OGH 5Ob184/99s

OGH5Ob184/99s27.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Mag. Konrad L*****, vertreten durch Dr. Gert Kleinschuster, Rechtsanwalt in Graz, wider die Antragsgegnerin Gabriele D*****, vertreten durch Dr. Peter Bartl, Dr. Anton Cuber, Rechtsanwälte in Graz, wegen Benützungsregelung, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 18. Mai 1999, GZ 5 R 9/99a-109, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 1. Dezember 1998, GZ 20 Nc 1017/94b-105, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichtes mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass seinem Punkt I/1 folgender Satz anzufügen ist:

"Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller jeweils die gesetzliche Umsatzsteuer zuzüglich zu den Benützungsentgeltsbeträgen zu bezahlen".

Text

Begründung

Der Antragsteller ist zu einem Drittel, die Antragsgegnerin zu zwei Drittel Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, wobei die Antragsgegnerin diese Liegenschaft allein benützt. Es besteht weder eine Benützungsregelungsvereinbarung noch ein Mietvertrag. Die Antragsgegnerin übt auf diesem Grundstück ihr Garagierungsgewerbe aus und verwendet sowohl die Abstellflächen als auch die Garagen zur Vermietung für Kraftfahrzeuge.

Bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften des § 8 Abs 1 Steiermärkische Garagenordnung ergeben sich auf der Liegenschaft unter Berücksichtigung des notwendigen Platzes zum Wenden und Reversieren Abstellplätze für 13 Pkws im geschlossenen Bereich, für sechs Pkws im überdachten Bereich und im Freibereich für 12 Pkws. Der Erhaltungszustand der Gebäude ist schlecht, die wirtschaftliche Abbruchreife ist nahezu erreicht.

Bei Vermietung von 31 Pkw-Abstellplätzen ergibt sich für die Jahre 1989 bis 1998 jeweils der aus dem Spruch des Erstgerichtes ersichtliche Betrag als ein Drittel der monatlichen angemessenen Mieteinnahmen.

Hinsichtlich aller Abstellplätze bestehen Mietverträge, die auf unbestimmte Zeit abgeschlossen sind, wobei jedem Mieter ein bestimmter Stellplatz zugewiesen ist.

Am 5. 9. 1989 begehrte der Antragsteller hinsichtlich der bezeichneten Liegenschaft eine Benützungsregelung dahin, dass ihm eine näher beschriebene, seinem Miteigentumsanteil entsprechende Teilfläche zur alleinigen Nutzung zugewiesen werde, der Antragsgegnerin aufgetragen werde, den ihm zur Benützung zugewiesenen Teil der Liegenschaft von allen dort abgestellten Kraftfahrzeugen oder Fahrnissen zu räumen und dem Antragsteller geräumt zu übergeben und beginnend mit 1. 12. 1989 bis zur Erfüllung dieser Verpflichtung einen monatlichen Benützungsentschädigungsbetrag von S 8.155 zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer wertgesichert zu bezahlen. Weiters begehrte der Antragsteller für die Vergangenheit, nämlich für den Zeitraum 1. 10. 1986 bis 30. 11. 1989 eine Entschädigung für die alleinige Benützung durch die Antragsgegnerin. Er erteilte der Antragsgegnerin darüber hinaus die Ermächtigung, bis auf Widerruf sich von der Verpflichtung zur Einräumung einer seinem Miteigentumsanteil entsprechenden Nutzung dadurch zu befreien, dass sie bis auf weiteres einen monatlichen Betrag von S 8.155 zuzüglich Mehrwertsteuer wertgesichert bezahle.

In der mündlichen Verhandlung vom 22. 5. 1997 erhob der Antragsteller ein "Eventualbegehren" womit der Antragsgegnerin aufgetragen werden solle, ab 1. 12. 1989 bis zur freien Verfügbarkeit der ihm zuzuweisenden Grundstücksfläche eine monatlichen Benützungsentschädigung von S 6.713 zuzüglich Mehrwertsteuer und wertgesichert zu bezahlen.

Am 3. 2. 1998 (ON 80) erfolgte eine "Ausdehnung" und "Neufassung" der bisherigen Anträge, wobei das eben zitierte Eventualbegehren nun wiederum als Hauptbegehren gefasst wurde.

Die Antragsgegnerin bestritt das gesamte Begehren des Antragstellers und beantragte dessen Abweisung. Die Zuweisung eines dem Miteigentumsanteil des Antragstellers entsprechenden Liegenschaftsteils setze dessen Verfügbarkeit voraus. Diese sei nicht gegeben.

Die Behauptung der Antragsgegnerin Mieterin der Liegenschaft zu sein, wurde nach rechtskräftiger Entscheidung im Verfahren 7 C 3/90g des BG für ZRS Graz nicht mehr aufrecht erhalten.

Die Antragsgegnerin wendete auch ein, dass eine Verpflichtung zur Zahlung eines Benützungsentgelts für die Vergangenheit nicht in Betracht käme.

Im ersten Rechtsgang wurde das für die Vergangenheit vom Antragsteller erhobene Begehren auf Zahlung einer Benützungsentschädigung für den Zeitraum vom 1. 10. 1986 bis 30. 11. 1989 abschließend erledigt (5 Ob 531/95).

Im zweiten Rechtsgang verpflichtete das Erstgericht die Antragsgegnerin, dem Antragsteller für den Zeitraum 5. 12. 1989 bis 31. 12. 1997 ziffernmäßig bestimmte Beträge an monatlichem Benützungsentgelt zu bezahlen. Ab 1. 1. 1998 verpflichtete es die Antragsgegnerin, zur Zahlung einer monatlichen, wertgesicherten Benützungsentschädigung von S 6.233,33.

Das darüber hinausgehende Begehren, darin auch das Begehren auf Zahlung von Umsatzsteuer zuzüglich zur Benützungsentschädigung, wies das Erstgericht ab.

Ausgehend von den oben wiedergegebenen Feststellungen verneinte das Erstgericht das Begehren des Antragstellers auf Zuweisung einer bestimmten Liegenschaftsfläche mit der Begründung, dass die Liegenschaft infolge Vermietung nicht verfügbar sei. Der Umstand, dass hinsichtlich sämtlicher Stellplätze auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Mietverträge bestünden, verhindere eine Zuweisung an den Antragsteller. Im Außerstreitverfahren müsse die Verfügbarkeit nicht hergestellt werden, eine solche sei im Prozessweg zu erlangen. Allerdings stehe dem Antragsteller für den Zeitraum ab Antragstellung, somit ab 5. 12. 1989 ein angemessenes Benützungsentgelt zu, das sich an den angemessenen ortsüblichen Benützungsentgelten für die Kfz-Abstellplätze zu orientieren habe. Dabei folgte das Erstgericht den durch Sachverständige ermittelten Werten.

Die Entscheidung über ein Benützungsentgelt für Werbeflächen, die auf der Liegenschaft vorhanden sind, behielt das Erstgericht einer späteren Entscheidung vor.

Den von beiden Streitteilen gegen diesen Beschluss erhobenen Rekursen gab das Gericht zweiter Instanz teilweise Folge und änderte den erstinstanzlichen Beschluss dahin ab, dass das Begehren des Antragstellers auf Zahlung von Benützungsentgelt für den Zeitraum vor dem 22. 5. 1997 abgewiesen wurde. Die Antragsgegnerin wurde verpflichtet, ab dem 22. 5. 1997 bis zur freien Verfügbarkeit der dem Antragsteller zuzuweisenden Grundstücksfläche eine monatliche, wertgesicherte Benützungsentschädigung von S 6.233,33 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer zu bezahlen. Der abweisende Teil des erstinstanzlichen Beschlusses wurde im Übrigen bestätigt. Die Entscheidung über eine Benützungsentschädigung für die Werbefläche blieb vorbehalten.

Das Rekursgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes hinsichtlich der mangelnden Verfügbarkeit der Liegenschaft infolge deren Vermietung auf unbestimmte Zeit. Die Zuweisung eines Liegenschaftsteils zur Benützung durch den Antragsteller komme daher nicht in Betracht. Allerdings habe die Antragsgegnerin dafür dem Antragsteller für die unverhältnismäßige Nutzung der Liegenschaft durch Entrichtung eines angemessenen Benützungsentgelts Ausgleich zu verschaffen. Der Antragsteller habe Anspruch auf das der bestmöglichen Verwertung entsprechende Entgelt, naturgemäß aber nur auf solches Entgelt, das unter Einhaltung aller gesetzlichen oder allenfalls im Verordnungsweg erlassenen Vorschriften erzielbar sei. Es seien daher nur so viele Abstellplätze der Ermittlung des Benützungsentgelts zugrundezulegen, wie unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften vermietbar seien.

Mit Recht erachte sich der Antragsteller durch den Nichtzuspruch der Mehrwertsteuer hinsichtlich der ihm zuerkannten monatlichen Benützungsentgelte für beschwert. Die Zahlungsverpflichtung der Antragsgegnerin erfolge aufgrund eines Leistungsaustausches, weil ihr der Antragsteller ein Drittel der ihm gehörenden Liegenschaft zur Benützung zu überlassen habe.

Allerdings könne nach ständiger Rechtsprechung Benützungsentgelt nicht für die Vergangenheit, sondern nur für die Zukunft, nämlich ab Antragstellung im Verfahren außer Streit zuerkannt werden. Deshalb sei der Einwand der Antragsgegnerin berechtigt, dem Antragsteller stehe Benützungsentgelt jedenfalls erst ab 22. 5. 1997 zu. Zu diesem Ergebnis gelangte das Rekursgericht aus nachstehenden Erwägungen:

Der Antragsteller habe ursprünglich ein Hauptbegehren auf Benützungsregelung und Zahlung von Benützungsentgelt bis zur Besitzeinweisung erhoben. Erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 22. 5. 1997 habe er für den Fall der Abweisung des Hauptbegehrens (die dann auch erfolgt sei) ein Eventualbegehren auf Zahlung von Benützungsentgelt anstelle der Zuweisung eines Liegenschaftsteils begehrt. Nur dieses Begehren, nicht aber das Hauptbegehren, das mangels Verfügbarkeit abgewiesen worden sei, habe sich als berechtigt erwiesen. Eine später (mit ON 80) erfolgte Ausdehnung des Begehrens auf Zahlung von Benützungsentgelt ab Antragstellung verstoße daher gegen den Grundsatz, dass Benützungsentgelt für die Vergangenheit nicht begehrt werden könne.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG zulässig sei, weil einerseits zur Frage, ob zusätzlich zu Benützungsentgelt Umsatzsteuer zu bezahlen sei und andererseits dazu, ob ein Antrag auf Benützungsregelung bereits ein Begehren auf Benützungsentgelt beinhalte, oder ob dieses in bestimmter Höhe geltend gemacht werden müsse, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Diesen Fragen komme zur Wahrung der Rechtssicherheit und Rechtseinheit erhebliche Bedeutung zu.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer gänzlichen Antragsstattgebung. Hilfsweise beantragt er, ihm ab 1. 12. 1989 einen Benützungsentschädigungsbetrag von S 8.155 wertgesichert zuzüglich 20 % Umsatzsteuer zuzuerkennen, in eventu, einen weiteren Betrag von S 522 zuzüglich Umsatzsteuer für die Vermietung von Werbeflächen; in eventu, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht in Verkennung der Rechtslage Prozesserklärungen des Antragstellers unrichtig gewürdigt hat, was einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf. Insofern kommt dem Rechtsmittel erhebliche Bedeutung im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO zu (vgl Kodek in Rechberger, Rz 3 zu § 502 ZPO mwN).

Auch in den besonderen Verfahren Außer Streitsachen, die über Antrag eingeleitet werden, führt die sinngemäße Anwendung des § 405 ZPO dazu, dass nicht mehr oder etwas anderes zugesprochen werden darf, als mit dem Antrag begehrt wurde (EFSlg 64.465), wenn auch in diesen Verfahren die Bindung an den verfahrenseinleitenden Antrag zum Teil weniger streng zu beurteilen ist als im Zivilprozess (Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren, 27). Schon daher verbietet sich die vom Rekursgericht getroffene Auslegung des Antragsinhalts, wonach ein im Rahmen eines abgewiesenen Benützungsregelungsbegehrens erhobenes Begehren auf Zahlung von Benützungsentgelt bis zur Besitzeinweisung nicht als selbständiges Begehren auf Zahlung von Benützungsentgelt gewertet wurde, sondern ein ausdrückliches Eventualbegehren auf Zahlung von Benützungsentgelt für den Fall der Abweisung des Hauptbegehrens auf Benützungsregelung gefordert wurde.

Der Antragsteller hat seinen verfahrenseinleitenden Antrag vom 5. 12. 1989 unmissverständlich auf Benützungsregelung hinsichtlich der von der Antragsgegnerin allein benützten Liegenschaft gerichtet und für all jene Zeiträume, in denen ihm eine seinem Miteigentumsanteil entsprechende Benützung noch nicht möglich war (bis zur Antragstellung) und künftig nicht möglich sein werde (ab Antragstellung) Benützungsentgelt begehrt. Die unter Punkt 4/1 (auf Seite 5 des verfahrenseinleitenden Antrags) enthaltene Einschränkung "bis zur Erfüllung der Punkte 1 und 3" also bis zur tatsächlichen Besitzeinweisung nach erfolgter Benützungsregelung, läßt die Deutung nicht zu, die Benützungsentschädigung werde ausschließlich nur für den Fall begehrt, dass zuletzt eine Benützungsregelung erfolge. Die Formulierung dieses Begehrens vom 22. 5. 1997 als Eventualbegehren zum Hauptbegehren auf Benützungsregelung stellt daher nur eine deutlichere Formulierung des ohnedies Begehrten dar, zu der das Erstgericht den Antragsteller anzuleiten gehabt hätte, wenn es das Begehren nicht ohnedies für ausreichend deutlich erachtet hätte.

Insofern war der Revisionsrekurs berechtigt und der Zuspruch von Benützungsentgelt für den Antragsteller ab Antragszeitpunkt wiederherzustellen.

Im Übrigen ist der Revisionsrekurs jedoch nicht berechtigt.

Was die Verfügbarkeit der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft betrifft, kann auf die im ersten Rechtsgang zu 5 Ob 531/95 getätigten Ausführungen verwiesen werden, die den Gesamtkomplex der hier entscheidungswesentlichen Fragen bereits behandelt hat. Die Vorinstanzen sind bei der neuerlichen Entscheidung diesen Grundsätzen gefolgt, wenn sie davon ausgingen, die Vermietung der Abstellflächen auf unbestimmte Zeit hindere die Verfügbarkeit der gemeinschaftlichen Liegenschaft und damit eine Benützungsregelung für den Antragsteller.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Höhe des Benützungsentgelts so zu berechnen ist, als ob der Miteigentümer den seinen Miteigentumsanteil übersteigenden Teil der Sache von dem anderen Miteigentümer in Bestand genommen hätte, wobei von einem ortsüblichen Bestandzins in bestmöglicher Verwertung der gemeinschaftlichen Sache auszugehen ist (JBl 1983, 486; RZ 1973/17;

MietSlg 24.065, 16.045; Gamerith in Rummel, ABGB**2 Rz 8 zu § 835;

Hofmeister in Schwimann, Rz 26 zu § 835 ABGB). Dass unter "bestmöglicher" Verwertung der gemeinschaftlichen Sache nur eine gesetzeskonforme Verwertung gemeint sein kann, versteht sich von selbst. So hat sich etwa ein angemessenes Benützungsentgelt für eine Wohnung an den im maßgeblichen Zeitraum geltenden Zinsvorschriften zu orientieren (vgl 1 Ob 2179/96i). Nichts anderes gilt, wenn, wie im vorliegenden Fall, verwaltungsbehördliche Vorschriften die Anzahl der Abstellplätze für Pkws auf einer Liegenschaft beschränken. Das Benützungsentgelt ist diesfalls nur von der Anzahl der zulässigerweise abgeschlossenen Mietverträge über Stellplätze zu ermitteln.

Auf ein Benützungsentgelt für vermietete Werbeflächen ist schon deshalb nicht einzugehen, weil dieser Anspruchsteil nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung ist, sondern die Entscheidung darüber ausdrücklich vorbehalten blieb.

Der Revisionsrekurs war sohin teilweise berechtigt.

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