OGH 10ObS17/01z

OGH10ObS17/01z30.1.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johann Meisterhofer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Hans Herold (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Verena W*****, vertreten durch Mag. Steven G. Roberts, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Oktober 2000, GZ 9 Rs 227/00v-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 11. April 2000, GZ 29 Cgs 215/99s-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 16. November 1999 hat die beklagte Partei die Gewährung einer Versehrtenrente zur Abgeltung der Folgen des Arbeitsunfalls vom 11. Februar 1999 abgelehnt.

Das Erstgericht wies das dagegen erhobene, auf Zahlung einer Versehrtenrente im Ausmaß von mindestens 20 % der Vollrente gerichtete Klagebegehren ab. Die Klägerin sei ab Ende des dreimonatigen Zeitraums nach Eintritt des Versicherungsfalles durch die Unfallfolgen in ihrer Erwerbsfähigkeit nicht zu wenigstens 20 % gemindert.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sah die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht als gegeben an und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Die Rechtsrüge erachtete das Berufungsgericht als nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Klagsstattgebung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Obgleich diese Beurteilung nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung bedürfte, ist den Revisionsausführungen kurz zu erwidern:

Die von der Klägerin weitgehend wortgleich wie in der Berufung gerügten Mängel des Verfahrens erster Instanz, insbesondere die Nichteinholung eines Gutachtens aus dem Bereich Orthopädie/orthopädische Chirurgie, hat bereits das Berufungsgericht verneint, so dass diese in der Revision wiederholten Verfahrensmängel erster Instanz nach ständiger Rechtsprechung - auch in Verfahren nach dem ASGG - im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg gerügt werden können (Kodek in Rechberger2 Rz 3 Abs 2 zu § 503 ZPO; SSV-NF 5/116, 7/74, 11/15 ua; RIS-Justiz RS0042963 [T45] und RS0043061). Davon abgesehen resultiert die Feststellung oder Nichtfeststellung bestimmter Tatsachen aufgrund der aufgenommenen Beweise aus der freien Beweiswürdigung der Vorinstanzen, die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann (RIS-Justiz RS0043061 [T11]). Die Ausführungen der Mängelrüge stellen daher den unzulässigen Versuch einer Bekämpfung der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen dar (10 ObS 409/98i; 10 ObS 3/99k).

Die Vorlage eines Privatgutachtens nach Schluss der Verhandlung erster Instanz verstößt gegen das nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung auch in Sozialrechtssachen geltende Neuerungsverbot des § 482 ZPO (Kuderna, ASGG2, 416 [Erl 3 zu § 63] und 546 [Erl 1 zu § 90]; SSV-NF 1/45, 4/24, 8/60 uva).

Wurde der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht gesetzmäßig ausgeführt, kann eine Rechtsrüge - einschließlich der Geltendmachung sekundärer Verfahrensmängel - nicht mehr in der Revision nachgetragen werden. Dieser Grundsatz gilt ungeachtet des § 87 Abs 1 ASGG auch im Verfahren in Sozialrechtssachen, zumal diese für das Verfahren in erster Instanz getroffene Bestimmung den Amtswegigkeitsgrundsatz ausschließlich für die Beweisaufnahme in diesem Verfahren normiert (RIS-Justiz RS0043480). Dass das Berufungsgericht die Behandlung der rechtlichen Beurteilung zu Unrecht abgelehnt habe, wird in der Revision nicht gerügt (RIS-Justiz RS0043231).

Da die Vorinstanzen zu Recht die Voraussetzungen für die Erlangung einer Versehrtenrente verneint haben, ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Da die Klägerin im Revisionsverfahren durch einen ihr im Rahmen der Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt vertreten wird, ist sie mit Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht belastet, so dass schon aus diesem Grund keine Veranlassung besteht, ihr aus Billigkeit Kosten zuzuerkennen (SSV-NF 1/19, 2/26, 2/27, 5/127 uva).

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