OGH 13Os171/99

OGH13Os171/9916.2.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Feber 2000 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Podrazil als Schriftführerin, in der Jugendstrafsache gegen David G***** und Savas C***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten David G***** gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 21. September 1999, GZ 2 Vr 480/99-32, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Plöchl, des Angeklagten David G***** und dessen gesetzlicher Vertreterin Vesna G*****, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Savas C***** und beider Verteidiger, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt,

1) im Schuldspruch beider Angeklagten wegen der gegen Richard R***** gerichteten Nötigungen (B/I/a und b),

2) demnach auch im Strafausspruch, ausgenommen die Vorhaftanrechnung und der (gemeinsam ausgefertigte) Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO, aufgehoben und im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst zu Recht erkannt:

Auf Grund der unberührt gebliebenen Schuldsprüche wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und Abs 2 StGB (A) sowie der Vergehen der Nötigung (gegenüber Heinrich Gr*****; B/I/b) und der versuchten Nötigung (B/II) werden nach § 142 Abs 2 StGB in Anwendung des § 28 Abs 1 StGB

David G***** gemäß § 5 Z 4 JGG zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freihheitsstrafe von 4 Monaten,

Savas C***** zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten, wovon ein Teil von 8 Monaten gemäß § 43a Abs 3 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird, verurteilt.

Hingegen werden David G***** und Savas C***** von der Anklage, am 28. Juli 1999 in Wien als Mittäter Richard R***** durch Androhung von Schlägen, Werfen von Kieselsteinen und einen Schlag in dessen Nacken zur Aufgabe weiterer Verfolgung genötigt zu haben, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit seiner Berufung wird David G***** auf die Strafneubemessung verwiesen; ihm fallen auch die Kosten des erfolglosen Teils seines Rechtsmittels zur Last.

Text

Gründe:

David G***** und Savas C***** wurden des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und Abs 2 StGB (A) sowie der Vergehen der Nötigung (B/I/a und b) und der versuchten Nötigung (B/II) schuldig erkannt.

Darnach haben sie am 28. Juli 1999 in Wien als Mittäter

A) mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger

Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB), nämlich durch gewaltsames Entreissen der Geldbörse und Androhung von Schlägen dem Richard R***** 900 S mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, wobei der Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen wurde und die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat;

B) andere mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung

I) genötigt, und zwar

a) Richard R***** durch Androhung von Schlägen zum Vorweisen eines Ausweises,

b) Richard R***** und Heinrich Gr***** durch Androhung von Schlägen, Werfen von Kieselsteinen und Versetzen eines Schlages in den Nacken des R***** zur Aufgabe weiterer Verfolgung;

II) Heinrich Gr***** zum Vorweisen eines Ausweises zu nötigen versucht.

Dagegen richtet sich die aus Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des David G*****, der teilweise Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Die undifferenziert auf Z 5 und 5a gegründete Mängel- und Tatsachenrüge erweist sich als unzulässiger Angriff auf die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes zum Schudspruch wegen Raubes.

Soweit jedoch aus "Z 9 lit a und Z 10" an den erstgerichtlichen Urteilsannahmen festgehalten und Verdrängung sämtlicher Vergehen infolge Scheinkonkurrenz behauptet wird, ist die Beschwerde in Hinsicht auf die zweifache Nötigung des Richard R***** (B/I/a [Z 10] und b [Z 9 lit a]) im Ergebnis berechtigt, was nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO auch Savas C***** zugute kommt.

Das (aus Nötigung und Diebstahl zusammengesetzte) Verbrechen des Raubes (gegenüber Richard R*****; A) verdrängt nämlich die tateinheitlich verwirklichte Nötigung (des R***** zum Vorweisen eines Ausweises, um solcherart den Besitz einer Geldtasche feststellen zu können; B/I/a) infolge Spezialität (Kienapfel BT II3 § 142 RN 82, Ratz in WK2 Vorbem §§ 28-31 Rz 34, Eder-Rieder in WK2 § 142 Rz 69).

Für eine Nötigung nach Vollendung des Raubes besteht zwar das begriffslogische (abstrakte) Verhältnis von Gattung und Art nicht mehr. Gleichwohl wird der Unwertgehalt (jedenfalls) einer Nötigung des Beraubten zur Behinderung der Nacheile (B/I/b) unter dem (Wertungs-)Gesichtspunkt einer straflosen Nachtat konsumiert (SSt 47/26, SSt 50/24, Mayerhofer/Rieder StGB4 § 142 E 30, Ratz aaO Rz 67).

Ebensowenig wie - wenn auch gleichzeitig - verübte Raubtaten an verschiedenen Opfern zueinander im Verhältnis der Spezialität stehen, trifft dies auf den vom Raub an R***** unabhängigen Nötigungsversuch an Gr***** zu (B/II). Dessen Konsumtion scheidet mangels Typizität gleichermaßen aus (Ratz aaO Rz 58 f, 65).

Aus den Urteilsannahmen kommt hinreichend deutlich zum Ausdruck (§ 288 Abs 2 Z 3 StPO), dass Gr***** die beiden Angeklagten jedenfalls auch wegen des zuvor (an R*****; A) begangenen Raubes verfolgte. Der Raub (an R*****) und die Nötigung (an Gr*****; B/I/b) richteten sich solcherart gegen verschiedene Personen der durch die Nötigung des Gr***** verursachte Schaden reicht daher über den des Raubes hinaus. Damit scheidet in Ansehung der Nötigung des Gr***** (B/I/b) zur Aufgabe der weiteren Verfolgung Konsumtion als straflose Nachtat des an R***** begangenen Raubes aus (Burgstaller, Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht, JBl 1978, 393 [462], Leukauf/Steininger Komm3 § 142 RN 42, Ratz aaO Rz 66 f).

Dies führt zur Aufhebung des Schuldspruchs beider Angeklagten wegen der an R***** begangenen Vergehen der Nötigung (B/I/a und b). Der Raub und die (dabei begangene) Nötigung des R***** zum Vorweisen eines Ausweises (B/I/a) wurden tateinheitlich begangen. Ein Freispruch von verfehlten zusätzlichen Subsumtion (zu B/I/a auch) als Vergehen der Nötigung kommt nicht in Betracht. Hingegen stellt die Nötigung des R***** zur Abstandnahme von weiterer Verfolgung (B/I/b) nach dem Raub eine weitere Tat dar, von deren Vorwurf nach § 259 Z 3 StPO folgerichtig freizusprechen war.

Bei der Strafneubemessung war hinsichtlich beider Angeklagten das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen erschwerend, der Umstand, dass eines davon beim Versuch geblieben ist, und die Sicherstellung von Beute als mildernd in Rechnung zu stellen. Von einem wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung kann bei beiden nicht gesprochen werden.

Während C***** daneben zwei einschlägige Vorstrafen und der rasche Rückfall belasten, lässt das Alter unter 21 Jahren zur Tatzeit seine Schuld in einem milderen Licht erscheinen.

G***** kommt schließlich sein bislang ordentlicher Lebenswandel zugute.

Davon ausgehend sind die ausgemessenen Freiheitsstrafen tatschuld- und täterpersönlichkeitsgerecht. Bedingte und teilbedingte Nachsicht sowie die Belassung des Beschlusses nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO bedurften keiner Erwägungen (§ 290 Abs 2 StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten G***** gründet auf § 390a StPO.

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