OGH 14Os102/00

OGH14Os102/0017.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Oktober 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krauss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Nuri E***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 6. Juli 2000, GZ 7 Vr 146/00-41, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Mag. Bauer, und des Verteidigers Dr. Winkler, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Nuri E***** des teils in der Entwicklungsstufe des Versuches gebliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen: zweiter und dritter Fall), Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und § 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift, dessen Menge das 25fache der Grenzmenge ausmacht, nämlich 31 kg Heroin (Morphinbase 74 +/- 21,2 Gramm Reinsubstanz, Heroinbase 8.429 +/- 927,0 Gramm Reinsubstanz, Monoacetylmorphinbase 643 +/- 141,2 Gramm Reinsubstanz) gewerbsmäßig am 29. Feber 2000 in Arnoldstein (zu ergänzen: aus Italien aus- und) nach Österreich eingeführt und am 9. März 2000 in Suben (zu ergänzen: aus Österreich aus- und) in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5a, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch Berechtigung nicht zukommt.

Im Rahmen seiner Mängelrüge (Z 5) vermisst der Beschwerdeführer zunächst eine ausreichende Begründung der Feststellung, er habe gewusst, dass es sich bei der geschmuggelten Substanz um Heroin gehandelt hat. Diesem Einwand ist entgegenzuhalten, dass das Erstgericht die bekämpfte Konstatierung zur subjektiven Tatseite mit den Hinweisen auf die widersprüchliche Verantwortung des Beschwerdeführers, auf dessen hohe Entlohnung, auf die Art und Weise des Verbergens des Suchtgiftes im LKW sowie auf das Verhalten des Genannten beim Erblicken der Sicherheitsbeamten im Zollamtsbereich mängelfrei begründet hat. Demgegenüber kritisiert der Beschwerdeführer mit dem bloßem Hinweis auf isoliert hervorgehobene Umstände in unzulässiger Weise die erstrichterliche Beweiswürdigung.

Da die Beschaffenheit des Suchtgiftversteckes im LKW sowohl das Abmontieren als auch das Aufschneiden von Ausstattungsmaterialien dieses Fahrzeuges bedingte, kann von einem den Urteilsannahmen über die diesbezüglichen Vorkehrungen des Angeklagten anhaftenden Widerspruch nicht die Rede sein.

In bloßen Mutmaßungen erschöpft sich das damit gleichfalls keinen formellen Begründungsmangel aufzeigende Beschwerdevorbringen insoferne, als der Angeklagte aus seinem Fluchtverhalten im Zollamtsbereich andere Schlüsse als das Erstgreicht zu ziehen sucht.

In gleicher Weise argumentiert der Angeklagte insoweit, als er sich gegenüber den Feststellungen über die Gewerbsmäßigkeit der Tatausführung auf die Unwahrscheinlichkeit der Betrauung eines "Schmuggelanfängers" mit dem Transport von Suchtgiftmengen im vorliegenden Ausmaß beruft und damit das ihm angelastete Verhalten als bloßen Einzelfall hinzustellen sucht.

Wenn der Angeklagte in diesem Zusammenhang auch noch auf die Eigenschaft des tatgegenständlichen LKWs als Firmenfahrzeug sowie auf dessen demgemäß mögliche weitere Benützung durch andere Lenker hinweist, lässt er die im untrennbaren Sinnzusammenhang mit den gegenteiligten Feststellungen der Tatrichter stehenden (in der Beschwerdeschrift an anderer Stelle zitierten) Urteilsausführungen über die Einbindung seiner Person in das Gefüge der türkischen "Drogenmafia" sowie über seine hieraus mängelfrei abgeleitete weitere Heranziehung als Drogenkurier unberücksichtigt und geht damit nicht von den erstgerichtlichen Entscheidungsgrundlagen in ihrer Gesamtheit aus.

Der Einwand, das Beschwerdegericht habe sich auf Beweismittel gestützt, die in der Hauptverhandlung nicht vorgekommen seien, versagt gleichfalls, weil aus dem Hauptverhandlungsprotokoll vom 6. Juli 2000 ersichtlich ist, dass die Lichtbildmappe (ON 39) ohnedies zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden ist (S 245).

Dem Beschwerdestandpunkt zuwider ist es nicht entscheidungswesentlich, ob der Angeklagte selbst das Suchtgift im LKW versteckt hat. Vielmehr genügt es, dass er die betreffende Schmuggelfahrt nach Annahme der Tatrichter in Kenntnis des im Kraftfahrzeug versteckten Heroins unternommen hat.

Auch die Tatsachenrüge (Z 5a) geht fehl. Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf, mittels Erwägungen über die angeblich mangelhafte Professionalität des ihm angelasteten Vorgehens seine Täterschaft an den gegenständlichen Tathandlungen in Zweifel zu ziehen. Derartige Überlegungen bloß spekulativer Natur sind jedoch von vornherein nicht geeignet, eine taugliche Grundlage für sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des schuldspruchsgegenständlichen Tatsachensubstrates abzugeben.

Zu Unrecht vermisst der Angeklagte in seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) ausreichende Feststellungen zur Ausführungsnähe seines Verhaltens bei der vor der Weiterreise in die Bundesrepublik Deutschland erfolgten Einfahrt in den Zollhof in Suben.

Nach den hiefür maßgeblichen Urteilsannahmen wollte der Angeklagte - tatplankonform - sogleich nach Verzollung bloß des offiziellen Teiles des Ladegutes in Suben mit dem gesamten Ladegut (sohin einschließlich des im LKW verborgenen Suchtgiftes) in die Bundesrepublik Deutschland ausreisen und wurde an der Verwirklichung dieses Vorhabens nur durch das Einschreiten der Sicherheitsbeamten gehindert.

Damit lag dieses Tatverhalten aber aktionsmäßig schon im unmittelbaren Vorfeld der - hier in der angestrebten Ausfuhr des tatgegenständlichen Suchtgiftes aus Österreich und in dessen Einfuhr in die Bundesrepublik Deutschland gelegenen - tätergewollten Tatbestandsverwirklichung und es bedurfte auch bei der im unmittelbaren Anschluss an die Verzollung geplanten Fortsetzung der Fahrt nicht mehr der Dazwischenschaltung für die Tatausführung maßgeblicher örtlicher, zeitlicher oder manipulativer Etappen. Vielmehr bildet das gegenständliche Vorgehen des Angeklagten insgesamt eine Handlungseinheit, weshalb der Frage nach den Modalitäten der Verzollung und deren Zeitdauer (sowohl unter dem relevierten materiellen Nichtigkeitsgrund als auch unter dem Gesichtspunkt eines formellen Begründungsmangels im Sinne der Z 5) keine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommt. Das festgestellte Tatverhalten wurde vom Erstgericht daher - ohne das es hiezu noch weiterer Konstatierungen bedurfte - rechtsrichtig als Versuch der Suchtgiftausfuhr in die Bundesrepublik Deutschland beurteilt (vgl Mayerhofer, Nebenstrafrecht4, E 75 und 76 zu § 28 SMG).

Soweit der Angeklagte Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Ansehung der zumindest das 25fache der Grenzmenge ausmachenden tatrelevanten Suchtgiftmenge (§ 28 Abs 4 Z 3 SMG) vermisst, übergeht er die Konstatierung der Erstrichter, wonach er über die Art und Menge (einschließlich des Reinheitsgehaltes) des gegenständlichen Suchtgiftes informiert gewesen ist, und verfehlt damit eine prozesordnungsgemäße Darstellung der Subsumtionsrüge (Z 10).

Weil § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall SMG als alternatives Mischdelikt nur ein Verbrechen darstellt, die Erfüllung beider Alternativen demnach die Strafbarkeit nicht bestimmt, verstößt die Annahme eines darin bestehenden Erschwerungsgrundes nicht gegen das Doppelverwertungsverbot des § 32 Abs 2 erster Satz StGB. Indem das Zusammentreffen mehrerer (unselbstständiger) Qualifikationen nicht ihrerseits eine Qualifikation darstellt, stellt deren aggravierende Annahme ebensowenig einen Verstoß gegen diese Strafbemessungsvorschrift dar.

Mit seinem Vorbringen (Z 11), das Erstgericht habe Milderungsgründe übersehen, macht der Angeklagte bloß Umstände geltend, die im Rahmen der Entscheidung über seine Strafberufung zu beurteilen sind.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 28 Abs 4 SMG eine Freiheitsstrafte von dreizehn Jahren. Dabei wertete es als erschwerend, die "Wiederholung der strafbaren Handlungen" durch Einfuhr nach Österreich und (versuchte) Ausfuhr nach Deutschland sowie die mehrfache Qualifikation; als mildernd berücksichtigte es hingegen die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten und "dass es in einem Faktum beim Versuch geblieben ist".

Diesen Strafausspruch bekämpft der Angeklagte mit Berufung, mit der er eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt.

Der Berufung zuwider kann dem Angeklagten nach der Aktenlage weder der besondere Milderungsumstand, dass er die Tat mehr durch eine besonders verlockende Gelegenheit verleitet als mit vorgefasster Absicht begangen hat (§ 34 Abs 1 Z 9 StGB), noch jener, dass er durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende Notlage zur Tat bestimmt wurde (§ 34 Abs 1 Z 10 StGB), zugute kommen.

Mit seinen Einwänden gegen die Annahme der Erschwerungsumstände der Tatwiederholung und der mehrfachen Qualifikation ist der Berufungswerber auf die obigen Ausführungen im Rahmen der Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde zu verweisen.

Demgegenüber waren die vom Schöffengericht herangezogenen Erschwerungsumstände dahin zu erweitern, dass bei der Tat die Qualifikationsmenge nach § 28 Abs 4 Z 3 SMG weit überschritten wurde.

Auf der Basis der gesetzlichen Strafdrohung von einem bis zu fünfzehn Jahren und der vorliegenden Strafzumessungsgründe sah sich der Oberste Gerichtshof zu einer Herabsetzung der Freiheitsstrafe nicht veranlasst.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a StPO.

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