OGH 1Ob238/00g

OGH1Ob238/00g28.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der am ***** geborenen Theresia K***** infolge Revisionsrekurses 1. ihres Sachwalters Dr. Joachim B*****, sowie 2. der Rosalia S*****, 3. der Maria S*****, 4. der Heide O*****, 5. des Franz K*****, 6. des Jakob K*****, und 7. des Franz K*****, sämtliche vertreten durch Mag. Dr. Friedrich Studentschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 20. Juli 2000, GZ 2 R 222/00z-74, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 25. Februar 2000, GZ 3 P 1126/95k-70, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird, soweit ihn Rosalia S*****, Maria S*****, Heide O*****, Franz K*****, Jakob K***** und Franz K***** erhoben, zurückgewiesen; soweit er vom Sachwalter erhoben wurde, wird ihm Folge gegeben und die Entscheidung des Rekursgerichts dahin abgeändert, dass der erstinstanzliche Beschluss wiederhergestellt wird.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 14. 4. 1995 wurde der Betroffenen ein Sachwalter bestellt, der gemäß § 273 Abs 3 Z 2 ABGB mit der Vertretung der Betroffenen "vor Ämtern und Behörden und vor Gericht" betraut wurde (ON 21).

Mit Beschluss vom 21. 10. 1998 ermächtigte das Erstgericht den Sachwalter "zur rechtlichen Umsetzung" eines bestimmten Teilungsbegehrens in Ansehung einer im Miteigentum der Betroffenen und der Teilungswerber stehenden Liegenschaft, jedoch mit der Auflage, dass sämtliche daraus entstehenden und damit verbundenen Kosten zu Lasten der Teilungswerber gehen müssten (ON 63). Dieser Beschluss wurde sowohl dem Sachwalter wie auch der Betroffenen zugestellt; er erwuchs in Rechtskraft.

Mit Beschluss vom 25. 2. 2000 genehmigte das Erstgericht den zwischen der Betroffenen sowie den übrigen Miteigentümern einer bestimmten Liegenschaft geschlossenen Realteilungsvertrag vom 1. 4. 1999 pflegschaftsgerichtlich.

Das Rekursgericht hob infolge des von der Betroffenen selbst erhobenen Rechtsmittels diese Entscheidung auf; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands S 260.000 übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Recht zur Rekurserhebung stehe der Betroffenen zu, weil in wichtige ihrer Interessen eingegriffen worden sei. Dem für die Betroffene bestellten Sachwalter sei nur deren Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten übertragen worden; über das Vermögen könne die Betroffene nach wie vor frei verfügen. Demnach sei das Einschreiten des Sachwalters bei Abschluss des Realteilungsvertrags vom Bestellungsbeschluss nicht gedeckt gewesen, der Abschluss des Vertrags falle in die freie Verfügungssphäre der Betroffenen und dieser sei damit nicht genehmigungspflichtig. Dies führe zur ersatzlosen Behebung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Der Revisionsrekurs ist nur, soweit er vom Sachwalter erhoben wurde, zulässig und auch berechtigt; im Übrigen ist er nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungsgegenstand ist die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung eines zwischen der Betroffenen und den übrigen Miteigentümern geschlossenen Realteilungsvertrags. Im Verfahren zur pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung von Verträgen eines Pflegebefohlenen kommt dessen Vertragspartnern keine Beteiligtenstellung zu; ihnen steht gegen die Verweigerung der Genehmigung kein Rechtsmittel zu (RZ 1993/77; EvBl 1972/244 uva). Schon deshalb ist der Revisionsrekurs, soweit er von den übrigen Miteigentümern erhoben wurde, zurückzuweisen.

Sowit das Rechsmittel auch vom Sachwalter, dem die Vertretung der Betroffenen vor Gericht obliegt, erhoben wurde, ist dagegen zu erwägen:

An sich wurde - wie das Rekursgericht zutreffend ausführt - dem Sachwalter nach dem Bestellungsbeschluss nur die Vertretung der Betroffenen vor Ämtern, Behörden und Gerichten übertragen. Dieser Bestellungsbeschluss erfuhr indes durch den Beschluss vom 21. 10. 1998 eine Erweiterung in einer bestimmten Angelegenheit im Sinne des § 273 Abs 3 Z 1 ABGB: Dem Sachwalter wurde die pflegschaftsgerichtliche Ermächtigung zur "rechtlichen Umsetzung" eines bestimmten Realteilungsbegehrens erteilt. Dieser Beschluss, der auch der Betroffenen zugestellt wurde, ist in Rechtskraft erwachsen. Dadurch wurden allfällige Verfahrensmängel, die der Erweiterung der Sachwalterschaft anhafteten - so sind gemäß § 251 AußStrG dessen §§ 236 bis 250 auf die Erweiterung der Sachwalterschaft entsprechend anzuwenden - saniert. Der Sachwalter wurde damit entgegen der Ansicht des Rekursgerichts auch mit der "rechtlichen Umsetzung" des Realteilungsbegehrens betraut. Dies hat aber zur Folge, dass die Betroffene über das von der Realteilung betroffene Liegenschaftsvermögen insofern nicht mehr frei verfügen kann, als die Teilung im Sinne der Eingabe ON 60 damit in den Aufgabenbereich des Sachwalters verwiesen wurde. Deshalb erweist sich der Beschluss des Rekursgerichts, das die erstinstanzliche Entscheidung lediglich deshalb aufhob, weil kein genehmigungspflichtiger Vertrag vorliege, als verfehlt:

Da der Sachwalter den Standpunkt vertritt, die Betroffene sei zur Erhebung eines Rechtsmittels nicht berechtigt, ist vorweg auf diesen Einwand einzugehen:

Nach ständiger Rechtsprechung wird die Rekurslegitimation beschränkt Geschäftsfähiger auch in wichtigen Vermögensangelegenheiten bejaht. Wegen der besonderen Tragweite der Vermögensangelegenheit soll sich der beschränkt Geschäftsfähige gegen Maßnahmen seines Vertreters oder des Pflegschaftsgerichts zur Wehr setzen können. Diese Legitimation setzt allerdings voraus, dass die zur Wahrung der Rechte und im Interesse eines geordneten Verfahrensablaufs notwendige geistige Reife vorliegt (6 Ob 2215/96w mwN). Nun mögen Zweifel am erforderlichen Einsichtsvermögen der Betroffenen als Voraussetzung für die Zubilligung eines eigenen Rechtsmittelrechts angebracht sein, worauf auch der Beschluss des Erstgerichts vom 21. 10. 1998, in welchem dem Sachwalter die pflegschaftsgerichtliche Ermächtigung zur rechtlichen Umsetzung des Realteilungsbegehrens erteilt wurde, hindeutet: Der Begründung dieses Beschlusses zufolge ist sie nicht in der Lage, in der Teilungsfrage "vernünftig zu entscheiden"; dem Teilungsbegehren sei "kein vernünftiger Grund entgegenzusetzen". Das allein kann ihrem Rekursrecht im vorliegenden, für sie überaus bedeutsamen Fall aber keinen Abbruch tun; im Zweifel ist daher - zumal sie grundsätzlich zu verständigen Ausführungen in der Lage ist - ihre Rekurslegitimation zu bejahen.

In der Sache selbst ist der von der Betroffenen gegen die erstinstanzliche Entscheidung erhobene Rekurs aber nicht berechtigt. Ihr Rekursvorbringen (ON 71) erschöpft sich in der Wiederholung aktenkundiger Vorwürfe, insbesondere bezweifelt sie nach wie vor das Eigentumsrecht der übrigen Miteigentümer an der zu teilenden Liegenschaft. Auf die Frage, weshalb der Realteilungsvertrag vom 1. 4. 1999 für sie nachteilig und damit die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung zu versagen sei, geht sie hingegen mit keinem Wort ein.

Demgemäß ist dem Revisionsrekurs des Sachwalters Folge zu geben und die erstinstanzliche Entscheidung wieder herzustellen.

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