OGH 10Ob72/00m

OGH10Ob72/00m18.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Hopf und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. Edith Z*****, vertreten durch Dr. Leopold Boyer, Rechtsanwalt in Zistersdorf, gegen die beklagte Partei Anna S*****, vertreten durch Dr. Karl Claus und Dr. Andreas Kiesling, Rechtsanwälte in Mistelbach, wegen Herausgabe, in eventu Zahlung (Streitwert S 775.000), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 13. Jänner 2000, GZ 16 R 117/99i-21, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag der Revisionsgegnerin auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Da schon der in einem Geldbetrag bestehende Teil des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteigt, hatte ein Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu unterbleiben (vgl Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 5 zu § 500 mwN uva). Das Rechtsmittel der Beklagten ist daher als außerordentliche Revision iSd § 505 Abs 4 ZPO zu werten.

Nach § 502 Abs 1 ZPO ist eine außerordentliche Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Obwohl die Zurückweisung einer außerordentlichen Revision nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung bedarf, wird zu den Rechtsmittelausführungen in Kürze wie folgt Stellung genommen:

Die Ausführungen der Revisionswerberin, die Tatsacheninstanzen seien in den entscheidungswesentlichen Fragen (Feststellungen über Goldbarren, Münzsammlung und Sparbücher) zu Unrecht ihren Angaben nicht gefolgt, betreffen Fragen der Beweiswürdigung, die im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbar ist. Soweit die Revisionswerberin rügt, das Berufungsgericht habe sie trotz ihres ausdrücklichen Antrages in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht als Partei unter Eid vernommen, ist darauf hinzuweisen, dass auch die Frage, ob das Berufungsgericht eine Beweiswiederholung für notwendig hält, zur Beweiswürdigung gehört und daher nicht revisibel ist (RIS-Justiz RS0043125 mwN). Hat das Berufungsgericht auf Grund der vom Erstgericht aufgenommenen Beweise keine Bedenken gegen dessen Beweiswürdigung, ist es selbst unter Heranziehung neuer Argumente zu einer Beweiswiederholung nicht verpflichtet (RIS-Justiz RS0043096 mwN). Das Berufungsgericht hat in seiner Entscheidung ausführlich dargelegt, dass gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes keine Bedenken bestünden. Ob eine Partei nach § 377 ZPO unter Eid zu vernehmen ist, ist eine Frage des Ermessens des Gerichtes, die unter Beachtung aller maßgebenden Umständen vom Gericht pflichtgemäß zu lösen ist. Die Unterlassung der Einvernahme unter Eid bildet keinen Mangel des Verfahrens (RIS-Justiz RS0040633 mwN). Die Lösung der Frage, ob eine Partei oder ein Zeuge unter Eid zu vernehmen ist, kann vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden (RIS-Justiz RS0040526 mwN).

Der Rechtsansicht der Revisionswerberin, das Erstgericht habe nicht feststellen können, dass sich die Goldbarren und die Münzsammlung derzeit in ihrem Besitz befinden, weshalb das Herausgabebegehren bzw Wertersatzbegehren in diesem Umfang nicht berechtigt sei, sind die Vorinstanzen nicht gefolgt und es kann darin auch vom Obersten Gerichtshof keine wahrzunehmende Fehlbeurteilung erblickt werden. Nach § 823 zweiter Satz ABGB wird das Eigentum einzelner Erbschaftsstücke vom eingeantworteten Erben mit der Eigentumsklage verfolgt (Eccher in Schwimann, ABGB2 Rz 7 zu § 823 mwN; Welser in Rummel, ABGB2 Rz 27 zu §§ 823, 824 mwN ua). Dabei hat er gemäß § 369 ABGB lediglich sein Eigentum (Legitimationswirkung der Einantwortungsurkunde) und die Innehabung durch den Beklagten darzutun (NZ 1990, 151 mwN). Eine Eigentumsklage iSd § 366 ABGB erfordert die Gewahrsame oder wenigstens den mittelbaren Besitz des Beklagten im Zeitpunkt der Klagezustellung oder des Schlusses der mündlichen Verhandlung und auch ein eventualiter geltend gemachte Anspruch auf Wertersatz kann nur dann zum Erfolg führen, wenn ein Anspruch auf die primäre Leistung, deren Wert verlangt wird, erhoben werden kann (JBl 1990, 371 mwN; RIS-Justiz RS0010862; RS0004645 mwN ua).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen waren die Goldbarren und die Münzsammlung in einem Safe des Erblassers verwahrt. Die Schlüssel zum Safe, die der Erblasser in das Krankenhaus mitgenommen hatte, wurden nach dessen Tod vom Krankenhauspersonal der Beklagten als Witwe ausgefolgt. Das Berufungsgericht ging daher davon aus, dass die Beklagte als einzige die Möglichkeit hatte, die Goldbarren und die Münzsammlung aus dem Safe zu entfernen, und dass somit diese Wertgegenstände in den Gewahrsam der Beklagten gelangt sind. Da die Beklagte auch nicht behauptet und unter Beweis gestellt hat, dass ihr Gewahrsam über diese Wertgegenstände zu einem späteren Zeitpunkt geendet habe, indem sie beispielsweise über diese Wertgegenstände verfügt habe oder diese Wertgegenstände von einem Dritten aus dem Safe entfernt worden seien, kann auf Grund des vom Berufungsgericht insoweit als erbracht angesehenen und vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren (vgl JBl 1984, 262 ua) Indizienbeweises von einer Aufhebung des Gewahrsames der Beklagten über diese Wertgegenstände jedenfalls im maßgebenden Zeitpunkt der Zustellung der Klage nicht ausgegangen werden. Ein - von der Beklagten allerdings ebenfalls nicht behaupteter - Verlust der Streitsache nach Klagszustellung wäre hingegen grundsätzlich ohne Einfluss auf die zwischen den Streitteilen bestehende Rechtslage (JBl 1979, 376 mwN ua). Der negativen Feststellung des Erstgerichtes, es sei nicht erwiesen, dass sich diese Wertgegenstände auch noch im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Besitz der Beklagten befunden haben, kommt daher keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu.

Auch der weiteren Frage, ob ein Erb- und Pflichtteilsverzicht im Zweifel auch den Verzicht auf das gesetzliche Vorausvermächtnis der Ehewohnung gemäß § 758 ABGB umfasst (vgl dazu NZ 1997, 291 mit Anm Zankl), kommt im vorliegenden Fall keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, weil der Erblasser der Beklagten im Testament vom 28. 10. 1997 ohnehin ungeachtet des Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrages auf deren Lebensdauer das alleinige und unentgeltliche Wohnungsrecht in der Ehewohnung sowie das Gebrauchsrecht an dem darin befindlichen Inventar vermacht hat.

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist daher mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Da der Oberste Gerichtshof der Revisionsgegnerin die Beantwortung der von der Beklagten erhobenen außerordentlichen Revision nicht freigestellt hat, war die dennoch erstattete Revisionsbeantwortung gemäß § 508a Abs 2 Satz 3 ZPO nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Ein Kostenersatz hat dennoch nicht stattzufinden.

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