Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, dass der Meistbotsverteilungsbeschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Der Ersteher Mag. Martin H***** hat die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen und ist schuldig, der verpflichteten Partei die mit S
22.293 (darin enthalten S 3.715,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Gegenstand des Verfahrens ist die Zwangsversteigerung einer landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft samt Wohn- und Wirtschaftsgebäuden.
Nach den mit Beschluss des Erstgerichtes vom 1. 8. 1997 (ON 27) genehmigten Versteigerungsbedingungen sind vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot die Dienstbarkeiten, Ausgedinge, Reallasten C-LNR 1, 3, 5, 6 und 24 zu übernehmen. Alle übrigen auf der zu versteigernden Liegenschaft eingetragenen Dienstbarkeiten, Ausgedinge und Reallasten sowie die auf der Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellten Forderungen sind vom Ersteher nur insoweit zu übernehmen, als sie nach der ihnen zukommenden Rangordnung in der Verteilungsmasse Deckung finden. Die Übernahme von pfandrechtlich sichergestellten Forderungen erfolgt unter Vorbehalt des gesetzlichen Kündigungs- und Rückzahlungsrechtes des Erstehers.
Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten teilte mit am 15. 12. 1997 beim Erstgericht eingelangten Schreiben vom 11. 12. 1997 (ON 40) unter Vorlage der entsprechenden Bescheidausfertigungen mit, dass dem Verpflichteten mit Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 9. 8. 1994 der Auftrag gemäß § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 zur Räumung eines Grabens bis 31. 10. 1994 und Abtransport des Aushubmaterials bis 30. 4. 1995 erteilt wurde. Weiters wurde dem Verpflichteten mit Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. 9. 1996 der Auftrag zur Entfernung und Entsorgung von ca 300 m3 Bauschuttrecyclingmaterial bis 30. 12. 1996 gemäß § 138 Abs 1 WRG 1959 erteilt. Hiezu teilte die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten mit, das Vollstreckungsverfahren zu diesem Bescheid sei noch nicht abgeschlossen; daher sei noch kein Antrag auf Pfandrechtsbegründung gestellt worden.
Da der Verpflichtete dem erstgenannten Bescheid vom 9. 8. 1994 nicht nachkam, wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 22. 5. 1996 die Ersatzvornahme angeordnet; es wurde ihm aufgetragen, als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme S 186.660 zu erlegen. Aufgrund dieses Exekutionstitels wurde auf der Liegenschaft mit Beschluss des Erstgerichtes vom 6. 9. 1996 ein Pfandrecht einverleibt (C-LNR 35a).
Nach Versteigerung der Liegenschaft und Erteilung des Zuschlages meldete der Ersteher zur Meistbotsverteilung ua Kosten für Entsorgungsmaßnahmen laut Rechnung der betreibenden Partei vom 15. 9. 1998 in Höhe von S 839.341,60 an. Er legte ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 19. 11. 1998 vor, mit dem bestätigt wurde, dass diese Leistungen dem Umfang nach zur Erfüllung des an den Verpflichteten gemäß § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 gerichteten Auftrags vom 9. 8. 1994 erforderlich waren und dadurch dieser Auftrag erfüllt ist. Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten zog ihre ursprünglich auf Grund des Pfandrechts C-LNR 35a erfolgte Anmeldung von S 186.660 zurück, weil zwischenzeitlich der Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 9. 8. 1994 zur Gänze erfüllt worden sei.
In der Verteilungstagsatzung am 20. 11. 1998 wurde gegen die angemeldeten Forderungen kein Widerspruch erhoben.
Das Erstgericht wies dem Ersteher die begehrten Entsorgungskosten von S 839.341,60 nicht zu, weil diesbezüglich keine grundbücherliche Sicherstellung vorliege und auch die Hyperocha von S 2,117.548,41 nicht gepfändet worden sei.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Erstehers teilweise statt und wies ihm einen Betrag von S 839.341,60 als Ersatz der mit Bescheiden des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 9. 8. 1994 sowie vom 4. 9. 1996 vorgeschriebenen Räumungskosten sowie aus dem Zinsenzuwachs 14,8 % (anstelle von 1,26 %) zu; dem Verpflichteten wurden die verbleibende Hyperocha von S 1,278.206,81 sowie aus dem Zinsenzuwachs 20,61 % (anstelle von 34,15 %) zugewiesen. Das Rekursgericht sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der Zuweisung von vom Ersteher nach dem Zuschlag bezahlten Entsorgungskosten aus dem Meistbot bei Vorliegen eines Pfandrechtes zur Sicherung der Ersatzvornahme, soweit überblickbar, eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle; die Entscheidung SZ 59/66 könne aufgrund eines anders gelagerten Sachverhalts nicht herangezogen werden.
Zur Begründung führte das Rekursgericht aus, die Kosten der aufgetragenen Entsorgung seien in den Schätzwerten nicht berücksichtigt. Die Bescheide mit dem Entsorgungsauftrag richteten sich an den Verpflichteten, zur Sicherung der Entsorgungskosten sei ein Pfandrecht auf der versteigerten Liegenschaft begründet worden. Der Ersteher habe mit der Durchführung der Entsorgung und Bezahlung deren Kosten im Ausmaß von S 839.341,60 damit eine Schuld des Verpflichteten erfüllt. Nach § 1422 ABGB habe er daher Anspruch auf Abtretung der Gläubigerrechte. Diese Gläubigerrechte seien allerdings nur im Umfang des in C-LNR 35a einverleibten Pfandrechtes in der Höhe von S 186.660 gegeben. Aus der Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 19. 11. 1998 ergebe sich aber, dass der Betrag von S 839.341,60 zur Gänze zur Erfüllung des Entsorgungsauftrags notwendig gewesen sei. Da die Verteilungsmasse nach Zuweisung der bücherlich sichergestellten Forderungen noch nicht erschöpft gewesen sei, seien dem Ersteher die gesamten von ihm bezahlten Entsorgungskosten zuzuweisen (§ 217 EO). Zur Verzinsung dieses Betrags fehle es allerdings an einem geeigneten Titel.
Der Revisionsrekurs des Verpflichteten ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Ersteher kann die Zuweisung von ihm aufgewendeter Kosten der Entfernung von Bauschutt keinesfalls - wie dies vom Rekursgericht vorgenommen wurde - als Vorzugsposten erreichen, weil für Kosten der Ersatzvornahme nach § 138 Abs 4 WRG kein gesetzliches Pfandrecht vorgesehen ist. Die Entscheidung SZ 59/66, auf die sich der Ersteher stützt, betrifft den Fall von Kosten einer Ersatzvornahme nach der Wiener Bauordnung, wo ein Vorzugspfandrecht ausdrücklich festgelegt wird. Dies ist aber im WRG nicht der Fall. Die strittige Frage, ob auch derjenige, der anstelle des Verpflichteten Zahlung geleistet hat, denselben Vorrang beim Meistbot genießt, wie wenn die Abgabenbehörde die Abgabenschuld angemeldet hätte (vgl hiezu GlU 14.503; GlUNF 3446; Heller/Berger/Stix 1468 f; zur Lage im Insolvenzrecht GlU 10.979; SZ 16/119; JBl 1960, 304; SZ 52/150), stellt sich hier nicht.
Für das Begehren des Erstehers auf Zuweisung der gesamten von ihm aufgewendeten Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von S 839.341,60 besteht somit keine Rechtsgrundlage, weil diese Kosten kein Vorzugsrecht genießen. Auch § 217 Abs 1 Z 1 EO setzt nach dem eindeutigen Wortlaut voraus, dass die betreffenden Steuern, Gebühren oder sonstigen öffentlichen Abgaben ein gesetzliches Pfandrecht genießen.
Auch für das Begehren auf Zuweisung des pfandrechtlich sichergestellten Betrages von S 186.660,-- fehlt eine Rechtsgrundlage.
Wohl kann sich der Ersteher auch bei der Anmeldung im Meistbotsverfahren auf § 1358 ABGB stützen (JBl 1978, 316; Mader in Schwimann, ABGB**2 Rz 14 zu § 1423). Der Ersteher hat jedoch nicht den Nachweis erbracht, dass die pfandrechtlich sichergestellte Forderung von S 186.660 für die Kosten der Ersatzvornahme auf ihn übergegangen ist. Er hat zwar Kosten in dieser Höhe aufgewendet, dies jedoch nicht für eine Ersatzvornahme; er hat vielmehr von sich aus diese Aufwendungen für Entsorgungsarbeiten getätigt. Für solche Kosten besteht jedoch keine pfandrechtliche Sicherstellung, sondern ausschließlich für eine behördliche Ersatzvornahme. Dem kann aber nicht gleichgestellt werden, dass ein Dritter die vorzunehmenden Arbeiten auf seine Kosten ausführen lässt. Dies mag einen Ersatzanspruch gegen den zur Vornahme der Arbeiten Verpflichteten zur Folge haben (siehe SZ 62/130), es liegt dem aber ein anderer Rechtsgrund als der zugrunde, für den das Pfandrecht begründet wurde. Die auf diesen Rechtsgrund, nämlich die Ersatzvornahme durch die Behörde, gegründete Forderung ist aber infolge Zweckerfüllung erloschen (siehe hiezu Honsell/Heidinger in Schwimann2 § 1447 Rz 9), und es hätte deshalb auch der Pfandgläubiger auf Grund des Pfandrechts eine Zuweisung nicht erhalten können. Nichts anderes kann aber für denjenigen gelten, der gemäß § 1358 ABGB Rechtsnachfolger des Pfandgläubigers geworden ist. Es muss daher hier nicht erörtert werden, ob die persönliche Haftung des Erstehers für die Schuld des Verpflichteten, die Voraussetzung für die Anwendung dieser Bestimmung ist, bestanden hat. Ebensowenig muss erörtert werden, ob der Ersteher eine Zuweisung erhalten hätte können, wenn ihm die Forderung auf Bezahlung der Kosten der Ersatzvornahme und damit auch das hiefür begründete Pfandrecht abgetreten worden wäre. Auf diesen Rechtsgrund hat der Ersteher seine Forderungsanmeldung nämlich nicht gestützt.
Da somit der Ersteher auch auf Grund des für die Kosten der Ersatzvornahme eingetragenen Pfandrechts eine Zuweisung nicht erhalten kann, war der Beschluss des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 41, 50 ZPO. Hier liegt ein Zwischenstreit vor, in dem - anders als im eigentlichen Meistbotsverteilungsverfahren (JB 201) - ein Kostenersatz stattfindet (SZ 58/160); Bemessungsgrundlage ist jedoch nicht das gesamte Meistbot, sondern der dem Verpflichteten gegenüber dem Beschluss des Rekursgerichtes mehr zugewiesene Betrag von S 839.341,60. Der Verpflichtete hat seine Kosten diesen Grundsätzen entsprechend verzeichnet.
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