OGH 4Ob38/00t

OGH4Ob38/00t14.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erich S*****, vertreten durch Dr. Rainer Strickner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Bodo S*****, vertreten durch Dr. Manfred Opperer und Mag. Dr. Gerhard Schartner, Rechtsanwälte in Telfs, wegen Unterlassung (250.000 S) und Urteilsveröffentlichung (50.000 S), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. November 1999, GZ 2 R 237/99s-15, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 11. Juni 1999, GZ 41 Cg 58/99v-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der beklagten Partei geboten wird, es ab sofort zu unterlassen, im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit den Anschein zu erwecken, eine in Österreich anerkannte Berufsausbildung zum Bodyguard zu vermitteln, indem sie in ihren Prospekten eine derartige Ausbildung anbietet.

Die klagende Partei wird ermächtigt, innerhalb eines Monats nach Rechtskraft dieser Entscheidung den Urteilsspruch in einer Samstag-Ausgabe der Tiroler Tageszeitung im Textteil mit Fettdruck, Umrandung und unter Hervorhebung der Überschrift sowie den Namen der Streitteile auf Kosten der beklagten Partei zu veröffentlichen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 104.578,40 S (darin 12.306,40 S Umsatzsteuer und 30.740 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger übt das Sicherheitsgewerbe gemäß § 127 Z 18 GewO 1994 idF GewR-Novelle 1997, eingeschränkt auf das Bewachungsgewerbe, aus. Er ist berechtigt, als "Bodyguard" zu arbeiten und bildet selbst die für den eigenen Betrieb benötigten Mitarbeiter als Leibwächter aus. Der Beklagte bildet an diesem Beruf interessierte Personen in einem "Internationalen Ausbildungszentrum" in Seefeld im Rahmen eines "International Bodyguard Service" aus und verleiht den Absolventen seines Lehrganges die Berufsbezeichnung "Diplom Bodyguard". Er bewirbt diese Lehrgänge in einem Prospekt, der auch ein Anmeldeformular mit Vertragsbedingungen umfasst. Darin ist unter anderem festgehalten:

"Die Ausbildung wird entsprechend des Berufsbildes und der Art der Ausbildung in Österreich und Deutschland durchgeführt.... Nach erfolgreicher Abschlussprüfung und Unterzeichnung der Klubvereinbarung erfolgt die Eingliederung in den IBGS als neben- oder hauptberuflicher Bodyguard auf selbständiger Basis. Jeder Bodyguard hat das Recht, entsprechend seiner Qualifizierung eine eigenständige Filiale, RFC Kampfschule und BG Ausbildungsschule des International Bodyguard Service zu führen".

Der Kläger begehrt, dem Beklagten zu gebieten, es ab sofort zu unterlassen, im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit den Anschein zu erwecken, eine in Österreich anerkannte Berufsausbildung zum Bodyguard zu vermitteln, indem er in seinen Prospekten eine derartige Ausbildung anbiete; er stellt ferner den Antrag, ihn zu ermächtigen, den Urteilsspruch innerhalb eines Monats nach Rechtskraft des Urteils in einer Samstag-Ausgabe der Tiroler Tageszeitung im Textteil mit Fettdruckumrandung und unter Hervorhebung der Überschrift sowie der Namen der Streitteile auf Kosten des Beklagten zu veröffentlichen. Durch seinen Prospekt erwecke der Kläger den Eindruck, er führe ein konzessioniertes Unternehmen "International Bodyguard Service", das berechtigt sei, selbst Personenschutz durchzuführen und anderen eine von den Behörden in Österreich anerkannte Ausbildung zu vermitteln. Seine Angaben bezweckten, an der Ausbildung zum Bodyguard interessierte Personen für kostspielige Lehrgänge anzuwerben, indem er in irreführender Weise die Möglichkeit in Aussicht stelle, dass die von ihm gebotene Ausbildung die vom Gesetz geforderte Berufsvorbildung erfülle und Absolventen in diesem Beruf in Österreich tätig sein könnten. Er verstoße damit gegen §§ 1 und 2

UWG.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung. Er stehe zum Kläger, der die Ausbildung nicht gewerbsmäßig anbiete, in keinem Wettbewerbsverhältnis. Er betreibe in Österreich kein Sicherheitsunternehmen, sondern beschränke seine Tätigkeit auf die Ausbildung. Ausbildung und Schulung seien auch im Bereich des Personenschutzes als Erwerbszweig des Privatunterrichts von der Gewerbeordnung ausdrücklich ausgenommen. Im Übrigen weise der Beklagte Interessierte sowohl vor als auch während der Ausbildung darauf hin, dass diese für sich allein noch keine selbständige Ausübung des Berufs eines Bodyguards oder eines Berufsdetektivs in Österreichs ermögliche.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte noch fest, dass der Beklagte in Deutschland ein konzessioniertes Personenschutzunternehmen betreibe und im Zuge der Ausbildung über die beruflichen Möglichkeiten sowie darüber belehre, dass die (selbständige) Ausübung dieses Berufs in Österreich einer Konzession bedürfe.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Tätigkeit des Beklagten sei als Privatunterricht nach § 2 Abs 1 Z 12 GewO nicht von dieser umfasst. Der Beklagte weise Interessierte (im Zuge der Ausbildung) auch darauf hin, dass sie in Österreich nicht selbständig arbeiten könnten. Das für einen Verstoß gegen § 1 UWG erforderliche Wettbewerbsverhältnis zwischen den Streitteile fehle. Während der Kundenkreis des Klägers aus Personen bestehe, die Überwachungsaufträge erteilen, setze sich jene des Beklagten aus Personen zusammen, die zu Bodyguards ausgebildet werden wollen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage des Wettbewerbsverhältnisses in der vorliegenden Fallgestaltung, deren Bedeutung über den Einzelfall hinausgehe, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle. Das vom Kläger angestrebte Verbot setze ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Streitteilen voraus, das nur dann anzunehmen sei, wenn sich beide an einen im wesentlichen gleichen Abnehmerkreis wenden. Dies sei hier nicht der Fall. Der Kundenkreis des Klägers bestehe aus Personen, die gegen Entgelt Personenschutz in Anspruch nehmen, wobei der Kläger diesen Schutz auch durch bei ihm ausgebildete und angestellte Bodyguards herbeiführe. Er beziehe für die Ausbildung kein Entgelt und ziehe aus der vermittelten Ausbildung nur insofern einen Vorteil, als er dadurch geeignete Mitarbeiter gewinne, die aber nicht zu seinem Kunden- oder Abnehmerkreis zählten. Der Beklagte hingegen wende sich an Personen, die gegen Entgelt zu Bodyguards ausgebildet werden wollen. Eine Berührung mit dem Tätigkeitskreis des Klägers könnte sich nur dann ergeben, wenn sich dieser auf der Suche nach geeigneten - auszubildenden - Mitarbeitern an den gleichen Personenkreis wie der Beklagte wende. Diese geringfügige und den eigentlichen Geschäftsbereich des Klägers nicht betreffende Berührungsmöglichkeit begründe noch kein Wettbewerbsverhältnis.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Ein Wettbewerbsverhältnis im Sinn des § 14 UWG ist nach ständiger Rechtsprechung immer dann anzunehmen, wenn sich die beteiligten Unternehmer an einen im Wesentlichen gleichartigen Abnehmerkreis wenden, wobei konkreter Wettbeweb zwischen den Parteien nicht erforderlich ist; vielmehr genügt es, dass die von ihnen vertriebenen Waren oder gewerblichen Leistungen ihrer Art nach miteinander in Konkurrenz treten und einander daher nach der Verkehrsauffassung im Wettbewerb behindern können (ÖBl 1992, 265 - Product Placement mwN). Dass der Kläger Leistungen des Personenschutzes durch von ihm ausgebildete Mitarbeiter anbietet, während sich der Beklagte an Personen wendet, die zu Leibwächtern ausgebildet werden wollen, ist ohne Bedeutung. Der in § 14 UWG gebrauchte Begriff von Leistungen "verwandter Art" ist weit auszulegen. Dazu zählen alle Leistungen, die geeignet sind, das gleiche Verkehrsbedürfnis zu befriedigen und die deshalb im Konsum einander vertreten sowie im Absatz beeinträchtigen können; es genügt, dass sich die Parteien um denselben Kundenkreis bemühen (ÖBl 1992, 265 - Product Placement). Dies ist hier der Fall. Nach § 127 Z 18 GewO gehört das Sicherheitsgewerbe zu den bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben, die erst nach Erlangung einer Befähigung ausgeübt werden dürfen. Voraussetzung für die Erbringung des Befähigungsnachweises ist neben der Ausbildung auch eine einschlägige praktische Verwendung. An einer derartigen beruflichen Tätigkeit interessierte Personen können sich daher um eine Anstellung beim Kläger bewerben, der aufgrund des von ihm ausgeübten Gewerbes auch zur Ausbildung im Bereich des Sicherheitswesens berechtigt ist. Im Wege der beim Kläger genossenen Ausbildung verbunden mit Berufspraxis können sie so die Voraussetzungen eines (späteren) Befähigungsnachweises schaffen. Der vom Beklagten angebotene Ausbildungslehrgang stellt sich dazu als Alternative dar, die auch unter Hinweis auf die damit ermöglichte selbständige Ausübung des Berufes beworben wird. Ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Streitteilen in Bezug auf jene Personen, die den Befähigungsnachweis für Tätigkeiten im Sicherheitsgewerbe anstreben und dazu entweder den Kläger oder den Beklagten kontaktieren, ist somit jedenfalls zu bejahen. Dass sich die Betätigungsgebiete beider Unternehmen nur zu einem geringen Teil überschneiden, schadet dabei nicht, treten doch die Leistungen beider Unternehmen miteinander in Konkurrenz und können einander demnach im Wettbewerb auch behindern (Fitz/Gamerith Wettbewerbsrecht2 20; ÖBl 1992, 265 - Product Placement). Dies reicht aber für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses aus. Der Kläger ist daher entgegen der Auffassung der Vorinstanzen im Sinn des § 14 UWG zur Klage legitimiert.

Das Unterlassungsgebot richtet sich gegen Werbeankündigungen des Beklagten, die den Eindruck erwecken, eine in Österreich anerkannte Berufsausbildung im Rahmen des Personenschutzes zu vermitteln. Dass die beworbene Ausbildung nicht zur Ausübung dieses Berufes berechtigt, ist angesichts der Bestimmungen der Gewerbeordnung über die bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe nicht zweifelhaft und wird vom Beklagten auch nicht bestritten.

Die Beurteilung der Frage, ob Angaben über geschäftliche Verhältnisse zur Irreführung geeignet sind, richtet sich nach der Auffassung der damit angesprochenen Verkehrsteilnehmer, wobei der Werbende bei Verwendung mehrdeutiger und unklarer Angaben stets die ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen muss (Fitz/Gamerith aaO 22 f). Auch im Verschweigen einer Tatsache kann dann eine irreführende Angabe liegen, wenn für den Werbenden eine Aufklärungspflicht bestand. Eine solche Pflicht kann sich aus der besonderen Bedeutung ergeben, die der verschwiegenen Tatsache nach der Auffassung des Verkehrs für den Kaufentschluss zukommt, sodass das Verschweigen geeignet ist, das Publikum in relevanter Weise irrezuführen. Eine Aufklärungspflicht besteht insbesondere dann, wenn durch das Verschweigen wesentlicher Umstände ein falscher Gesamteindruck hervorgerufen wird (ÖBl 1997, 172 - D-Schulen). Den Ankündigungen des Beklagten, die Ausbildung werde "entsprechend des Berufsbildes und der Art der Ausbildung in Österreich und Deutschland durchgeführt" und der Absolvent werde nach erfolgreicher Abschlussprüfung "als neben- oder hauptberuflicher Bodyguard in das International Bodyguard Service eingegliedert" und habe das "Recht, entsprechend seiner Qualifizierung eine eigenständige Filiale, Kampfschule oder Ausbildungsschule zu führen", entnimmt ein daran Interessierter, dass eine in Österreich anerkannte Ausbildung angeboten wird, die ihn auch berechtigt, den Beruf eines Bodyguards in Österreich auszuüben. Dass dies nicht der Fall ist, muss auch ein vernünftiger und kritischer Interessent nicht wissen. Der durch die Ankündigung hervorgerufene unrichtige Eindruck ist auch geeignet, den Entschluss des angesprochenen Interessenten, sich mit dem Angebot näher zu befassen, zugunsten dieses Angebotes zu beeinflussen (ÖBl 1997, 172 - D-Schulen). Die nach den Feststellungen erst während der Ausbildung (somit nach Abschluss des Ausbildungsvertrags) erteilte aufklärende Information über die Berufsmöglichkeiten und -befugnisse kann die Täuschungseignung nicht mehr beseitigen, hatte doch der Interessent bereits vor diesem Zeitpunkt und in Erwartung, diese Ausbildung auch in Österreich nutzen zu können, einen Vertrag abgeschlossen, der sonst nicht zustande gekommen wäre. Die Relevanz des durch die Ankündigung hervorgerufenen Irrtums steht außer Zweifel.

Das auf das Verbot der vom Beklagten hervorgerufenen Irreführung gerichtete Unterlassungsbegehren ist somit berechtigt. Die Urteilsveröffentlichung im Textteil der Samstag-Ausgabe einer Tiroler Tageszeitung ist im Hinblick auf die Verbreitung der Werbeaussage mittels Prospektes gerechtfertigt.

Der Revision des Klägers wird somit Folge gegeben und dem Beklagten geboten, die ihm vorgeworfenen irreführenden Angaben zu unterlassen; gleichzeitig wird der Kläger ermächtigt, das Urteilsbegehren auf Kosten der Beklagten zu veröffentlichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO. Bei der Kostenbemessung wurde vom Ansatz der Kostennoten ausgegangen.

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