OGH 12Os160/99 (12Os161/99)

OGH12Os160/99 (12Os161/99)3.2.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Februar 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Handler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Axel M***** und andere Angeklagte wegen des in Form des Versuches nach § 15 StGB verwirklichten Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Andreas P***** sowie die Berufung des Angeklagten Markus Z***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 11. Oktober 1999, GZ 33 Vr 1.447/99-46, sowie über die Beschwerde gemäß § 494a Abs 4 StPO des Angeklagten Markus Z***** nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten P***** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) Andreas P***** des in Form des Versuches nach § 15 StGB verwirklichten Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG (I) und des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (II/2/a,b) schuldig erkannt.

Danach hat er in Linz den bestehenden Vorschriften zuwider

I. am 4. August 1999 zusammen mit Axel M***** (der das gegen ihn ergangene Urteil rechtskräftig werden ließ) und Markus Z***** (der allein den Strafausspruch einschließlich der gemäß § 494 a StPO ergangenen Entscheidung bekämpft) ein Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) in Verkehr zu setzen versucht, indem er 612,8 Gramm Amphetamin (ca 27 Gramm Reinsubstanz) an einen verdeckten Ermittler zu verkaufen trachtete.

II/2. Suchtgift erworben und besessen, nämlich

a) am 3. August 1999 eine gemeinsam mit Axel M***** und Markus Z***** konsumierte unbekannte Menge Cannabiskraut und

b) am 4. August 1999 1,7 Gramm Cannabiskraut.

Der gegen diesen Schuldspruch vom Angeklagten Andreas P***** aus § 281 Abs 1 Z 3 und 4 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Voranzustellen ist, dass in der Hauptverhandlung der Vorgesetzte des verdeckten Ermittlers, Abteilungsinspektor Kurt P*****, darüber als Zeuge vernommen wurde, wie sein Bericht vom 16. August 1999, in dem die Informationen durch den verdeckten Ermittler festgehalten sind, zustande kam, und der in Rede stehende Bericht (ON 18) anschließend über Antrag des Staatsanwaltes gegen den Widerspruch der Verteidiger verlesen wurde (S 480 f/I).

Die behauptete Verletzung des § 252 Abs 4 StPO (Z 3) kommt demnach schon deshalb nicht in Betracht, weil vorliegend ein aus Abs 1 leg cit folgendes Verlesungsverbot nicht umgangen, vielmehr einem nach Lage des Falles aktuellen Verlesungsgebot Rechnung getragen wurde:

Der Beschwerde zuwider ist nämlich der Bericht des Vorgesetzten eines verdeckten Ermittlers über dessen Aktionen - sofern er für die Sache von Bedeutung ist - nach § 252 Abs 2 StPO zu verlesen (vgl 15 Os 181/98), wenn nicht beide Teile darauf verzichten.

Da über dieses Beweismittel hinaus weitere gewichtige Indizien für die Beteiligung des Beschwerdeführers an dem (der Sache nach allein bekämpften) Suchtgiftverbrechen vorliegen, wie die Verantwortung des Mitangeklagten Axel M***** im Vorverfahren, der ursprünglich Aktivitäten des Angeklagten P***** im Zuge der Abwicklung des Suchtgiftverkaufes behauptete (S 123/I), ferner der Umstand, dass Andreas P***** auch nach seiner eigenen Darstellung bei allen verkaufsorientierten Kontaktnahmen mit dem verdeckten Ermittler anwesend war und für seine nur kurzfristige Aufenthalte in Linz keine plausible Erklärung abgab (US 17), ist die Einbeziehung der im Wege eines verdeckten Ermittlers erwirkten Aufschlüsse in die Entscheidungsgrundlagen ungeachtet der Tatsache, dass er nicht kontradiktorisch einvernommen werden konnte, weil seine Identität (gesetzesgewollt zu seinem Schutz) nicht preisgegeben wurde, durchaus mit den tragenden Grundsätzen eines fairen Verfahrens vereinbar (Art 6 Abs 3 lit d MRK).

Da bei Beantragung der Einvernahme des verdeckten Ermittlers - nach dem vollen Beweis machenden Hauptverhandlungsprotokoll, gegen das kein Berichtigungsantrag eingebracht wurde - kein Beweisthema angeführt wurde (S 482/I), ist die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 4 StPO von vornherein ausgeschlossen (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 16).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten P***** sowie die Berufung und die Beschwerde des Angeklagten Z***** (§§ 285 i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.

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