OGH 3Ob318/99g

OGH3Ob318/99g20.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Ludwig Draxler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die verpflichtete Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch den Notgeschäftsführer Dr. Günther Hummer, Rechtsanwalt, Wien 1, Schottengasse 7, wegen S 2 Mio, über die Revisionsrekurse der betreibenden Partei, der Ersteher W*****, und V*****, beide vertreten durch Dr. Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in Wien, sowie den Kostenrekurs der verpflichteten Partei, vertreten durch den Notgeschäftsführer Dr. Eric Agstner, Rechtsanwalt, Wien 1, Tuchlauben 11, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 27. August 1999, GZ 46 R 1031/99d-1033/99y, 46 R 1480/99h-30d, womit aus Anlass von Rekursen der verpflichteten Partei das Verfahren 11 E 6/99w des Bezirksgerichtes Donaustadt ab der Zustellung der Bewilligung der Zwangsversteigerung an die verpflichtete Partei als nichtig behoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Kostenrekurs der verpflichteten Partei, vertreten durch den Notgeschäftsführer Dr. Eric Agstner, wird zurückgewiesen.

Dagegen wird den Revisionsrekursen der betreibenden Partei und der Ersteher Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird ersatzlos aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die Entscheidung über die Rekurse der verpflichteten Partei aufgetragen.

Die Kosten der Revisionsrekurse sind wie weitere Kosten des Verfahrens über die Rekurse der verpflichteten Partei zu behandeln.

Text

Begründung

Auf Grund eines vollstreckbaren Notariatsaktes vom 22. 7. 1993 bewilligte das Erstgericht mit Beschluss vom 14. 1. 1999 (ON 2) der betreibenden Partei zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 2 Mio die Zwangsversteigerung einer Liegenschaft. Im Exekutionsantrag hatte die betreibende Partei als Notgeschäftsgeführer der verpflichteten Partei Dr. Günther Hummer, Rechtsanwalt in Wien, angegeben und vorgebracht, dass dieser mit Beschluss des HG Wien als Firmenbuchgericht vom 6. 12. 1996 [richtig:

27. 11. 1996] bestellt worden sei. Dieser zu 73 Fr 9325/96v ergangene Beschluss beschränkt den Wirkungskreis des Notgeschäftsführers gemäß § 15a GmbHG auf die Vertretung der Gesellschaft "im Gerichtsverfahren zwischen der Gesellschaft und der C*****". In der Begründung wird ausgeführt, dass der bisherige Geschäftsführer unbekannten Aufenthalt sei und die C***** mit der Behauptung der Notwendigkeit der Vertretung der Gesellschaft im anhängigen Gerichtsverfahren die Bestellung eines Geschäftsführers durch das Gericht beantragt habe. Mit Beschluss vom 2. 7. 1997 bestellte das Handelsgericht Wien zu Fr 1969/97d über Antrag der "Magistratsdirektion der Stadt Wien" Dr. Eric Agstner, Rechtsanwalt in Wien, zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer der verpflichteten GmbH gemäß § 15a GmbHG. Mit Beschluss vom 18. 7. 1999 ergänzte das Handelsgericht den zuletzt genannten Beschluss im Spruch dahin, dass dieser zu lauten hatte:

"Zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer gemäß § 15a GmbHG; ausgenommen die Vertretung der Gesellschaft im Gerichtsverfahren gegen die C***** wird Dr. Eric Agstner ... bestellt." Dies wurde damit begründet, dass bereits mit Beschluss vom 27. 11. 1996 Dr. Günther Hummer eingeschränkt auf die Vertretung der Gesellschaft im Verfahren gegen die Creditanstalt Bankverein bestellt worden sei.

Mittlerweile hatte das Erstgericht mit Beschluss ON 8 das Versteigerungsedikt und die Aufforderung zur Anmeldung erlassen und einen Versteigerungstermin bestimmt. Mit Beschluss vom 21. 5. 1999 (ON 14) erteilte es den Zuschlag an zwei Ersteher um das Meistbot von S 6,901.000,-- je zur Hälfte. Sämtliche Zustellungen an die verpflichtete Partei erfolgten an den Notgeschäftsführer Dr. Günther Hummer.

Gegen die Beschlüsse ON 2, 8 und 14 erhob die verpflichtete Partei, vertreten durch den Geschäftsführer Dr. Eric Agstner, Rekurs im Wesentlichen mit der Begründung, dass sie seit 2. 7. 1997 durch den Genannten als Geschäftsführer gemäß § 15a GmbHG vertreten werde, weshalb sämtliche Zustellungen an ihn hätten erfolgen müssen. Zugleich erhob die verpflichtete Partei Widerspruch gegen die Zuschlagserteilung und beantragte, dem Rekurs aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sowie den Erstehern und deren Verwalter bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Verfahrens und Erteilung eines allfälligen neuerlichen Zuschlages Verwaltungsmaßnahmen gegenüber den Mietern zu untersagen. Mit Beschluss vom 1. 6. 1999 (ON 19) versagte das Erstgericht dem Rekurs die aufschiebende Wirkung und wies den Antrag betreffend die Untersagung von Verwaltungsmaßnahmen ab und den Widerspruch gegen die Zuschlagserteilung zurück.

Den zuletzt genannten Beschluss bekämpft die verpflichtete Partei, vertreten durch Dr. Eric Agstner, mit einem weiteren Rekurs, mit dem sie die ersatzlose Behebung des Beschlusses auf Zurückweisung des Widerspruches stellt.

Mit dem angefochtenen Beschluss "behob" das Rekursgericht aus Anlass der Rekurse das Verfahren ab der Zustellung des Beschlusses über die Bewilligung der Zwangsversteigerung ON 2 an die verpflichtete Partei als nichtig. Es sprach aus, dass die verpflichtete Partei die Kosten "ihres Rekurses" selbst zu tragen habe und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Ausgehend von dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt gelangte das Rekursgericht zur Auffassung, dass im vorliegenden Exekutionsverfahren der bestellte Notgeschäftsführer Dr. Agstner (allein) vertretungsbefugt sei. Da dieser dem Verfahren bisher nicht beigezogen worden sei, sei spruchgemäß zu entscheiden.

Der Wirkungsbereich eines Kurators wie grundsätzlich auch der eines Notgeschäftsführers bestimme sich nach dem Bestellungsbeschluss. Die hier [in dem Dr. Hummer betreffenden Beschluss] enthaltene ungewöhnliche Formulierung lasse es nicht als zweifelhaft erscheinen, dass dem Bestellungsgericht ein konkretes Verfahren vorgelegen sei, in dem ein Vertretungsnotstand zu beheben gewesen sei. Die Bestellung habe sich nicht auf das Exekutionsverfahren erstreckt, das zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht anhängig gewesen sei. Das Bestellungsgericht sei ja in der Begründung seines Beschlusses vom 27. 11. 1996 von der Notwendigkeit der Vertretung der Gesellschaft im anhängigen Gerichtsverfahren ausgegangen. Eine Erstreckung der Vertretungsbefugnis auf eine in Zukunft anhängig zu machendes Exekutionsverfahren hätte ausdrücklich angeordnet werden müssen.

Die Geschäftsführungsbefugnis des Notgeschäftsführers könne nach ständiger Rechtsprechung eingeschränkt oder sogar auf einzelne Rechtshandlungen beschränkt werden (JBl 1992, 597). Hievon sei die Problematik zu unterscheiden, die darin liege, dass die interne Geschäftsführungsbefugnis vom Notgeschäftsführer wegen § 20 Abs 2 GmbHG von der im Außenverhältnis möglicherweise unbeschränkbaren Vertretungsmacht zu unterscheiden sei. Die Lehre und ein Teil der Rechtsprechung vertrete die Ansicht, dass die Vertretungsmacht des Notgeschäftsführers wegen dieser Bestimmung stets unbeschränkt sei (Koppensteiner, Kommentar Rz 11 zu § 15a GmbHG mwN). Der Oberste Gerichtshof habe sich - soweit überblickbar - in seiner jüngsten Rechtsprechung der Lehre (allerdings in einem obiter dictum) nicht angeschlossen (RdW 1997, 535). Zu diesem Problemkreis fehle es aber an gesicherter Judikatur. Würde man der Lehre folgen, hätten im vorliegenden Fall beide Notgeschäftsführer nach außen jeweils unbeschränkte Vertretungsmacht. Das Rekursgericht vertrete jedoch diese Auffassung im Anschluss an RdW 1997, 535 nicht. Eine auf die jeweiligen Bedürfnisse des Vertretungsfalles zugeschnittene notwendige und vernünftige Vertretungsgestaltung anlässlich der Bestellung eines Notgeschäftsführers wäre dann nämlich unmöglich gemacht. Eine solche Rechtsfolge könne § 15a GmbHG nicht unterstellt werden. Die Anwendung von § 20 Abs 2 leg cit sei in diesem Zusammenhang in keiner Weise zwingend. Vielmehr scheine diesbezüglich eine Analogie zu den vergleichbaren Fallgruppen im Kuratorenrecht weit sachgerechter.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil im Hinblick auf die dargestellte Divergenz zwischen Lehre und Rechtsprechung und das bisherige Vorliegen einer Äußerung des Obersten Gerichtshofes bloß im Rahmen eines obiter dictum die Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß §§ 78, EO, 528 Abs 1 ZPO vorlägen.

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse der betreibenden Partei, beider Ersteher sowie der verpflichteten Partei, vertreten durch den Notgeschäftsführer Dr. Eric Agstner.

Letzterer bekämpft ausschließlich die Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses, weshalb dieser als bloßer Kostenrekurs zu qualifizieren ist. Dieser ist jedoch jedenfalls unzulässig und - noch, ohne dass die Beurteilung der Vertretungsbefugnis des einschreitenden Notgeschäftsführers erforderlich wäre - zurückzuweisen. Aus § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist nämlich abzuleiten, dass jede Entscheidung über die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens unanfechtbar ist, woran der Gesetzgeber auch mit der Neufassung durch die WGN 1989 nicht ändern wollte (Nachweise bei Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 5 zu § 528).

Die betreibende Partei begehrt mit ihrem Revisionsrekurs die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin, dass die Entscheidungen des Erstgerichtes wiederhergestellt würden. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. Dasselbe beantragen auch die Ersteher in ihrem Rechtsmittel.

In ihrem Revisionsrekurs, der auf unrichtige rechtliche Beurteilung gestützt wird, macht die betreibende Partei auch geltend, dass ein Feststellungsmangel auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung vorliege, weil das Rekursgericht nicht festgestellt habe, dass die betreibende Partei in ihrem Antrag, der zur Bestellung des Notgeschäftsführers Dr. Hummer geführt hatte, angegeben habe, dass zu diesem Zeitpunkt gegen die verpflichtete Partei zumindest bereits drei Exekutionsverfahren geführt und bei Gericht anhängig seien und man für diese einen Notgeschäftsführer benötige. Weiters sei beantragt worden, dass dieser bestellt werde, beschränkt auf die derzeit und künftig anhängigen gerichtlichen Verfahren. Hätte das Rekursgericht seine rechtliche Beurteilung nicht alleine ausgehend von dem vom Notgeschäftsführer Dr. Agstner behaupteten Sachverhalt vorgenommen, sondern erst nach Beischaffung aller verfahrensrelevanter Akten, hätte es zur Auffassung gelangen müssen, dass die Worte "im Gerichtsverfahren" keine Einschränkung auf nur ein Exekutionsverfahren bedeuteten, sondern sich auf zukünftige Exekutionsverfahren zwischen den Parteien, also auch auf das gegenständliche Verfahren, bezögen. Das Rekursgericht habe auch unberücksichtigt gelassen, dass es niemals ein Titelverfahren vor einem Zivilgericht gegeben habe, da sowohl das gegenständliche Verfahren als auch das Verfahren 11 E 118/96m des Erstgerichtes auf Grund eines sofort vollstreckbaren Notariatsakts beantragt und geführt worden seien. Der Notgeschäftsführer Dr. Agstner, der dem Verfahren seit 25. 2. 1999 beigezogen sei, hätte ab dem Zeitpunkt, in dem seiner Ansicht nach die Bestellung des Notgeschäftsführers Dr. Hummer und somit die Ausnahmeklausel in seinem eigenen Bestellungsdekret gegenstandslos geworden sei, die entsprechenden Eintragungen im Firmenbuch veranlassen müssen. Da dies nicht erfolgt sei, müsse er diese Ausnahmeklausel nunmehr gegen sich gelten lassen, weshalb das gesamte Zwangsversteigerungsverfahren rechtswirksam sei. Die nunmehrige Vorgangsweise erscheine auch rechtsmissbräuchlich, weil Dr. Agstner seit Einbringung des Versteigerungsverfahrens von diesem Kenntnis gehabt und die entsprechenden Möglichkeiten nicht wahrgenommen habe.

Selbst wenn man der Rechtsansicht des Rekursgerichtes folge, hätte dieses zwingend einen Sanierungsversuch vor Nichtigerklärung des betroffenen Verfahrens durchführen müssen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Rekursgericht auch aussprechen müssen, dass mangels Enthebungsbeschlusses und Eintragung im Firmenbuch der Bestellungsbeschluss von Rechtsanwalt Dr. Hummer nach wie vor aufrecht sei, weshalb auch nur an diesem rechtswirksam zugestellt werden habe können. Überdies ergebe sich wegen § 20 Abs 2 GmbHG, dass die Vertretungsmacht der Notgeschäftsführer nach außen unbeschränkt sei. Auch eine analoge Anwendung des Kuratorenrechts könne keine andere Entscheidung bringen, weil mangels eines zwingend vorgesehenen Enthebungsbeschlusses Rechtsanwalt Dr. Hummer so lange vertretungsbefugt sei, als ein derartige Beschluss nicht erging.

Die Ersteher begründen in ihrem Revisionsrekurs, dass sie wegen der Aufhebung auch der Zuschlagserteilung an sie durch die Rekursentscheidung ein berechtigtes Interesse an der Abänderung dieser Entscheidung hätten und daher auch zum Revisionsrekurs legitimiert seien.

In der Sache wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das GmbH-Recht zwischen Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht auch beim Notgeschäftsführer unterscheide und nach der zwingenden Regel des § 20 Abs 2 GmbHG die Vertretungsmacht dritten Personen gegenüber stets unbeschränkbar sei. Nach § 18 Abs 4 GmbHG sei jeder Geschäftsführer, sei er auch bloß gesamtvertretungsbefugt, zum Empfang von Erklärung und zur Behändigung von Vorladungen und anderen Zustellungen allein berechtigt. Die Rechtsansicht, es sei eine Analogie zum Kuratorenrecht zu suchen, sei verfehlt. Aber auch nach diesem Recht ende die Tätigkeit eines Kurators nach Rechtsprechung und Lehre erst durch einen Enthebungsbeschluss, im vorliegenden Fall also nicht durch die Bestellung des weiteren Notgeschäftsführers Dr. Agstner. Auch die Ersteher weisen darauf hin, dass das "anhängige Gerichtsverfahren" niemals ein Titelverfahren gewesen sei, da die entsprechenden Exekutionsverfahren auf Grund eines vollstreckbaren Notariatsaktes beantragt worden seien. Insgesamt sei die durch Rekurs angefochtene Zustellung an den Notgeschäftsführer Dr. Hummer im Sinne der Vertretungsregeln des GmbHG ausreichend gewesen. Es sei daher die Nichtigerklärung eines Teils des Verfahrens zu Unrecht erfolgt.

Die Revisionsrekurse der betreibenden Partei und der Ersteherinnen sind berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, dass auch der Revisionsrekurs der Ersteher als rechtzeitig anzusehen ist. Wie darin mit Recht geltend gemacht wird, wurde die Rekursentscheidung an ihren Rechtsvertreter, von dessen Vollmacht das Erstgericht bereits durch ihren Antrag auf einstweilige Verwaltung (ON 27, eingelangt beim Erstgericht am 20. 7. 1999) Kenntnis erlangt hatte, - offenbar infolge des nachlässig geführten Zustellblattes, in dem auch der Notgeschäftsführer Dr. Agstner nicht aufscheint - nicht zugestellt. Die Rechtsmittelfrist hatte daher für die Ersteher vor der Einbringung des Rechtsmittels gar nicht zu laufen begonnen.

In der Sache ist zunächst der (offenbar auf Koppensteiner, GmbHG2 Rz 11 zu § 15a) zurückgehenden Ansicht des Rekursgerichtes entgegenzutreten, der Oberste Gerichtshof sei mit der Entscheidung RdW 1997, 535 (= SZ 70/81 = WBl 1997, 392) - in einem obiter dictum - von seiner mit der herrschenden Lehre übereinstimmenden Rechtsprechung abgewichen, wonach die Vertretungsmacht eines Notgeschäftsführers wegen § 20 Abs 2 GmbHG (im Gegensatz zur Geschäftsführungsbefugnis) stets unbeschränkt ist. Die zitierte Entscheidung referiert im gegebenen Zusammenhang lediglich - ohne dazu in irgendeiner Weise Stellung zu nehmen -, dass das Rekursgericht im zu entscheidenden Fall die Vertretungsbefugnis eines Notgeschäftsführers auf die Vertretung der Gesellschaft in einem anhängigen Nichtigkeitsprozess eingeschränkt hatte. Ausdrücklich wird in der Entscheidung angeführt, dass es auf die Ansicht des Rekursgerichtes über die Dringlichkeit der Bestellung eines Notgeschäftsführers und die Notwendigkeit eines solchen zur Vertretung im Prozess nicht entscheidend ankomme. Vielmehr hätte das Rekursgericht den Rekurs der Geschäftsführerin infolge Fehlens deren Beschwer [in der Entscheidung offenbar irrig: Beschwerde] zurückzuweisen gehabt. Dass der betreffende Senat von der Entscheidung SZ 58/181 = JBl 1986, 242 = RdW 1986, 41 = HS 16.237 = HS 16.253, in der ausführlich dargelegt wird, dass eine Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis nur im Innenverhältnis, nicht aber Dritten gegenüber Wirksamkeit hat, abweichen habe wollen, ist daraus keineswegs abzuleiten.

Allerdings ist das Rekursgericht von dieser Rechtsprechung abgewichen, indem es zur Auffassung gelangte, dem Notgeschäftsführer Dr. Hummer fehle im gegenständlichen Exekutionsverfahren die Vertretungsmacht, diese stünde vielmehr dem Notgeschäftsführer Dr.

Agstner zu (dessen Bestellung aber eingeschränkt ist durch die

Klausel "ausgenommen die Vertretung der Gesellschaft im

Gerichtsverfahren gegen die [hier betreibende Partei]"). Nach der

Aktenlage wurde Dr. Hummer seines Amtes als Notgeschäftsführer bisher

nicht enthoben, was aber nach ständiger Rechtsprechung - jedenfalls

vor Beendigung des Vertretungsnotstandes - notwendig wäre, damit er

seine Funktion verloren hätte (SZ 67/30 = ecolex 1994, 472 = EvBl

1994/168 = HS 25.146 = RdW 1994, 174 = RZ 1995/19, 67 = WBl 1999,

312; ecolex 1995, 264 [kritisch Reich-Rohrwig] = GesRZ 1995, 270 = HS

25.150 = HS 25.223 = RdW 1995, 180 = WBl 1995, 292; ecolex 1995, 901

[Reich-Rohrwig] = HS 26.174 = HS 26.244 = WBl 1995, 293 = ZIK 1995,

164). Daran ist festzuhalten, die kritischen Stellungnahmen von Reich-Rohrwig beziehen sich auf andere Aspekte der von ihm kritisierten Entscheidungen. § 15a GmbHG setzt das Fehlen von (echten) Geschäftsführern voraus, weshalb die Bestellung eines weiteren Notgeschäftsführers diese Notlage zu beheben nicht geeignet ist. Demnach hat das Rekursgericht zu Unrecht die Vertretungsbefugnis des Notgeschäftsführers Dr. Hummer verneint.

Das gilt (entsprechend der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung) auch im Verhältnis zur beigetretenen betreibenden Gläubigerin, welche in ihrem Antrag ausdrücklich den Notgeschäftsführer Dr. Agstner als Vertreter der verpflichteten Partei angegeben hatte. (Ungeachtet dieser Angabe erfolgte auch die Zustellung des Beschlusses, mit dem dieser Gläubigerin die Zangsversteigerung bewilligt wurde, allein an den Notgeschäftsführer Dr. Hummer. Auch die Zustellung der weiteren Beschlüsse an Dr. Agstner unterblieb, wie dargelegt.)

Aus diesen Erwägungen folgt, dass die vom Rekursgericht angenommene Nichtigkeit des Verfahrens nicht vorliegt. Auf die Frage, welchen Wirkungskreis das Firmenbuchgericht dem Notgeschäftsführer Dr. Hummer mit seiner Entscheidung tatsächlich zubilligen wollte, kommt es demnach (wegen der zwingenden Regel des § 20 Abs 2 GmbHG) gar nicht an, weshalb auch der von der betreibenden Partei behauptete Feststellungsmangel nicht vorliegt. (Im Übrigen deutet die Formulierung des Firmenbuchgerichtes ["Gerichtsverfahren"] auf einen eher weiten Wirkungskreis, ist doch eine Einschränkung auf ein [etwa durch das Aktenzeichen] bestimmtes Verfahren unterblieben und kann auch - da diesem Gericht jedenfalls der Unterschied zwischen Erkenntnis- und Exekutionsverfahren geläufig sein muss - nicht davon ausgegangen werden, dass Exekutionsverfahren ausgeschlossen sein sollten.)

Somit ist der aus Anlass der Rekurse der verpflichteten Partei, vertreten durch den Notgeschäftsführer Dr. Agstner, gefasste Beschluss des Rekursgerichtes ersatzlos aufzuheben. Dieses wird demnach die Rekurse zu behandeln haben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 EO iVm § 52 ZPO.

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