OGH 14Os101/00

OGH14Os101/007.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. November 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krauss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Josef L***** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 23. Mai 2000, GZ 36 Vr 2.372/99-105, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (Punkt C des Urteilssatzes) und demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und im Umfang der Aufhebung eine neue Hauptverhandlung angeordnet.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wegen Strafe wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Zur Entscheidung über seine Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef L***** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB (A) sowie der Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 StGB (B) und der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (C) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Salzburg

A) am 25. und 26. Juli 1997 dadurch, dass er Klaus W***** und Günter

F***** Werkzeug (Geißfuß, Brecheisen etc) gab und ihnen den Tatort beschrieb, zu deren und Jaqueline F*****s strafbarer Handlung beigetragen, die in der Nacht zum 25. auf den 26. Juli 1997 und (ausgenommen Jaqueline F*****) in der Nacht vom 26. auf den 27. Juli 1997 in Thalgau zahlreiche im Spruch näher detaillierte Gegenstände in einem 25.000 S (nicht aber 500.000 S) übersteigenden Wert dem Dietmar G***** bzw der Ruzica M***** durch Einbruch in dessen Haus und durch Öffnen des PKWs der Ruzica M***** mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

B) am 27. Juli 1997 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der

abgesondert verfolgten Barbara Ann L***** zwei falsche Schweizer Waffentragscheine auf den Namen Günter F*****, mithin falsche Urkunden, mit dem Vorsatz hergestellt, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, nämlich zum Tragen einer Waffe, gebraucht werden;

C) am 1. September 1997 ein ihm anvertrautes Gut in einem 25.000 S

übersteigenden Wert, nämlich einen für Rechtsanwalt Dr. Helmut E***** treuhändig übernommenen Kostenvorschuss in der Höhe von 30.000 S dadurch, dass er diesen zur Bezahlung eines Kredits verwendete, sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 lit a und b StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist teilweise (nämlich hinsichtlich Faktum C) berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Verfahrensrüge (Z 4) ist beizupflichten, dass der Angeklagte durch die Abweisung seines bereits in der ersten Hauptverhandlung vom 18. Mai 1999 (S 105/III) gestellten, in jener vom 23. Mai 2000 wiederholten Antrags auf Einvernahme der Zeugin Erika A***** zum Beweis dafür, dass der in ihrer eidesstattlichen Erklärung vom 12. Mai 1999 angesprochene Geldbetrag von 30.000 S von Helmut H***** für die Firma des Angeklagten bestimmt war (S 88/IV), in seinen Verteidigungsrechten verletzt wurde. Handelt es sich doch nach dem Tod Hans W***** und des angeblich geschädigten Hermann H***** um die einzige noch lebende unbeteiligte Zeugin der unmittelbaren Geldübergabe, die also über Wahrnehmungen zur vom Angeklagten und seiner geschiedenen Gattin behaupteten Widmung für die Firma bzw in Richtung treuhändiger Verwendung für Dr. E***** befragt werden kann. Ihre Gehbehinderung (ON 89) steht einer Bewerkstelligung ihrer Zeugeneinvernahme nicht entgegen (§ 154 StPO).

Im Sinne der Mängelrüge (Z 5) trifft es aber auch zu, dass das Erstgericht die den Angeklagten entlastenden und ein Anvertrauen für Dr. E***** negierenden Angaben der Zeugin Barbara Ann L***** in der Hauptverhandlung vom 29. Feber 2000 (S 28 ff/IV) ebenso unerörtert lässt wie die vom genannten Rechtsanwalt ersichtlich eigenhändig verfasste, die Verantwortung des Beschwerdeführers stützende Urkunde betreffend "Bestätigung der zwei Akontierungen von H***** an die Firma BSA 30.000 S in bar nach Sparkassenkontoeröffnung in Grödig und 30.000 S in bar, übergeben am 1. September bei Hans in P***** nach Anruf" (Blg zum Hauptverhandlungsprotokoll vom 23. Mai 2000).

Da die aufgezeigten Mängel die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung wegen des Veruntreuungsvorwurfs erfordern und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war schon bei einer nichtöffentlichen Beratung mit partieller Urteilsaufhebung vorzugehen (§ 285e StPO).

Als unbegründet erweist sich hingegen die Verfahrensrüge (Z 4), welche sich gegen die Abweisung des Antrags auf neuerliche Ladung des Zeugen Günter F***** zum Beweis dafür, dass der Angeklagte am Einbruch (A) nicht beteiligt gewesen sei, an der Urkundenfälschung (B) nicht mitgewirkt habe (S 50/IV) und Günter F***** von Klaus W***** beeinflusst worden sei, ihn zu belasten (S 69/IV), sowie zur Aufklärung der im bisherigen Beweisverfahren aufgetretenen Widersprüche (S 99a/IV) wendet. Angesichts des Umstands, dass Günter F***** bei seiner krankheitsbedingt abgebrochenen Vernehmung in der Hauptverhandlung vom 29. Feber 2000 den Widerruf seiner ursprünglich den Beschwerdeführer belastenden Angaben vom 16. Oktober 1997 (S 41 ff/II) bestätigte und seine in der kontradiktorischen Vernehmung vor dem Amtsgericht Tiergarten (ON 84) getätigte, den Beweisthemen zu Grunde liegende vollständige Entlastung des Angeklagten aufrecht erhielt (S 34 ff/IV), wäre es am Antragsteller gelegen, die nicht näher konkretisierten Widersprüche (im Sinn einer seine Position noch weiter bestärkenden Richtigkeit der den Angeklagten entlastenden Aussage) darzutun (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 19c ff) und insbesondere darzulegen, aus welchen Gründen eine abermalige Beweisaufnahme ein anderes (noch günstigeres) Ergebnis erwarten lasse (Mayerhofer aaO E 19ee).

Hinsichtlich des Unterbleibens der beantragten Unterbrechung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die vom Angeklagten gegen Jaqueline und Dagmar F***** erstattete Verleumdungsanzeige (S 18/IV) fehlt der Verfahrensrüge schon die formelle Legitimation, hat doch der Angeklagte trotz diesem Begehren widersprechender Fortführung des Verfahrens durch den Vorsitzenden keinen Antrag auf Herbeiführung einer Senatsentscheidung im Sinne des § 238 Abs 1 StPO gestellt (Mayerhofer aaO E 6, 7).

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider findet die Übergabe von Werkzeug durch den Angeklagten an die sodann einbrechenden Täter schon in seinen eigenen Angaben Deckung (S 84 ff/III ua), wobei etwa der Bezeichnung als "Brecheisen" oder "Geißfuß" keine Relevanz zukommt, Jaqueline F***** übrigens dessen Länge mit ca 50 cm beschrieb (S 11/II). Sowohl sie als auch Günter F***** in seiner zitierten Einvernahme im Vorverfahren deponierten, dass er es war, der die Kabel der Alarmanlage mittels vom Angeklagten gelieferten Werkzeugs abtrennte (S 45/II).

Mit Blick auf die Aussage des Sachbearbeiters Richard M***** bedurften die Ergebnisse der Werkzeugspurenauswertung keiner näheren Erörterung, konnte dieser doch lediglich keine positive Zuordnung der Geräte zu den Tatortspuren vornehmen, aber keinesfalls ausschließen, dass die Werkzeuge dennoch beim Einbruch hätten verwendet werden können (S 380/III). Indem der Angeklagte daraus "in dubio pro reo" den Schluss gezogen haben will, dass das von ihm zur Verfügung gestellte Werkzeug nicht gebraucht wurde, bekämpft er nur in Art einer im Kollegialverfahren unzulässigen Schuldberufung ebenso die tatrichterliche Beweiswürdigung wie mit der Wiederholung seiner widerlegten Verantwortung, er habe die Geräte lediglich zum Zweck einer Autoreparatur übergeben.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider wurde die Beteiligung des Angeklagten im Urteil des Amtsgerichts Tiergarten sehr wohl erörtert; im Übrigen auch von den Tatrichtern das deutsche Verfahren in ihre Erwägungen einbezogen (US 15).

Insoweit der Angeklagte (wie auch unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit a) mangelnde Feststellungen dazu vermisst, durch welche Handlungen er gemeinsam mit Barbara Ann L***** falsche Schweizer Waffentragscheine hergestellt habe, übergeht er die (aus den Urteilsgründen noch mit hinreichender Deutlichkeit getroffenen) Konstatierungen, wonach er die aus dem Einbruch bei Dietmar G***** stammenden, von den unmittelbaren Tätern ihm übergebenen (US 7, 16) Schweizer Waffenscheinformulare als Vorlage für die von Barbara Ann L***** vorgenommene Fälschung zur Verfügung stellte (US 8, 16, 22). Als bezügliche Beweisgrundlage diente aber mängelfrei die erwähnte, dezidierte Aussage Günter F*****s vom 16. Oktober 1997 (S 47/II am Ende; US 22). Im Übrigen hat Jaqueline F***** ursprünglich deponiert, Günter F***** habe die hergestellten Falsifikate vom Angeklagten erhalten (S 149/I).

Nach Prüfung des Beschwerdevorbringens an Hand der Akten ergeben sich auch keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld hinsichtlich der Fakten A und B zu Grunde gelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5a).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt insgesamt eine prozessordnungsgemäße Darstellung, weil sie sich nicht am gesamten konstatierten Urteilssachverhalt orientiert: Dies gilt einerseits für die Behauptung fehlender Kausalität der Beitragstäterschaft zur Tatausführung, weil das Erstgericht davon ausgegangen sei, dass der Angeklagte den unmittelbaren Tätern den Weg zum Einbruchsobjekt bereits beschrieben habe, bevor der Tatentschluss gefasst wurde (US 5). Der Beschwerdeführer übergeht, dass das Erstgericht von der Beschreibung des Tatortes und nicht nur des Weges zu diesem ausging (US 2 und 26) und der Angeklagte nach den Urteilsannahmen auch die Bewohnungsverhältnisse und das im Haus befindliche zu entfremdende Gut (insbesondere Arbeitsgeräte und Akten des Dietmar G*****; US 6, 15 f) bekannt gab.

Dass die Urteilsannahmen mit Blick auf das darin zum Ausdruck gebrachte Interesse des Angeklagten, Dietmar G***** durch Abnahme der Gegenstände als Konkurrenten auszuschalten bzw zu schaden, auch eine Wertung seines Tatverhaltens als Bestimmungstäterschaft im Sinn des § 12 zweiter Fall StGB zugelassen hätte, kann wegen der Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen auf sich beruhen.

Das Vorbringen fehlender Feststellungen zur tatsächlichen Verwendung des vom Angeklagten zur Verfügung gestellten Werkzeugs lässt die Urteilskonstatierungen außer Acht, dass mit dem übergebenen Seitenschneider die Kabel der Alarmanlage durchtrennt wurden (US 6 f, 26).

Die eine mangelnde Strafwürdigkeit der Urkundenfälschung gemäß § 42 StGB monierende Rechtsrüge (Z 9 lit b) begnügt sich mit dem bloßen Verweis auf die bezügliche Erledigung des gegen Barbara Ann L***** anhängigen Strafverfahrens, verabsäumt es jedoch, deutlich und bestimmt zu bezeichnen, auf Grund welcher Kriterien dem Angeklagten dieser Straflosigkeitsgrund zustatten kommen sollte.

Die Zurückweisung der das Faktum A betreffenden Nichtigkeitsbeschwerde (§ 285d Abs 1 StPO) hat vorerst die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufung gegen den annexen Zuspruch von (Teil-)Schadensbeträgen von 1.000 S bzw 5.000 S an die Privatbeteiligten Dietmar G***** und ***** Versicherungen AG zur Folge (§ 285i StPO).

Danach wird das Erstgericht im Umfang der Aufhebung erneut zu entscheiden haben.

Mit seiner Berufung wegen Strafe war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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