OGH 7Ob210/00h

OGH7Ob210/00h18.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Horst Bruckner, Rechtsanwalt in Leibnitz, gegen die beklagte Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Karl Friedrich Strobl und Mag. Gernot Strobl, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 237.000,-- sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 25. April 2000, GZ 1 R 48/00k-16, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 27. Dezember 1999, GZ 13 Cg 19/99w-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.430,-- (darin enthalten S 1.905,-- USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die beklagte Partei und die K***** B***** GmbH haben dieselbe Geschäftsanschrift und sind insoweit personell eng miteinander verflochten, als Günther K***** jeweils Alleingesellschafter und Geschäftsführer ist. Die beklagte Partei hat daneben noch vier weitere Geschäftsführer, darunter Karl L*****, die alle selbständig vertretungsbefugt sind. Zwei dieser Geschäftsführer, nicht aber Karl L*****, vertreten auch die K***** B***** GmbH als selbständig vertretungsbefugte Prokuristen.

Die klagende Partei kaufte von der beklagten Partei im September 1997 einen Dieselstapler um S 392.000,-- netto. Karl L***** als Vertreter der beklagten Partei und ein Vertreter der Klägerin unterfertigten anlässlich dieses Kaufes folgende in der Auftragsbestätigung enthaltene "Gegengeschäftsvereinbarung":

Die Firma K***** B***** GmbH verpflichtet sich, der Firma F***** Waren im Wert von S 292.000,-- + MwSt abzunehmen (Anbaugeräte der Firma F***** = Schnellwechsler F***** und dazugehörende Anbaugeräte für K*****-Bagger ab 10 t).

Die Streitteile hatten auch bei einem zuvor abgewickelten Geschäft eine Gegengeschäftsvereinbarung getroffen, die von der K***** B***** GmbH erfüllt worden war. Nach Lieferung des Dieselstaplers wurde von der K***** B***** GmbH keine Bestellung eines F*****-Schnellwechslers mit Anbaugeräten bei der klagenden Partei getätigt. Seitens der K***** B***** GmbH wurde erklärt, dafür keine Verwendung zu haben. Nach mehreren Urgenzen durch die klagende Partei bemühte sich der Geschäftsführer L*****, der sich verpflichtet fühlte, eine Bestellung zu veranlassen, um einen Ausweg. Er schlug der Klägerin vor, entweder den gesamten Vertrag rückabzuwickeln oder das Produkt der Gegengeschäftsvereinbarung auszutauschen. Ob die Klägerin einem Austausch zustimmte, ist nicht feststellbar.

Die klagende Partei erklärte in der Klage ihren Rücktritt vom Vertrag (der Gegengeschäftsvereinbarung) und machte einen Nichterfüllungsschaden von S 237.000,-- sA geltend.

Die beklagte Partei wendete - soweit im Revisionsverfahren noch wesentlich - ein, die Gegengeschäftsvereinbarung verpflichte nicht sie, sondern betreffe die K***** B***** GmbH, für die Karl L***** aber nicht zeichnungsberechtigt gewesen sei. Sie, die Beklagte, habe höchstens einen Vertrauensschaden zu ersetzen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die vom Prokuristen (richtig Geschäftsführer) der beklagten Partei L***** getroffene "Gegengeschäftsvereinbarung" sei als Verwendungszusage iSd § 880a erster Satz ABGB zu werten. Demnach schulde die beklagte Partei ein sorgsames Bemühen, die Bestellung eines Schnellwechslers durch die K***** B***** GmbH zu veranlassen. Eine Erfolgszusage sei aus der abgegebenen Erklärung nicht abzuleiten. Da die beklagte Partei im Falle einer Vertragsverletzung nur für den Vertrauensschaden einzustehen habe, die klagende Partei jedoch ausdrücklich den Ersatz des Nichterfüllungsschadens begehre und es sich hiebei um ein aliud handle, sei das Klagebegehren abzuweisen.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung der ersten Instanz dahin ab, dass es die Klagsforderung mit Zwischenurteil als dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannte. Die Ausführungen des Berufungsgerichtes lassen sich dahin zusammenfassen, die Auslegung der Gegengeschäftsvereinbarung führe zum Ergebnis, dass es sich dabei nicht um eine bloße Verwendungszusage, sondern um eine Erfolgszusage nach § 880a zweiter Satz ABGB gehandelt habe. Eine Qualifizierung als Verwendungszusage finde sich erstmals im Ersturteil. Die beklagte Partei habe nie behauptet, der Klägerin nur ein sorgsames Bemühen gegenüber der K***** B***** GmbH, gerichtet auf den Abschluss des Gegengeschäftes, zu schulden. Vielmehr habe die beklagte Partei behauptet, der klagenden Partei im Hinblick darauf, dass die in der Gegengeschäftsvereinbarung angeführten Produkte nicht benötigt worden seien, angeboten zu haben, die Gegengeschäftsvereinbarung mit anderen Produkten der klagenden Partei zu erfüllen. Hätte die Beklagte tatsächlich nur eine Verwendungszusage gemacht, hätte sie dieser schon dadurch entsprochen, dass sie sich gegenüber der K***** B***** GmbH für den Abschluss des Gegengeschäftes mit gehörigem Nachdruck verwendet hätte; Verhandlungen im Sinne der Prozessbehauptungen der beklagten Partei über die Gegengeschäftsvereinbarung hätten sich diesfalls erübrigt. Hinzu komme, dass schon die im Zuge des ersten Rechtsgeschäftes zwischen den Streitteilen abgeschlossene Gegengeschäftsvereinbarung von der K***** B***** GmbH erfüllt worden sei. Dass die klagende Partei davon ausgehen haben können, dass die beklagte Partei tatsächlich eine Erfolgszusage abgeben habe können, ergebe sich auch aus der festgestellten engen Verflechtung der Gesellschaften. Berücksichtige man weiters den bei der Vertragsauslegung zur Ergründung der Parteienabsicht auch zu beachtenden Geschäftszweck, so habe es der beklagten Partei aus grundsätzlichen wirtschaftlichen Erwägungen bewusst sein müssen, dass es für die klagende Partei nicht unerheblich gewesen sei, ob sie, die Beklagte, für den Erfolg des Gegengeschäfts einzustehen habe und dies auch in die Entscheidung der Klägerin, den Dieselstapler anzukaufen, eingeflossen sei. Dass der beklagten Partei die Interessenlage der Klägerin durchaus bewusst gewesen sei, ergebe sich daraus, dass Karl L*****, nachdem er erfahren hatte, dass die K***** B***** GmbH für die betreffenden Geräte keine Verwendung hatte, sich verpflichtet fühlte, eine Bestellung zu veranlassen und um einen Ausweg bemüht war. Solcher Bemühungen L***** um die Realisierung eines Gegengeschäftes mit einem anderen Vertragsobjekt hätte es im Falle einer Verwendungszusage nicht bedurft, sondern es hätte aus der Sicht der beklagten Partei ausgereicht, sich auf ein ohnehin erfolgtes, wenn auch erfolglos gebliebenes, sorgsames Bemühen gegenüber der K***** B***** GmbH zu berufen. Diesen Standpunkt habe die beklagte Partei aber im Verfahren erster Instanz nicht eingenommen. Die vom Zeugen L***** entwickelte festgestellte Tätigkeit sei über ein im Falle einer Verwendungszusage geschuldetes bloßes Bemühen weit hinaus gegangen. L***** habe die beklagte Partei nicht nur zu einer Verwendung, sondern vielmehr zur Herbeiführung eines konkreten Erfolges verpflichtet erachtet. Da somit - ausgehend vom Prozessvorbringen der beklagten Partei sowie unter Berücksichtigung der Grundsätze der Vertragsauslegung - keine Verwendungs- sondern eine Erfolgszusage vorliege, sei mit Zwischenurteil die Haftung der beklagten Partei dem Grunde nach auszusprechen gewesen. Das Erstgericht werde das Beweisverfahren zur (bestritten gebliebenen) Höhe der Klagsforderung durchzuführen haben.

Seinen zunächst getätigten Ausspruch, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, änderte das Berufungsgericht über Antrag der beklagten Partei gemäß § 508 Abs 3 ZPO mit der Begründung ab, die Auffassung der Beklagten, es sei von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den maßgeblichen Fragen der Vertragsauslegung abgewichen, werde zwar ebensowenig geteilt, wie die Ansicht, es liege ein Verstoß gegen § 473a ZPO vor. Der Antrag auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision sei aber "derart gehalten, dass jedenfalls nicht gesagt werden kann, dass der Antrag der klagenden Partei (soll heißen beklagten Partei) rechtlich völlig unbeachtlich (nicht stichhältig) wäre".

Entgegen diesem Ausspruch, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 508a Abs 1 ZPO), ist die Revision der beklagten Partei mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Auslegung rechtsgeschäftlicher Parteienerklärungen, von denen nicht anzunehmen ist, dass sie in vergleichbarer Form neuerlich vorkommen, begründet mangels über den Anlassfall hinausgehender Bedeutung die Zulässigkeit des Rechtsmittels an die dritte Instanz im Allgemeinen nicht (1 Ob 58/97d = MietSlg 49.678; 1 Ob 31/00s uva). Dies gilt insbesondere auch für die Auslegung der gegenständlichen Gegengeschäftsvereinbarung. Ob diese bloß eine Verwendungszusage iSd § 880a erster Satz ABGB bedeutet, oder die beklagte Partei damit eine Erfolgszusage iSd zweiten Satzes leg cit abgegeben, dh der Klägerin das Gegengeschäft mit der K***** B***** GmbH garantiert hat, kann wie andere Vertragsauslegungen im Einzelfall nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darstellen, wenn dem Gericht zweiter Instanz eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl 1 Ob 2380/96y uva), etwa, weil die Auslegungsgrundsätze verkannt worden wären oder ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt worden wäre (vgl 1 Ob 31/00s ua). Davon kann aber hier keine Rede sein:

Einerseits folgte das Berufungsgericht den in stRsp vertretenen Auslegungsgrundsätzen (RIS-Justiz RS0017915; RS0017670; RS0017787;

RS0017902, jeweils mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen);

andererseits sind die Überlegungen, die das Berufungsgericht zur Annahme einer Erfolgszusage veranlasst haben, nachvollziehbar und durchaus überzeugend. Insbesondere begegnet die Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz, die klagende Partei habe ua auf Grund der bereits zuvor abgeschlossenen und seitens der Beklagten auch eingehaltenen Gegengeschäftsvereinbarung sowie auf Grund der engen personellen Verflechtung zwischen der beklagten Partei und der K***** B***** GmbH davon ausgehen können, dass die Beklagte imstande sein werde, die ein Verhalten der K***** B***** GmbH betreffende Erfolgszusage einzuhalten, keinen Bedenken. Das Berufungsgericht ist in diesem Zusammenhang aber keineswegs, wie die Revisionswerberin unterstellt, von einer Anscheinsvollmacht des Geschäftsführers L***** ausgegangen, weshalb der Einwand der Beklagten, eine solche Annahme widerspreche höchstgerichtlicher Judikatur, ins Leere geht.

Die bereits am Beginn ihrer Ausführungen geäußerte Ansicht der Revisionswerberin, auf Grund des in der Klage erklärten Rücktritts vom Vertrag (nämlich von der Gegengeschäftsvereinbarung) habe die Klägerin nicht mehr ihr Erfüllungsinteresse geltend machen können, erweist sich schon nach dem Wortlaut des § 880a zweiter Satz ABGB ("volle Genugtuung") bzw § 921 ABGB rechtsirrig. Auch in diesem Zusammenhang vermag die Beklagte eine erhebliche Rechtsfrage nicht aufzuzeigen.

Ein Revisionsgrund verfahrensrechtlicher Natur wird von der Beklagten darin erblickt, dass das Berufungsgericht auf den Umstand hingewiesen hat, dass sie in erster Instanz ein Vorbringen, es sei bloß eine Verwendungszusage getroffen worden, gar nicht erstattet habe. Ihr Einwand, sie habe nicht "Rechtsfolgen per se" vorzubringen gehabt, setzt sich darüber hinweg, dass das Berufungsgericht nicht das Unterbleiben einer ausdrücklichen Behauptung einer Verwendungszusage, sondern das Unterlassen eines in diese Richtung weisenden Sachverhaltsvorbringens als Indiz dafür gewertet hat, dass eine Verwendungszusage dem Parteiwillen der Beklagten offenbar nicht entsprach.

Als ein iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblicher verfahrensrechtlicher Verstoß gegen § 473a ZPO wird von der Beklagten schließlich noch geltend gemacht, dass ihr vom Berufungsgericht nicht ausdrücklich freigestellt wurde, die negative Feststellung, es könne nicht festgestellt werden, ob die klagende Partei einem Austausch des (in der Gegengeschäftsvereinbarung genannten) Produktes zugestimmt hat, zu bekämpfen.

Auch dieser Einwand ist unberechtigt: Nach stRsp stützt sich ein Berufungswerber bei gesetzmäßiger Ausführung einer Rechtsrüge nur nicht auf solche erstrichterliche Feststellungen "ausdrücklich" im Sinne des Gesetzes, die nicht in dem den Feststellungen vorbehaltenen Urteilsabschnitt, sondern in anderen Urteilsteilen "verborgen" sind. Da dies hinsichtlich der betreffenden negativen Feststellung nicht der Fall war (sie findet sich auf Seite 6 des Ersturteils unter den übrigen erstgerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen) wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, diese Feststellung in der Berufungsbeantwortung zu rügen, falls sie dadurch beschwert wird. Der behauptete Verfahrensmangel ist daher nicht gegeben.

Insgesamt wird von der Beklagten also ein tauglicher Revisionsgrund nicht aufgezeigt. Da der vorliegende Rechtsfall keine Fragen aufwirft, die iSd § 502 Abs 1 ZPO einer grundsätzlichen Stellungnahme des Obersten Gerichtshofes bedürften, war die Revision zurückzuweisen.

Da die klagende Partei in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, gebührt ihr der Ersatz der Kosten ihrer Beteiligung am Revisionsverfahren (§§ 41 und 50 ZPO).

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