Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der am 20. 7. 1919 geborene Ehemann der Klägerin ist am 19. 6. 1991 verstorben. Er hatte im Zeitraum von Juli 1943 bis Oktober 1943, von Juni 1944 bis Mai 1945 und von Juli 1956 bis Mai 1957 in Österreich insgesamt 27 Beitragsmonate nach dem ASVG erworben. Weiters erwarb er im Zeitraum von April 1958 bis März 1964 72 Beitragsmonate nach dem GSVG.
In Spanien erwarb der Ehemann der Klägerin im Zeitraum von Februar 1978 bis Dezember 1980 35 Beitragsmonate. Im Zeitraum von März 1973 bis Jänner 1978 und von Jänner 1981 bis Februar 1981 erwarb er Beitragsmonate im Sondersystem der selbständigen Arbeiter nach spanischem Recht. Der Ehemann der Klägerin meldete sich (erst) im Februar 1978 in diesem Sondersystem an und bezahlte für den gesamten Zeitraum ab März 1973 Beiträge. "Diese Beitragszahlungen wurden wirksam, sind jedoch nach spanischem Recht auf Grund des königlichen Dekretes Nr. 497 vom 10. 2. 1986 nicht für Leistungen anrechenbar, weshalb diese Zahlungen keine Beitragszahlungen darstellen, welche gesetzlich für Leistungen nach spanischem Pensionsrecht anrechenbar sind". Über diese festgestellten Zeiträume hinaus erwarb der Ehemann der Klägerin keine weiteren Beitrags- oder Versicherungszeiten.
Mit Bescheid jeweils vom 21. 8. 1992 lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin auf Zuerkennung einer Witwenpension sowie den Antrag ihrer Tochter Ruth auf Zuerkennung einer Waisenpension mangels Erfüllung der Wartezeit ab.
Dagegen erhob die Klägerin für sich und ihre Tochter Ruth Klage mit dem wesentlichen Vorbringen, ihr verstorbener Ehemann habe in den Jahren 1940 bis 1981 bei verschiedenen Firmen in Frankreich, Österreich und Spanien gearbeitet und dadurch die für die Erfüllung der Wartezeit erforderlichen Versicherungsmonate erworben. Insbesondere habe ihr Ehemann für den Zeitraum von März 1973 bis März 1981 an die spanische Sondersozialversicherung für Arbeiter auf eigene Rechnung Beitragszahlungen geleistet, welche zwar verspätet erfolgt, aber anerkannt worden seien.
Die beklagte Partei wendete ein, es hätten insgesamt nur 134 für die Wartezeit zu berücksichtigende Versicherungsmonate festgestellt werden können, davon 99 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aus der österreichischen Pensionsversicherung und 35 Beitragsmonate der freiwilligen Versicherung aus der spanischen Pensionsversicherung. Damit sei die Wartezeit nicht erfüllt. Die beklagte Partei habe aber der Klägerin sowie den Waisen Ruth und Lydia mit Bescheid vom 1. 3. 1993 eine Abfindung gemäß § 148a GSVG im gesetzlichen Ausmaß zuerkannt.
Das Erstgericht wies auch im zweiten Rechtsgang das Begehren der Klägerin auf Gewährung einer Witwenpension ab. Das Verfahren hinsichtlich der Tochter Ruth wurde als nichtig aufgehoben und die Klage insoweit zurückgewiesen.
Das Erstgericht führte in rechtlicher Hinsicht zum Begehren der Klägerin aus, Stichtag für die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen sei der auf den Todestag des Versicherten folgende Monatserste, also der 1. 7. 1991. Voraussetzung für die Gewährung einer Witwenpension sei die Erfüllung der Wartezeit gemäß § 120 GSVG. Unter Berücksichtigung der Übergangsbestimmungen zur 9. Novelle zum GSVG, BGBl 1984/485, Absätze 11 und 12 zu Art II müssten bei einem Stichtag im Jahr 1991 168 Versicherungsmonate innerhalb der 336 Kalendermonate vor dem Stichtag erworben sein oder gemäß § 120 Abs 6 GSVG insgesamt 180 anrechenbare Beitragsmonate bis zum Stichtag vorliegen. Im Zeitraum vom 1. 7. 1963 bis 1. 7. 1991 (= 336 Kalendermonate) seien lediglich 44 anrechenbare Beitragsmonate erworben worden, sodass die Wartezeit nach § 120 Abs 3 und 4 GSVG nicht erfüllt sei.
Gemäß § 120 Abs 6 GSVG sei die Wartezeit auch dann erfüllt, wenn gemäß Z 1 dieser Bestimmung bei einem Versicherungsfall des Todes bis zum Stichtag mindestens 180 Beitragsmonate oder insgesamt 300 Beitragsmonate oder Versicherungsmonate nach dem 31. 12. 1955 erworben worden seien. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt habe der Ehemann der Klägerin jedoch insgesamt lediglich 134 anrechenbare Versicherungsmonate nach dem ASVG, dem GSVG sowie nach spanischem Recht erworben. Nicht berücksichtigt werden könnten insgesamt 61 zusätzliche Monate im Zeitraum von März 1973 bis Jänner 1978 und von Jänner 1981 bis Februar 1981. Ausgehend von der vom spanischen Ministerium für Arbeit und Soziales erteilten Auskunft seien diese Beiträge zwar geleistet worden und seien auch dem Ehemann der Klägerin ab Jänner 1981, als er sich in den Schutz des Sonderfonds für selbständige Arbeitnehmer begeben habe, zugute gekommen, diese Leistungen seien jedoch nach Auskunft des spanischen Rechtsträgers nicht in Anrechnung für den Erwerb eines Leistungsanspruchs nach spanischem Recht zu berücksichtigen. An diese Auskunft sei das Gericht gebunden. Eine sachliche oder rechtliche Überprüfung der vom Versicherungsträger des Vertragsstaates mitgeteilten Versicherungszeiten sei ausgeschlossen. Es sei dem Gericht verwehrt, die Frage zu prüfen, warum nach den spanischen Rechtsvorschriften die bezahlten Leistungen im Sondersystem der selbständigen Arbeiter nicht für Leistungen nach dem spanischen Pensionsrecht anrechenbar seien. Da auch weitere Nachforschungen über die von der Klägerin behaupteten weiteren erworbenen Versicherungszeiten ergebnislos geblieben seien, sei mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 120 GSVG das Klagebegehren der Klägerin abzuweisen.
Das Berufungsgericht billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Weiters wies das Berufungsgericht die Berufung der am Revisionsverfahren nicht mehr beteiligten Tochter Ruth zurück.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens der Klägerin abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.
Die Revision ist im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.
Als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt die Revisionswerberin, wie schon in ihrer Berufung, dass die den Feststellungen zugrunde gelegte Auskunft des Ministeriums für Arbeit und Soziales, Staatliche Sozialversicherungsanstalt Valencia vom 11. 7. 1997 in sich widersprüchlich sei, weil zum einen in dieser Auskunft bestätigt werde, dass die Anmeldung des Ehemannes der Klägerin bereits mit März 1973 wirksam geworden sei, andererseits aber ausgeführt werde, dass eine ordentliche Anmeldung in das Sondersystem erst mit Februar 1978 erfolgt sei. Es sei daher der Auskunft des spanischen Versicherungsträgers nicht zweifelsfrei zu entnehmen, warum der Ehemann der Klägerin in Spanien lediglich 35 und nicht insgesamt 96 Beitragsmonate auf Grund seiner wirksamen Beitragszahlungen erworben habe.
In ihren Ausführungen zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bekämpft die Klägerin die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der österreichische Sozialversicherungsträger sei an die erwähnte Auskunft des spanischen Sozialversicherungsträgers gebunden. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen würde im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis führen, dass in sanktionsloser Weise entgegen den ordre public in die durch die EMRK verbrieften Grundrechte eingegriffen werden könnte. Außerdem wäre die Anerkennung der in sich widersprüchlichen und im Ergebnis offensichtlich grob unrichtigen und unbilligen Auskunft der spanischen Sozialversicherungsanstalt EU-rechtswidrig. Es sei nicht möglich, dass schon mit März 1973 wirksam gewordene Beitragszahlungen auf Grund einer Anmeldung im Sondersystem der selbständigen Arbeiter nicht zu einem entsprechenden Anspruch des Ehemannes der Klägerin hätten führen können. Eine derartige Willkür sei auch durch die vom Rat in Entsprechung des Rechtsdurchsetzungsauftrages des Art 51 des EG-Vertrages erlassenen Verordnungen ausgeschlossen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätten daher die Vorinstanzen zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass der Ehemann der Klägerin weitere 61 Beitragsmonate in Spanien erworben habe, sodass insgesamt 195 Beitragsmonate vorlägen und damit die Wartezeit nach § 120 GSVG erfüllt sei.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.
Es wird von der Revisionswerberin die Richtigkeit der Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass unter Berücksichtigung der festgestellten Versicherungszeiten die allgemeine Anspruchsvoraussetzung der Wartezeit für eine Leistung aus dem Versicherungsfall des Todes gemäß § 120 GSVG im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist, nicht in Zweifel gezogen. Die Revisionswerberin vertritt allerdings die Ansicht, ihr Ehemann habe im Zeitraum von März 1973 bis Jänner 1978 und von Jänner 1981 bis Februar 1981 durch nachträgliche Beitragsentrichtung weitere 61 Beitragsmonate im Sondersystem der selbständigen Arbeiter nach spanischem Recht erworben, sodass insgesamt 195 Beitragsmonate vorlägen und damit die Wartezeit nach § 120 Abs 6 GSVG erfüllt sei.
Nach Artikel 16 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und Spanien vom 6. 11. 1981, BGBl 1983/305, sind bei Leistungen bei Alter, Invalidität und an Hinterbliebene Versicherungszeiten, die eine Person nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten erworben hat, zusammenzurechnen, soweit sie nicht auf dieselbe Zeit entfallen. Der zuständige Versicherungsträger hat nach Art 17 Abs 1 lit a des Abkommens nach den von ihm anzuwendenden (innerstaatlichen) Rechtsvorschriften festzustellen, ob die betreffende Person unter Zusammenrechnung der Versicherungszeiten Anspruch auf die (beanspruchte) Leistung hat. In welchem Ausmaß und mit welcher Qualität die Versicherungszeiten des Vertragsstaates im Rahmen der Zusammenrechnung für den Erwerb eines Leistungsanspruches zu berücksichtigen sind, richtet sich ausschließlich nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, gegebenenfalls unter Berücksichtigung besonderer diesbezüglicher Bestimmungen des Abkommens. Eine solche Zusammenrechnung der beiden Versicherungszeiten für den Erwerb eines Leistungsanspruches durch den österreichischen Versicherungsträger ist unter anderem zur Erfüllung der Wartezeit nach § 120 Abs 3 und 6 GSVG vorzunehmen (Siedl/Spiegel, MGA ZwischenstSVRecht Allg Teil Lfg 29 76 f und 81). Zur Erfüllung der Wartezeit von 180 Beitragsmonaten nach der hier maßgebenden Bestimmung des § 120 Abs 6 GSVG sind Versicherungszeiten im Vertragsstaat - ohne Rücksicht auf den Beobachtungszeitraum - somit dann zu berücksichtigen, wenn ihnen nach dem Recht des betreffenden Vertragsstaates die Qualifikation als Beitragszeiten zukommt. Dabei kommt der in den einzelnen Abkommen enthaltenen Begriffsbestimmung "Beitragszeiten" entscheidende Bedeutung zu. Wenn allerdings ein zwischenstaatliches Abkommen - wie das hier anzuwendende Abkommen mit Spanien - keine diesbezügliche Begriffsbestimmung enthält, wird von Beitragszeiten dann gesprochen werden können, wenn Zeiten in einem auf Beiträgen beruhenden System der sozialen Sicherheit erworben wurden, d.h. wenn die Gewährung der Leistungen aus dem System im Vertragsstaat entweder von einer unmittelbaren finanziellen Beteiligung der geschützten Person oder ihres Arbeitgebers oder von einer Erwerbstätigkeit während einer Wartezeit abhängt (SSV-NF 7/70 mwN).
Seit dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens mit 1. 1. 1994 sind im Verhältnis zwischen Österreich und Spanien die Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und 574/72 maßgebend. Art 6 der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt, dass diese Verordnung im Rahmen ihres persönlichen und sachlichen Geltungsbereiches an die Stelle der bilateralen und multilateralen Abkommen über soziale Sicherheit tritt. Sie sind damit nicht außer Kraft getreten, sondern werden durch die Verordnung nur insofern verdrängt, als sie einerseits EU-Bürger betreffen und andererseits nicht unter anderem günstigere Regelungen ausnahmsweise vorgeben bzw vom Gemeinschaftsrecht (überhaupt) nicht geregelte Punkte solcher Abkommen gleichfalls unberührt bleiben (SSV-NF 12/2; 11/18 jeweils mwN; Karl in Pfeil [Hrsg], Soziale Sicherheit in Österreich und Europa 206 ff mwN ua). Aber auch der Regelungsbereich des EU-Rechtes im Bereich des Sozialrechtes erstreckt sich im Wesentlichen auf die Statuierung zwischenstaatlichen Sozialrechtes. Das Gemeinschaftsrecht wirkt grundsätzlich nicht auf die innerstaatlichen Regelungen der einzelnen Sozialversicherungssysteme ein. Sozialrechtliche Regelungen verbleiben daher grundsätzlich - d. h. unter Beachtung des Gebotes der Gleichbehandlung unter den EU-Bürgern - in der Regelungsmacht der einzelnen Mitgliedsstaaten (SSV-NF 11/18; 11/104 mwN ua). Dieses Gebot der Gleichbehandlung unter den EU-Bürgern führt im Bereich der Pensionsversicherung dazu, dass Art 45 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 die Träger der Mitgliedsstaaten verpflichtet, bei der Prüfung der Voraussetzungen des Pensionsanspruches eine Zusammenrechnung der nach den gesetzlichen Pensionsversicherungsvorschriften anderer Mitgliedsstaaten zurückgelegten Versicherungs- und Wohnzeiten mit den innerstaatlichen Zeiten vorzunehmen, soweit keine zeitliche Überschneidung vorliegt. Maßgebend für das Ob und den Umfang der Berücksichtigung mitgliedsstaatlicher Zeiten ist das Pensionsrecht jenes Mitgliedsstaates, unter dessen Geltung die Zeiten zurückgelegt wurden. Der danach zuständige Träger entscheidet hierüber grundsätzlich verbindlich und einheitlich für alle Mitgliedsstaaten. Der österreichische Pensionsversicherungsträger hat daher bei der Prüfung der Vorausetzungen des Pensionsanspruches all jene fremdmitgliedsstaatlichen Versicherungszeiten zu berücksichtigen, die ihm vom Träger des anderen Mitgliedsstaates als anspruchsbegründend mitgeteilt werden. Diese Berücksichtigung hat gemäß Art 45 Abs 1 letzter Satz VO (EWG) 1408/71 so zu erfolgen, als handle es sich um inländische Zeiten (Karl aaO 211; Marschner in Oetker/Preis, EAS 4. ErgLfg B 9120 Rz 24 mwN ua). Bei dieser Zusammenrechnung nach Abs 1 ist es für die Begründung eines Anspruches auch unerheblich, ob die Versicherungszeiten in den anderen Mitgliedsstaaten in einem allgemeinen oder in einem Sondersystem zurückgelegt worden sind (Siedl/Spiegel aaO EU-I 31. Lfg Anm 2 zu Art 45 VO 1408/71 ).
Zur Frage, ob eine sachliche bzw rechtliche Überprüfung der vom Versicherungsträger eines Vertragsstaates mitgeteilten Versicherungszeiten durch den österreichischen Versicherungsträger zulässig ist, wird von Siedl/Spiegel aaO AllgTeil Lfg 29, 77 die Ansicht vertreten, dass eine solche Überprüfung in der Regel ausgeschlossen sei. Auch das Oberlandesgericht Wien als damals letzte Instanz in Leistungsstreitsachen hat in seiner Rechtsprechung (vgl SSV 19/13; 18/53; 14/134 ua) wiederholt die Ansicht vertreten, dass die Bekanntgabe der Versicherungszeiten durch den ausländischen Versicherungsträger für den österreichischen Sozialversicherungsträger und auch für das Gericht bindend sei. Die beklagte Partei verweist in ihrer Revisionsbeantwortung in diesem Zusammenhang darauf, dass der Gesetzgeber im § 247 ASVG idF BGBl I 1998/138 und im § 117a GSVG idF BGBl I 1998/139 nunmehr auch im Bereich des Feststellungsverfahrens klargestellt hat, dass über die Feststellung und das Ausmaß ausländischer Versicherungszeiten ausschließlich der zuständige Versicherungsträger des Vertragsstaates zu entscheiden hat. Auch für den Bereich des EU-Gemeinschaftsrechtes wird die Ansicht vertreten, dass der zuständige ausländische Versicherungsträger über das Ob und den Umfang der Berücksichtigung bei ihm zurückgelegter mitgliedsstaatlicher Zeiten grundsätzlich verbindlich und einheitlich für alle Mitgliedsstaaten entscheidet (Karl aaO 211 mwN).
Der erkennende Senat hat in der in SSV-NF 2/69 veröffentlichten Entscheidung ausgesprochen, dass unabhängig davon, ob eine Bindung an die Auskunft des ausländischen Versicherungsträgers über die ausländischen Versicherungszeiten besteht, die Auskunft jedenfalls dann nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden muss, wenn nach der Aktenlage keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, ihre Richtigkeit anzuzweifeln. Im vorliegenden Fall bestehen jedoch nach Ansicht des erkennenden Senates bereits auf Grund der Aktenlage Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft des spanischen Versicherungsträgers. Nach der vom Erstgericht veranlassten Übersetzung dieser Auskunft (ON 73) meldete sich der Ehemann der Klägerin im Februar 1978 im Sondersystem der selbständigen Arbeiter mit Wirksamkeit der Anmeldung per März 1973 (vgl dazu das im Anstaltsakt befindliche Original der Auskunft) an und "bezahlte für den ganzen Zeitraum, in welchem er nicht angemeldet war, obwohl er es sein hätte sollen. Obgleich diese Beitragszahlungen wirksam wurden, sind sie nicht für Leistungen anrechenbar, wie dies im Königlichen Dekret Nr. 497 vom 10. Februar 1986 bestimmt wird, weshalb wir in unserem Formular E-205-E keine Beitragszahlungen anführen können, welche nicht gesetzlich für Leistungen anrechenbar sind". Aus dieser Auskunft geht somit einerseits hervor, dass sich der Ehemann der Klägerin mit Wirksamkeit der Anmeldung mit März 1973 zur spanischen Sozialversicherung anmeldete und seine Beitragszahlungen wirksam wurden, andererseits aber diese Zahlungen für Leistungen nicht anrechenbar sind. Der Auskunft ist somit eigentlich nur zu entnehmen, dass die Zeiten nicht leistungswirksam zu berücksichtigen sind.
Es ist nun zwar auch in der österreichischen Pensionsversicherung Voraussetzung für die Anerkennung einer Versicherungszeit als Beitragszeit, dass die Beiträge wirksam entrichtet sind. Dies bedeutet, dass sie innerhalb einer bestimmten Zeit nach Ablauf des Zeitraumes, für den sie gelten sollen, entrichtet wurden. Verspätet entrichtete Beiträge führen nicht zur Entstehung leistungswirksamer Beitragszeiten. Ausnahmeregelungen ermöglichen allerdings in Härtefällen eine nachträgliche Entrichtung (vgl Teschner in Tomandl, SV-System 10. Erg-Lfg 383; Gründler, Die Pension2 82 ff). Andererseits gibt es in der österreichischen Pensionsversicherung Versicherungszeiten (Ersatzzeiten), die zwar für die Erfüllung der Wartezeit, nicht aber für die Bemessung der Leistungen zu berücksichtigen sind. So wurden beispielsweise Schul- und Studienzeiten ursprünglich ohne Beitragszahlung sowohl für die Anspruchsvoraussetzungen als auch für die Pensionshöhe berücksichtigt - sie waren sowohl anspruchs- als auch leistungswirksam. Seit Inkrafttreten der 44. Novelle zum ASVG, BGBl 1987/609, am 1. 1. 1988 wurden diese Zeiten für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen (Wartezeit) voll angerechnet, für die Bemessung der Leistungen (mit gewissen Ausnahmen) jedoch nur in dem Ausmaß, in dem für sie Beiträge entrichtet wurden (Nachkauf). Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 wurden die Anrechnungsbestimmungen verschärft. Nicht nur für die Leistungsbemessung, sondern auch für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen (Wartezeit) bei Direktpensionen werden Schul- und Studienzeiten nur mehr in dem Ausmaß berücksichtigt, in dem für sie Beiträge entrichtet werden. Lediglich für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen bei Hinterbliebenenpensionen werden diese Zeiten weiterhin beitragsfrei berücksichtigt (vgl Teschner/Widlar, MGA ASVG 68. Erg-Lfg Anm 15 zu § 227; Gründler aaO 91). Auch beispielsweise in der jugoslawischen Pensionsversicherung wurden nach den in einigen Republiken und autonomen Provinzen in Geltung gestandenen Regelungen nachentrichtete Beitragszeiten in der Regel bis höchstens 5 Jahre zur Erfüllung der Wartezeit berücksichtigt (vgl Siedl/Spiegel aaO 5a Abk Ö-Jugoslawien Anm 4 zu Art 18).
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die Wartezeit für die von der Klägerin begehrte Leistung gemäß § 120 Abs 6 GSVG (Vorliegen von mindestens 180 Beitragsmonaten) erfüllt ist. Die Wartezeit wäre im Sinne der dargelegten Ausführungen erfüllt, wenn entsprechend dem Prozessstandpunkt der Revisionswerberin auch die Zeiten von März 1973 bis Jänner 1978 sowie von Jänner 1981 bis Februar 1981 nach spanischem Recht als "Beitragszeiten" für die Erfüllung der Wartezeit zu werten wären. Nicht entscheidungswesentlich für die Erfüllung dieser Anspruchsvoraussetzung ist hingegen die Frage, ob diese Zeiten auch bei einer Leistungsbemessung zu berücksichtigen wären. Da die derzeit vorliegende Auskunft des spanischen Versicherungsträgers eine verlässliche Beurteilung dieser entscheidungswesentlichen Frage nicht gestattet und somit die Einholung einer entsprechenden ergänzenden Auskunft des spanischen Versicherungsträgers oder auch die Heranziehung anderer geeigneter Hilfsmittel im Sinne des § 271 ZPO iVm § 4 IPRG notwendig ist, waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben. Die Rechtssache war zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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