OGH 5Ob156/00b

OGH5Ob156/00b15.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1. Mag. Christine H*****, 2. Christian H*****, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1. Ilse E*****, 2. DI Dr. Paul W*****, 3. Dr. Helena C*****, 4. Ingeborg F*****, 5. Dr. Martin G*****, 6. Mag. Dr. Thomas H*****, alle vertreten durch Hausverwaltung Ingrid Aust, Geblergasse 74/20, 1170 Wien, 7. E***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Heinz Meller, Rechtsanwalt in Wien, 8. A***** GmbH, ***** 9. Dr. Jutta H*****, 10. Dr. Sonja M*****, 8. bis 10. Antragsgegner vertreten durch Hausverwaltung Ingrid Aust, Geblergasse 74/20, 1170 Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 6 iVm § 9 MRG, infolge Revisionsrekurses der 7. Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 1. Februar 2000, GZ 39 R 620/99m‑20, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 26. August 1998, GZ 4 Msch 19/97a‑16, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2000:0050OB00156.00B.0615.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, dass der Sachbeschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Antragsteller sind schuldig, der 7. Antragsgegnerin die mit S 68 bestimmten Barauslagen des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.

 

 

Begründung:

 

Die Erstantragstellerin ist seit 1. 1. 1986 Mieterin der Wohnung top Nr 11, der Zweitantragstellerin seit 1. 1. 1986 Mieter der Wohnung top Nr 10 im Haus ***** in *****, das im Mit- und Wohnungseigentum der Antragsgegner steht. Die 7. Antragsgegnerin ist Miteigentümerin verbunden mit dem Wohnungseigentum an den Wohnungen top Nr 10 und 11 in diesem Haus. Diese beiden Wohnungen liegen im 3. Stock des Hauses und grenzen unmittelbar aneinander. Die Wohnungen waren bereits im Zeitpunkt der Vermietung an die Antragsteller durch eine Tapetentür miteinander verbunden. Die Wohnung top Nr 11 weist eine Nutzfläche von 102,85 m2 auf, die Wohnung top Nr 10 von 109,87 m2.

In ihrem verfahrenseinleitenden Antrag begehren die Antragsteller, die Antragsgegner zu verpflichten, einem bestimmten Bauansuchen zuzustimmen, womit die beiden Wohnungen zusammengelegt werden, die bereits bestehende Maueröffnung vergrößert werde, in der Wohnung top Nr 11 die Küche in ein Zimmer umgewidmet werden soll, eine Holztrennwand im Bad der Wohnung top Nr 11 entfernt werden soll, weil der gemeinsame Wohnungseingang durch die Tür der Wohnung top Nr 10 erfolgen werde. Beide Wohnungen wurden von den Antragstellern auf den Zustand der Ausstattungskategorie A angehoben.

Die Antragsteller stützten ihr Begehren auf die §§ 5 und 9 MRG.

Die 7. Antragsgegnerin begehrte die Abweisung des Antrags. Es lägen weder die Voraussetzungen des § 5 noch des § 9 MRG vor. Weder entspreche die Zusammenlegung zweier angrenzender Wohnungen der Übung des Verkehrs, wenn keine Mieteridentität vorliege, noch sei eine solche Zusammenlegung im Interesse der 7. Antragsgegnerin. Es bestünden selbständige, getrennte Wohnungen, jeweils der Ausstattungskategorie A, jeweils in ausreichender Größe, die durch eine Zusammenlegung zu einer Großwohnung würden, was hinsichtlich der Vermietbarkeit für die 7. Antragsgegnerin jedenfalls ungünstiger sei. Die Entfernung von Kategoriebestandteilen in den einzelnen Wohnungen, was als Folge der Zusammenlegung anzusehen sei, sei ihr daher nicht zumutbar.

Das Erstgericht wies das Begehren ab.

Zunächst komme eine Anwendung des § 5 MRG nicht in Betracht, da diesfalls eine Zusammenlegung zur Standardanhebung Voraussetzung sei. Beide Objekte seien jedoch bereits in Kategorie A angehoben. Darüberhinaus übersteige die Gesamtnutzfläche die in § 5 MRG angeführte.

§ 9 MRG erfasse die von den Antragstellern beabsichtigten Veränderungen nicht, weil diese Bestimmung die Veränderung des Umfangs eines Mietobjektes grundsätzlich nicht decke. Nur ausnahmsweise könne die Zusammenlegung von zwei Wohnungen auf § 9 MRG gegründet werden, wofür jedoch Mieteridentität Voraussetzung sei (WoBl 1992/91; immolex 1997/86). Durch die von den Antragstellern beabsichtigte Zusammenlegung zweier Wohnungen mit verschiedenen Mietern würde diesfalls dem Vermieter die Konstruktion eines Mitmietverhältnisses über beide Objekte aufgezwungen.

Es sei daher nicht mehr zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 9 MRG vorlägen.

Einem dagegen von den Antragstellern erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob den erstinstanzlichen Sachbeschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Gleichzeitig erklärte es den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Die von den Rechtsmittelwerbern gerügten sekundären Mangelhaftigkeiten des erstinstanzlichen Verfahrens, nämlich ob die Antragsteller tatsächlich Ehegatten seien und ob ihnen bisher schon eine gemeinsame Gestaltung der Heizungs- und Sanitäranlagen im Zug der Standardanhebung vom Vermieter bewilligt wurde, seien entscheidungsrelevant, weil entgegen der vom Erstgericht vertretenen Auffassung § 9 MRG auch die beabsichtigten Veränderungen erfasse. Zwar habe der Oberste Gerichtshof bisher die Identität der Mieter der zusammenzulegenden Wohnungen als Voraussetzung für eine Duldungspflicht des Vermieters gemäß § 9 MRG gefordert. Die Antragsteller strebten jedoch in Wahrheit keine echte Zusammenlegung der Objekte dahin an, dass diese dann rechtlich als eine Einheit anzusehen wären, sondern nur die Vergrößerung einer bisher bereits zwischen den beiden Wohnungen vorhandenen Öffnung und in diesem Zusammenhang die Vornahme diverser Änderungen. Derartige Änderungen seien unter den Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Z 1 bis 7 MRG, wie der Oberste Gerichtshof in immolex 1997/86 ausgesprochen habe, selbst dann vom Vermieter zu dulden, wenn die Mietobjekte keine wirtschaftliche Einheit im Sinn der Entscheidung WoBl 1992/91 bildeten. Diese Ansicht werde damit begründet, dass es sich dabei jeweils nur um eine Änderung sowohl des einen als auch des anderen Mietobjekts handle, also um eine in jedem Mietobjekt durchgeführte Änderung, nämlich die Schaffung eines Durchgangs, ohne dass es dabei zu einer "Zusammenlegung" der Wohnungen komme. Die Frage einer wirtschaftlichen Einheit zweier Wohnungen sei nach dem übereinstimmenden Parteiwillen und nicht nach der faktischen Benützung als Ehewohnung zu lösen.

Unter diesem Aspekt sei noch aufklärungsbedürftig, ob tatsächlich die Antragsgegner den Antragstellern aus Anlass der bevorstehenden Eheschließung gestattet hätten, bei Standardanhebung beider Wohnungen die Heizungs- und Sanitäranlagen gemeinsam für beide Wohnungen zu gestalten. Sollte sich dies erweisen, wäre ein wichtiges Interesse der Antragsteller zumindest an einer Vergrößerung der Maueröffnung nicht von der Hand zu weisen und umgekehrt eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Vermieters nicht von vornherein zu bejahen. In diesem Umfang seien die erstgerichtlichen Feststellungen noch ergänzungsbedürftig. Dabei würden die Antragsteller noch dahin anzuleiten sein, ihr wichtiges Interesse an der Vergrößerung der ohnedies bereits vorhandenen Tapetentür zu begründen. Mit den Antragsgegnern werde noch zu erörtern sein, ob sie die Wiederherstellung des früheren Zustands bei Zurückstellung auch nur eines der Mietgegenstände begehrten (im Sinn der Entscheidung immolex 1997/86).

Den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil zur Frage der Durchsetzbarkeit der Schaffung eines Durchgangs von einer Wohnung zu einer anderen bei fehlender Mieteridentität noch keine Rechtsprechung des Höchstgerichtes bestehe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der 7. Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses.

Die Antragsteller beantragten, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der 7. Antragsgegnerin ist aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig. Er ist auch berechtigt.

Zum Umfang und zur Teilbarkeit des Begehrens der Antragsteller sind dessen Wortlaut und die anspruchsbegründenden Tatsachen maßgeblich. Demnach sollen die Antragsgegner verhalten werden, einem bestimmten Bauansuchen zur Zusammenlegung der Wohnungen top Nr 10 und 11 zuzustimmen. Dabei soll die Küche der einen Wohnung in einen Wohnraum umgewandelt werden und ein gemeinsamer Eingang für beide Objekte geschaffen werden. Das Begehren ist auf das Vorliegen der Voraussetzungen des MRG gestützt, nicht aber auf Parteienvereinbarung.

Es kommt daher eine Teilstattgebung und damit eine Billigkeitslösung, wie sie dem Rekursgericht vorschwebt, ohnedies nicht in Betracht.

Daneben erübrigen sich aber Erwägungen dahin, ob nicht die Antragsgegner durch Zustimmung zur gemeinsamen Gestaltung der Heizungs- und Sanitäranlagen für beide Wohnungen (vgl Beilage ./B) bereits einen Umstand gesetzt hätten, der ihre Zustimmung zur Zusammenlegung der beiden Wohnungen annehmen ließe, weil ein diesbezügliches Begehren im Außerstreitverfahren verfehlt wäre. Die Antragsteller haben ihr Begehren darauf auch nicht gegründet.

Der Umstand, ob die beiden Antragsteller nunmehr miteinander verheiratet sind, könnte allenfalls bei Bejahung eines wichtigen Interesses von Bedeutung sein, was aber als Voraussetzung für ein Änderungsbegehren nach § 9 MRG ohnedies nicht ausreicht. Zu sehr steht die Beeinträchtigung schutwürdiger Interessen des Vermieters durch die Zusammenlegung zweier Wohnungen, die jeweils über 100 m2 Nutzflächen aufweisen und der Ausstattungskategorie A zuzuordnen sind schon in Hinblick auf die bessere Vermietbarkeit getrennter Objekte im Vordergrund. Daneben bietet noch die Zusammenlegung zweier selbständiger Wohnungseigentumseinheiten ohne Zustimmung der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer eine besondere rechtliche Problematik wie auch der vom Rekursgericht aufgezeigte Umstand der Entstehung eines gemeinsamen Bestandobjekts mit zwei unterschiedlichen Mietern, was zur Annahme einer dem Vermieter aufgezwungenen Mitmietergemeinschaft führen würde. All diese Umstände auch im rechtlichen Bereich sind weitere Interessensbeeinträchtigungen des Vermieters, die seine Duldungspflicht ausschließen.

Damit liegen letztlich die Voraussetzungen, die Grundlage der in immolex 1997/86 veröffentlichten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes waren, nämlich dass zwei selbständige Objekte trotz Herstellung eines Durchgangs erhalten bleiben, nicht vor. Schon die beabsichtigte Entfernung der Küche und des Eingangs einer Wohnung lassen es nicht mehr zu, in rechtlicher Hinsicht von zwei weiterbestehenden selbständigen Mietobjekten auszugehen.

Die Bestimmung des § 9 MRG bietet also keine Grundlage dafür, bei fehlender Mieteridentität die Zusammenlegung zweier nebeneinanderliegender Wohnungen, die jeweils über 100 m2 Nutzfläche aufweisen und jeweils mit den Ausstattungsmerkmalen der Kategorie A versehen sind, gegen den Willen des Vermieters zu genehmigen.

Nur nebenbei sei noch erwähnt, dass die Situation für die Antragsteller ohnedies entschärft ist, als bereits eine Tapetentür zwischen ihren beiden Wohnungen und damit eine Verbindungsmöglichkeit besteht.

Der Revisionsrekurs war daher berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 19 MRG.

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