OGH 5Ob301/00a

OGH5Ob301/00a28.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache des Antragstellers Ernst W*****, vertreten durch Josef Cser, Mag. Nadja Horvath, Mietervereinigung Österreichs, Landesorganisation Wien, Reichsratstraße 15, 1010 Wien, wider die Antragsgegnerin Stadt W*****, vertreten durch Dr. Peter Rudeck, Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 14 MRG (iVm § 27 Abs 1 Z 1 und § 10 Abs 3 Z 4 MRG), über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. Juni 2000, GZ 39 R 90/00z-7, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 15. Dezember 1999, GZ 4 Msch 99/99v-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der Sachbeschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller die mit S 34 bestimmten Barauslagen des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist Mieter der Wohnung top Nr 2 im Haus***** in*****. Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin dieses Hauses. Der Antragsteller bezahlte aus Anlass der Anmietung dieser Wohnung am 15. Februar 1999 der Antragsgegnerin den Betrag von S 17.195,10 als Aufwandersatz nach § 10 MRG für eine vom Vormieter installierte Sicherheitstüre.

Gemäß § 27 Abs 1 Z 1 MRG begehrt der Antragsteller die Rückzahlung dieses Betrages mit der Begründung, es handle sich dabei um eine ungültige und verbotene Vereinbarung im Sinn des § 27 Abs 1 Z 1 MRG. Die Antragsgegnerin sei dem Vormieter zum Ersatz der Aufwendung nach § 10 MRG nicht verpflichtet gewesen, da es sich diesfalls um keinen ersatzfähigen Aufwand gehandelt habe.

Die Antragsgegnerin beantragte Abweisung des Antrags und behauptete die Zulässigkeit der Vereinbarung über die Verpflichtung des Antragstellers zum Rückersatz des Aufwandes, den die Antragsgegnerin als Vermieterin dem bisherigen Mieter nach § 10 MRG zu leisten gehabt habe. Beim Einbau einer Sicherheitstüre handle es sich um eine unter den Generaltatbestand des § 10 Abs 3 Z 4 MRG zu subsumierende "gleichwesentliche" Verbesserung. Überdies handle es sich dabei um eine förderbare Maßnahme.

Das Erstgericht verhielt die Antragsgegnerin, dem Antragsteller den Betrag von S 17.195,10 sA zu bezahlen. Als "gleichwesentliche Verbesserungen" in § 10 Abs 3 Z 4 MRG seien unter enger Auslegung der dort angeführten Generalklausel nur solche Verbesserungen anzusehen, die in ihrer Bedeutung aber auch in ihrer Art den in Abs 3 Z 1 bis 3 genannten Verbesserungen gleichkämen. Davon seien jedenfalls nur solche Verbesserungen umfasst, die eine normale Ausstattung einer Wohnung beträfen. Dies könne vom Einbau einer Sicherheitstür nur bei Vorliegen ganz bestimmter Voraussetzungen (wie die Lage einer Wohnung in der Großstadt in einem Haus ohne Hausbesorger mit offener Haustür), die hier nicht behauptet worden seien, als der Übung des Verkehrs entsprechend angesehen werden. Außerdem fehle es bei einer gebrauchten Sicherheitstür an der Gewissheit, dass es keine weiteren Schlüssel zB in Händen der Vormieter gebe. Darüber hinaus sei eine Einstufung dieser Maßnahme als Verbesserung in Hinblick auf die Gefahren einer Notsituation zweifelhaft, weil etwa bei einem Feuerwehreinsatz die Öffnung solcher Türen auf massive Schwierigkeiten stoße. Grundsätzlich stelle daher der Einbau einer Sicherheitstür keine gleichwesentliche Verbesserung im Sinn des § 10 Abs 3 Z 4 MRG dar. Eine Förderbarkeit dieser Maßnahme aus Mitteln einer Gebietskörperschaft sei im Wiener Bereich nicht gegeben.

Einem dagegen von der Antragsgegnerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge und wies das Begehren des Antragstellers ab.

Das Rekursgericht teilte die Ansicht der Rekurswerberin, dass der Einbau einer Sicherheitswohnungstüre in einem großstädtischen Zinshaus gerade in einer Zeit mit zunehmenden Wohnungseinbruchsdiebstählen dem Sicherheitsbedürfnis der Bewohner und damit der Übung des Verkehrs entspreche. In MietSlg 39.265/43 habe der Oberste Gerichtshof in einem Verfahren nach § 9 MRG bei Durchsetzung des Begehrens eines Mieters auf Einbau einer Sicherheitstür gegen den Willen des Vermieters erkannt, dass zumindest unter den dort gegebenen Umständen, nämlich einer Wohnung in der Großstadt in einem Haus ohne Hausbesorger und offener Haustür, der Einbau einer Sicherheitstür als der Übung des Verkehrs entsprechend angesehen werden könne. Damit sei keineswegs ausgeschlossen worden, dass nicht auch unter anderen Bedingungen der Einbau einer Sicherheitstür der Übung des Verkehrs entsprechen könnte. Weder die Existenz eines Hausbesorgers noch ein versperrtes Haustor bildeten in Wahrheit einen gesteigerten Schutz vor Wohnungseinbruchsdiebstählen, sodass der Einbau einer Sicherheitswohnungstüre auch bei Vorliegen solcher Gegebenheiten zweckentsprechend sei und der Übung des Verkehrs entspräche.

Ein solcher Aufwand des Mieters sei daher vom Vermieter gemäß § 10 Abs 3 Z 4 MRG als "andere gleichwesentliche Verbesserung" der Wohnung zu ersetzen und falle daher die Überwälzung einer solchen Zahlung auf den Nachmieter nicht unter das Verbot des § 27 Abs 1 Z 1 MRG.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil bisher keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob der Einbau einer Wohnungssicherheitstür unbeschadet einer Förderungswürdigkeit einer solchen Maßnahme als "gleichwesentliche Verbesserung im Sinne des § 10 Abs 3 Z 4 MRG" zu qualifizieren sei.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag auf Abänderung der zweitinstanzlichen Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses.

Die Antragsgegnerin beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig und auch berechtigt.

Obwohl § 10 Abs 1 MRG nach den "Aufwendungen zur wesentlichen Verbesserung" in einem Klammerausdruck das Zitat des § 9 MRG verwendet, sind nicht alle nach § 9 MRG durchsetzbaren Veränderungen des Mietgegenstandes (Verbesserungen) auch ersatzfähig nach § 10 MRG. Das geht schon daraus hervor, dass § 9 Abs 3 MRG dem Vermieter ermöglicht, die Zustimmung von der Verpflichtung zur Wiederherstellung des früheren Zustandes bei Rückstellung des Bestandgegenstandes abhängig zu machen, wenn die Maßnahmen nicht solche sind, die unter § 9 Abs 2 MRG genannt sind. Die in Abs 2 genannten Arbeiten sind insofern privilegiert, als bei ihnen die positiven Voraussetzungen des Abs 1 Z 2 unwiderleglich vermutet werden. Von diesen finden nur die in Z 1 und Z 3 genannten eine Entsprechung in § 10 Abs 3 (Z 1 und 4), bei der Anführung der Investitionen, deren Kosten nach § 10 begehrt werden können (Würth/Zingher Miet- und WohnR20 Rz 10 zu § 9 MRG).

Zur unterschiedlichen Bedeutung der Bestimmungen des § 9 MRG und des § 10 MRG sei noch hervorgehoben, dass die gegen den Willen des Vermieters durchsetzbaren Veränderungen (Verbesserungen) nach § 9 MRG voraussetzen, dass der Hauptmieter die Kosten trägt.

Es reicht daher keineswegs aus, wie das Rekursgericht argumentiert hat, dass hinsichtlich einer Maßnahme bejaht werden könnte, dass die Veränderung der Übung des Verkehrs entspreche und einem wichtigen Interesse des Hauptmieters diene (§ 9 Abs 1 Z 2 MRG). Dies bewirkt naturgemäß noch keine Ersatzfähigkeit nach § 10 Abs 3 Z 4 MRG. Bei letzterer Bestimmung geht es um Verbesserungen, die jenen des § 3 Abs 1 bis 3 "gleichwesentlich" sind. Das sind solche, die in ihrer Bedeutung aber auch in ihrem Wesen den in Abs 3 Z 1 bis 3 genannten gleichkommen (Würth in Rummel**2 Rz 3 zu § 10 MRG; RdW 1986, 141 = MietSlg XXXVII/48; EvBl 1990/143; RZ 1990/87; 6 Ob 614/90).

In diesem Zusammenhang hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass der Ersatz von Fenstern grundsätzlich nicht zu den gleichwesentlichen Verbesserungen im Sinn des § 10 Abs 3 Z 4 MRG gehört (MietSlg 37.269/48), dass jedoch dann, wenn es sich dabei um Thermofenster handelte, die eine Erhöhung oder Verbesserung des Schall- oder Wärmeschutzes bringen, also um förderungswürdige Maßnahmen, unabhängig davon ob sie nun konkret gefördert wurden oder nicht als wesentliche und ersatzfähige Verbesserungen anzuerkennen sind (RZ 1990/87; 6 Ob 614/90).

Vergleichbare Ähnlichkeiten mit einem förderungswürdigen Tatbestand liegen hier nicht vor. Es ist daher nach der Art der in § 10 Abs 3 Z 1 bis 3 MRG genannten Verbesserungsausführung zu entscheiden, ob eine Verbesserungsmaßnahme den genannten gleichzuhalten ist. Hier fällt auf, dass jeweils von Anlagen in "normaler", "dem jeweiligen Stand der Technik entsprechender Ausstattung", "dem Ausstattungszustand der Wohnung entsprechender Ausführung" die Rede ist. Solche Vorausssetzungen wären - abgesehen davon, dass ein Anspruch nach § 1097 ABGB vorliegt - im Fall der Neuherstellung einer Wohnungseingangstür in normaler Austattung zu erwägen, jedenfalls aber nicht bei einer über dem normalen Ausstattungszustand liegenden Herstellung oder Neuherstellung einer Wohnungssicherheitstüre.

Unabhängig von einer nach § 9 MRG zu prüfenden Voraussetzung, ob die Errichtung einer solchen Tür auf Kosten des Mieters der Übung des Verkehrs entspricht (SZ 60/196 = MietSlg XXXIX/43), muss die Ersatzfähigkeit einer solchen über der normalen Ausstattung liegenden Maßnahme nach § 10 MRG abgelehnt werden.

Das bedeutet, dass die Zahlung der Antragsgegnerin an die Vormieterin aus (vermeintlicher) Verpflichtung nach § 10 MRG nicht auf den Antragsteller überwälzt werden durfte und insofern eine unzulässige Vereinbarung im Sinn des § 27 Abs 1 Z 1 MRG vorlag. Die daraus geleistete Zahlung ist vom Antragsteller rückforderbar.

Aus diesen Erwägungen war der erstinstanzliche Sachbeschluss wiederherzustellen.

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