OGH 7Ob204/00a

OGH7Ob204/00a15.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der (vormaligen) Sachwalterschaftssache des Josef M*****, infolge Revisionsrekurses des (vormals) Betroffenen, vertreten durch seinen (vormaligen) Sachwalter Dr. Heinz P*****, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Leoben vom 9. März 2000, GZ 2 R 71/00s-398, womit infolge Rekurses des Betroffenen der Beschluss des Bezirksgerichtes Judenburg vom 14. Jänner 2000, GZ 6 P 3639/95s-387, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die gegen Josef M***** seit 30. 9. 1993 behängende Sachwalterschaft (zur Vertretung vor Ämtern und Behörden) wurde mit Beschluss des Erstgerichtes vom 19. 7. 2000 rechtskräftig aufgehoben und beendet und gleichzeitig sein bisheriger Sachwalter Dr. Heinz P*****, Rechtsanwalt in J*****, seines Amtes enthoben (ON 420 in Bd IV des Pflegschaftsaktes).

Noch während aufrechter Sachwalterschaft hatte der Genannte für den Betroffenen beim Erstgericht einen Antrag auf sachwalterschaftsgerichtliche Genehmigung einer Klageführung samt angeschlossenem Klageentwurf, gerichtet gegen die Grundnachbarn Erika und Adolf K***** (als Eigentümer einer dienenden Liegenschaft) auf Feststellung einer zugunsten des Klägers als Eigentümer eines herrschenden Grundstückes bestehenden Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens (Punkt 1. des Klageentwurfes), weiters auf Einwilligung der beklagten Parteien in die Einverleibung derselben (Punkt 2.), Beseitigung eines auf dem dortigen Weg errichteten Tores (Punkt 3.) sowie schließlich Unterlassung jeder weiteren Errichtung von Einfriedungen bzw Grundstücksabgrenzungen oder ähnlichen Störungen seiner Dienstbarkeit (Punkt 4. - ON 386), eingebracht. Das gesamte Klagebegehren wurde mit S 50.000,-- bewertet.

Das Erstgericht versagte diesem Klageentwurf zu Punkt 1. - auf die übrigen Punkte des Klagebegehrens wird weder im Spruch noch in der Begründung näher eingegangen - die sachwalterschaftsgerichtliche Genehmigung, da der beabsichtigten Klage insoweit das Prozesshindernis der res iudicata wegen einer bereits zu 2 C 697/81 des Bezirksgerichtes Judenburg rechtskräftig zugunsten der nunmehr als Beklagte in Anspruch genommenen Eheleute K***** (damals als Kläger) ergangenen Urteils über eine die selben Liegenschaften betreffende Unterlassungsklage entgegenstehe (ON 387).

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 260.000,-- nicht übersteige, jedoch der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Auch nach Auffassung des Rekursgerichtes stehe die materielle Rechtskraft der im Vorprozess ergangenen Entscheidung, die der Betroffene als Rechtsnachfolger der damaligen Beklagten Augustine Malle auch gegen sich gelten lassen müsse, einer Genehmigung entgegen. Der Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt, "weil es nicht vollkommen undenkbar erscheint, die Rechtskraftwirkung der im Vorverfahren ergangenen Entscheidung auf den dem Prozess nicht als Partei beigezogenen Betroffenen nicht auszudehnen" (ON 398).

Gegen diese Entscheidung erhob der Betroffene, vertreten durch seinen Sachwalter, Revisionsrekurs (erkennbar) aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, seine Klageführung in Abänderung des bekämpften Beschlusses sachwalterschaftsgerichtlich zu genehmigen; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt (ON 408). Im Hinblick auf eine in etwa zeitgleich vom (damals noch) Betroffenen an seinen Sachwalter gerichtete Eingabe, den Revisionsrekurs "vorerst nicht einzureichen" (ON 407), teilte der Sachwalter dem Erstgericht allerdings am 8. 5. 2000 mit, dass der (zu diesem Zeitpunkt bereits überreichte) Revisionsrekurs "erst nach Erledigung der Eingabe des Betroffenen vom 11. 4. 2000 [gerichtet auf Aufhebung der Sachwalterschaft] an den Obersten Gerichtshof vorgelegt werden möge" (ON 411).

Nach der - wie einleitend bereits ausgeführt - zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsenen Aufhebung der Sachwalterschaft über den Betroffenen erfolgte nunmehr die Vorlage dieses Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof. Dieses ist jedoch - ungeachtet des vom Rekursgericht gefassten und den Obersten Gerichtshof gemäß § 16 Abs 3 AußStrG nicht bindenden Zulassungsausspruches - unzulässig, und zwar aus folgenden Erwägungen:

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1709 ff; Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 9 ff vor § 461; RIS-Justiz RS0002495) setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, somit ein Anfechtungsinteresse voraus. Der Rechtsmittelwerber muss durch die angefochtene Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt sein und damit ein rechtliches Interesse an der Anfechtung haben. Dieses Rechtschutzbedürfnis muss auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel vorhanden sein; sein Fehlen macht das Rechtsmittel unzulässig, welches in einem solchen Fall zurückzuweisen ist (RIS-Justiz RS0041770). Diese Grundsätze gelten auch im Verfahren außer Streitsachen (jüngst 7 Ob 153/00a).

Hievon ist im vorliegenden Fall auszugehen, weil seit Rechtskraft des die Sachwalterschaft beendenden Beschlusses eine sachwalterschaftsgerichtliche Genehmigung für eine Klageführung, insbesondere die hier verfahrensgegenständliche, weggefallen ist und der vormals Betroffene seither uneingeschränkt eine solche selbst (oder im Rahmen einer nach § 27 ZPO gegebenen Anwaltspflicht allenfalls durch einen selbst gewählten Rechtsanwalt) einzubringen in der Lage ist, also eines zur Wahrnehmung seiner Interessen als Betroffener bestellten Sachwalters seither nicht mehr bedarf. Ist aber durch die rechtskräftige Aufhebung der Sachwalterschaft samt ebenfalls rechtskräftiger Enthebung des bisherigen Sachwalters auch das bis dahin bestandene Prozesshindernis der Prozessunfähigkeit (Fucik in Rechberger, aaO Rz 1 zu § 1) weggefallen, dann ist auch sein Begehren nach Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Genehmigung des von seinem vormaligen Vertreter eingebrachten Klageentwurfes obsolet; der Revisionswerber ist durch diese, ausschließlich auf den Bestand der Sachwalterschaft und die Funktion seines Sachwalters abstellende - Entscheidung nicht mehr beschwert.

Da somit eine meritorische Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über das Rechtsmittel des (vormals bestellten) Sachwalters namens des Betroffenen nur noch theoretische Bedeutung hätte, ist der Revisionsrekurs mangels eines noch im Entscheidungszeitpunkt bestehenden Anfechtungsinteresses des Rechtsmittelwerbers zurückzuweisen.

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