Bedeutung geblieben ist. Daher bedarf es keines amtswegigen Vorgehens durch den Obersten Gerichtshof im Sinn des § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO.

Bei der durch teilweise Urteilsaufhebung (auf Grund der erfolgreichen Nichtigkeitsbeschwerde) notwendig gewordenen Strafneubemessung übernahm der Oberste Gerichtshof die im Urteil erster Instanz im Wesentlichen richtig und vollständig erhobenen Strafzumessungsgründe (S 269, 271; allerdings dadurch ergänzt, dass es auch beim Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden - B - beim Versuch geblieben ist).

Im Hinblick auf den raschen Rückfall und die wiederum die Ablehnung des geschützten Rechtsgutes des fremden Eigentums eindeutig dokumentierende Täterpersönlichkeit entspricht die Freiheitsstrafe sowohl der personalen Täterschuld als auch dem Unrechtsgehalt der vom Angeklagten zu verantwortenden Straftaten.

Auf diese Strafneubemessung war der Angeklagte mit seiner Berufung zu verweisen, wobei die Vorhaftanrechnung und die Entscheidung über den Zuspruch an die Privatbeteiligten im erstgerichtlichen Urteil (S 259) zu belassen war.

Die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 390a StPO.

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