OGH 1Ob174/99s

OGH1Ob174/99s14.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N*****gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Norbert Scherbaum, Dr. Günther Schmied, Dr. Georg Seebacher und Dr. Werner Mecenovic, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1.) I***** Gesellschaft mbH & Co KEG und 2.) Ing. Gerald K*****, beide *****, vertreten durch Dr. Peter Schaefer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufhebung eines Vergleichs (Streitwert S 450.000,--) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 21. April 1999, GZ 4 R 76/99z-16, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Ein bei einem Vergleichsabschluss unterlaufener Erklärungsirrtum ist nach den allgemeinen Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung gemäß § 871 ABGB anfechtbar (3 Ob 564/94). Der Vergleich sollte keinen Erklärungsirrtum aus der Welt schaffen, der erst beim Vergleichsabschluss entstanden ist, weshalb insoweit die Bestimmung des § 1385 ABGB nicht zur Anwendung gelangt (Koziol/Welser, Grundriß I10, 288).

Von den in § 871 ABGB genannten Anfechtungsvoraussetzungen kommt hier nur jene in Betracht, dass der Irrtum des Klagevertreters bei Abfassung des Vergleichsanbots dem Beklagtenvertreter offenkundig hätte auffallen müssen. Offenbar auffallen muss ein Irrtum, wenn er bei verkehrsüblicher Sorgfalt erkennbar gewesen wäre oder der Partner wenigsten Verdacht hätte schöpfen müssen (SZ 51/144; JBl 1988, 783; 3 Ob 564/94 u. a.). Die stets nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmende Beurteilung der Erkennbarkeit des Irrtums ist von den Vorinstanzen im Ergebnis nicht unrichtig vorgenommen worden:

Bedenkt man, dass in der Vereinbarung vom 28. 10. 1996 (Beil ./C) der in drei Jahresraten zu bezahlende Betrag von S 450.000,-- unter anderem als Teil des Entgelts für die "Akquirierung und Zuführung von Kunden" bezeichnet wurde, so findet sich im Punkt 2.) des Vergleichsanbots (Beil ./D), wonach alle wechselseitigen Vereinbarungen und Verpflichtungen mit Stichtag 30. 9. 1997 aufgelöst werden, sodass unter anderem "keine Kunden von meiner Mandantin mehr zugeführt" werden, durchaus auch eine Bezugnahme auf den nunmehr strittigen Betrag. In seinem Antwortschreiben vom 22. 9. 1997 (Beil ./E) hat der Beklagtenvertreter in Punkt 2.) sein Verständnis des Anbots dadurch deutlich gemacht, dass er die Rückstellung der nur zur Besicherung des Betrags von S 450.000,-- verschafften (Ersturteil S 6) Bankgarantie nach Eingang des Vergleichsbetrags forderte. Durch das Antwortschreiben des Klagevertreters vom 29. 9. 1997 (Beil ./F), in dem Punkt 2.) des Schreibens des Beklagtenvertreters ausdrücklich als "in Ordnung" bezeichnet wurde, musste ein möglicher Zweifel am Vergleichsinhalt beseitigt sein.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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