OGH 8Nd2/00

OGH8Nd2/007.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Hoch als weitere Richter über den Antrag des Mario M*****, vertreten durch Dr. Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Peter S*****, infolge Anzeige eines negativen Kompetenzkonflikts durch das Landesgericht Wels *****, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Als das zur Entscheidung über die im Spruch genannte Konkursantragssache örtlich zuständige Gericht wird das Landesgericht Klagenfurt bestimmt, dessen Beschluss vom *****, aufgehoben wird.

Text

Begründung

Der Antragsteller brachte am 13. 1. 2000 den Konkurseröffnungsantrag beim Landesgericht Klagenfurt ein. Er gab an, der Antragsgegner sei Unternehmer mit der - im Sprengel des angerufenen Gerichtes gelegenen - Anschrift ***** G*****. Nach Einlangen eines Postfehlberichts beantragte der Antragsteller die neuerliche Zustellung des Konkurseröffnungsantrags unter der - im Sprengel des Landesgerichts Wels gelegenen - Anschrift *****. Ohne Durchführung von Erhebungen erklärte sich daraufhin das Landesgericht Klagenfurt mit Beschluss vom 25. 2. 2000, ON 6, zur Entscheidung unzuständig und überwies den Konkurseröffnungsantrag gemäß § 44 JN dem Landesgericht Wels. Der Schuldner betreibe sein Unternehmen im Sprengel dieses Gerichts, weshalb die sachliche und örtliche Zuständigkeit dort gegeben sei (§ 63 KO).

Das Landesgericht Wels führte umfangreiche Erhebungen durch, aus denen sich ergab, dass sich der Schuldner von der letztgenannten Anschrift nach ***** abgemeldet habe und von dort nach ***** verzogen sei. In dem auf Grund amtswegiger Strafanzeige eingeleiteten Strafverfahren gab der Schuldner an, ab 1995 bis Februar 2000 ein Erdbewegungsunternehmen mit Sitz in G***** betrieben zu haben.

Das Landesgericht Wels erklärte sich daraufhin mit Beschluss vom 7. 6. 2000, ON 24, für örtlich unzuständig und legte nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Akt gemäß § 47 Abs 2 JN dem Obersten Gerichtshof vor. Das erkennende Landesgericht sei zu keinem Zeitpunkt zur Entscheidung über den Konkurseröffnungsantrag gemäß § 63 KO zuständig gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu ist zu erwägen:

Die in den Sprengeln verschiedener Oberlandesgerichte gelegenen Landesgerichte haben jeweils rechtskräftig ihre Unzuständigkeit ausgesprochen, sodass die Voraussetzungen des § 47 JN für die Entscheidung des Kompentenzkonflikts durch den Obersten Gerichtshof gegeben sind.

Gemäß § 63 Abs 1 KO ist für das Konkursverfahren primär der Gerichtshof erster Instanz zuständig, in dessen Sprengel der Gemeinschuldner sein Unternehmen betreibt (vgl RdW 1990, 256). Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung RdW 2000, 354 ausgesprochen hat, liegt der Zweck dieser Zuständigkeitsnorm unter anderem darin, dem zuständigen Konkursgericht bzw dem von ihm bestellten Masseverwalter die Möglichkeit zu geben, sich rasch einen Überblick über die Unternehmenssituation zu verschaffen.

Nach den vom Vorlagegericht gepflogenen Erhebungen steht fest, dass der Schuldner im Zeitpunkt der Antragstellung sein Unternehmen in G*****, somit im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt betrieb, sodass dieses Gericht zur Entscheidung zuständig ist. Der erkennende Senat übersieht in diesem Zusammenhang nicht, dass eine Rechtsprechung besteht, auch ein unrichtiger, aber in Rechtskraft erwachsener Überweisungsbeschluss habe Bindungswirkung. Der Umstand, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Übertragung der Rechtssache gefehlt hätten, könne bei der Entscheidung über einen negativen Kompetenzkonflikt nicht berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber habe in Kauf genommen, dass allenfalls auch ein an sich unzuständiges Gericht durch eine unrichtige Entscheidung gebunden werde (RIS-Justiz RS0046135; RS0046391). Diese in verschiedenen Verfahrensarten nach den jeweils dort gelegenen gesetzlichen Bestimmungen ergangenen Entscheidungen sind hier nicht generell zu untersuchen, weil ausschließlich auf die Besonderheiten des Konkursverfahrens abzustellen ist. Für dieses Verfahren ist aber aus der eingangs dargestellten Zuständigkeitsnorm des § 63 Abs 1 KO ohne weiteres abzuleiten, dass der Gesetzgeber gerade der für die effektive und rasche Abwicklung des Konkursverfahrens bedeutsamen Nähe des Konkursgerichts zum Betriebsort besonderes Gewicht beigemessen hat, sodass nicht gesagt werden kann, er habe aus Gründen - der dann wohl nicht gegebenen - Verfahrensökonomie, die Bindung eines möglicherweise weit entfernten unzuständigen Gerichts an einen unrichtigen Überweisungsbeschluss in Kauf nehmen wollen.

Wie der erkennende Senat bereits in seinen Entscheidungen 8 Nd 3/96 und 8 Nd 4/96 ausgesprochen hat, ist gemäß § 46 Abs 1 JN nur die die sachliche Zuständigkeit betreffende rechtskräftige Unzuständigkeitsentscheidung bindend, während - zumindest im Konkursverfahren - ein rechtskräftiger Beschluss auch des überweisenden Gerichts über die örtliche Unzuständigkeit dessen Überprüfung im Rahmen der Entscheidung eines negativen Kompetenzkonflikts nicht hindert. Diese Rechtsansicht findet ihre Stütze auch in § 47 Abs 4 JN, wonach das zur Entscheidung berufene höhere Gericht alle Verfügungen treffen kann, welche sich in der Zwischenzeit zur Wahrung unter anderem auch des Zweckes des Verfahrens nötig erweisen. Der von der Rechtsprechung gezogene Schluss, es sei mit der Entscheidung der Unzuständigkeitsbeschluss des als zuständig erkannten Gerichts aufzuheben (vgl Mayr aaO, Rz 4 zu § 47 JN) kann daher zumindest dort, wo andernfalls der Verfahrenszweck beeinträchtigt würde, nicht in dem eingeschränkten Sinn der weiter oben dargestellten Rechtsprechung verstanden werden.

Die gegenteilige in den Entscheidungen 8 Nd 2/95 und 8 Nd 6/95 vertretene Rechtsauffassung kann aus den dargestellten Erwägungen nicht aufrecht erhalten werden.

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