Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wieder hergestellt wird.
Text
Begründung
Im Scheidungsfolgenvergleich vom 30. 1. 1998, pflegschaftsgerichtlich genehmigt mit Beschluss vom 30. 6. 1998 (ON 6), verpflichtete sich der Vater unter anderem zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von je S 2.700 an die beiden Kinder. Mit Antrag vom 10. 9. 1998 (ON 9) begehrte der Vater die Herabsetzung dieser Unterhaltspflicht ab 1. 10. 1998 auf je S 2.200, weil er seine bisherige Beschäftigung mit einem die Bemessungsgrundlage der im Vergleich übernommenen Unterhaltspflicht bildenden Nettoeinkommen von S 18.000 aufgegeben habe. Er arbeite nunmehr in seinem erlernten Beruf als Tischlermeister und werde dort voraussichtlich monatlich S 14.000 netto verdienen.
Das Erstgericht wies den Herabsetzungsantrag des Vaters ab. Es stellte fest, er habe in der Zeit vom 9. 3. bis 31. 8. 1998 in einer Tischlerei ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von S 18.147,50 bezogen. Nach Selbstkündigung sei er vom 1. 9. bis 6. 10. 1998 bei einem anderen holzverarbeitenden Unternehmen beschäftigt gewesen, bei dem er ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von S 17.510 bezogen habe. Das befristete Dienstverhältnis sei zum 6. 10. 1998 aus dem Verschulden des Vaters aufgelöst worden. Nummehr beziehe der als arbeitssuchend gemeldete Vater seit 9. 11. 1998 Arbeitslosengeld einschließlich zweier Familienzuschläge von S 452,40 täglich.
Rechtlich folgerte das Erstgericht, der Herabsetzungsantrag sei unberechtigt, weil das zuletzt vom Vater erzielte Arbeitseinkommen "im Bereich" der dem Scheidungsvergleich zugrunde gelegten Bemessungsgrundlage von S 18.000 liege. Das Verhalten des Vaters, das zum Verlust seines letzten Arbeitsplatzes geführt habe, könne im Sinne der Anspannungstheorie nicht zu Lasten der unterhaltsberechtigten Kinder gehen.
Das Gericht zweiter Instanz änderte mit dem angefochtenen Beschluss diese Entscheidung teilweise dahin ab, dass es die vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeträge auf S 2.600 herabsetzte. Es wies das Mehrbegehren ab und sprach gemäß § 14a Abs 1 AußStrG aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Vater habe zum 1. 10. 1998 (Beginn der begehrten Herabsetzung) um rund 500 S monatlich netto weniger verdient als im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses. Diese Einkommensminderung sei "gerade noch ausreichend", um eine Neubemessung der Unterhaltsansprüche "zu ermöglichen". Die Anspannung des Vaters auf sein zuvor erzieltes Einkommen sei nicht gerechtfertigt, weil es ihm zuzubilligen sei, von der früher ausgeübten Tätigkeit als Versicherungsangestellter in seinen erlernten Beruf als Tischler zu wechseln. Da der Vater seinen letzten Arbeitsplatz aus eigenem Verschulden verloren habe, sei das zuletzt erzielte Nettoeinkommen von 17.500 S monatlich weiterhin der Unterhaltsbemessung zugrunde zu legen. Auch die Wiederverheiratung des Vaters könne eine Unterhaltsherabsetzung nicht rechtfertigen, weil gleichzeitig seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der geschiedenen Frau weggefallen sei. Ausgehend von den dem Vergleich zugrunde gelegten Relationen sei die Unterhaltspflicht auf der Basis der um 500 S verringerten Bemessungsgrundlage neu zu berechnen gewesen.
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Minderjährigen ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Im Allgemeinen kann eine Entscheidung auch im Verfahren außer Streitsachen nur abgeändert oder widerrufen werden, wenn sich der ihr zugrunde gelegte Tatbestand geändert hat. Die auch Beschlüssen im Außerstreitverfahren zukommende materielle Rechtskraft ist in jeder Lage des Verfahrens zu beachten. Zufolge der jeder Unterhaltsbemessung innewohnenden Umstandsklausel kann das Gericht bei einer Änderung der Verhältnisse eine neue Entscheidung treffen (SZ 44/181; SZ 63/153; SZ 65/54; 4 Ob 598/95 ua). Die Umstandsklausel wird allerdings erst durch eine wesentliche Umstandsänderung ausgelöst, also eine solche, die über bloß unbedeutende oder unerhebliche Veränderungen hinausgeht und sich in einer merkbaren Unterhaltsdifferenz niederschlägt (SZ 65/54; ÖA 1992, 155; ÖA 1994, 108 ua; Schwimann, Unterhaltsrecht2, 74). Als in diesem Sinne wesentliche Änderung werden in der Rechtsprechung unter anderem Einkommensminderungen von 8 bzw 10 % angesehen (6 Ob 2206/96x; 3 Ob 1570/91; vgl Schwimann aaO).
Wie das Rekursgericht in seinem gemäß § 14a Abs 3 AußStrG gefassten Beschluss selbst einräumte, wurde mit der angefochtenen Entscheidung bereits eine Verminderung der Bemessungsgrundlage um nur rund 2,8 % als für die Änderung des Unterhaltsanspruchs ausreichend angesehen. Damit hat sich aber das Rekursgericht ohne weitere Begründung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entfernt. Von dieser abzugehen besteht kein Anlass, könnte doch sonst jede auch nur ganz geringfügige Einkommensschwankung zum Anlass für eine neuerliche Unterhaltsbemessung genommen werden. Dies entspräche auch nicht dem Verhalten in intakten Familien, in denen geringfügige Einkommensschwankungen wohl nicht sofort zu Konsumverzicht zu Lasten der Kinder führen würden.
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