OGH 6Ob322/99t

OGH6Ob322/99t20.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Yaldez E*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner Ibrahim E*****, vertreten durch Dr. Horst Ebhardt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. Oktober 1999, GZ 45 R 644/99k-33, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Bis zum Auszug des Mannes im Jahr 1994 bewohnten die Eheleute eine Gemeindewohnung. Die Verwertung dieser Wohnung durch Verkauf oder Vermietung ist nicht möglich. Die Vorinstanzen haben im Aufteilungsverfahren 1. der Frau die alleinige Nutzung an der Ehewohnung zugewiesen; 2. bezüglich der Aufteilung des Hausrates festgestellt, dass keinerlei wechselseitigen Ansprüche bestehen; 3. den Mann zu einer Ausgleichszahlung von 175.000 S verpflichtet; 4. das Mehrbegehren der Frau von 125.000 S abgewiesen; 5. den Mann mit seinen Anträgen auf Verpflichtung der Frau zu einer Ausgleichszahlung von 100.000 S und auf Teilung der in der Ehewohnung verbliebenen Einrichtungsgegenstände in natura auf diese Entscheidung (P 1. bis 4.) verwiesen. Nach den wesentlichen Feststellungen hat der Mann einen gemeinsam angesparten Betrag von 250.000 S für den Ankauf eines Hauses (Kaufpreis 3 Mio S) verwendet. Der Mann ist 1/4-Eigentümer der Liegenschaft und wohnt nunmehr im gekauften Haus. Aus ehelichen Mitteln wurden um 55.630 S verschiedene Materialien für das Haus gekauft.

Das Rekursgericht ging von einem der Aufteilung unterliegenden rechnerisch ermittelten Vermögenswert von 375.000 S für den 1/4-Anteil des Mannes aus. Der günstige Mietzins für die Ehewohnung (Gemeindewohnung) sei bei der Entscheidung nach Billigkeit zwar mit zu berücksichtigen. Der bloße Mietwert der Wohnung sei aber keine Grundlage für die Bemessung der Ausgleichszahlung. Die Notwendigkeit eines Ausgleichsbetrages könnte sich höchstens aus einer mit einem Wohnungswechsel verbundenen Belastung ergeben.

Rechtliche Beurteilung

Mit seinem außerordentlichen Revisionsrekurs releviert der Mann zur Zulässigkeit seines Rechtsmittels die Rechtsfrage der Bewertung einer Gemeindewohnung, die als Ehewohnung grundsätzlich der Aufteilung unterliegt. Er strebt nicht zuletzt unter Hinweis auf die Entscheidung 1 Ob 237/98d eine Bewertung des sogenannten "Schattenwertes" der Gemeindewohnung dahin an, dass als Ausgleich für den entgangenen günstigen Mietzins dieser Zins in Relation zum ortsüblichen freien Mietzins gesetzt und die Differenz auf die voraussichtliche Dauer des Mietverhältnisses nach der durchschnittlichen Lebenserwartung der Mieterin kapitalisiert wird. Diese Bewertungsmethode wurde in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht angewandt, allerdings auch noch nicht abgelehnt. Die oberstgerichtliche Rechtsprechung ist bei der für die Ausgleichszahlung notwendigen Bewertung einer einem Ehepartner zugewiesenen Mietwohnung nicht ganz einheitlich (die Entscheidung 7 Ob 661/87 verneint den Mietwert als Sachgrundlage, in 1 Ob 505/92 wurde auf den Ertragswert abgestellt). Mit diesem Widerspruch hat sich die vom Revisionsrekurswerber zitierte Entscheidung 1 Ob 237/98d ausführlich auseinandergesetzt und klargestellt, dass auch bei der Entscheidung über die Ehewohnung nach § 94 EheG die im § 83 EheG anzustellenden Billigkeitserwägungen maßgeblich sind. Bei Überlassung der Wohnung an einen Ehegatten kann es ein Gebot der Billigkeit sein, dass der Ehegatte, der die Wohnung erhält oder behält, den anderen Ehegatten bei der Beschaffung einer dem früheren Wohnungsstandard annähernd entsprechenden neuen Wohnmöglichkeit durch eine Geldzahlung unterstützt. Der 1. Senat hielt die Ermittlung eines "Schattenwertes" der überlassenen Wohnung und eine Ausgleichszahlung für die der Frau überlassene Wohnung jedenfalls dann für entbehrlich, wenn der Mann die Ehewohnung verlassen und von der Frau getrennt Wohnung genommen habe, sodass er keine Ausgleichszahlung zur Anschaffung einer neuen Wohnung benötige und überdies die Einkommensverhältnisse der Eheleute nicht annähernd gleich gewesen seien. Dann müssten keine Überlegungen nach dem geeigneten Maßstab für die Ermittlung des Nutzungsentganges angestellt werden.

Diese Erwägungen der Vorentscheidung gelten für die Beurteilung der Zulässigkeit des außerordentlichen Revisionsrekurses auch hier. Wohl wurde die allfällige Relevanz des "Schattenwertes" einer Gemeindewohnung "unter anderen Umständen" von der Vorentscheidung ausdrücklich offen gelassen. Dazu fehlt also eine oberstgerichtliche Rechtsprechung. Der Revisionsrekurswerber führt aber nicht aus, weshalb hier "andere Umstände" im Vergleich zu dem der zitierten Vorentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vorliegen. Auch im vorliegenden Fall hatte der Mann die Frau lange vor der Scheidung verlassen. Die Ehe wurde aus seinem Alleinverschulden geschieden. Er lebt nunmehr als Liegenschaftsmiteigentümer in seinem Haus, hat also keinen Wohnbedarf, sodass das Billigkeitsargument, er müsse sich eine Ersatzwohnung beschaffen, nicht vorliegt. Die Einkommensverhältnisse der Eheleute waren krass unterschiedlich. Die Frau verdiente als Bedienerin nur einen Bruchteil des Einkommens des Mannes und versorgte überwiegend alleine den Haushalt und das Kind. Ohne Aufzeigen gewichtiger Argumente steht daher die bekämpfte Entscheidung im Einklang mit der oberstgerichtlichen Judikatur, insbesondere mit der Entscheidung 1 Ob 237/98d und den Entscheidungen, die eine Ausgleichszahlung als Äquivalent für die Wohnungsbeschaffungskosten des weichenden Ehegatten sehen. Sie entspricht im Ergebnis den im Gesetz angeführten Billigkeitserwägungen.

Bei der Bekämpfung der Entscheidung über die aufzuteilenden Einrichtungsgegenstände geht der Revisionsrekurswerber nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und bekämpft in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen.

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