OGH 6Ob168/99w

OGH6Ob168/99w29.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Angelo C. T*****, vertreten durch Dr. Eduard Pranz und andere Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen die beklagte Partei Dr. Manuela P*****, vertreten durch Dr. Heinz Meller, Rechtsanwalt in Wien, wegen 82.758 S über die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 26. Februar 1999, GZ 36 R 36/99h-18, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Neulengbach vom 5. Oktober 1998 (ausgefertigt am 9. November 1998), GZ 1 C 464/98t-9, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 23. November 1998, GZ 1 C 464/98t-10, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 6.086,40 S (darin enthalten 1.014,40 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Streitteile lernten einander im September 1994 kennen und führten in der Zeit von September 1995 bis 1997 eine Lebensgemeinschaft. Im Frühjahr 1995 nahm der Kläger an der Beklagten, mit der er damals ein intimes Verhältnis hatte, eine Sanierung des Gebisses vor, wofür er ihr nach Beendigung der Lebensgemeinschaft am 27. 10. 1997 insgesamt 82.758 S in Rechnung stellte.

Diesen Betrag begehrte der Kläger mit der Behauptung, dass weder Unentgeltlichkeit noch ein Honorarnachlass, sondern bloß die spätere Fälligkeit des Honorars nach Beendigung der Ausbildung der Beklagten vereinbart worden sei.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil Unentgeltlichkeit der Zahnbehandlung vereinbart worden sei. Sie bestritt weiters das Begehren der Höhe nach und wendete hilfsweise 16.800 S an Kosten für eine Behandlung, die sie am Kläger vorgenommen habe, ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil von einer stillschweigenden Vereinbarung der Unentgeltlichkeit der Zahnsanierung auszugehen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Der Grundsatz, dass für die während einer Lebensgemeinschaft geleisteten Dienste im Allgemeinen kein Anspruch auf Entlohnung bestehe, sei auch auf das hier im Zeitpunkt der Zahnbehandlung vorliegende "Vorstadium zur Lebensgemeinschaft" anwendbar. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Entscheidung des Berufungsgerichtes hinsichtlich der Ausnahmen von der Entgeltlichkeit der Vermutung des § 1152 ABGB über den von der Rechtsprechung vorgezeichneten privilegierten Personenkreis hinausgehe.

Rechtliche Beurteilung

Die ordentliche Revision des Klägers ist jedoch mangels erheblicher Rechtsfragen unzulässig.

Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, dass für die während einer Lebensgemeinschaft geleisteten Dienste - entgegen der Entgeltlichkeitsvermutung des § 1152 ABGB - im Allgemeinen kein Anspruch auf Entlohnung zustehe, kommen hier mangels Vorliegens einer Lebensgemeinschaft im Zeitpunkt der Leistung nicht zum Tragen, sodass auch dahingestellt bleiben kann, ob die an der Klägerin vorgenommene Zahnsanierung überhaupt zu den von den aufgezeigten Grundsätzen umfassten Leistungen der Lebensgefährten (oder Eheleute) zählt.

Dessen ungeachtet haben die Vorinstanzen in Übereinstimmung mit der Rechtslage erkannt, dass einem Verzicht auf den Honoraranspruch für derartige Leistungen nichts im Wege steht und im Rahmen der Vertragsfreiheit Unentgeltlichkeit vereinbart werden kann, auch wenn die überwiegende Lehre die Entgeltlichkeit des Werkvertrages als essentiale negotii ansieht (vgl zum Meinungsstand Koziol/Welser10 I 403; Krejci in Rummel2 I Rz 100 zu §§ 1165, 1166 ABGB). Ob bei vereinbarter Unentgeltlichkeit einer Leistung Werkvertrags-, Auftrags- oder Schenkungsregelungen heranzuziehen sind, kann hier mangels Rechtserheblichkeit auf sich beruhen. Dafür, dass der Honorarverzicht ausdrücklich erklärt werden müsste, gibt das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Auch aus der hiezu von Krejci aaO Rz 101 zitierten Entscheidung EvBl 1957/61 geht nicht hervor, dass ein Verzicht auf Werklohn einer ausdrücklichen Erklärung bedürfe, auch wenn dies im dortigen Leitsatz insoweit missverständlich zum Ausdruck gebracht wurde. Dass Unentgeltlichkeit einer Zahnbehandlung auch schlüssig vereinbart werden kann, wird in der Revision auch nicht in Frage gestellt.

Selbst wenn bei der Annahme eines stillschweigenden Verzichtes besondere Vorsicht geboten ist, kann eine krasse Fehlbeurteilung der Vorinstanzen dahin, dass die Beklagte von einer vom Kläger als unentgeltlich beabsichtigten Leistung oder einem Verzicht auf Honoraransprüche ausgehen durfte, nach den hier vorliegenden besonderen Umständen (Phase des intensiven Werbens des Klägers um die Beklagte, Finanzierung auch aller sonstigen größeren Auslagen für die Beklagte, gemeinsame Zukunftspläne, Kenntnis des Klägers von den beschränkten finanziellen Möglichkeiten der Beklagten, "gegenseitiges" Behandeln, Ausprobieren einer neuen Technologie an der Beklagten) nicht erblickt werden. Da der Entscheidung, ob im vorliegenden Einzelfall Unentgeltlichkeit der Leistung als stillschweigend iSd § 863 ABGB vereinbart anzusehen ist, keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt, liegt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vor.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen und dies hinreichend ausführlich begründet, sodass der Schriftsatz als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig zu honorieren war.

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