OGH 3Ob129/00t

OGH3Ob129/00t20.12.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Gernot K*****, über den Revisionsrekurs des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 15. März 2000, GZ 2 R 83/00s, 84/00p-101, womit unter anderem sein Rekurs gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 9. Februar 2000, GZ 14 P 2214/95k-93, teilweise zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird, soweit damit im Punkt 2. der den Unterhaltserhöhungsantrag des Revisionsrekurswerbers betreffenden, von diesem erhobene Rekurs zurückgewiese wird, aufgehoben. Insoweit wird die Pflegschaftssache an das Rekursgericht zurückverwiesen, welchem aufgetragen wird, über den Rekurs neuerlich zu entscheiden.

Text

Begründung

Mit dem beim Erstgericht am 18. 2. 1999 eingelangte Antrag ON 67 hatte der Vater des am 14. 5. 1980 geborenen und daher damals noch minderjährigen Kindes beantragt, dessen Mutter an verschiedenen für das Kind notwendigen Aufwendungen zu beteiligen. Weiters begehrte er "die Erhöhung der Alimente, da dies seit dem Jahr 1992 nicht mehr passiert ist und das von S 3.800,-- auf S 4.000,--, also nur um S 200,--, obwohl Gernot damals von der Hauptschule in die Mittelschule und seit dem Schuljahr 1995/96 in die HTL ... geht."

Bereits mit Beschluss vom 19. 11. 1992 (ON 20) war die Mutter verpflichtet worden, für ihren Sohn einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 4.000,-- (statt vorher S 3.800,--) zu bezahlen.

Mit seinem Beschluss ON 93 wies das Erstgericht den (von ihm angenommenen) Antrag des Vaters, den monatlichen Unterhaltsbetrag ab 18. 2. 1999 auf S 4.000,-- monatlich zu erhöhen, mit der Begründung zurück, dass diesbezüglich bereits ein rechtskräftiger Unterhaltsbeschluss bestehe, wonach die Mutter zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 4.000,-- verpflichtet sei.

Mit seinem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs begehrte der inzwischen volljährig gewordene Unterhaltsberechtigte unter anderem, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass seine Mutter verpflichtet werde, anstelle des bisher festgesetzten monatlichen Unterhaltsbetrages von S 4.000,-- ab 1. 4. 2000 jeweils S 5.500,-- monatlich im Vorhinein zu bezahlen. Hilfsweise stellte er einen Aufhebungsauftrag.

In diesem Umfang wies das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluss den Rekurs des Unterhaltsberechtigten zurück und sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

In seiner Begründung führte das Rekursgericht aus, dass der Vater zwar mit seinem Antrag unter anderem eine Erhöhung der laufenden Alimente beantragt, dass er diesen Antrag aber nicht konkretisiert habe, was nach Erreichen der Volljährigkeit des Unterhaltsberechtigten mit diesem erörterungsbedürftig gewesen wäre. Da der gestellte Rekursantrag aber nur in die Zukunft ziele und der Rekurswerber bereits volljährig sei, wäre dieser Anspruch nunmehr mit formeller Klage im streitigen Verfahren geltend zu machen. Der Rekurs sei diesbezüglich unzulässig, weil diese Unterhaltserhöhung nicht Gegenstand der erstgerichtlichen Entscheidung gewesen sei.

Mit Beschluss vom 26. 4. 2000 änderte das Rekursgericht auf Antrag des Revisionsrekurswerbers seinen Ausspruch dahin ab, dass der ordentlichen Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG zulässig sei. Soweit beurteilbar, liege eine Rechtsprechung des Höchstgerichtes darüber nicht vor, ob über einen vor Erreichen der Volljährigkeit des Unterhaltsberechtigten gestellten Antrag auf Unterhaltserhöhung im Außerstreitverfahren auch dann noch zu entscheiden sei, wenn er vom volljährig gewordenen Unterhaltsberechtigten so eingeschränkt werde, dass die Unterhaltserhöhung überhaupt erst nach Erreichen der Volljährigkeit wirksam werden solle.

Der Revisionsrekurs des Unterhaltsberechtigten ist im Sinne seines Aufhebungsantrages berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rekursgericht ist zwar darin beizupflichten, dass die Erhöhung des Unterhalts, die der Revisionsrekurswerber in seinem gegen den Beschluss des Erstgerichtes ON 93 eingebrachten Rekurs beantragte, nicht den Gegenstand der Entscheidung des Erstgerichtes bildete, weil dieses ausdrücklich nur einen auf "Erhöhung" des monatlichen Unterhaltsbetrags auf S 4.000 gerichteten Antrag zurückwies (nach der Ausfertigung des Beschlusses im Übrigen abweichend "abwies"). Dies rechtfertigt aber entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes nicht die Zurückweisung des Rekurses. Schließt sich das Rekursgericht nämlich der Auffassung des Erstgerichtes an, dass der Antrag des Kindesvaters tatsächlich bloß auf Festsetzung des monatlichen Unterhalts mit S 4.000 gerichtet war, so wäre darüber zu entscheiden, ob die Zurückweisung durch das Erstgericht gerechtfertigt ist. Ist das Rekursgericht aber der Meinung, dass der Antrag des Kindesvaters die Festsetzung eines höheren Unterhaltsbetrages zum Gegenstand hatte, so läge eine unvollständige Entscheidung des Erstgerichtes vor und das Rekursgericht hätte zu entscheiden, welchen Einfluss es hat, dass der nunmehrige Revisionsrekurswerber gegen den Antrag des Kindesvaters nicht vollständig erledigenden erstgerichtlichen Beschluss Rekurs erhob. Beides hätte aber in Form einer Sachentscheidung über diesen Rekurs zu geschehen.

Es ist somit in Stattgebung des Revisionsrekurses die Entscheidung des Rekursgerichtes im angefochtenen Umfang aufzuheben und diesem die neuerliche Entscheidung über den Rekurs aufzutragen.

Für die Entscheidung, die das Rekursgericht demnach in der Sache über den Rekurs des Unterhaltsberechtigten zu treffen haben wird, wird folgendes zur Erwägung gestellt:

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist dann, wenn eine Unterhaltserhöhung nach § 140 ABGB vor Erreichen der Volljährigkeit des Kindes vor dem Außerstreitgericht beantragt wird, von diesem auch dann zu entscheiden, wenn das Kind mittlerweile

volljährig geworden ist (EvBl 1975/143 = ÖA 1976, 33; SZ 57/84 = JBl

1985, 162 = ÖA 1984, 100; SZ 63/81 = ÖA 1991, 100; EFSlg 82.558 uva

Entscheidungen zu RIS-Justiz RS0047381). In der im Revisionsrekurs zitierten Entscheidung ÖA 1995, 127 = EFSlg 76.281 wurde bereits klargestellt, dass in einem derartigen Fall das nunmehr volljährig gewordene Kind auch berechtigt ist, neue Behauptungen aufzustellen, neue Beweismittel anzubieten, aber auch geltend zu machen, dass der gesetzliche Unterhaltsanspruch höher ist als bisher angenommen. Eine solche Ausdehnung des Unterhaltsbegehrens stellt inhaltlich eine Präzisierung des bereits geltend gemachten Begehrens auf angemessenen Unterhalt dar und nicht die Erhebung eines neuen Anspruchs, über den im streitigen Verfahren zu entscheiden wäre. Gleiches könnte um so mehr in einem Fall wie dem vorliegenden gelten, in dem das ursprüngliche Begehren, das zweifellos als solches auf Erhöhung im angemessenen Umfang zu verstehen war, erst mit dem Rekurs (wenn auch aus nach der Aktenlage nicht nachvollziehbaren Gründen) zeitlich auf einen erst nach Eintritt der Volljährigkeit liegenden Wirksamkeitsbeginn eingeschränkt, der Höhe nach aber erstmals zahlenmäßig präzisiert wird. Der Grundsatz der perpetuatio fori nach § 29 JN wird ja nach der ständigen Rechtsprechung auf das Verhältnis streitiges - außerstreitiges Verfahren angewendet (Nachweise ua bei Mayr in Rechberger, ZPO2 Rz 2 zu § 29 JN).

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