European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2000:0050OB00202.00T.0905.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Die Antragstellerin (Vermieterin) beabsichtigt, so wie in anderen Wohnungen des verfahrensgegenständlichen Hauses auch in der Mietwohnung der Antragsgegnerin eine schadhafte hofseitige Außenwand aus Glas durch zwei Kunststofffenster sowie zwei Reihen Glasziegel zu ersetzen und hat sich zunächst an die Schlichtungsstelle, dann gemäß § 40 Abs 2 MRG an das Gericht gewandt, um die Antragsgegnerin zur Duldung der Arbeiten zu verpflichten. Diese möchte, weil die geplanten Fenster den Lichteinfall um ca 32 % reduzieren, an der bisherigen Glaswand festhalten und ist bereit, die Mehrkosten einer hiefür erforderlichen Aluminiumkonstruktion zu tragen.
Beide Vorinstanzen trugen der Antragsgegnerin die Duldung des Fensteraustausches auf, wobei aus den Feststellungen bzw Entscheidungsgründen des Erstgerichtes nur zu erwähnen ist, dass die Arbeiten baubehördlich bewilligt sind, der durch die neuen Fenster erzielbare Lichteinfall den von der Bauordnung geforderten Wert um mehr als die Hälfte übersteigt und das Vorhaben der Antragstellerin einen (zum Teil bereits verwirklichten) Plan einer einheitlichen Gestaltung der Hoffassade des Hauses folgt. Zu den Gegenargumenten der Antragsgegnerin nahm das Rekursgericht in seiner den erstinstanzlichen Sachbeschluss bestätigenden Entscheidung wie folgt Stellung:
Die Ersetzung desolater und absturzgefährdeter Außenfenster durch neue Kunststofffenster samt Glasziegelreihen stelle eine Erhaltungsarbeit an allgemeinen Teilen des Hauses dar und begründe damit die Duldungspflicht eines Mieters nach § 8 Abs 2 Z 1 MRG. Der von der Antragsgegnerin offenbar ins Auge gefasste § 8 Abs 2 Z 2 MRG, der Veränderungen in einem anderen Mietgegenstand betrifft, sei hierauf nicht anzuwenden. Im Gegensatz zu dieser Bestimmung sehe § 8 Abs 2 Z 1 MRG jedoch keine Interessenabwägung vor (WoBl 1992/132; MietSlg 36.261, 48.224 mwN).
Für die Auslegung des § 3 MRG komme es nach dessen erstem Absatz auf den ortsüblichen Standard des zu erhaltenden Hauses an, dem hier nach den Feststellungen des Erstgerichtes auch Kunststofffenster entsprächen. Orientiert sich der Vermieter am ortsüblichen Standard und am Erhaltungszustand des Hauses, stehe ihm die Wahl des Fenstermaterials grundsätzlich frei. Dabei komme es gar nicht darauf an, ob durch den Einbau (im Zuge einer Erhaltungsarbeit) auch eine Verbesserung herbeigeführt wird. Die Duldungspflicht des Mieters sei nämlich nicht davon abhängig, dass der Vermieter die bestmögliche, sondern dass er überhaupt eine Erhaltungsarbeit iSd § 3 MRG durchführt. Solange der ortsübliche Standard nicht unterschritten wird, müsse es der Mieter in Kauf nehmen, dass das Material der neuen Fenster dem Material der reparaturbedürftigen alten Fenster nicht gleichwertig ist. Dies gelte umso mehr, wenn der Vermieter ein schutzwürdiges Interesse daran ins Treffen führen kann, für die Außenfenster seines Hauses (hier haben die übrigen hofseitigen Wohnungen Kunststofffenster) ein einheitliches Material zu verwenden (WoBl 1992/76, 1992/132; MietSlg 43/37, 48.224 ua).
Das Begehren der Antragsgegnerin laufe darauf hinaus, gegen Übernahme der Mehrkosten anstelle der angebotenen Kunststofffenster Aluminiumfenster zu erhalten. Einem solchen Begehren wäre in Analogie zu § 9 MRG nur dann Rechnung zu tragen, wenn durch die Veränderung keine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Vermieters oder eines anderen Mieters zu besorgen ist. An dieser Voraussetzung fehle es hier jedoch schon deshalb, weil, wie dargestellt, ein schutzwürdiges Interesse des Vermieters anzuerkennen sei, dass für die Außenfenster seines Hauses ein einheitliches Material verwendet wird (MietSlg 43.159/37; EWr I/3/26 ff).
Der Wunsch der Antragsgegnerin, dass neue Aluminiumfenster eingebaut werden, erweise sich somit als unberechtigt, was bereits vom Erstgericht durch die Gestattung des Einbaus der geplanten Kunststofffenster und Glausbausteine sachlich erledigt worden sei.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000,‑- übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres zur Klärung der Frage, "ob die weite Pflicht zur Duldung von Erhaltungsarbeiten auf Fälle bloßen Interesses des Vermieters an einer einheitlichen Gestaltung des Innenhofes bei Bereitschaft des Mieters zur Tragung der Mehrkosten aus der Erhaltung auch eines vertragskonformen Erscheinungsbildes der Wohnung angewendet werden kann".
Rechtliche Beurteilung
Der nunmehr von der Antragsgegnerin gegen den zweitinstanzlichen Sachbeschluss erhobene Revisionsrekurs (zu dem sich die Antragstellerin in einer die Argumente der Vorinstanzen bekräftigenden Revisionsrekursbeantwortung äußerte) erweist sich als unzulässig, was gemäß § 37 Abs 3 Z 16 bis Z 18 ZPO iVm §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO kurz wie folgt zu begründen ist:
Zutreffend hat schon das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass der Mieter die vorübergehende Benützung und die Veränderung seines Mietgegenstandes gemäß § 8 Abs 2 Z 1 MRG zur Durchführung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses unabhängig davon zu dulden hat, ob dem Vermieter ein besonderes, die Beeinträchtigungen des Mieters aufwiegendes oder gar übersteigendes Interesse zuzubilligen ist. Eine Interessenabwägung findet in diesem Fall nicht statt (vgl Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, Rz 9 zu § 8 MRG mwN).
Damit hatten die Vorinstanzen nur zu prüfen, ob eine Erhaltungsarbeit iSd § 3 MRG vorliegt (vgl WoBl 1990/56, 98).
Als unstrittig konnten sie unterstellen, dass die Arbeit einen allgemeinen Teil des Hauses betrifft (vgl MietSlg 36.261; 5 Ob 15/96 = EWr I/3/26; immolex 1998, 102/57 ua) und iSd § 3 Abs 2 Z 1 MRG erforderlich ist, weil die vorhandene Glaswand durch ihren schadhaften Zustand bereits die Sicherheit von Personen gefährdete (ON 16, 3). Zu beurteilen blieb demnach, ob sich der Austausch einer Glaswand durch zwei Fenster mit einer zusätzlichen Lichtleiste aus Glasbausteinen im Begriff der Erhaltungsarbeit unterbringen lässt. Das wurde im Rahmen der vorhandenen Judikatur mit vertretbaren Argumenten bejaht.
Auch konstruktive Änderungen an sanierungsbedürftigen allgemeinen Teilen des Hauses können nämlich unter bestimmten Voraussetzungen dem Erhaltungsbegriff des § 3 MRG unterstellt werden. Die Handhabe dazu bietet das Abstellen auf die rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten im Einleitungssatz des § 3 Abs 1 MRG iVm der verallgemeinerungsfähigen Aussage des § 3 Abs 2 MRG, wonach anstelle der Erhaltung einer bestehenden Anlage eine vergleichbare neue errichtet werden kann, wenn die Reparatur wirtschaftlich nicht vertretbar wäre (siehe dazu Würth aaO, Rz 6 zu § 3 MRG). In diesem Sinn wurde auch judiziert, dass dem Vermieter beim erforderlichen Austausch von Fenstern die Wahl des Materials freisteht (WoBl 1992, 109/76; EWr I/3/26 ua).
Bei den verfahrensgegenständlichen Arbeiten sprechen wirtschaftliche Erwägungen für den Einbau von Fenstern. Gegen die Annahme einer Erhaltungsarbeit könnte daher nur ins Treffen geführt werden, dass die Fenster keinen ortsüblichen Ersatz für die vorhandene Glaswand darstellen oder dass es an der Vergleichbarkeit der beiden Varianten fehlt.
In diesen Fragen ist den Gerichten ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, der im konkreten Fall von den Vorinstanzen nicht verlassen wurde. Es ist nämlich durchaus vertretbar, als Maßstab für die Ortsüblichkeit und Vergleichbarkeit von Fensterkonstruktionen die Bauvorschriften heranzuziehen. Im Hinblick auf die behördliche Bewilligung des verfahrensgegenständlichen Fenstertausches, der ohnehin eine weit über der Norm liegende Belichtung der Wohnung der Antragsgegnerin sicherstellt, ist daher in der Annahme der Vorinstanzen es liege eine Erhaltungsarbeit vor, keine Fehlbeurteilung zu erkennen, die im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste.
Das Angebot der Antragsgegnerin, selbst für die Kosten einer Aluminiumkonstruktion aufzukommen, die die vorhandene Glaswand weitgehend (ohne die jetzige Sprossenansicht) erhält, haben die Vorinstanzen richtig als Begehren nach § 9 MRG gedeutet. Ihm könnte nach der Judikatur nur dann entsprochen werden, wenn es zu keiner Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Vermieters kommt (WoBl 1992, 109/76). Hier kollidiert der Wunsch der Antragsgegnerin mit dem Interesse der Antragstellerin an einer einheitlichen Gestaltung der Hoffassade, sodass sich die Ablehnung des Begehrens der Antragsgegnerin zwanglos mit der vorhandenen Judikatur vereinbaren lässt.
Aus diesen Gründen war gemäß § 37 Abs 3 Z 16 bis Z 18 MRG iVm § 528 Abs 1 ZPO wie im Spruch zu entscheiden.
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