OGH 10ObS11/01t

OGH10ObS11/01t30.1.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Steinbauer und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johann Meisterhofer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Hans Herold (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Renate E*****, Dipl. Krankenschwester, *****, vertreten durch Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt in Zwettl, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Oktober 2000, GZ 10 Rs 236/00z-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Krems a. d. Donau als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. Juli 2000, GZ 7 Cgs 85/99d-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin erlitt am 2. 10. 1985 einen Verkehrsunfall, der mit Bescheid der beklagten Partei vom 8. 10. 1986 als Arbeitsunfall anerkannt wurde. Aufgrund dieses Bescheides vom 8. 10. 1986 und des Urteils des Landesgerichts Krems a. d. Donau vom 14. 10. 1987, 15 Cgs 1104/87-16, hatte die beklagte Partei der Klägerin ab 3. 4. 1986 eine vorläufige Versehrtenrente im Ausmaß von 30 v. H. der Vollrente und ab 1. 9. 1987 eine Dauerrente in eben diesem Ausmaß zu gewähren.

Mit Bescheid vom 27. 10. 1988 setzte die beklagte Partei die Dauerrente ab dem 1. 12. 1988 auf eine Teilrente von 20 v. H. herab; die dagegen erhobene Klage hat das Landesgericht Krems a. d. Donau mit Urteil vom 31. 3. 1989, 15 Cgs 327/88-11, abgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. 3. 1999 hat die beklagte Partei den am 24. 2. 1999 eingebrachten Antrag der Klägerin auf Erhöhung der Dauerrente abgewiesen.

Das Erstgericht wies die gegen diesen Bescheid erhobene Klage mangels wesentlicher Verschlechterung der Unfallfolgen ab. Dem seinerzeitigen Urteil des Landesgerichts Krems a. d. Donau vom 31. 3. 1989 komme keine Bindungswirkung in Bezug auf eine behauptete Unfallkausalität der bei der Klägerin bestehenden Hüftgelenksarthrose zu.

Das Berufungsgericht bestätigt dieses Urteil. Es verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit, sah die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht als gegeben an und übernahm die Feststellungen des Erstgerichts als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Die Rechtsrüge erachtete es als nicht berechtigt.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, in der sie als Revisionsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht.

Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Klägerin wiederholt die bereits in der Berufung vorgetragene Argumentation, in dem Urteil des Landesgerichts Krems a. d. Donau vom 31. 3. 1989 sei festgestellt worden, dass Beschwerden und Arthrosebildungen im Hüftgelenk der Klägerin Folgen einer durch den Arbeitsunfall hervorgerufenen Gangunsicherheit und einer dadurch bedingten Fehlbelastung seien, sodass sie damals als Unfallfolgen "festgestellt und anerkannt" worden seien. Diese Feststellungen entfalteten Bindungswirkung für jedes weitere Verfahren.

Dem ist entgegen zu halten, dass die Feststellung von Tatsachen in jedem Rechtsstreit ohne Bindung an die Beurteilung in einem Vorprozess erfolgt (RIS-Justiz RS0036826). Bei der von der Klägerin aufgeworfenen Bindungswirkung handelt es sich um einen Aspekt der materiellen Rechtskraft. Die Rechtskraftwirkung eines Urteils wiederum erstreckt sich grundsätzlich nur auf seinen Spruch. Die Entscheidungsgründe sind nur insoweit heranzuziehen, als dies für die Individualisierung des Anspruchs und dessen Tragweite erforderlich ist. Für gewöhnlich bleiben also die Gründe der Entscheidung von der Bindungswirkung ausgegrenzt. Dies gilt gerade auch für jene Tatsachenfeststellungen, die sich auf den geltend gemachten rechtserzeugenden Sachverhalt beziehen (RIS-Justiz RS0041357 [T4]).

Die Klägerin hat seinerzeit den Bescheid der beklagten Partei vom 27. 10. 1988 bekämpft, mit dem wegen einer Verbesserung der Unfallfolgen die Dauerrente von 30 v. H. auf eine Teilrente von 20 v. H. herabgesetzt worden war. Der für die Klagsabweisung maßgebliche Sachverhalt kann nun nicht darin bestehen, dass bestimmte Beschwerden in den Urteilsfeststellungen zusätzlich als Unfallfolgen angesehen werden. Somit kann den entsprechenden Feststellungen mangels Maßgeblichkeit für den Urteilsspruch keine Rechtskraftwirkung zukommen. Im Übrigen bestand für das Gericht damals kein Anlass, iSd § 82 Abs 5 ASGG bestimmte Beschwerden als Unfallfolgen festzustellen, weil zur Abgeltung der Folgen des Arbeitsunfalls bereits eine laufende Leistung erbracht wurde. Diese Bestimmung bezieht sich im Übrigen nicht auf Tatsachenfeststellungen in den Entscheidungsgründen, sondern auf die Möglichkeit, bei Abweisung des Hauptbegehrens eine Feststellung in den Urteilsspruch aufzunehmen, dass die geltend gemachte Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ist.

Da die Vorinstanzen zu Recht die behauptete wesentliche Veschlechterung der Unfallfolgen verneint haben, ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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