OGH 4Ob323/00d

OGH4Ob323/00d16.1.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G ***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hannes K. Müller, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Heimo Hofstätter, Rechtsanwalt in Graz, wegen 165.662,81 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 13. September 2000, GZ 2 R 141/00y-35, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 2. Mai 2000, GZ 18 Cg 206/98h-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 9.135 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 1.522,50 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin betreibt eine Zimmerei und Tischlerei; sie hat für das Haus G*****, G*****gasse 22, ein Geschäftsportal angefertigt. Die Geschäftsräume sind der Beklagten zugeordnet; deren Rechtsvorgängerin, die M***** W*****und G*****gesellschaft mbH, ist zu 3440/50000 Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft.

Die M***** W***** und G*****gesellschaft mbH wurde von den Miteigentümern ermächtigt, die einzelnen Mitglieder der Bauherrngemeinschaft (Miteigentümergemeinschaft G*****gasse 22) bei der administrativen, organisatorischen und finanziellen Abwicklung des Projekts Wohn- und Geschäftsanlage G*****gasse 22 zu vertreten. Sie sollte auch als bevollmächtigte Hausverwaltung tätig werden und berechtigt sein, Bauaufträge zu vergeben.

Die M***** W***** und G*****gesellschaft mbH betraute die Ing. M***** GmbH mit der Generalplanung, Bauleitung und örtlichen Bauaufsicht. Aufgabe der Ing. M***** GmbH war es (ua), die gesamte Auftragserteilung vorzubereiten. Im Zuge einer Baubesprechung erteilte Ing. Georg M***** im Beisein eines Mitarbeiters der Beklagten der Klägerin den Auftrag, im Haus G*****gasse 22 die Arbeiten gemäß ihrem Angebot vom 3. 4. 1997 auszuführen. Ing. Georg M***** hatte das Angebot der Klägerin eingeholt, weil die Firma S***** die Arbeiten zwar ursprünglich angeboten hatte, dann aber nicht mehr daran interessiert war, das Geschäftsportal herzustellen.

Die Klägerin führte die Arbeiten durch und legte am 6. 5. 1997 der Ing. M***** GmbH Rechnung. Sie erhielt die Rechnung mit durchgestrichenem Adressaten zurück. Ing. Georg M***** teilte ihrem Geschäftsführer mit, dass die Beklagte als Rechnungsadressat aufzuscheinen habe. In der Folge übermittelte die Klägerin die Rechnung mit geändertem Adressaten wiederum an Ing. Georg M*****. Dieser übermittelte der Klägerin eine Kopie mit Prüfvermerk und angeschlossenem Prüfblatt, auf dem als Auftraggeber die Beklagte aufschien. Die geprüfte Originalrechnung leitete er an die Beklagte weiter.

Bereits vor diesem Auftrag hatten zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten Geschäftsbeziehungen bestanden, in denen die M***** W***** und G*****gesellschaft mbH von Ing. Georg M***** als Bauleiter vertreten worden war. Am 31. 1. 1995 hatte die Ing. M***** GmbH die "Beklagte" (richtig: Klägerin) auf Wunsch der M***** W***** und G*****gesellschaft mbH informiert, dass sämtliche Rechnungen, vor allem Schlussrechnungen, für das Bauvorhaben G*****gasse 22 aus umsatzsteuerlichen Gründen nicht wie bisher an die Miteigentümergemeinschaft, sondern an die M***** W***** und G*****gesellschaft auszustellen seien.

Das Erstgericht konnte nicht feststellen, dass eine Bevollmächtigung der Beklagten durch die Miteigentümergemeinschaft und deren Eigenschaft als Auftraggeberin der Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt mitgeteilt worden wäre oder für sie erkennbar gewesen wäre.

Die Klägerin begehrt 165.662,81 S sA. Auftraggeberin sei die Beklagte gewesen. Die Klägerin habe die Arbeiten mängelfrei durchgeführt und sie zum ausschließlichen Vorteil der Beklagten erbracht. Die Beklagte sei ungerechtfertigt bereichert.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Auftraggeberin sei die Miteigentümergemeinschaft gewesen. Die Beklagte sei nur bevollmächtigt gewesen, im Namen und auf Rechnung der Miteigentümer das Bauvorhaben abzuwickeln. Auch der mit der örtlichen Bauleitung beauftragte Ing. Georg M***** habe allfällige Aufträge nur im Namen der Miteigentümergemeinschaft erteilt. Möglicherweise habe er die klagegegenständlichen Arbeiten zweimal vergeben.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Beklagte hafte als Miteigentümerin zur ungeteilten Hand für die der Höhe nach außer Streit gestellte Rechnungssumme. Sie habe darüber hinaus selbst und auch durch die von ihr bevollmächtigte Ing. M***** GmbH den Anschein erweckt, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig zu werden.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die Beklagte hafte zwar nicht als Miteigentümerin, wohl aber als Auftraggeberin. Die Klägerin habe den Auftrag des Ing. Georg M***** objektiv wohl so verstehen müssen, dass er zumindest wahrscheinlich nicht im eigenen Namen, sondern in dem der Beklagten erteilt werde. Dass der Geschäftsführer der Klägerin dies zunächst anders verstanden habe, schade nicht, weil Ing. Georg M***** tatsächlich nicht für die Ing. M***** GmbH habe auftreten wollen und es der Klägerin nicht auf die Person des Vertretenen angekommen sei. Sie habe nämlich ohneweiters die als nachträgliche Offenlegung des Vertretungsverhältnisses zu qualifizierende Aufforderung zur Änderung des Rechnungsadressaten akzeptiert. Die Beklagte (ihre Rechtsvorgängerin) wie auch die von ihr beauftragte Ing. M***** GmbH hätten demnach im Ergebnis zumindest den begründeten Anschein erweckt, der Auftrag sei im Namen und auf Rechnung der Beklagten erteilt worden.

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision der Klägerin ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; die Revision ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte macht geltend, dass der Vertrag zwischen der Klägerin und der Ing. M***** GmbH zustande gekommen sei. Welche Vereinbarungen es im Innenverhältnis zwischen der Ing. M***** GmbH, der Beklagten und der Miteigentümergemeinschaft gegeben habe, sei ohne Bedeutung. Diese Vereinbarungen seien gegenüber der Beklagten nicht offengelegt worden. Eine nachträgliche einseitige "Auswechslung" eines Vertragspartners ohne Mitwirkung des Dritten könne gegenüber dem Dritten keine Rechtsfolgen auslösen.

Bei diesen Ausführungen lässt die Beklagte außer Acht, dass die Ing. M***** GmbH, auch wenn sie dies der Klägerin gegenüber im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht offengelegt hatte, als Vertreterin tätig geworden ist. Die Ing. M***** GmbH war von der M***** W***** und G*****gesellschaft mbH mit der Generalplanung, Bauleitung und örtlichen Bauaufsicht betraut worden und sie hat in dieser Funktion der Klägerin den klagegegenständlichen Auftrag erteilt.

Für die Klägerin war, mangels Offenlegung des Vertretungsverhältnisses, die Ing. M***** GmbH Auftraggeberin. Sie hat daher die Rechnung an die Ing. M***** GmbH adressiert. Mit der Aufforderung, die Rechnung an die Beklagte auszustellen, hat die Ing. M***** GmbH ihr Vertretungsverhältnis offengelegt. Da dieses Vertretungsverhältnis auch tatsächlich bestand und die Klägerin die Offenlegung akzeptiert hat, ist der Vertrag in Wahrheit zwischen der Klägerin und der Beklagten zustandegekommen.

Dabei spielt es keine Rolle, dass die Ing. M***** GmbH das Vertretungsverhältnis weder vor Vertragsabschluss noch unmittelbar nach Abschluss des Vertrags offengelegt hat. Zwar hat der Vertreter im Namen des Geschäftsherrn zu handeln, damit der Geschäftspartner erkennen kann, wem die Erklärung zuzurechnen ist (Schwimann/Apathy, ABGB**2 § 1017 Rz 2 mwN); der Offenlegungsgrundsatz gilt aber im Interesse des Geschäftspartners, dem es daher freisteht, auf eine Offenlegung des Vertragspartners überhaupt zu verzichten (Geschäft für den, den es angeht; SZ 57/198 = JBl 1985, 616 = RdW 1985, 211). Ihm muss es demnach auch möglich sein, einer nachträglichen Offenlegung, und zwar selbst einer Offenlegung nach Erbringung seiner Leistungen und nach Erstellung der Rechnung, zuzustimmen. Ist der Geschäftspartner nämlich bereit, den Vertretenen als seinen Vertragspartner zu akzeptieren, so besteht kein Grund, ihn an den Vertrag mit dem Vertreter zu binden.

Voraussetzung ist allerdings immer, dass das offengelegte Vertretungsverhältnis auch tatsächlich besteht. Hat der Vertreter Auftrag und Vollmacht, das Geschäft im Namen des Vertretenen abzuschließen, so kann es durch die Offenlegung nicht zu der von der Beklagten behaupteten einseitigen "Auswechslung" eines Vertragspartners kommen, da der Vertreter den Vertrag von vornherein auf fremde Rechnung, wenn auch - mangels Offenlegung - im eigenen Namen abgeschlossen hat.

Im vorliegenden Fall hat die M***** W***** und G*****gesellschaft mbH die Ing. M***** GmbH mit der Generalplanung, Bauleitung und örtlichen Bauaufsicht betraut und ihr (ua) aufgetragen, die gesamte Auftragserteilung vorzubereiten. Die Ing. M***** GmbH war - was die Beklagte auch gar nicht bestritten hat - berechtigt, Aufträge zu erteilen. Aufgrund der Weisung, die Rechnungen an die M***** W***** und G*****gesellschaft mbH ausstellen zu lassen, hatte sie die Aufträge aber in deren Namen und nicht in dem der Miteigentümergemeinschaft zu erteilen. An den damit zwischen der Klägerin und der M***** W***** und G*****gesellschaft mbH zustande gekommener Vertrag ist die Beklagte als deren Rechtsnachfolgerin gebunden.

Die Revision musste erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte