OGH 3Ob147/99k

OGH3Ob147/99k26.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Claudia H*****, vertreten durch Dr. Maria Weidinger, Rechtsanwältin in Schärding, gegen die beklagte Partei Dr. Walter M*****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen Unterlassung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 29. Jänner 1999, GZ 22 R 466/98f-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Haag am Hausruck vom 2. Oktober 1998, GZ C 20/98 h-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.058,88 (darin enthalten S 676,48 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin erwarb im Jahr 1993 die Liegenschaft EZ 37 KG O*****, deren Grundstück 734/1 zum genossenschaftlichen Jagdgebiet der Genossenschaftsjagd H***** gehört. Jagdausübungsberechtigte ist die Jagdgesellschaft H*****; der Beklagte ist Jagdleiter. Dieses Grundstück besteht aus einem erneuerten Gutsanwesen mit Haupthaus und Scheune; südlich des Haupthauses erstreckt sich eine leicht abfallende Wiesenfläche; in der südöstlichen Ecke liegt ein Mischwald, durch den ein kleiner Bach mit einer Brücke fließt. Von der südlichen Grundstücksecke führt ein etwa 3 m breiter Weg Richtung Osten zu einem Pferdespringplatz. Dieser Springplatz und auch die (streitgegenständliche) Rasenfläche um das Hauptgebäude sind eingezäunt. Diese Einzäunung erfolgte noch 1993 und war im Herbst 1994 bereits fertiggestellt. Es handelt sich um massive, senkrecht eingeschlagene, etwa 1,5 m aus dem Grund herausragende Eisenbahnschwellen, die zueinander einen Abstand von etwa 4 m haben und durch etwa 10 cm starke Rundhölzer verbunden sind; es sind hiebei jeweils drei Rundhölzer angebracht, und zwar (beginnend) 40 bis 70 cm vom Boden, wobei der Abstand vom untersten zu den beiden oberen Hölzern zwischen 40 und 60 cm schwankt. Der eingezäunte Bereich um das Haus dient der Klägerin und ihrer Familie als Erholungsbereich; die Klägerin beabsichtigt, diesen Bereich parkähnlich mit Blumen zu kultivieren und Skulpturen aufzustellen.

Bei einer im Herbst 1994 durchgeführten Treibjagd kam es zu Meinungsverschiedenheiten und verbalen Auseinandersetzungen zwischen dem Ehegatten der Klägerin und einigen Jägern, weil nach Ansicht des Ehegatten der Klägerin von den Jägern etwa 50 Pflanzen niedergetreten wurden, die Jagd unmittelbar bis zum Haus durchgeführt wurde und er sich wegen des geäußerten Unmuts von einem Jäger auch noch beschimpfen lassen musste. Aus Anlass dieses Zwischenfalls kam es noch im Herbst 1994 auf dem Anwesen der Klägerin zu einer Aussprache zwischen der Klägerin und ihrem Gatten einerseits sowie dem Beklagten als Jagdleiter und den beiden Anstellern Franz Z***** und Franz D***** andererseits. Der Beklagte hielt dabei fest, dass auch der umzäunte Bereich dem Jagdgebiet angehöre, versicherte jedoch, in Hinkunft werde die Jagd auf dem Grundstück 734/1 schonend ausgeübt, es würden nicht alle Teilnehmer über das Anwesen der Klägerin gehen. Um zu verhindern, dass die Teilnehmer kreuz und quer durch das Anwesen gehen, fand auch eine Begehung jenes Weges statt, den die Teilnehmer über das Grundstück der Klägerin wählen sollten. Eine Vereinbarung dahin, dass der Beklagte in seiner Funktion als Jagdleiter das Grundstück 734/1 überhaupt nicht mehr betreten werde, wurde nicht geschlossen; es wurde auch nicht zugesichert, dass in Hinkunft anläßlich der einmal im Jahr stattfindenden Jagd die Teilnehmer das Anwesen der Klägerin im Bereich des Waldes bzw des Hauses nicht mehr betreten werden.

Nachdem in den Folgejahren die Treibjagd ohne Beanstandungen durchgeführt wurde, fand am 10. 11. 1997 wiederum eine Treibjagd statt, die der Beklagte leitete. Auch dieses Mal wurde das Wild entlang des Waldes getrieben; der Beklagte überwachte die Jagd. Nach dem Abblasen gingen Schützen auf dem im Herbst 1994 festgelegten Weg über das Grundstück der Klägerin. Es steht nicht fest, dass auf dem Anwesen der Klägerin selbst tatsächlich ein Schuss abgegeben wurde und dass Personen einer konkreten Gefährdung ausgesetzt gewesen wären.

Die Klägerin begehrt das Urteil, der Beklagte sei schuldig, das Betreten des Teiles des Grundstücks 734/1 zwischen den Grenzpunkten 4948, 4973, 9734 und 9744 (d.i. im Wesentlichen die an das Gutsanwesen anschließende Wiesenfläche) in Hinkunft zu unterlassen; sie stützt ihr Begehren auf eine entsprechende Vereinbarung mit dem Beklagten sowie auf § 4 lit e und § 63 OöJagdG.

Der Beklagte wendete ein, eine derartige Vereinbarung liege nicht vor, er habe das Grundstück nicht widerrechtlich betreten, die Umzäunung sei an keiner Stelle so gestaltet, dass das Eindringen von Haarwild verhindert würde, die Sicherheit von Menschen werde in diesem Bereich keineswegs gefährdet.

Das Erstgericht wies die Klage ab; der von ihm festgestellte Sachverhalt wurde im Wesentlichen bereits eingangs wiedergegeben; in rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Einwand der Unzulässigkeit des Rechtsweges sei unberechtigt. Das Jagdrecht sei ein Privatrecht, das mit dem Grundeigentum untrennbar verbunden sei; für Streitigkeiten aus einer Jagdpachtung seien daher die Gerichte zur Entscheidung berufen, wenn nicht durch ausdrückliche Vorschrift die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden angeordnet sei. Danach sei aber nicht nur hinsichtlich der behaupteten privatrechtlichen Vereinbarung mit dem Beklagten der Rechtsweg jedenfalls zulässig, sondern auch so weit, als sich die vorliegende Klage auf § 4 und auf § 63 OöJagdG stütze. Das OöJagdG sehe hier kein besonderes Verfahren vor. Mit § 93 OöJagdG werde die Entscheidung über Streitigkeiten aus einer Jagdpachtung nicht durch ausdrückliche Vorschriften in die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde verwiesen, sondern nur normiert, dass Zuwiderhandlungen unabhängig von privatrechtlichen Ansprüchen als Verwaltungsübertretungen zu ahnden seien.

Nach § 4 lit e OöJagdG ruhe die Jagd in Höfen und Hausgärten, die durch eine Umfriedung abgeschlossen sind. Nach § 4 lit f OöJagdG ruhe die Jagd auf Flächen, die nicht als forstwirtschaftlich genutzte Grundflächen anzusehen sind und in denen das Eindringen des Haarwildes durch natürliche oder künstliche Umfriedungen verhindert wird. Hofräume und Hausgärten müssten, damit die Jagd dort ruhe, durch Mauern, Steine, Hecken, Gräben udgl gegen das beliebige Betreten durch fremde Personen gesichert sein, um im Sinn des § 4 lit e OöJagdG als abgeschlossen zu gelten. Eine derartige Umfriedung liege hier nicht vor, sei doch ein Betreten des Grundstückes problemlos möglich.

Umfriedungen im Sinn des § 4 lit f OöJagdG seien hingegen nur danach zu beurteilen, ob sie objektiv geeignet sind, das Wild abzuhalten. Dies sei hier auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts und auch schon aufgrund des Vorbringens der Klägerin, dass Hasen durchaus auf ihr Grundstück eindringen könnten, nicht der Fall. Schließlich dürfe auf Flächen, auf denen die Jagd nach § 4 OöJagdG ruhe, das Wild nur nicht aufgescheucht, verfolgt, vertrieben, erlegt oder gefangen werden. Das Aneignungsrecht bleibe dem Jagdausübungsberechtigten hingegen gewahrt; die Fläche bleibe trotz Einzäunung einem eigen- oder genossenschaftlichen Jagdgebiet zugeordnet. Der Beklagte bleibe daher jedenfalls zum Betreten dieser Fläche berechtigt.

Nach § 63 Abs 1 OöJagdG dürfe nicht gejagt werden, soweit das Leben und die Sicherheit von Menschen gefährdet oder soweit durch die Jagd die öffentliche Ruhe und Ordnung gestört wird. Auch daraus sei nicht zu entnehmen, dass dem Beklagten das Betreten dieses Gebietes untersagt werden könne. Im Übrigen sei die Jagdausübung nur insoweit verboten, als sie im Einzelfall eine konkrete Gefährdung von Menschen oder eine konkrete Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung verursache. Die konkrete Gefährdung im Einzelfall orientiere sich dabei am Taterfolg des § 89 StGB. Es müsse sich um eine Situation handeln, die typischerweise dem Eintritt einer Körperverletzung vorangehe, wobei es nur noch von unberechenbaren und unvorhersehbaren Umständen, demnach vom Zufall, abhänge, ob eine solche Verletzung auch wirklich erfolge. Es müsse daher eine Situation vorliegen, die sich bereits so bedrohlich zugespitzt habe, dass sie für den davon Betroffenen erfahrungsgemäß nahezu zwangsläufig eine Beeinträchtigung von Leib oder Leben zur Folge habe. Dies sei hier nicht der Fall. Allein der Umstand, dass mehrere Teilnehmer der Treibjagd das Grundstück der Klägerin betraten und Schüsse zu hören waren, begründe noch keine konkrete Gefahr im Einzelfall.

Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung der Klägerin das Ersturteil und sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige S 52.000, die ordentliche Revision sei zulässig, weil zu § 4 lit e und f OöJagdG keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes und keine hier verwertbare Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorgefunden worden sei, die eine Eigentumsbeschränkung enthaltenden Bestimmungen des OöJagdG in ihrem Bestand in Frage gestellt werden könnten oder deren Auslegung unter dem Aspekt der Konformität mit Art 5 StGG als höherstufigem Recht zu einem anderen Ergebnis führen könnte.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Ersturteils und führte in rechtlicher Hinsicht aus, gemäß § 4 OöJagdG ruhe die Jagd auf Höfen und Hausgärten, die durch eine Umfriedung abgeschlossen sind (lit e), und auf nicht forstlich genutzten Grundflächen, in die das Eindringen des Haarwildes durch natürliche oder künstliche Umfriedungen verhindert werde; landesübliche Zäune gelten nicht als Umfriedungen in diesem Sinne (lit f).

Entscheidungswesentlich sei, ob die vorhandene Einzäunung als Umfriedung im Sinn dieser Bestimmungen anzusehen sei.

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen habe mit Schreiben vom 26. 2. 1998 die Eigung der Einzäunung als Umfriedung im Sinne des § 4 lit e OöJagdG verneint. Nach Pesendorfer/Rechberger, Das OöJagdrecht Rz 3 zu § 4, müssten Hofräume und Hausgärten, damit die Jagd dort ruhe, durch Mauern, Steine, Hecken, Gräben udgl gegen das beliebige Betreten durch fremde Personen gesichert sein, um im Sinn des Gesetzes als abgeschlossen zu gelten. Nach der vergleichbaren Bestimmung des § 17 Abs 1 NöJagdG ruhe die Jagd nur auf durch Umfriedung "vollständig" abgeschlossenen Höfen und Hausgärten. Die hier vorliegende Einzäunung sei keine ausreichende Sicherung gegen das beliebige Betreten durch fremde Personen, bedürfe es doch nur einer für durchschnittlich wendige Personen ohne nennenswerte Schwierigkeiten durchzuführenden Körperdrehung, um durch die horizontal angebrachten Pfosten durchzusteigen.

Auch ein Ruhen der Jagd nach § 4 lit f OöJagdG könne nicht angenommen werden, weil die Einzäunung keinesfalls das Eindringen von Haarwild verhindere. Unter Haarwild seien nach der Anlage zum OöJagdG neben dem Hoch- oder Rotwild ua auch der Feldhase, das wilde Kaninchen, das Murmeltier udgl zu subsumieren.

Würde man selbst das Ruhen der Jagd nach einer der vorgenannten beiden Bestimmungen bejahen, wäre der Beklagte dennoch in Ausübung des Aneignungsrechtes berechtigt, das Grundstück zu betreten (Pesendorfer/Rechberger aaO Rz 1 E zu § 4).

Was das Jagdverbot nach § 63 OöJagdG anlange, so könne unter Bedachtnahme auf die Örtlichkeiten in Verbindung mit der einmal pro Jahr einen Tag dauernden Jagd eine Gefährdung des Lebens und der Sicherheit von Menschen ebensowenig wie eine Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung ersehen werden. Auch der Umstand, dass das Grundstück im Ortsgebiet liege, könne eine konkrete Gefährdung oder Störung nicht herstellen, weil die Eingrenzung eines Straßennetzes durch die Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" aus verkehrspolitischen Gründen erfolge.

Die Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin macht als Liegenschaftseigentümerin mit Eigentumsfreiheitsklage (§ 354 ABGB) einen Unterlassungsanspruch geltend.

Nach § 364 Abs 1 ABGB findet die Ausübung des Eigentumsrechtes nur insofern statt, als dadurch weder in die Rechte eines Dritten ein Eingriff geschieht noch die in den Gesetzen zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohles vorgeschriebenen Einschränkungen übertreten werden. Dieser Bestimmung kommt verweisender Charakter zu; eine Vielzahl von Eigentumsbeschränkungen findet sich im öffentlichen Recht (Oberhammer in Schwimann**2 Rz 1 zu § 364). Auch öffentlich-rechtliche Beschränkungen sind im Zivilrechtsstreit zu beachten; sie entkräften das Grundeigentum und nehmen sonst gegebene Abwehransprüche (Spielbüchler in Rummel, ABGB**2 Rz 3 zu § 364).

Das Jagdrecht, die ausschließliche Befugnis, jagdbare Tiere zu hegen, zu fangen, zu erlegen und sich anzueignen, steht dem Grundeigentümer als Ausfluss seines Eigentums zu (SZ 56/20; Spielbüchler in Rummel**2 Rz 2 zu § 383). Der Grundeigentümer darf das Jagdrecht aber aus jagdpolizeilichen und jagdwirtschaftlichen Gründen nur ausüben, wenn er über eine zusammenhängende und jagdlich (oder land- und forstwirtschaftlich) nutzbare Fläche von einer bestimmten Mindestgröße (in den meisten Bundesländern 115 ha) verfügt. Ist das nicht der Fall, so bildet sein Eigentumskomplex einen Bestandteil des Genossenschafts- oder Gemeindejagdgebietes und der Grundeigentümer ist auf "Randrechte" des Jagdrechtes, wie den Bezug des anteiligen Jagdpachtschillings und die Mitwirkung bei der Vergabe der Genossenschafts- oder Gemeindejagd, beschränkt (Anderluh, Jagdrecht und Grundeigentum, ÖJZ 1984, 630).

Soweit die Befugnisse des Jagdausübungsberechtigten reichen, ist das Eigentum des Liegenschaftseigentümers beschränkt. Bei der Beurteilung, ob und inwieweit der Liegenschaftseigentümer aufgrund der öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des Jagdrechts, hier des OöJagdG, das Betreten seiner Liegenschaft in Kauf nehmen muss, ist grundsätzlich zu beachten, dass im Zweifel ein Gesetz nicht so ausgelegt werden darf, dass es mit der Verfassung in Widerspruch stehend erscheint (s Posch in Schwimann**2 Rz 27 zu § 6 mit Hinweisen auf die stRsp des VfGH). Für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit von Eigentumseingriffen ist primär Art 5 StGG maßgeblich. Der Verfassungsgerichtshof stützt seine Judikatur, wonach für Eigentumsbeschränkungen das Erfordernis des öffentlichen Interesses besteht, auf Art 1 Abs 1 1. ZProtMRK; er stellt in zunehmendem Maße bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit von Eigentumseingriffen auch auf eine Verhältnismäßigkeit ab (s Mayer, B-VG**2 Art 5 StGG III 2, III 3).

Gegen die Verfassungsmäßigkeit der hier maßgeblichen, eine Eigentumsbeschränkung enthaltenden Bestimmungen des OöJagdG bestehen keine Bedenken. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes handelt es sich bei den in den Ländern festgesetzten Formen der gemeinschaftlichen Jagdausübung um verfassungsrechtlich unbedenkliche Eigentumsbeschränkungen, solange den einzelnen Grundeigentümern ein formeller Anspruch auf einen Anteil am Pachtschilling eingeräumt wird (Helmut Binder, Jagdrecht 130 ff mit Hinweisen auf die Rsp des VfGH). Die Auslegung der hier maßgeblichen Bestimmungen des § 4 lit e und f OöJagdG über das Ruhen der Jagd ergibt auch unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze nicht, dass der Beklagte in unzulässiger Weise in das Eigentum der Klägerin als Liegenschaftseigentümerin eingegriffen hätte.

Nach § 4 lit e OöJagdG ruht die Jagd auf Höfen und Hausgärten, die durch eine Umfriedung abgeschlossen sind. Hier kann schon wegen der Größe der in Rede stehenden Grundfläche nicht von einem "Hof" oder "Hausgarten" gesprochen werden. Soweit die Klägerin als maßgeblich auch hervorhebt, es handle sich um eine Fläche, die ihr und ihrer Familie zur Erholung diene, kann sie damit nicht aufzeigen, dass auf dieser Fläche die Jagd ruht. § 4 OöJagdG sieht nämlich ausdrücklich vor, dass in "Parks" die Jagd ruht, dies sind aber nach § 4 lit b OöJagdG die der Erholung dienenden öffentlichen Anlagen. Gerade eine öffentliche Anlage liegt hier nicht vor.

Schon deshalb, weil weder ein Hof noch ein Hausgarten vorliegt, ist hier die Eigenschaft einer Fläche, auf der die Jagd nach § 4 lit e OöJagdG ruht, zu verneinen. Dahingestellt bleiben kann daher, ob diese Fläche überhaupt durch eine Umfriedung abgeschlossen ist, was eine weitere Voraussetzung für das Ruhen der Jagd darstellen würde.

Nach § 4 lit f OöJagdG ruht die Jagd auf nicht forstlich genutzten Grundflächen, in die das Eindringen des Haarwildes durch natürliche oder künstliche Umfriedungen verhindert wird; landesübliche Weidezäune gelten nicht als Umfriedungen in diesem Sinne. Die Umfriedungen sind danach zu beurteilen, ob sie objektiv geeignet sind, das Wild abzuhalten (Pesendorfer/Rechberger, Das OöJagdrecht, Anm 4 zu § 4 mit Hinweis auf die Entscheidung des VwGH 3397/79).

Hier kann kein Zweifel bestehen, dass die vorhandene Umfriedung in keiner Weise das Eindringen des Haarwildes verhindert. Die Überlegungen der Revision, welcher Art eine ausreichende Umfriedung sein müsste, gehen am festgestellten Sachverhalt vorbei.

Weiters stützt sich die Klägerin darauf, dass auf ihrer Grundfläche wegen des örtlichen Verbotes des § 63 Abs 1 Satz 1 Fall 1 OöJagdG nicht gejagt werden dürfe, weil dadurch das Leben und die Sicherheit von Menschen gefährdet würde.

Bei ihren Überlegungen entfernt sie sich jedoch ebenfalls von den Feststellungen der Vorinstanzen, aus denen sich eine derartige hier erforderliche (Pesendorfer/Rechberger aaO Anm 1 zu § 63) konkrete Gefährdung nicht ergibt. Das Vorliegen eines Ortsgebietes im Sinn der Straßenverkehrsordnung begründet noch nicht die hier geforderte konkrete Gefährdung. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Jäger anläßlich der einmal im Jahr stattfindenden Treibjagd über die in Rede stehende Grundfläche auf einem vorher im Einvernehmen mit der Klägerin festgelegten Weg mit entladenen Gewehren gehen. Inwieweit durch ein solches Verhalten Leben und Sicherheit von Menschen gefährdet werden sollte, ist nicht nachvollziehbar.

Inwieweit der Beklagte in Ausübung des Aneignungsrechts (von verendetem Wild, Abwurfstangen etc) die Grundfläche betreten dürfte, kann dahingestellt bleiben, weil ein derartiger Sachverhalt nicht vorliegt.

Die Klägerin macht in der Revision weiters geltend, durch das Nichtüberweisen der Jagdpacht den strittigen Grundstücksteil betreffend sei zumindest konkludent der Ausschluss dieses Bereiches als Jagdgebiet erfolgt. Auf eine derartige konkludente Vereinbarung hat sich die Klägerin im Verfahren erster Instanz nicht gestützt; dementsprechend wurden hiezu auch keine Tatsachenfeststellungen getroffen; das entsprechende Revisionsvorbringen stellt eine unzulässige Neuerung dar.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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