OGH 15Os169/00

OGH15Os169/0011.1.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Jänner 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schmidt als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ewald Sch***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 3 erster und zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom 5. September 2000, GZ 6 Vr 807/00-124, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Plöchl, des Angeklagten sowie des Verteidigers Dr. Weigert zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden (auch einen rechtskräftigen Freispruch enthaltenden Urteil wurde Ewald Sch***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 3 erster und zweiter Fall StGB sowie der versuchten Vergewaltigung nach den §§ 15, 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Köflach

I./ am 19. März 1999 Jaqueline F***** mit schwerer gegen sie gerichteter Gewalt, indem er sie zu Boden riss und ihren Hals so zusammendrückte, dass sie keine Luft mehr bekam und bewusstlos wurde, zur Duldung des Beischlafes genötigt, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (Bewusstlosigkeit) zur Folge hatte und die vergewaltigte Person durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wurde, dadurch hervorgerufen, dass er sie wiederholt bis zur Bewusstlosigkeit würgte und sie während der Vergewaltigung im Bachbett fixierte, wodurch sie besonders intensive Todesängste ausstand;

II./ folgende Personen mit Gewalt und durch Entziehung der persönlichen Freiheit zur Vornahme oder Duldung des Beischlafes oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht, und zwar:

1./ am 16. Jänner 1999 Sandra F*****, indem er sie von hinten umfasste, ihr den Mund zuhielt und versuchte, sie von einem Hauseingang wegzuzerren,

2./ am 6. Februar 1999 Claudia Manuela Scharf, indem er sie von hinten umklammerte, ihr eine Hand auf den Mund und die andere auf ihre Augen legte und sie in der Folge mit seinem Unterarm zu würgen begann.

Die gegen Punkt I./ des Schuldspruches gerichtete, auf § 345 Abs 1 Z 8, 10a, 12 und 13 gestützte Nichtigkeitsbeschwerde strebt eine Verurteilung (lediglich) wegen § 201 Abs 2 StGB an.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsbelehrung erachtet der Beschwerdeführer in einem einer Unrichtigkeit gleichkommenden Maße für unvollständig (Z 8), weil bei den Erläuterungen zu den Rechtsbegriffen der "schweren Gewalt", der "schweren Körperverletzung" und des "Versetzens für längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand" nicht auf die Angaben der Verletzten Bezug genommen worden sei. Mit diesem Einwand setzt sich der Angeklagte darüber hinweg, dass Gegenstand der Rechtsbelehrung nur Rechtsumstände, nicht aber Tatfragen sein können, die sich aus dem Beweisverfahren - hier: aus der Aussage des Tatopfers Jaqueline F***** - ergeben und die der gemäß § 323 Abs 2 StPO vom Vorsitzenden mit den Geschworenen abzuhaltenden (mündlichen) Besprechung vorbehalten sind (vgl Mayerhofer StPO4 § 345 Z 8 E 14, 15).

Die Tatsachenrüge (Z 10a) versucht unter Erörterung einzelner aus dem Zusammenhang gelöster Passagen der Aussage der Zeugin Jaqueline F***** und aus den Gutachten des medizinischen und des psychiatrischen Sachverständigen sowie mit spekulativen Überlegungen die Richtigkeit der dem Verdikt zu Grunde liegenden Beweiswürdigung - soweit sie die angeführten qualifizierenden Umstände betrifft - in Zweifel zu ziehen, unternimmt damit aber nur einen zur Darlegung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes ungeeigneten Angriff auf die Lösung von Tatfragen nach Art einer im Rechtsmittelverfahren gegen kollegialgerichtliche Urteile gesetzlich nicht vorgesehenen Schuldberufung. Auf die Akten gegründete erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der diesbezüglichen Feststellungen im Wahrspruch vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen.

Soweit die Subsumtionsrüge (Z 12) das Vorliegen der Qualifikation des § 201 Abs 3 erster Fall StGB mit der Behauptung bestreitet, eine Bewusstlosigkeit an sich, ohne nähere Feststellungen über ihre Art und Dauer, sei nicht als schwere Verletzung zu beurteilen, übergeht sie einerseits die im Wahrspruch festgestellten Tatsachen, wonach die Bewusstlosigkeit durch wiederholtes heftiges Würgen am Hals herbeigeführt wurde, und übersieht andererseits, dass eine dergestalt herbeigeführte Bewusstlosigkeit ohne Rücksicht auf deren Dauer im Hinblick auf die damit verbundene Lebensgefahr bzw die Gefahr schwerer Hirnschädigungen infolge mangelnder Sauerstoffzufuhr jedenfalls als schwere Gesundheitsschädigung zu beurteilen ist (vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 84 RN 7).

Im Übrigen stellt das Würgen eines Opfers bis zur Bewusstlosigkeit eine außergewöhnlich brutale und rücksichtslose Aggressionshandlung dar, die dem Begriff schwerer Gewalt im Sinne des § 201 Abs 1 StGB jedenfalls entspricht (Mayerhofer StGB5 § 201 E 9b). Der konkrete Eintritt einer Lebensgefahr für das Opfer ist hiefür nicht Voraussetzung.

Die weiteren Ausführungen zur Subsumtionsrüge, wonach die Heranziehung der Bewusstlosigkeit für die Begründung der Anwendung schwerer Gewalt, der schweren Körperverletzung und des Versetzens in einen qualvollen Zustand gegen das Doppelverwertungsverbot verstoße, weshalb die bekämpften Qualifikationen nicht vorliegen könnten, entbehren jeglicher Begründung und sind juristisch nicht nachvollziehbar, sodass sie einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich sind.

Im Bezug auf den in diesem Zusammenhang auch behaupteten Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 13 StPO ist die Beschwerde einerseits nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt, weil sie eine gesetzwidrige Strafbemessung gar nicht behauptet, andererseits aber auch aus den vom Tatgericht gefundenen Strafzumessungsgründen kein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot abgeleitet werden kann.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach §§ 28 Abs 1, 201 Abs 3 erster Strafsatz StGB eine zehnjährige Freiheitsstrafe und ordnete seine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB an.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend das Zusammentreffen von drei Verbrechen und die mehrfache Qualifikation der zum Nachteil der Jaqueline F***** begangenen Tat, als mildernd hingegen das Geständnis, die Unbescholtenheit und den Umstand, dass es in zwei Fällen beim Versuch geblieben ist.

Gegen die Höhe der ausgesprochenen Freiheitsstrafe richtet sich die - deren Herabsetzung begehrende - Berufung des Angeklagten.

Wenngleich diesem - wie die Berufung an sich zutreffend aufzeigt - zusätzlich der Milderungsgrund der Begehung der Tat unter dem Einfluss seines abnormen Geisteszustands zugute zu halten ist, entspricht die vom Erstgericht in der Mitte des von fünf bis 15 Jahren reichenden Strafrahmens ausgemessene Sanktion unter Berücksichtigung aller für und wider den Angeklagten sprechenden Umstände dem Tatunrecht sowie der Täterpersönlichkeit und ist demgemäß einer Reduktion nicht zugänglich.

Der Berufung war daher keine Folge zu geben.

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