OGH 5Ob235/00w

OGH5Ob235/00w26.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Gertrude J*****, vertreten durch Heinz Keltner, Mietervereinigung Österreichs, Hicklgasse 5, 1140 Wien, wider die Antragsgegnerin Dr. Waltraud M*****, vertreten durch Dr. Manfred C. Müllauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 6 iVm § 10 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. März 2000, GZ 40 R 66/00b-9, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 6. Dezember 1999, GZ 26 Msch 56/99p-6, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin war Hauptmieterin der Wohnung Tür Nr 10 im Haus ***** in ***** und ließ im Jahr 1987 in dieser Wohnung eine Gasetagenheizung errichten.

Dafür begehrte sie nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses am 28. Jänner 1997 in ihrem Antrag an die Schlichtungsstelle von sämtlichen Mit- und Wohnungseigentümern des Hauses ***** in ***** gemäß § 10 MRG Investitionsersatz in Höhe von S 31.479.

Zu MA 16/SL/14/1200/97 trug die Schlichtungsstelle der damaligen Siebtantragsgegnerin und nunmehrigen alleinigen Antragsgegnerin den Ersatz von S 25.720 sA an die Antragstellerin auf.

Gegen diese Entscheidung rief ausschließlich die Siebtantragsgegnerin - die nunmehrige Alleinantragsgegnerin - das Gericht an und begehrte, den Antrag zur Gänze abzuweisen. Sie bestritt ihre Passivlegitimation, weil der ursprüngliche Mietvertrag der Antragstellerin vor Wohnungseigentumsbegründung mit sämtlichen Miteigentümern des Hauses zustande gekommen sei. Deshalb wäre der Antrag gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft bzw gegen sämtliche Wohnungseigentümer zu richten gewesen. Jedenfalls hafte die Antragsgegnerin nur anteilsmäßig.

Im Weiteren sei die Bestimmung des Art V Abs 3 Z 1 lit c des 2. WÄG, welche hier anzuwenden sei, verfassungswidrig. Sie stelle eine unsachliche Privilegierung von Ansprüchen von Mietern dar, die zwischen dem 1. 1. 1982 und dem 28. 2. 1991 Aufwendungen auf eine Wohnung getätigt hätten. Für solche Aufwendungen sei nämlich eine 20jährige Amortisationszeit vorgesehen worden, was weder davor noch danach der Fall gewesen sei.

Das Erstgericht stellte fest, dass im Zeitpunkt der Rückstellung des Objekts die von der Antragstellerin errichtete Gasetagenheizung einen Wert von S 25.720 repräsentierte.

Das Erstgericht verpflichtete daher die Siebtantragsgegnerin, der Antragstellerin S 25.720 sA zu bezahlen.

Ihre Passivlegitimation für den geltend gemachten Anspruch sei zu bejahen. Im Zusammenhang mit der Abtretung von Gestaltungsrechten bei Einräumung von Wohnungseigentum ergebe sich in ergänzender Vertragsauslegung nicht nur die alleinige Kündigungslegitimation des späteren Wohnungseigentümers, sondern auch dessen Passivlegitimation bei der Geltendmachung von Ansprüchen nach § 10 MRG. Auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise führe zu diesem Ergebnis, da den wirtschaftlichen Nutzen aus den getätigten Investitionen der Wohnungseigentümer in der Folge allein lukrieren könne. Im Fall einer Neuvermietung des Objekts sei nämlich der Wohnungseigentümer ausschließlicher Vermieter. Weder die übrigen Miteigentümer noch die Miteigentümergemeinschaft seien passiv legitimiert, sodass die Siebtantragsgegnerin zur Gänze allein für den Investitionskostenersatz haftbar sei.

Einem dagegen von der Siebt- und nunmehr alleinigen Antragsgegnerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz teilweise Folge. Es änderte den erstgerichtlichen Sachbeschluss dahin ab, dass die Antragsgegnerin schuldig erkannt wurde, der Antragstellerin S 15.411, 17 sA an Investitionskostenersatz zu bezahlen und wies das Mehrbegehren ab.

Das Rekursgericht stellte ergänzend fest, dass die Antragsgegnerin im Zeitpunkt der Beendigung des Bestandverhältnisses (30. 11. 1996) zu 444/741stel Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft gewesen sei. Sie habe daher nur in diesem Anteilsverhältnis für den Ersatz der Investitionskosten einzustehen. Für Ansprüche eines Mieters aus einem Altmietvertrag (vor Begründung von Wohnungseigentum) seien nämlich sämtliche Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft passiv legitimiert. Das sei vom Obersten Gerichtshof bereits im Fall eines Entschädigungsanspruchs nach § 8 Abs 3 MRG judiziert worden (WoBl 1998/122).

Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit des Art V Abs 3 Z 1 lit c des

2. WÄG verneinte das Rekursgericht.

Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur relevanten Frage, ob bei einem Altmietverhältnis nur der einzelne Wohnungseigentümer oder aber alle Vermieter, nämlich alle Wohnungs- und Miteigentümer zum Ersatz von Aufwendungen nach § 10 MRG verpflichtet seien, noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Zahlungsbegehrens.

Die Antragstellerin hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Zunächst kommt es, weil die Antragstellerin die Teilabweisung ihres Begehrens unbekämpft ließ und sich mit einer anteilsmäßigen Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Investitionskostenersatz begnügte, nicht darauf an, ob für solche Ansprüche nur der einzelne Wohnungseigentümer oder aber sämtliche Mit- und Wohnungseigentümer (im Zeitpunkt der Fälligkeit des Investitionskostenersatzes) zahlungspflichtig sind. Es bedarf daher allein der Einwand der Revisionsrekurswerberin, die Passivlegitimation sei überhaupt verfehlt, weil nämlich in Wahrheit die Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 13c WEG belangt hätte werden müssen, einer Erwiderung.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass ein gesetzlicher Vertragseintritt nach § 1120 ABGB in Mietverhältnisse, die vor Begründung von Wohnungseigentum und damit vor dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossen wurden, für die Wohnungseigentümergemeinschaft ausscheidet, weil sie wegen ihrer eingeschränkten Rechtsfähigkeit nie in die Position des grundbücherlichen Eigentümers gelangen könne (5 Ob 202/99p; RS0109565; RS0109175). Die Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 13c WEG besitzt Quasi-Rechtspersönlichkeit nämlich nur in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft, nicht aber Eigentümerrechte, sie darf daher nicht einfach mit "den Miteigentümern und Wohnungseigentümern der Liegenschaft" gleichgesetzt werden und kann außerhalb ihres Geschäftskreises weder Rechte erwerben noch Verbindlichkeiten eingehen. § 13c WEG sieht keine gesetzliche Rechtsnachfolge der Wohnungseigentümergemeinschaft in bestehende Schuldverhältnisse vor (5 Ob 202/99p; 5 Ob 146/99b; 5 Ob 30/99v; 5 Ob 236/98m; 5 Ob 230/97b ua). Sie ist daher auch nicht passiv legitimiert für Forderungen eines Mieters, mit dem vor Begründung von Wohnungseigentum ein Mietvertrag abgeschlossen wurde und dessen Vertragspartner nunmehr alle Mit- und Wohnungseigentümer des Hauses sind. Dasselbe gilt natürlich auch für § 10 MRG - Ansprüche eines Mieters gegen einen vermietenden Wohnungseigentümer. Auch hier kann die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht mit einer Forderung nach Investitionskostenersatzansprüchen belangt werden.

Im Übrigen vermag der Oberste Gerichtshof die Bedenken der Revisionsrekurswerberin gegen die Verfassungsgemäßheit der Übergangsbestimmung des Art V Abs 3 Z 1 lit c des 2. WÄG nicht zu teilen. Bei richtigem Verständnis dieser Übergangsvorschrift ist zu beachten, dass in der Stammfassung des § 10 MRG zunächst ganz allgemein ein Ersatz von Aufwendungen der letzten 20 Jahre nach ihrem gegenwärtigen Wert vorgesehen war, also keine lineare Abschreibung zu erfolgen hatte, wie sie durch § 10 MRG idF des 2. WÄG eingeführt wurde. Damit steht fest, dass es bei der Errichtung einer Gasetagenheizung im Jahr 1987 um Aufwendungen geht, die im Zeitpunkt ihrer Vornahme noch nicht einer linearen Abschreibung, also weder einer 10- noch 20jährigen Abschreibung unterlagen. Ein Mieter durfte daher bei Vornahme einer solchen Aufwendung damit rechnen, dass sie ihm im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses zu ihrem gegenwärtigen Wert ersetzt werden würden. Das 2. WÄG brachte mit 1. 3. 1991 eine Änderung dahin, dass einerseits die lineare Abschreibung eingeführt wurde und andererseits die Vorlage von Rechnungen als verpflichtende Voraussetzung des Investitionsersatzanspruches normiert wurde. Es galt daher, mit einer Übergangsvorschrift für die zwischen dem Inkrafttreten des MRG mit 1. Jänner 1982 und dem Inkrafttreten des 2. WÄG mit 1. März 1991 vorgenommenen Aufwendungen eine sachgerechte Lösung zu schaffen und "im Vertrauen auf die Rechtslage nach dem 1. Jänner 1982 gemachte Aufwendungen mit einem modifizierten Übergangsrecht auszustatten" (vgl AB zu Art V in Würth/Zingher, WohnR 91, 178). In diesem dargestellten Spannungsfeld ist die in Frage gestellte Übergangsregelung sachgerecht und bevorzugt in keiner Weise jene Mieter, die Aufwendungen in einem Zeitraum getätigt hatten, in dem eine lineare Abschreibung auf 10 Jahre noch nicht gesetzlich geregelt war.

In Anbetracht dessen bestehen keine Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit dieser Übergangsvorschriften.

Der Revisionsrekurs ist daher nicht berechtigt.

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